Großer Preis von Monaco 1936

Start zum Großen Preis von Monaco auf regennasser Fahrbahn
Der Unfall von Louis Chiron in der zweiten Runde in der Schikane am Hafen
Die darauf folgende Massenkarambolage
Rennsieger Rudolf Caracciola

Der VIII. Große Preis von Monaco (VIII Grand Prix de Monaco) fand am 13. April 1936 auf dem Circuit de Monaco in Monaco statt. Als Grande Épreuve zählte das Rennen zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1936, wurde aber abweichend zu den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Formel (Rennwagen bis maximal 750 kg Leergewicht; 85 cm Mindestbreite; Renndistanz mindestens 500 km) aufgrund einer Ausnahmegenehmigung lediglich über die traditionelle Distanz von 100 Runden à 3,180 km ausgetragen, was einer Gesamtstrecke von 318,0 km entsprach.

Sieger wurde Rudolf Caracciola auf einem Mercedes-Benz W 25 K.

Rennen

Um der Bedeutung seiner Veranstaltung weiter Nachdruck zu verleihen, war der Automobilclub von Monaco dem Schweizer Beispiel gefolgt und hatte mit dem Coupe de Prince Rainier ein eigenständiges Rennen für die Voiturette-Klasse ins Rahmenprogramm seines Grand Prix aufgenommen. Diese Rennkategore erfreute sich großen Zulaufs unter den Privatfahrern und konnte häufig mit besonders bunten Teilnehmerfeldern aufwarten. Der Lauf in Monaco endete für die junge britische Rennwagenmarke ERA mit einem Dreifachsieg durch den siamesischen Prinzen „B. Bira“ vor dem aus Algerien stammenden Franzosen Marcel Lehoux und dem griechischen Rennfahrer Nicholas Embiricos.

Etwas weniger internationale Vielfalt, dafür aber eine absolute Top-Besetzung wies auch der eigentliche Grand Prix auf. Alle fünf Werksrennställe und dazu einige erwählte Privatfahrer hatten die Einladung angenommen. Als favorisiert galt darunter das Mercedes-Team, das in der Vorsaison die Rennen fast nach Belieben beherrscht und mit Rudolf Caracciola, Luigi Fagioli und Manfred von Brauchitsch auch in der Europameisterschaft die ersten drei Plätze belegt hatte. 1936 war mit Louis Chiron außerdem noch ein vierter internationaler Spitzenpilot verpflichtet worden, obwohl dessen Formkurve zuletzt Ende 1935 etwas abgeflacht war. Dazu hatte das Werk mit dem Mercedes-Benz W 25 K („K“ wie „kurz“) ein neues Modell mit extrem kurzem Radstand entwickelt, das eigentlich für den Einbau eines mächtigen V12-Motors von 5,6 Liter Hubraum vorgesehen war. Wegen des unbefriedigenden Fahrverhaltens dieser Kombination wurde in den Wagen für Chiron und Caracciola als Ausweichlösung stattdessen ein 4,7-Liter-Reihenachtzylinder verwendet, mit dem sich beide im Training prompt die erste und die dritte Startposition sicherten. Fagioli und von Brauchitsch standen dagegen Vorjahresmodelle mit längerem Chassis und 4,3-Liter-Motor zur Verfügung.

Auch die Auto Union hatte über den Winter nachgelegt und den V16-Motor unter Einhaltung des Gewichtslimits in seiner letzten Entwicklungsstufe auf 6 Liter Hubraum angehoben, wodurch erstmals die Leistungswerte der hochgezüchteten Mercedes-Motoren übertroffen wurden. Auch mit der Fahrerbesetzung stand das Team gegenüber der Konkurrenz aus dem eigenen Land nicht zurück. Neben den beiden erfahrenen Piloten Achille Varzi und Hans Stuck, der sich am ersten Trainingstag nebenbei noch den Sieg im traditionellen La-Turbie-Bergrennen holte, hatte sich der junge Bernd Rosemeyer 1935 in nur einer Saison vom Grand-Prix-Neuling zum Spitzenfahrer entwickelt.

Bei der Scuderia Ferrari, die wie üblich für die Werkseinsätze der Rennwagen von Alfa Romeo verantwortlich zeichnete, war nach einem größeren Umbruch als einziger Fahrer von Weltklasse nur Tazio Nuvolari verblieben, der durch den erfahrenen Antonio Brivio, den Mitbegründer des Rennstalls, Mario Tadini, sowie das frisch von Maserati herübergewechselte vielversprechende Nachwuchstalent Giuseppe Farina verstärkt wurde. Der Fuhrpark des Teams bestand in Monaco aus vier Exemplaren des Vorjahrestyps Alfa Romeo 8C-35 mit Reihenachtzylinder, dem man angesichts des Streckencharakters den Vorzug gegenüber dem neuen stärkeren, aber auch schwereren V12-Motor gab.

Während auch Maserati, vertreten durch die Scuderia Torino, weiter mit den Unzulänglichkeiten des Vorjahresmodells Maserati V8-RI zu kämpfen hatte, präsentierte Bugatti zum Training – im Prinzip mit fünf Jahren Verspätung – erstmals einen vollwertigen Monoposto, bei dem es sich um eine Ableitung aus dem zweisitzigen Bugatti Type 59 mit 4,7-Liter-Motor aus Leichtmetall handelte. Fürs Rennen gaben die Fahrer, Jean-Pierre Wimille und der nach längerer Rennpause reaktivierte William Grover-Williams (Pseudonym W. Williams), jedoch dem älteren Modell den Vorzug.

Am Renntag hatte es bis kurz vor den Start heftig geregnet und zum ersten Mal in seiner Geschichte fand der Grand Prix von Monaco im Nassen statt. Unter extrem schlechten Sichtbedingungen nutzte Nuvolari seine Startposition in der ersten Reihe, um sich mit seinem Alfa Romeo vor den beiden ebenfalls aus der ersten Reihe gestarteten Mercedes-Fahrern Caracciola und Chiron an die Spitze zu setzen, gefolgt vom Auto-Union-Trio Stuck, Rosemeyer und Varzi. Noch vor dem Ende der ersten Runde war Caracciola aber an Nuvolari schon vorbei und beide hatten sich in ihrem Zweikampf bereits ein Stück von den Verfolgern abgesetzt. Am Ende des Felds fuhr Tadini dagegen langsam um den Kurs, obwohl an seinem Alfa Romeo bereits vor dem Start ein starker Ölverlust am Motor festgestellt worden war. Trotzdem war er ins Rennen geschickt worden, angeblich mit dem Auftrag, eine Runde zu absolvieren und das Auto dann an den Boxen abzustellen, um dem Team das Startgeld zu sichern.

Caracciola und Nuvolari hatten in ihrer zweiten Runde das Glück, den langsam um den Kurs „kriechenden“ Alfa Romeo noch vor Passieren der Schikane zu überholen, bevor die Streckenverhältnisse dort durch das um den gesamten Kurs verteilte Öl noch rutschiger als ohnehin bereits wurden. Dahinter kam es jedoch zu einer der bis dahin größten Massenkarambolagen der Grand-Prix-Geschichte, als in der Folge fünf Fahrer – darunter auch die beiden Mercedes von Chrion und von Brauchitsch – die Kurve verpassten und in die Barriere rutschten. Während die Bergungsarbeiten liefen, hatte eine Runde später auch Rosemeyer am selben Ort einen Dreher, konnte das Rennen aber fortsetzen, schied jedoch ein paar Runden später durch einen Unfall an anderer Stelle endgültig aus. Ein spätes Opfer der Szene aus der zweiten Runde wurde schließlich noch Fagioli, als er in Umlauf acht beim Passieren der Stelle Sand ins Gesicht bekam, mit dem ein Arbeiter das Öl auf der Strecke binden wollte. Damit waren drei Teilnehmer der Mercedes-Mannschaft aus dem Rennen, während der vierte an der Spitze zunehmend Druck durch Nuvolari bekam. In der zehnten Runde war Nuvolari schließlich wieder vorn, doch als nach etwa einem Viertel der Renndistanz erneut heftiger Regen einsetzte, machte Caracciola seinem Beinamen als Regenmeister alle Ehre und zog in der 27. Runde seinem Kontrahenten unwiderstehlich davon, der bald darauf mit nachlassenden Bremsen auch hinter die beiden verbliebenen Auto Union von Stuck und Varzi zurückfiel. Damit schienen die Positionen kurz nach Hälfte des Rennens vergeben, aber kurz vor Schluss überholte Varzi unter Missachtung der Stallorder doch noch seinen Teamkollegen, so dass er das Rennen auf Position zwei hinter Caracciola und mit Stuck auf dem dritten Platz beendete.

Mit bislang sechs Siegen in einem offiziellen Internationalen Grand Prix – dazu der gemeinsam errungene erste Platz zusammen mit Luigi Fagioli beim Großen Preis von Italien 1934 – hatte Caracciola in seiner Karriere damit mehr Erfolge als bis dahin jeder andere Grand-Prix-Fahrer erzielt.

Ergebnisse

Meldeliste

TeamNr.FahrerInfoChassisMotorReifen
Deutsches Reich NS Auto Union AG02Deutsches Reich NS Hans StuckAuto Union CAuto Union 6.0L V16 KompressorC
03⁠aDeutsches Reich NS Ernst von DeliusRES
04Italien 1861 Achille Varzi
06Deutsches Reich NS Bernd Rosemeyer
Deutsches Reich NS Daimler-Benz AG08Deutsches Reich NS Rudolf CaracciolaMercedes-Benz W25KMercedes-Benz M 25 C 4.7L I8 KompressorC
10Monaco Louis Chiron
09aDeutsches Reich NS Hermann LangRESMercedes-Benz W 25Mercedes-Benz M 25 C 4.3L I8 Kompressor
12Italien 1861 Luigi Fagioli
14Deutsches Reich NS Manfred von Brauchitsch
Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti16Dritte Französische Republik Jean-Pierre WimilleBugatti T59Bugatti 3.3L I8 KompressorM
18Vereinigtes Konigreich William Grover-Williams
16TbDritte Französische Republik Jean-Pierre WimilleDNSBugatti T59/50Bugatti 5.0L I8 Kompressor
Dritte Französische Republik Philippe Étancelin20Dritte Französische Republik Philippe ÉtancelinMaserati V8-RIMaserati 4.8L V8 KompressorP
Dritte Französische Republik Raymond Sommer22Dritte Französische Republik Raymond SommerAlfa Romeo Tipo B/P3Alfa Romeo 3.2L I8 KompressorM
Italien 1861 Scuderia Ferrari24Italien 1861 Tazio NuvolariAlfa Romeo 8C-35Alfa Romeo 3.8L I8 KompressorE
26Italien 1861 Antonio Brivioc
28Italien 1861 Mario Tadini
30Italien 1861 Giuseppe Farina
Italien 1861 Carlo PintacudaRES
Italien 1861 Scuderia Torino32Italien 1861 Carlo Felice TrossiMaserati V8-RIMaserati 4.8L V8 KompressorP
36Italien 1861 Eugenio SienaMaserati 6C-34Maserati 3.7L I6 Kompressor
38Italien 1861 Pietro Ghersi
Ungarn 1918 László Hartmann34Ungarn 1918 László HartmannDNAMaserati V8-RIMaserati 4.8L V8 Kompressor
Italien 1861 Carlo Felice Trossi40Italien Giulio AyminiDNAdMonaco-TrossiMonaco-Trossi 4.0L I16 Kompressor
a 
Auto nur im Training eingesetzt; nicht offiziell gemeldet.
b 
Auto nur im Training eingesetzt.
c 
Während des Rennens von Farina abgelöst.
d 
Auto nicht rennfertig.

Qualifying

Pos.FahrerKonstrukteurQualifikationstrainingStart
ZeitØ-Geschwindigkeit
01Monaco Louis ChironDeutsches Reich NS Mercedes-Benz1:53,200101,130 km/h01
02Italien 1861 Tazio NuvolariItalien 1861 Alfa Romeo1:53,700100,690 km/h02
03Deutsches Reich NS Rudolf CaracciolaDeutsches Reich NS Mercedes-Benz1:54,000100,420 km/h03
04Deutsches Reich NS Hans StuckDeutsches Reich NS Auto Union1:54,300100,160 km/h04
05Deutsches Reich NS Bernd RosemeyerDeutsches Reich NS Auto Union1:55,20099,380 km/h05
06Italien 1861 Giuseppe FarinaItalien 1861 Alfa Romeo1:55,60099,030 km/h06
07Italien 1861 Achille VarziDeutsches Reich NS Auto Union1:56,10098,600 km/h07
08Dritte Französische Republik Jean-Pierre WimilleDritte Französische Republik Bugatti1:56,50098,180 km/h08
09Deutsches Reich NS Manfred von BrauchitschDeutsches Reich NS Mercedes-Benz1:56,70098,100 km/h09
10Italien 1861 Luigi FagioliDeutsches Reich NS Mercedes-Benz1:57,40097,510 km/h10
11Italien 1861 Mario TadiniItalien 1861 Alfa Romeo1:58,00097,020 km/h11
12Italien 1861 Carlo Felice TrossiItalien 1861 Maserati1:59,00096,200 km/h12
13Italien 1861 Antonio BrivioItalien 1861 Alfa Romeo2:00,00095,400 km/h13
14Dritte Französische Republik Raymond SommerItalien 1861 Alfa Romeo2:03,20092,920 km/h14
15Dritte Französische Republik Philippe ÉtancelinItalien 1861 Maserati2:04,00092,320 km/h15
16Vereinigtes Konigreich William Grover-WilliamsDritte Französische Republik Bugatti2:05,00091,580 km/h16
17Italien 1861 Pietro GhersiItalien 1861 Maserati2:08,70088,950 km/h17
18Italien 1861 Eugenio SienaItalien 1861 Maserati2:11,20087,260 km/h18

Rennergebnis

Pos.FahrerKonstrukteurRundenStoppsZeitStartSchnellste RundeAusfallgrundEM-Punkte
01Deutsches Reich NS Rudolf CaracciolaDeutsches Reich NS Mercedes-Benz1003:49:20,40031
02Italien 1861 Achille VarziDeutsches Reich NS Auto Union100+ 1:48,90072
03Deutsches Reich NS Hans StuckDeutsches Reich NS Auto Union99+ 1 Runde42:07,4003
04Italien 1861 Tazio NuvolariItalien 1861 Alfa Romeo99+ 1 Runde24
05Italien 1861 Antonio Brivio
Italien 1861 Giuseppe Farina
Italien 1861 Alfa Romeo97+ 3 Runden134 / -
06Dritte Französische Republik Jean-Pierre WimilleDritte Französische Republik Bugatti97+ 3 Runden84
07Dritte Französische Republik Raymond SommerItalien 1861 Alfa Romeo94+ 6 Runden144
08Italien 1861 Pietro GhersiItalien 1861 Maserati87+ 13 Runden174
09Vereinigtes Konigreich William Grover-WilliamsDritte Französische Republik Bugatti84+ 14 Runden164
Dritte Französische Republik Philippe ÉtancelinItalien 1861 Maserati36DNF15Riss im Treibstofftank6
Italien 1861 Carlo Felice TrossiItalien 1861 Maserati28DNF12defekter Verteiler6
Deutsches Reich NS Bernd RosemeyerDeutsches Reich NS Auto Union12DNF5Unfall7
Italien 1861 Luigi FagioliDeutsches Reich NS Mercedes-Benz8DNF10Unfall7
Italien 1861 Eugenio SienaItalien 1861 Maserati1DNF18Mechanik7
Deutsches Reich NS Manfred von BrauchitschDeutsches Reich NS Mercedes-Benz1DNF9Unfall7
Italien 1861 Giuseppe FarinaItalien 1861 Alfa Romeo1DNF6Unfall7
Monaco Louis ChironDeutsches Reich NS Mercedes-Benz1DNF1Unfall7
Italien 1861 Mario TadiniItalien 1861 Alfa Romeo1DNF11Ölleck7
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