Werchau

Werchau
Stadt Schlieben
Koordinaten: 51° 47′ N, 13° 19′ OKoordinaten: 51° 46′ 40″ N, 13° 18′ 54″ O
Höhe: 88 m
Einwohner: 164 (31. Dez. 2011)[1]
Eingemeindung: 1. November 2001
Postleitzahl: 04936
Vorwahl: 035361

Werchau ist ein Ortsteil der Stadt Schlieben im südbrandenburgischen Landkreis Elbe-Elster.

Lage

Werchau liegt rd. 7,5 Kilometer Luftlinie nordwestlich der Kernstadt Schlieben an der L 721, die von Jeßnigk nach Wiepersdorf verläuft. Es grenzt im Nordwesten und Norden an Wildenau und Wiepersdorf (beide Orte sind Ortsteile der Stadt Schönewalde), im Osten an Freileben (Ortsteil der Gem. Lebusa), im Südosten an den Ortsteil Schlieben, im Süden an Jeßnigk und im Westen an Dubro. Die Gemarkung umfasst eine Fläche von 824,6 Hektar.[2]

Geschichte

Der Ort wurde erstmals 1346 als Werchenaw urkundlich erwähnt und war ein kurfürstlich-sächsisches Lehen.[3] Der Ortsname ist aus dem Slawischen abgeleitet und bedeutet Siedlung auf einer Erhebung.[4] Nach der Siedlungsstruktur ist Werchau ein Straßenangerdorf.

1360 kaufte Herzog Rudolf das Dorf von Hans Ratzigk. Im Jahr 1419 verlieh der Herzog seinen Besitz an Hans von Roßtog und Heinrich von der Lochow. Nach dem Tod des Heinrich von der Lochow erhält Jorge von Draendorff 1467 diesen Teil des Dorfes von Kurfürst Ernst als Lehen. 1529 wohnten 14 Hufenbauern und ein Kossät in Werchau. 1591 befindet sich der ehemalige Besitzteil der von Roßtog in der Hand eines Georg Löser. Anfang des 17. Jahrhunderts ist schließlich der gesamte Ort im Besitz derer von Drandorf. Georg von Drandorf verstarb im Jahre 1671. Seine Erben konnten diesen Besitz nicht halten und 1690 wird eine Familie von Lichtenhayn als Besitzer genannt. Für die Zeit bis ins 18. Jahrhundert werden weitere wechselnde Besitzverhältnisse vermutet. 1721 ist eine Windmühle in Werchau nachgewiesen. 1980 gab es noch Reste einer Bockwindmühle auf dem Mühlenberg nördlich des Ortskerns; diese sind heute völlig verschwunden. Ende des 18. Jahrhunderts gehörte das Gut der Familie von Kleist. Eine Frau Obrist von Kleist auf Zützen vererbte es 1814 an ihren Enkel Friedrich von Kleist auf Tzschernowitz (heute Czarnowice bei Gubin, Polen). Dieser vererbte 1835 seinen Besitz an seinen Bruder Wilhelm Bogislaw von Kleist vom Loss und das Gut blieb lange im Eigentum der Familie von Kleist. Mit Ausnahme von zwei Hufengütern hatte das Rittergut die Patrimonialgerichtsbarkeit über den gesamten Ort.[5] Nach Wilhelm Bogislav Graf Kleist-Loss (1792–1860), Gutsherr auf Tschernowitz bei Guben, Werchau, Mehlsdorf, Knippelsdorf und weiteren Gütern in Pommern, Kgl. Preuß. Hofjägermeister, folgte dessen Sohn aus 2. Ehe, Konrad (1839–1900), auf Werchau und Mehlsdorf. Dann war dessen Sohn Wilhelm (1862–1907) wiederum Besitzer von Werchau und Mehlsdorf bei Dahme/Mark. Mehlsdorf mussten die teils in Dresden lebenden Nachfahren, Witwe Erica und Sohn[6] Graf Dennis (1904–1988), bereits 1922 an den preußischen Staat abgeben. Werchau wurde 1938 verkauft.[7][8]

Werchau gehörte bis 1815 zum kursächsischen Amt Schweinitz. Sachsen musste das Amt Schweinitz am 21. Mai 1815 an Preußen abtreten. Dieses wurde mit den ebenfalls vorher kursächsischen Ämtern Schlieben und Seyda mit nur geringfügigen Gebiets- und Grenzveränderungen zum neuen preußischen Kreis Schweinitz (Regierungsbezirk Merseburg, Provinz Sachsen) zusammengefasst. Ab 1939 führte der Kreis die reichseinheitliche Bezeichnung Landkreis Schweinitz. 1950 wurde er in Landkreis Herzberg umbenannt. Bereits 1952 wurde der Landkreis in die zwei neuen Kreise Herzberg und Jessen aufgeteilt, Werchau kam zum Kreis Herzberg. Nach der Wende kam der Kreis in das wieder gegründete Land Brandenburg. Im Zuge der Ämterbildung 1992 in Brandenburg bildete Werchau mit 15 anderen Gemeinden das Amt Schlieben.[9] Zum 1. November 2001 schlossen sich die Gemeinden Frankenhain, Jagsal, Oelsig, Wehrhain, Werchau und die Stadt Schlieben zur neuen Stadt Schlieben zusammen.[10] Seither ist Werchau ein Ortsteil der Stadt Schlieben.[2]

Einwohnerentwicklung von 1875 bis 2000[11]
Jahr Einwohner Jahr Einwohner Jahr Einwohner Jahr Einwohner
1875 250 1946 310 1989 187 1995 178
1890 250 1950 307 1990 186 1996 173
1910 230 1964 242 1991 188 1997 167
1925 224 1971 251 1992 189 1998 168
1933 210 1981 196 1993 184 1999 172
1939 194 1985 200 1994 180 2000 169

Kirchliche Organisation

Werchau war im Mittelalter und frühen Neuzeit eine eigenständige Parochie mit einer Filialkirche in Wiepersdorf. Um 1891 war es Filialkirche von Wildenau.[12] Heute gehört Werchau zur Evangelischen Kirchengemeinde Knippelsdorf.[13]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Die Denkmalliste des Landes Brandenburg verzeichnet für Werchau vier Baudenkmale:[14]

Dorfkirche Werchau
  • Dorfkirche. Die Kirche ist ein aus dem 14. Jahrhundert stammender, rechteckiger Feldsteinbau. Auf der Nordseite wurde 1783 eine Patronatsloge angefügt. An der Westseite wurde 1934/5 ein stark eingezogener kleiner Westturm errichtet. Der Innenraum weist noch eine Ausstattung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts auf. An der Südwand des Turms ist der Grabstein des Melchior von Drandorf angebracht.
  • Werchau 13 Bauernhaus. Der aufwändige, das Ortsbild prägende Sichtziegelbau mit Drempel unter einem Satteldach des Mittelbauern August Haase wurde 1912 errichtet.[3]
  • Werchau 30 Durchfahrtsscheune eines Mittelbauerngehöfts. Der giebelständige, zehnständrige Fachwerkbau mit Gefachen aus Lehmstakwerk wurde laut Inschrift 1794 errichtet.[3]
  • Werchau 33 Einfahrtsscheune eines Kleinbauerngehöfts. Der neunständrige Fachwerkbau wurde Ende des 18. Jahrhunderts als rückwärtiger Abschluss eines Dreiseitenhofs errichtet.[3]

Sehenswert, wenn auch kein eingetragenes Baudenkmal ist auch das ehemalige Rittergut mit einer um das Jahr 1860 erbauten Kornbrennerei.[2]

Einer der jährlichen kulturellen Höhepunkte in Werchau ist seit Jahrzehnten das im Juni stattfindende traditionelle Teichfahren.

Persönlichkeiten

Einzelnachweise

  1. Müllers Großes Deutsches Ortsbuch 2012: Vollständiges Ortslexikon. 33. überarb. und erw. Ausg., Walter de Gruyter, Berlin und Boston 2012, S. 1494. ISBN 978-3-11-027420-2.
  2. a b c Internetauftritt des Amtes Schlieben, abgerufen am 16. Dezember 2023.
  3. a b c d Sybille Gramlich/ Irmelin Küttner: Landkreis Elbe-Elster Teil 1: Die Stadt Herzberg/Elster und die Ämter Falkenberg/Uebigau, Herzberg, Schlieben und Schönewalde 1998.
  4. Amt Schlieben (Hrsg.): Im Schliebener Land. 1994.
  5. Heimatkalender für den Kreis Schweinitz, Jahrgang 1922, S. 35.
  6. Siegfried von Boehn, Wolfgang von Loebell, Karl von Oppen, Otto Graf Lambsdorff: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Teil: Fortsetzung und Ergänzung 2, 1914 - 1945. Mit einer Gedenktafel der Opfer des 2. Weltkrieges. Hrsg.: Verein Ehemaliger Zöglinge d. Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Dennis Graf Kleist-RA-Zöglings-No.: 1954. Selbstverlag. Druck Gerhard Heinrigs, Köln, Brandenburg a. d. Havel 1971, S. 107 (d-nb.info).
  7. Christoph Franke, Moritz Graf Strachwitz v. Groß-Zauche u. Camminetz: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel) 1998, Band XXV, Band 117 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Stiftung Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1998, S. 223–224. ISBN 3-7980-0817-5.
  8. Geschichte des Geschlechts von Kleist. Fortführung 1880-1980, Hrsg. Vorstand des Familienverbandes derer v. Kleist, Verlag Ulf Pedersen, Braunschweig 1982, S. 39–42.
  9. Bildung der Ämter Vetschau, Schlieben, Angermünde-Land, GrünheideGroßräschen, Lübbenau, Unteres Dahmeland und Calau. Bekanntmachung des Ministers des Innern vom 30. Juni 1992. Amtsblatt für Brandenburg – Gemeinsames Ministerialblatt für das Land Brandenburg, 3. Jahrgang, Nummer 54, 31. Juli 1992, S. 968/9.
  10. Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 7. September 2001 Bildung einer neuen Stadt Schlieben. Amtsblatt für Brandenburg Gemeinsames Ministerialblatt für das Land Brandenburg, 12. Jahrgang, 2001, Nummer 44, Potsdam, den 30. Oktober 2001, S. 694/5. PDF
  11. Historisches Gemeindeverzeichnis 2005 für Brandenburg (Online. PDF)
  12. Schönermark, Gustav: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Schweinitz. in: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunst-Denkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete; 15. Heft, Verlag Otto Hendel, Halle a. d. S. 1891.
  13. Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, Kirchenkreis Bad Liebenwerda. 2019-05.
  14. Denkmalliste des Landes Brandenburg Landkreis Elbe-Elster Stand: 31. Dezember 2012. BLDAM Brandenburg. PDF.
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