Manazil al-Qamar

Himmelskarte mit den sieben Wandelgestirnen (innen), den 12 Lebewesenkreiszeichen (Mitte) und den 28 Mondhäusern (außen) im Zubdat-al Tawarikh von 1583.

Manāzil al-Qamar (arab. منازل القمر Mondhäuser, Mondstationen; Singular: Manzil al-Qamar) ist ein astronomisches System, das die Ekliptik in 28 Sterngruppen gliedert, wobei der Abstand jedes Mondhauses etwa der Weglänge entspricht, die der Mond am Himmel in 24 Stunden zurücklegt.

Vorbild sind die altindischen Nakshatras, die die Araber noch in vorislamischer Zeit kennenlernten und dann umgeformt haben. Zur Zeit des Propheten war das System allgemein bekannt, so dass es Erwähnung im Koran fand. Die Sure Yunus 10:5 lautet: "Er ist es, der die Sonne zur Leuchte und den Mond zu einem Schimmer machte, und ihm Stationen (manāzil) bestimmte, damit ihr die Art lernen möget, die Jahre zu berechnen und die Zeit zu bestimmen."

Da Bauern, Seefahrer und andere jahreszeitlich gebundene Berufe im islamischen Mondkalender, der sich jedes Jahr um etwa 11 Tage verschiebt, keine nützliche Orientierung für ihre Arbeit finden, bieten die an Sterne gebundenen Mondhäuser ein verlässliches Alternativsystem. Dabei werden die Aufgänge bzw. Untergänge der Gestirne beobachtet, was zu einer Teilung des Jahres in 28 Sequenzen mit je 13 (einmal bzw. zweimal 14) Tagen ergibt. Dabei benutzen die Bauern aber nicht immer dieselben Sterne, wie die in den Büchern überlieferten astronomischen Abhandlungen. Recht gut untersucht sind diese sogenannten Sternkalender für archaische Stammgesellschaften im heutigen Saudi-Arabien und im Jemen, die eine Mischung der klassischen Mondhäuser mit älteren (literarisch nicht überlieferten) Sternkalendern darstellen. Dabei werden meist nur die Sterne im fruchtbaren Jahresteil beobachtet.

Die Seefahrer teilten ihrerseits die Ekliptik in 28 exakte gleich große Abschnitte (wobei jedem Tierkreiszeichen 2 1/3 Mondhäuser zukommen) und schufen so ein nützliches Navigationsmittel – neben anderen Sternen.

Astrologische und magische Aspekte der Mondhäuser werden vom Islam – und auch von weiten Teilen der Bevölkerung – nicht anerkannt.

Die 28 Mondstationen

Die in die Ebene projizierten 28 Mondhäuser (von rechts nach links) mit den wichtigsten Sternen entlang der Ekliptik (rote gestrichelte Linie, ekliptikale Länge von 0 Bogengrad bis 360 Bogengrad zur astronomischen Epoche J0000.0 in horizontaler Richtung, senkrecht dazu die ekliptikale Breite). Die beiden seitlichen Ränder der Abbildung gehen im Kreisbogen der Ekliptik nahtlos ineinander über.

Vorlage:Panorama/Wartung/Dir

Animation der 28 Mondhäuser im Zodiak im Durchlaufsinn des Mondes innerhalb eines Monats vom Frühlingspunkt aus.
Der Mond mit Korona bei zirka 3,5 Bogengrad nördlicher ekliptikaler Breite im siebenten Mondhaus Aldirah auf der Verbindungslinie zwischen Pollux und Wasat an der Ekliptiklinie im Sternbild Zwillinge. Rechts unten Tien Kuan im Sternbild Stier.
manzil al-qamarArabischer NameBedeutungIdentifizierung
1. Scheratan
oder Alnath
الشرطان – aš-šaraṭān
النطح – an-naṭḥ
Die beiden Zeichen
Das Horn
β γ Ari
α Ari (Hamal / Elnath)
2. Albotayn / Boteinالبطين – al-buṭaynDas Bäuchleinε δ ρ Ari
3. Azoraya / Thurayaالثريا – aṯ-ṯurayyāDie PlejadenM45 (Plejaden)
4. Aldebaranالدبران – al-dabarānDer Nachfolgendeα Tau (Aldebaran)
5. Alhachaa / Hekaالهقعة – al-haqʿaDer Mähnenzopfλ φ1 φ2 Ori
6. Alhanhaa / Alhenaالهنعة – al-hanʿaDas Brandzeichenγ ξ Gem
7. Aldirahالذراع – aḏ-ḏirāʿDer Vorderarmα β Gem (Kastor & Pollux)
8. Annathraالنثرة – an-naṯraDer Nasenhauchγ δ ε Cnc (M44: Praesepe)
9. Altarfالطرف – aṭ-ṭarfDer Blickκ Cnc, λ Leo
10. Algiebaالجبهة – al-ǧabhaDie Stirnζ γ η α Leo (Regulus & Algieba)
11. Azobra / Subraالزبرة – az-zubraDie Mähneδ θ Leo
12. Asarfaالصرفة – aṣ-ṣarfaDie Ruteβ Leo (Denebola)
13. Alahueالعواء – al-ʿawwāʾDer Heulerβ η γ δ ε Vir
14. Azimechالسماك – as-simāk-α Vir (Spica)
15. Algafraالغفر – al-ġafrDer Schleierι κ λ Vir
16. Azobeneالزبانان – az-zubānānDie beiden Scherenα β Lib
17. Aliclilالإكليل – al-iklīlDie Kroneβ δ π Sco
18. Alcalbالقلب – al-qalbDas Herzα Sco (Antares)
19. Axaula / Schaulaالشولة – aš-šawlaDer Stachelλ υ Sco (Schaula)
20. Alnahayn
النعائم الواردة – an-naʿāʾim al-wārida
النعائم الصادرة – an-naʿāʾim aṣ-ṣādira
Die ankommenden Strauße
Die weggehenden Strauße
δ ε η Sgr
σ φ τ ζ γ Sgr
21. Albeldaالبلدة – al-baldaDer OrtKohlensack im Schützen
22. Sadalzabih / Dabihسعد الذابح – saʿd aḏ-ḏābiḥDas Glück der Kriegerα β Cap
23. Sadebolah / Albaliسعد بلع – saʿd bulaʿDas Glück des Verschlingensμ ε Aqr
24. Sadalsuudسعد السعود – saʿd as-suʿūdDas Glück der Glückeβ ξ Aqr
25. Sadalachbiaسعد الأخبية – saʿd al-aḫbīyaDas Glück der Zelteγ π ζ η Aqr
26. Alfarg Almacadamالفرع المقدم – al-farʿ al-muqaddamDer vordere Bissα β Peg
27. Alfarg Almueharالفرع المؤجر – al-farʿ al-muʾaḫḫarDer hintere Bissγ Peg, α And
28. Baten Alhutبطن الحوت – baṭn al-ḥūtDer Fischbauchβ And

Literatur

  • D. M. Varisco: Medieval Agriculture and Islamic Science. Univ. of Washington Press, Seattle u. a. 1994, ISBN 0-295-97378-1.
  • A. Gingrich: Südwestarabische Sternenkalender. Wien 1994, ISBN 3-85114-141-5.