Wilhelm-Marx-Haus

Das Wilhelm-Marx-Haus im Jahr 2005

Das Wilhelm-Marx-Haus ist ein Büro- und Geschäftshaus in der Düsseldorfer Stadtmitte. Es liegt an der Heinrich-Heine-Allee, der damaligen Alleestraße bzw. dem Hindenburgwall. 1922 begonnen, war es bei seiner Fertigstellung im Jahr 1924 mit 57 Metern Höhe und zwölf überirdischen Stockwerken das erste Hochhaus in Düsseldorf und ist seitdem ein Wahrzeichen der Stadt. Es ist seit dem 3. Dezember 1984 in der Denkmalliste der Stadt Düsseldorf eingetragen.

Bis zur Vollendung des Hansa-Hochhauses in Köln im Jahre 1925, welches das Düsseldorfer Bürohaus noch um vier Etagen überragte, war das Wilhelm-Marx-Haus laut zeitgenössischer Presse sogar „Das höchste Eisenbetonbauwerk in Europa“.

Planung

Seit Anfang der 1920er Jahre beschäftigte man sich in ganz Deutschland mit der Frage, ob Hochhäuser in Deutschland benötigt werden und ob man dem Trend der amerikanischen Großstädte folgen wolle. Auch in Düsseldorf wollte man Hochbauten als ein Zeichen von Fortschritt und wirtschaftlichem Aufschwung schaffen und damit verhindern, dass Firmen in andere Städte abwanderten. Daher wurde 1921 die „Düsseldorfer Bürohausgesellschaft“ gegründet, die die Bürokratie bei der Beantragung entsprechender Bauvorhaben vereinfachen sollte. Der erste Auftrag der Gesellschaft war das siebengeschossige Industriehaus am Wehrhahn, das eigentlich schon als erstes Hochhaus hätte zählen müssen – als Hochhäuser galten nach einem ministeriellen Beschluss geschäftlich genutzte Gebäude mit bereits mehr als sechs Vollgeschossen.

Im Herbst 1921 wurde dann zusammen mit der Stadtverwaltung ein Wettbewerb für ein „Bürohaus am Alleeplatz“ ausgeschrieben. Aufgabenstellung war die Schaffung eines architektonischen Abschlusses des Hindenburgwalls und der Markierung einer Schnittstelle der Stadtgebiete Altstadt, Carlstadt und des Bankenviertels. Der Alleeplatz galt nach zeitgenössischen Berichten als eine der verkehrsreichsten Stellen in Düsseldorf und der Bauplatz hatte eine nicht zu unterschätzende städtebauliche Bedeutung. Das neue Gebäude sollte diese Stellung unterstreichen.

Den Zuschlag bekam der Entwurf des Architekten Wilhelm Kreis, Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, der auch für andere Bauten in Düsseldorf und der Region verantwortlich zeichnet. Nach Meinung der Jury wurde die städtische Topografie durch seinen Grundriss mit zwei sich kreuzenden Rechtecken am konsequentesten berücksichtigt. Weitere Entwürfe waren „Der rote Turm“ von Fritz Becker mit einem 21-stöckigen Turmbau oder „Das Haus der goldenen Kugeln“ von Arno Breker und Heinrich Bähr, die jeweils die Bebauung des gesamten Grundstücks und einen Turmbau quer zum Hindenburgwall vorsahen.

Konstruktion

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Das Wilhelm-Marx-Haus während der Bauphase um 1923

Mit dem Bau des Gebäudes wurde 1922 begonnen. Es besteht aus einem zwölfgeschossigen Hochbau sowie aus zwei sechsgeschossigen Seitenflügeln, deren rechteckige Grundrisse sich kreuzen und damit den Grundriss des Turmbaus bilden. Die Stahlbetonkonstruktion ist bis an die Fensterbänke des zweiten Obergeschosses mit Muschelkalk verkleidet, die weiteren Etagen sind mit der für diese Zeit typischen roten Backsteinziegeln verkleidet. Bis zur Höhe der Seitenflügel sind die Fenster außerdem mit Werkstein (Dolomit) eingefasst und haben durchlaufende Fenstersimse. Das ganze Gebäude ist von Arkaden umgeben, die allerdings nur im Bereich des Hochbaus offen sind – die anderen Flächen sind verglast, um als Schaufenster dienen zu können. Die beiden oberen Geschosse des Turmbaus haben eine geringere Höhe und kleinere Fenster. Im Kegeldach der Turmspitze war ursprünglich ein von der Straße nicht direkt sichtbarer Wasserbehälter zum Brandschutz verborgen. Dafür sorgte die Balustrade mit einer zweigeschossigen Maßwerkgalerie aus Backstein, die aus sich überlagernden Spitzbögen gestaltet wurde.

Die Ausstattung des Gebäudes mit Warmwasserheizung und Warmwasserversorgung in allen Stockwerken sowie einem aufwendigen Entlüftungssystem war für die damalige Zeit wegweisend. Im Gebäude waren außerdem ein Paternosteraufzug, ein herkömmlicher Personenaufzug sowie zwei Lastenaufzüge installiert.

Bis dahin nicht gekannte Dimensionen zeigen auch die Mengen der verwendeten Baumaterialien: 7.200 m³ Kies, 430.000 kg Eisen und Stahl, 34.200 Zementsäcke, 540 m³ Haustein und 350.000 Ziegelsteine. Das gesamte Baumaterial hätte 2.000 Waggons eines 27 km langen Zuges füllen können.

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Das Wilhelm-Marx-Haus und das benachbarte Carsch-Haus um 1925

Bei den Luftangriffen des zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude im Juni 1943 stark beschädigt, allerdings nicht vollständig zerstört, so dass es nach dem Krieg wieder genutzt werden konnte.

Von 1982 bis 1984 wurde ein Seitenflügel im Rahmen des U-Bahn-Baus in Richtung Kasernenstraße im alten Stil fassaden- und profilgleich verlängert, wodurch hinter dem Gebäude ein großer Innenhof entstand. Die Erweiterung wurde von den Architekten Petschnigg & Partner sowie Rhode, Kellermann, Wawrosky und Partner durchgeführt. Ebenso wurde unter dem Gebäude gemeinsam mit dem benachbarten Carsch-Haus eine Tiefgarage eingerichtet. Im Zuge dieser Baumaßnahmen wurde auch das benachbarte Carsch-Haus um 27 Meter versetzt, um Platz für den U-Bahnhof „Heinrich-Heine-Allee“ zu schaffen. Da die vierspurige Streckenführung der U-Bahn direkt unter dem Gebäude verläuft, musste es mit über 500 Betonpfeilern gestützt werden. Ein Grund für diese umfangreichen Stabilisierungsmaßnahmen war auch der Untergrund, der zum Teil aus einem alten Festungswall und einem Festungsgraben besteht. Dieser hatte schon bei der Errichtung 1922 mehrfach für unerwartete Wassereinbrüche gesorgt und eine riesige, einen Meter dicke Betonplatte nötig gemacht.

Eigentümer

Im Jahr 1988 wurde das bis dahin von der Stadt getragene Wilhelm-Marx-Haus nach einem Beschluss des Stadtrates aus finanziellen Gründen für 58 Millionen Mark an die französische Gruppe „Pierre Premier“ in Paris verkauft. Der neue Eigner unterzog das Gebäude dann 1991/1992 noch einmal einer Grundsanierung.

Im Jahr 2001 bekam das Gebäude wieder einen deutschen Eigentümer – die zur Sparkassengruppe gehörende Düsseldorfer WestInvest, die seitdem das Gebäude betreibt und verwaltet.

Namensgebung

Als Namenspate fungierte der ehemalige Düsseldorfer Oberbürgermeister Wilhelm Marx (nicht zu verwechseln mit dem Reichskanzler gleichen Namens), der zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Grundstein für die Modernisierung der Stadt legte. Das Gebäude wurde im Jahr seines Todes eröffnet.

Nutzung

Das Wilhelm-Marx-Haus bietet im Erdgeschoss 1079 m² Einzelhandelsfläche, die wegen der Lage und Bekanntheit des Gebäudes von mehreren namhaften Marken genutzt wird. In den zwölf Obergeschossen stehen 8620 m² Bürofläche zur Verfügung, die unter anderem von zwei Landesbanken und einer Düsseldorfer Privatbank genutzt wird. Außerdem befindet sich im Gebäude auch das zum Forum Freies Theater gehörende „JuTA“ (Junges Theater in der Altstadt) mit einer kleinen Bühne.

Im Laufe der Jahre beherbergte das Gebäude unter anderem die Düsseldorfer Börse, die dort mit zwei Börsensälen ein Brennpunkt des wirtschaftlichen Geschehens war. Der größere der beiden Säle wurde vom symbolistischen Maler Johan Thorn-Prikker gestaltet. Nach dem Umzug der Börse in den Neubau nahe der Berliner Allee im Jahr 1957 ist von den Sälen außer der Erinnerung allerdings nichts mehr geblieben. In den späten 1960er Jahren beherbergte das Gebäude diverse Ämter der Stadt Düsseldorf. Auch die Dr. Carl Hahn KG für Hygiene und Kosmetik war lange Zeit ein Mieter im Wilhelm-Marx-Haus

Auf der Turmspitze bzw. an der Maßwerkgalerie befand sich lange Zeit eine Leuchtreklame für das Waschmittel Persil des in Düsseldorf ansässigen Henkel-Konzerns. Die Galerie konnte von Besuchern mit dem Paternosteraufzug erreicht werden und diente lange als Aussichtspunkt, der einen Blick über die gesamte Stadt erlaubte.

Sehenswert ist auch der Innenhof des Wilhelm-Marx-Hauses, wo sich rund um den Musikbrunnen mehrere Cafés angesiedelt haben.

Der Musiktempel

Seit dem 17. August 1984 befindet sich gegenüber des Wilhelm-Marx-Hauses vor dem Haupteingang des Carsch-Hauses die werkgetreue Rekonstruktion des Musiktempels, der seinerzeit dem Bau des Wilhelm-Marx-Hauses hatte weichen müssen. Der Nachbau des Pavillons wurde vom Schmiedemeister Hans Sauer aus Kaarst-Büttgen aus 15 Tonnen Stahl geschaffen. Das zwei Tonnen schwere Kupferdach ist mit zwei Kilogramm Blattgold verziert.

Die genaue Herkunft des ursprünglichen Musiktempels ist nicht bekannt, es wird aber vermutet, dass dieser für die große Industrie- und Gewerbeausstellung im Jahr 1902 geschaffen wurde – während der Amtszeit des Oberbürgermeisters Wilhelm Marx. Im Jahr 1906 soll der Tempel dann auf Veranlassung von Robert Visser, dem damaligen Direktor des Verkehrsvereins, in die Altstadt versetzt worden sein. Der Musiktempel war ein beliebter Treffpunkt nach dem sonntäglichen Kirchgang.

Literatur

Wilhelm-Marx-Haus

  • Jürgen Wiener (Hrsg.): Die GeSoLei und die Düsseldorfer Architektur der 20er Jahre. J.P. Bachem Verlag, Köln 2001. ISBN 3-7616-1445-4
  • Roland Kanz, Jürgen Wiener: Architekturführer Düsseldorf. Dietrich Riemer Verlag, Berlin 2001. ISBN 3-496-01232-3

Musiktempel

  • Theo Lücker: Düsseldorf – rund um die Karlstadt Verlag der Goethe-Buchhandlung, Düsseldorf 1990. ISBN 3-924331-21-9

Weblinks

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