„Wilhelm Tell“ – Versionsunterschied
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[[Max Frisch]] erzählt die Geschichte des Wilhelm Tell aus der Sicht Gesslers. Dabei wird ihr die Schweizer Heroisierung genommen. Wilhelm Tell und die Urner werden als sehr konservativ, allem Fremden und Neuen abhold dargestellt. Der Apfelschuss und der Tod Gesslers sind dann auch nur die direkten Folgen von Missverständnissen, Dickköpfigkeit und Stolz. Der Text wird durch viele Fussnoten mit historischen Quellenangaben angereichert.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43144412.html ''Apfelschuß war nicht verlangt''], [[Adolf Muschg]] über Max Frisch: Wilhelm Teil für die Schule, Artikel im Spiegel vom 9. August 1971</ref> | [[Max Frisch]] erzählt die Geschichte des Wilhelm Tell aus der Sicht Gesslers. Dabei wird ihr die Schweizer Heroisierung genommen. Wilhelm Tell und die Urner werden als sehr konservativ, allem Fremden und Neuen abhold dargestellt. Der Apfelschuss, der nicht statt fand, und der Tod Gesslers sind dann auch nur die direkten Folgen von Missverständnissen, Dickköpfigkeit und Stolz. Der Text wird durch viele Fussnoten mit historischen Quellenangaben angereichert.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43144412.html ''Apfelschuß war nicht verlangt''], [[Adolf Muschg]] über Max Frisch: Wilhelm Teil für die Schule, Artikel im Spiegel vom 9. August 1971</ref> | ||
=== Theaterstück «Der Schütze Tell» von 1975 === | === Theaterstück «Der Schütze Tell» von 1975 === |
Version vom 30. November 2017, 18:14 Uhr
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Stahlstich von Raab nach Pecht, um 1859
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![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/d7/Tellskapelle.jpg/220px-Tellskapelle.jpg)
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/2/26/Tellschu%C3%9F.jpg/220px-Tellschu%C3%9F.jpg)
Wilhelm Tell ist ein legendärer Schweizer Freiheitskämpfer. Seine Geschichte spielt in der heutigen Zentralschweiz und wird auf das Jahr 1307 datiert. Der Dichter Friedrich Schiller verfasste in seiner späten Schaffensphase das berühmte gleichnamige Bühnenwerk. Seit dem 15. Jahrhundert erwähnt, wurde er zu einer zentralen Identifikationsfigur verschiedener, sowohl konservativer als auch progressiver Kreise der Eidgenossenschaft. Seit Ende des 19. Jahrhunderts gilt Tell als der Nationalheld der Schweiz.
Entstehung einer Legende
Erstmals taucht Tell im Weissen Buch von Sarnen als «Thall»[1] auf, niedergeschrieben um 1472 vom Obwaldner Landschreiber Hans Schriber.[2] In dem «Lied von der Entstehung der Eidgenossenschaft» (auch «Tellenlied» oder «Bundeslied» genannt) taucht um 1477 ebenfalls die Figur des Tell auf. Dieses handelt aus der Zeit der Burgunderkriege und wurde zuerst mündlich weitergegeben.
Die Geschichte Tells fand Eingang in die Luzerner Chroniken von Melchior Russ und Petermann Etterlin, die um 1507 erstmals gedruckt wurden, und in die 1508 bis 1516 verfasste Schweizerchronik des Zürcher Heinrich Brennwald. Der Chronist Aegidius Tschudi verdichtete um 1570 die verschiedenen mündlich und schriftlich überlieferten Versionen der Tell-Erzählung zu einer Sage, die er auf das Jahr 1307 datierte und als wichtiges Element der Befreiungstradition zwischen dem Burgenbruch und dem Rütlischwur einbettete. Tschudis «Chronicon Helveticum» wurde jedoch erst 1734–1736 publiziert. Vor allem über Josias Simlers «De Republica Helvetiorum libri duo», dessen Werk 1576 erstmals erschien und immer neu aufgelegt wurde, erreichte Tschudis Fassung bis ins 18. Jahrhundert hinein ein breites Publikum. Der Geograph und Universalgelehrte Johann Gottfried Gregorii alias Melissantes verbreitete die Geschichte zwischen 1708 und 1729 durch mehrere seiner volksnahen Geographiebücher im deutschsprachigen Raum.[3] Schliesslich wurde vor allem durch die Dramatisierung Friedrich Schillers (1804), aber auch durch den Historiker Johannes Müller die Geschichte zunächst in Europa und später auch weltweit bekannt. 1818 nahmen die Brüder Grimm die Sage in ihr Werk Deutsche Sagen auf.[4]
In Etterlins Tell-Legende lässt der habsburgische Landvogt Gessler zu Altdorf einen Hut auf eine Stange stecken und befiehlt den einheimischen Untertanen, diesen jedes Mal zu grüssen, wenn sie an ihm vorübergehen. Wilhelm Tell, ein weithin bekannter Armbrustschütze, verweigert den Gruss, und der Vogt befiehlt ihm daraufhin, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes Walter zu schiessen. Sein Kind müsse andernfalls mit ihm sterben. Tell tut widerstrebend, wie ihm geheissen, und trifft den Apfel. Er wird gefragt, wozu er sich einen zweiten Pfeil genommen hat und antwortet, wenn er sein Kind getroffen hätte, wäre dieser für den Vogt bestimmt gewesen. Daher lässt der Vogt ihn gefesselt auf seine Burg nach Küssnacht überführen. Auf dem Vierwaldstättersee aber bringt ein Sturm das Schiff in Gefahr und Tell wird seiner Fesseln entledigt, um das Boot zu lenken. Geschickt steuert er es gegen das Ufer, wo die Steilwand Axen sich erhebt, und springt dort auf eine hervorstehende Felsplatte, die noch heute Tellsplatte heisst. Er eilt über die Berge nach Küssnacht, erwartet den Vogt in einem Hohlweg, der Hohlen Gasse, und erschiesst ihn aus sicherem Versteck mit der Armbrust und wird so zum Tyrannenmörder.
Von Tells weiterem Leben wird nur berichtet, dass er 1315 in der Schlacht bei Morgarten mitgekämpft und 1354[5] im Schächenbach beim Versuch der Rettung eines Kindes den Tod gefunden habe.
Geschichtskritik
Nachdem schon der Freiburger Franz Guillimann 1607, dann die Basler Christian und Isaak Iselin, der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger 1760 sowie Voltaire («Annales de l’Empire») die Geschichte Tells als Sage bezeichnet hatten, kam im 19. Jahrhundert der Historiker Joseph Eutych Kopp, Begründer der kritischen Schweizer Geschichtsschreibung, zum Ergebnis, dass die Tell-Gestalt in keinem zeitgenössischen Schriftdokument erwähnt wird. Erst im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts taucht die Tellsage auf, und zwar in mindestens zwei Versionen. Die ersten Quellen, in der die Erzählung belegt ist, sind das Weisse Buch von Sarnen (um 1470) und das höchstwahrscheinlich um 1477 entstandene «Bundeslied»; sodann wird sie in der Luzerner Stadtchronik erwähnt, die 1482 bis 1488 von Melchior Russ geschrieben wurde. Russ erblickt in Tell den Haupturheber der Befreiung und Stifter des gegen die habsburgische Herrschaft gerichteten Bundes der Eidgenossen.
Im Weissen Buch von Sarnen wird Tells Tat mit dem Rütlischwur in Verbindung gebracht; die Initiative im Freiheitskampf wird aber vornehmlich der Gestalt des Werner Stauffacher zugeschrieben. Diese Version erscheint auch in der 1507 gedruckten Etterlin-Chronik. Erst Tschudi verwob die beiden Traditionsstränge zu einer Gesamtsage, die im Lauf der Jahrhunderte noch mancherlei Zusätze bekam.
Die so genannten Tellskapellen auf der Tellsplatte, in Bürglen und in der Hohlen Gasse stammen erst aus dem 16. Jahrhundert und sind zum Teil nachweislich zu Ehren von Kirchenheiligen gestiftet worden. In Uri liess sich keine Familie Tell ermitteln; die Erkenntnisse der Urner Landsgemeinden von 1387 und 1388, welche Tells Existenz bezeugen sollten, sowie die den Namen «Tello» und «Täll» enthaltenden Totenregister und Jahrzeitbücher von Schattdorf und Attinghausen sind als Erdichtungen und Fälschungen nachgewiesen.
Herkunft der Apfelschuss-Sage
Die Sage vom Apfelschuss tritt zuerst in den Gesta Danorum («Geschichte der Dänen») des Saxo Grammaticus (verfasst ca. 1200–1216) und der altnordischen Thidrekssaga (kompiliert im 13. Jahrhundert) auf. In der letzteren wird der Held Egil genannt, bei Saxo heisst er Toko.[6] Auch im Hexenhammer (1486) wird eine Sage vom Apfelschuss erzählt; der Name des Schützen ist hier Punker von Rohrbach.
In der Schweiz dürfte die Erzählung Saxos von Chronisten des 15. Jahrhunderts zur Ausschmückung der Befreiungssage übernommen worden sein. Schon der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger (1738–1743), Prediger am Berner Inselspital, betätigte sich als Geschichtsforscher und stellte 1760 die These auf, es handele sich beim schweizerischen Wilhelm Tell um die Nachdichtung einer Episode aus den Gesta Danorum des Saxo Grammaticus (ca. 1140 bis 1220). Aus Angst vor den Auswirkungen veröffentlichte er seine Abhandlung allerdings anonym. Die Sage vom Schützen Toko – der im Dienst des dänischen Königs gestanden habe – erzählt, dass dieser prahlerische Schütze vom König gezwungen wurde, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schiessen, und dass Toko in der Folge den König aus Rache während eines von dessen Liebesabenteuern erschoss. Da zudem einige Details bei Aegidius Tschudi, der die Tellsage überliefert, und Saxo Grammaticus übereinstimmen (z. B. steckt sich auch Toko einen zweiten Pfeil zu und bekennt auf die Frage des Königs, dass dieser für ihn gewesen wäre, falls er den Sohn getroffen hätte), ist evident, dass Saxo die Quelle für die Erfindung des Schweizer Nationalhelden war. Gottlieb Emanuel von Haller übersetzte die Abhandlung Freudenbergers ins Französische und veröffentlichte sie wegen der Befürchtungen Freudenbergers unter seinem eigenen Namen.
Künstlerische Adaptionen
Lemierres Tragödie «Guillaume Tell» von 1766
Die Tragödie «Guillaume Tell» von Antoine-Marin Lemierre wurde erstmals 1766 von den Comédiens ordinaires du Roi (Ludwig XV.) aufgeführt.
Grétrys Oper «Guillaume Tell» von 1791
André-Ernest-Modeste Grétry komponierte zwei Jahre nach der Französischen Revolution (1791) die Oper «Guillaume Tell»[7] für die Comédie-Italienne in Paris. Das Libretto schrieb Michel-Jean Sedaine nach der Tragödie von Lemierre.
Schillers Drama «Wilhelm Tell» von 1804
Rossinis Oper «Guillaume Tell» von 1829
Deutscher Stummfilm «Wilhelm Tell» von 1923
Regie: Rudolf Dworsky und Rudolf Walther-Fein (mit Hans Marr, Conrad Veidt und Eduard von Winterstein)
Schweizerisch-amerikanischer Stummfilm «Die Entstehung der Eidgenossenschaft» von 1924
Historienfilm mit freier Anlehnung an historische Tatsachen, Legenden und Schillers Drama.
Deutsches Hörspiel «Wilhelm Tell» von 1925
- Produktion: Nordische Rundfunk AG (NORAG, Hamburg)
- Regie: Hermann Beyer; Bearbeitung: Hans Bodenstedt
Personen und ihre Darsteller:
- Wilhelm Tell, aus Uri: Karl Pündter
- Hedwig, Tells Gattin, Fürsts Tochter: Käthe Schmidt-Steiner
- Werner, Freiherr von Attinghausen, Bannerherr/Konrad Baumgarten: Georg Sellnitz
- Ulrich von Rudenz, sein Neffe: Paul Ellmar
- Werner Stauffacher, Landsmann aus der Schwyz: Otto Eppens
- Walter Fürst, aus Uri: Willi Schweisguth
- Rösselmann, der Pfarrer, aus Uri/Friesshard Söldner: John Walter
- Petermann. der Sigrist, aus Uri/Leuthold, Söldner: Hans Freundt
- Gertrud, Stauffachers Gattin: Ida Bauer
- Berta von Bruneck, eine reiche Erbin: Edith Scholz
- Konrad Hunn, Landsmann aus der Schwyz: Karl Sander
- Hans auf der Mauerv, Landsmann aus der Schwyz: Josef Becker
- Knoni, der Hirte, aus Uri: Fred Wriebel
- Ruodi, der Fischer, aus Uri: Alfred Wosten
- Armgard, Bäuerin: Eugenie May u. v. a.
Deutscher Tonfilm «Wilhelm Tell» von 1934
Regie: Heinz Paul (mit Hans Marr, Conrad Veidt und Emmy Sonnemann)
Deutsches Hörspiel «Wilhelm Tell» von 1951
- Produktion: Bayerischer Rundfunk
- Regie: Hannes Küpper
Personen und ihre Darsteller:
- Hermann Gessler, Reichsvogt in Schwyz und Uri: Fritz Benscher
- Freiherr von Attinghausen, Bannerherr: Kurt Stieler
- Ullrich von Rudenz, sein Neffe: Horst Reichel
- Werner Stauffacher: Hans Cossy
- Walter Fürst: Albert Hörrmann
- Wilhelm Tell: Hanns Stein
- Hedwig, Tells Gattin, Fürsts Tochter: Marianne Brandt
- Rösselmann, der Pfarrer: Ernst Schlott
- Arnold von Melchtal: Alois Maria Giani
- Konrad Baumgarten: Fritz Rasp
- Gertrud, Stauffachers Gattin: Liane Kopf
- Berta von Bruneck, eine reiche Erbin: Marianne Kehlau
- Armgard, Bäuerin: Ingeborg Hoffmann u. v. a.
Deutsches Hörspiel «Wilhelm Tell» von 1955
- Produktion: Hessischer Rundfunk
- Regie: Gustav Rudolf Sellner
Personen und ihre Darsteller:
- Wilhelm Tell: Walter Richter
- Hermann Gessler: Bernhard Minetti
- Ulrich von Rudenz: Klausjürgen Wussow
- Werner, Freiherr von Attinghausen: Paul Bildt
- Werner Stauffacher: Willy Leyrer
- Walther Fürst: Otto Rouvel
- Konrad Baumgarten: Heinz Schimmelpfennig
- Kuoni, der Hirte: Danielo Devaux
- Ruodi, der Fischer: Werner Küffe
- Meier von Sarnen: Fritz Saalfeld
- Gertrud, Stauffachers Gattin: Otti Schütz
- Hedwig, Tells Gattin: Maria Faußner
- Armgard: Käthe Reichel
Deutsches Hörspiel «Wilhelm Tell» von 1958
- Produktion: Bayerischer Rundfunk
- Regie: Heinz-Günter Stamm
Personen und ihre Darsteller:
- Wilhelm Tell: Max Eckard
- Hedwig, Tells Gattin: Agnes Fink
- Hermann Gessler, Landvogt: Kurt Meisel
- Freiherr von Attinghausen: Carl Wery
- Ullrich von Rudenz: Claus Biederstaedt
- Walter Fürst: Ernst Walter Mitulski
- Werner Stauffacher: Paul Hartmann
- Gertrud, Stauffachers Gattin: Mila Kopp
- Baumgarten: Wolfgang Büttner
- Armgard, Bäuerin: Edith Schultze-Westrum
- Melchtal: Thomas Braut
- Rösselmann, der Pfarrer: Willy Rösner
- Der Fischer: Ullrich Haupt
- Der Hirte: Hans Baur
- Johannes Parricida: Gert Westphal u. v. a.
Schweizer Film «Wilhelm Tell (Burgen in Flammen)» von 1960
- Hauptrollen: Robert Freytag, Hannes Schmidhauser, Zarli Carigiet und Alfred Rasser
- Regie: Michel Dickoff und Karl Hartl
- Musik: Hans Haug und Kurt Svab
- Produzent: Josef Richard Kaelin, Gründer der Schweizer Produktionsfirma Urs-Film (1958)[8]
Deutscher Fernsehfilm «Wilhelm Tell» von 1968
Aufführung des Staatstheaters Stuttgart, Länge: 135 Minuten
- Regie: Karl Vibach
Personen und ihre Darsteller:
- Wilhelm Tell: Max Eckard
- Hermann Gessler: Peter Roggisch
- Werner Freiherr von Attinghausen: Ludwig Anschütz
- Werner Stauffacher: Gerhard Just
- Ulrich von Rudenz: Herbert Dubrow
- Konrad Hunn: Karlheinz Bernhardt
- Rösselmann: Ulrich Matschoss
- Petermann: Dietz-Werner Steck
- Hannelore Hoger, Walter Thurau und Karl-Heinz von Liebezeit
Max Frisch: «Wilhelm Tell für die Schule» von 1971
Max Frisch erzählt die Geschichte des Wilhelm Tell aus der Sicht Gesslers. Dabei wird ihr die Schweizer Heroisierung genommen. Wilhelm Tell und die Urner werden als sehr konservativ, allem Fremden und Neuen abhold dargestellt. Der Apfelschuss, der nicht statt fand, und der Tod Gesslers sind dann auch nur die direkten Folgen von Missverständnissen, Dickköpfigkeit und Stolz. Der Text wird durch viele Fussnoten mit historischen Quellenangaben angereichert.[9]
Theaterstück «Der Schütze Tell» von 1975
Das Theaterstück von Hansjörg Schneider wurde 1975 in Krems (bei Wien) uraufgeführt. Schneiders Tell ist ein unpolitischer Querkopf, der lediglich seine Ruhe haben, gut essen und trinken und seiner Jagdleidenschaft frönen will und Gessler aus rein privaten Motiven niederschiesst. Damit hilft er aber nur den Herren des Landes, ihre eigenen Machtinteressen durchzusetzen.
TV-Serie «The Legend Of William Tell» von 1998
Die 16-teilige TV-Serie wurde 1998 von Cloud 9 Productions in Neuseeland gedreht.[10] Die grundlegende Handlung und die Charaktere wurden von der Tell-Sage übernommen. Die Handlung spielt jedoch in einer Fantasy-Welt mit übernatürlichen Phänomenen. Die deutsche Fassung erschien unter dem Titel Tell – Im Kampf gegen Lord Xax.[11]
Schweizer Film «Tell» von 2007
2007 gelangte Mike Eschmanns aufwendiger Film in die Kinos.
Wilhelm Tell, gespielt von Mike Müller, ist Österreicher und zieht durch Schweizer Dörfer, um Frauen sein Schönheitsmittelchen anzudrehen. Im Auftrag von drei Eidgenossen macht sich Tell zusammen mit dem Eskimo Val-Tah auf den Weg in die Feste der Habsburger. Dort soll er dem bösen Gessler das Handwerk legen. Als Belohnung winkt der Schweizer Pass.
Die geplante Provokation misslang, der Film floppte. Kritisiert wurden Durchhänger, flache Witze, biedere Zoten, umständliche Dialoge und kaputtgeredete Pointen.[12]
«Tell – Das Musical»
Das Musical wurde 2012 erstmals aufgeführt auf der Walensee-Bühne in Walenstadt. Die Autoren sind Hans Dieter Schreeb (Textbuch), Wolfgang Adenberg (Liedtexte), Marc Schubring (Musik) und John Havu (Creative Development).
USA-Film «The Legend of William Tell» (geplant)
Bereits 2008 sollte unter dem Titel «The Adventures of William Tell» ein Hollywoodfilm gedreht werden. Für die Rolle der Frau von Tell konnte die Enkelin von Charlie Chaplin, Kiera Chaplin, gewonnen werden. Die Hauptrolle und die Regie waren noch nicht vergeben.[13] Aufgrund der Finanzkrise stiegen die Investoren 2008 aus dem Film aus. Das vorgesehene 60-Millionen-Budget konnte deshalb nicht finanziert werden. Die Verfilmung sei allerdings nicht gestrichen, sondern nur «auf Eis gelegt». Man wolle das Projekt später wieder aufnehmen.[14]
Im Mai 2011 wurde bekannt, dass die Dreharbeiten starten sollten.[15] Als Hauptdarsteller wurden Brendan Fraser und Til Schweiger genannt. Wegen günstigerer Produktionskosten sollte der grössere Teil des Films in Rumänien gedreht werden.
2014 sollte der Film unter dem neuen Titel «The Legend of William Tell» oder «Tell 3D» in die Kinos kommen.[16][17]
Historischer Roman «Tell – Mann. Held. Legende» von Thomas Vaucher
Der historische Roman von Thomas Vaucher erschien 2016.[18] Der Roman erzählt einerseits die unbekannte und fiktive Geschichte der Jugend Wilhelm Tells und klärt den Leser auf, wie aus dem Bauern Tell ein Armbrustschütze wurde, und anderseits die bekannte Legende vom Rütlischwur und vom Apfelschuss – aber in neuem Licht.
Literatur
- Jean-François Bergier: Wilhelm Tell. Realität und Mythos. List, München/Leipzig 1990, ISBN 3-471-77168-9 bzw. Römerhof, Zürich 2012, ISBN 978-3-905894-16-5.
- Michael Blatter, Valentin Groebner: Wilhelm Tell, Import – Export: Ein Held unterwegs. Hier + Jetzt, Baden 2016, ISBN 978-3-03919-387-5.
- François de Capitani: Tell, Wilhelm. In: Historisches Lexikon der Schweiz..
- Max Frisch: Wilhelm Tell für die Schule. Mit alten Illustrationen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971, ISBN 978-3-518-36502-1.
- Angelo Garovi: Wie die Schweiz zu ihrem Helden kam. ( vom 19. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) In: NZZ am Sonntag vom 6. Januar 2013.
- Otto Holzapfel: Lexikon der abendländischen Mythologie. Herder, Freiburg im Breisgau / Berlin / Wien 1993, ISBN 3-451-22487-9.
- Peter Kaiser: Befreiungstradition. In: Historisches Lexikon der Schweiz..
- Thomas Maissen: Schweizer Heldengeschichten – und was dahintersteckt. Hier und Jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte, Baden 2015. ISBN 978-3-03919-340-0 (Print); ISBN 978-3-03919-902-0 (eBook).
- Jörg Paul Müller: Perspektiven der Demokratie. Vom Nationalmythos Wilhelm Tell zur Weltsicht Immanuel Kants. Stämpfli, Bern 2012, ISBN 978-3727217531.
- Hans-Peter Naumann: Tell und die nordische Überlieferung. Zur Frage nach dem Archetypus vom Meisterschützen. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 71, 1975, S. 108–128.
- Schweizerisches Idiotikon: Artikel Täll II, Bd. XII, Sp. 398–1405.
- Lilly Stunzi (Hrsg.): Tell: Werden und Wandern eines Mythos. Texte von Jean Rudolf von Salis [u. a.]. Bildbeschriftungen: Manuel Gasser und Peter Killer in Zusammenarbeit mit Walter Hugelshofer und Robert L. Wyss, Hallwag, Bern / Stuttgart 1973, ISBN 3-444-10102-3.
Weblinks
- Publikationen von und über Wilhelm Tell im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Wilhelm Tell im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tellmuseum
- Christoph Landolt: Wilhelm Tell – woher kommt dieser Name? In: Wortgeschichten vom 9. Juli 2014, herausgegeben vom Schweizerischen Idiotikon.
- Schweizer Geschichte: Freiheitsheld Wilhelm Tell Sage, Legende oder Mythos?
Einzelnachweise
- ↑ e-codices – Virtual Manuscript Library of Switzerland. In: e-codices.unifr.ch. Abgerufen am 7. Juli 2015.
- ↑ Angelo Garovi: Schriber, Hans. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Zum Beispiel Melissantes: Cosmographia universalis, Leipzig, Frankfurt [und Erfurt] 1715, S. 810 f.; Geographia novissima, Frankfurt, Leipzig [und Erfurt] 1709, Teil 1, S. 600 f.
- ↑ Deutsche Sagen. Hrsg. von den Brüdern Grimm. Nicolai, Berlin 1865, 2. Aufl., Band 1–2. Digitalisierte Ausgabe Nr. 518 Wilhelm Tell in Bd. 2
- ↑ Tell, Wilhelm. Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885–1892, S. 576/577 in Band 15.
- ↑ Vgl. Hans-Peter Naumann: Tell und die nordische Überlieferung. Zur Frage nach dem Archetypus vom Meisterschützen. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 71, 1975, S. 108–128.
- ↑ Wilhelm Tell von André Grétry an der Opéra Royal de Wallonie, Video auf arte Live-Web, 1 Std. 27 Min, Aufzeichnung vom 9. August 2013
- ↑ Urs-Film
- ↑ Apfelschuß war nicht verlangt, Adolf Muschg über Max Frisch: Wilhelm Teil für die Schule, Artikel im Spiegel vom 9. August 1971
- ↑ The Legend of William Tell – Overview Informationsseite zu dem Film auf der Website der Produktionsfirma Cloud 9 Productions, abgerufen am 5. Mai 2012
- ↑ Tell – Im Kampf gegen Lord Xax Eintrag in der deutschen Version der Internet Movie Database
- ↑ Christoph Egger: Tell, ein Trauerspiel. Die Schweizer Filmkomödie erreicht einen neuen Tiefpunkt. Neue Zürcher Zeitung, 27. September 2007. Abgerufen am 20. Februar 2012.
- ↑ Hollywood dreht Wilhelm Tell in der Schweiz Artikel im 20 Minuten vom 8. Mai 2008
- ↑ Tell-Filmprojekt wegen Finanzkrise auf Eis gelegt. Artikel auf nachrichten.ch vom 10. Oktober 2008
- ↑ Lorenz Hanselmann: Brendan Fraser spielt Tell. 20 Minuten Online, 9. Mai 2011. Abgerufen am 20. Februar 2012.
- ↑ The Legend Of William Tell Informationsseite zu dem Film auf filmkritiker.com, abgerufen am 15. August 2013
- ↑ The Legend of William Tell: 3D Eintrag in der deutschen Version der Internet Movie Database, abgerufen am 15. August 2013
- ↑ Thomas Vaucher: Tell – Mann. Held. Legende. Stämpfli Verlag, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-7900-3.