„Philanthropin (Frankfurt am Main)“ – Versionsunterschied

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Ab 1954 gehörte das Gebäude wieder der jüdischen Gemeinde, die hier ihre Verwaltung einrichtete. Außerdem befand sich im ehemaligen Turnsaal des Philanthropin das Kino ''Die Kurbel''. Im April 1966 gab es einen erfolglosen Anlauf, das Philanthropin als Schule wiederzueröffnen. 1978 entschloss sich die jüdische Gemeinde das Gebäude an die Stadt Frankfurt zu verkaufen, um mit dem Erlös das Jüdische Gemeindezentrum im Stadtteil [[Frankfurt-Westend|Westend]] zu finanzieren. Die Stadt Frankfurt nutzte das Gebäude in der Folgezeit als Bürgerbegegnungsstätte und ließ es 1984 aufwendig sanieren. Von 1979 bis 2004 war das Philanthropin auch Sitz des [[Hoch'sches Konservatorium|Hoch'schen Konservatoriums]].
Ab 1954 gehörte das Gebäude wieder der jüdischen Gemeinde, die hier ihre Verwaltung einrichtete. Außerdem befand sich im ehemaligen Turnsaal des Philanthropin das Kino ''Die Kurbel''. Im April 1966 gab es einen erfolglosen Anlauf, das Philanthropin als Schule wiederzueröffnen. 1978 entschloss sich die jüdische Gemeinde das Gebäude an die Stadt Frankfurt zu verkaufen, um mit dem Erlös das Jüdische Gemeindezentrum im Stadtteil [[Frankfurt-Westend|Westend]] zu finanzieren. Die Stadt Frankfurt nutzte das Gebäude in der Folgezeit als Bürgerbegegnungsstätte und ließ es 1984 aufwendig sanieren. Von 1979 bis 2004 war das Philanthropin auch Sitz des [[Hoch'sches Konservatorium|Hoch'schen Konservatoriums]].


Danach wurden das Gebäude und die angrenzende Sporthalle wieder zu einer Schule umgebaut, das Konservatorium bezog einen Neubau im Frankfurter [[Frankfurt-Ostend|Ostend]]. Die Umbaukosten des Philanthropins von 12,5 Millionen Euro wurden vom Land [[Hessen]], der Stadt [[Frankfurt am Main|Frankfurt]] und der jüdischen Gemeinde getragen. Bis zu 450 Schüler sollen dort unterrichtet werden.
Danach wurden das Gebäude und die angrenzende Sporthalle wieder zu einer Schule umgebaut, das Konservatorium bezog einen Neubau im Frankfurter [[Frankfurt-Ostend|Ostend]]. Die Umbaukosten des Philanthropins von über 15 Millionen Euro, ohne die Einrichtungskosten, wurden vom Land [[Hessen]], der Stadt [[Frankfurt am Main|Frankfurt]] und der jüdischen Gemeinde getragen. Bis zu 450 Schüler sollen dort unterrichtet werden. Zur Zeit sind es rund 400 Kinder, welche die nach Dr. Isaak Emil Lichtigfeld genannte '''I. E. Lichtigfeld-Schule''' besuchen.


== Die Lichtigfeldschule ==
== Die Lichtigfeldschule ==

Version vom 23. August 2007, 12:24 Uhr

I. E. Lichtigfeld-Schule
SchulformGanztagsschule, Grundschule mit

gymnasialer Mittelstufe (Sekundarstufe I)

Gründung1804/1966
AdresseHebelstrasse 15-17

60318 Frankfurt am Main

Schüleretwa 400
Websitewww.lichtigfeld-schule.de

Das Philanthropin (deutsch: Stätte der Menschlichkeit) war eine der Schulen der ehemaligen israelitischen Gemeinde in Frankfurt am Main. Es bestand von 1804 bis zur Schließung durch die Nationalsozialisten 1942. Mit bis zu 1000 Schülern war es die größte und am längsten bestehende jüdische Schule in Deutschland.

Das denkmalgeschützte Gebäude im Stadtteil Nordend wurde 1908 erbaut. Seit dem Schuljahr 2006/2007 ist es Sitz der I. E. Lichtigfeld-Schule, einer Ganztagsschule mit gymnasialer Mittelstufe der 1949 wiedergegründeten Jüdischen Gemeinde Frankfurts.

Nach dem Krieg hatte das Gebäude von 1954 bis 1978 als Verwaltungszentrum der Jüdischen Gemeinde gedient, die es 1978 an die Stadt verkaufte. Von 1979 bis 2004 war das Philanthropin ein städtisches Bürgerhaus und Sitz des Hoch'schen Konservatoriums.

Im März 2004 wurde das Philanthropin der Jüdischen Gemeinde in einem Festakt wieder übergeben und nach einem aufwendigen Umbau am 31. Oktober 2006 offiziell eröffnet.

Geschichte

Die Gründung des Philanthropins geht auf den Handelsmann und Kaiserlichen Hofagenten Mayer Amschel Rothschild zurück. 1803 gründete sein Buchhalter Siegmund Geisenheimer in der Frankfurter Judengasse eine Vereinigung zur Errichtung einer Schul- und Erziehungsanstalt für arme jüdische Kinder. 1804 wurde sie eröffnet, der Schulunterricht fand in der Judengasse statt. 1805 erteilte die Obrigkeit die Erlaubnis, außerhalb des Ghettos ein Schullokal in der Schäfergasse zu eröffnen.

Um 1840 wurde dann das Schulhaus der Israelitischen Gemeinde auf dem ehemaligen Holzhof der Juden in der Rechneigrabenstraße 14/16 erbaut. Es galt damals als schönstes Schulhaus der Stadt. 1845 wurde das Gebäude vom Philanthropin und der Volksschule bezogen, die vorher im Kompostellhof unmittelbar südlich vom Dominikanerkloster untergebracht waren. Als eine der ersten Schulen in Frankfurt erhielt das Philanthropin 1860 eine Turnhalle, die dann 1881/1882 durch ein neues Gebäude ersetzt wurde, das neben der Turnhalle auch eine Vorschule und eine Direktorwohnung ernthielt. Im Jahre 1877 hatte das Philanthropin schließlich etwa 900 Schüler und bestand aus einer Vorschule, einer Realschule und einer Mädchenschule.

Im Jahre 1908 zog die Schule von der Rechneigrabenstraße in das nach den Plänen von Georg Matzdorf und Ernst Hiller errichtete Gebäude in der Hebelstraße 17 um.

Als staatlich anerkannte Schule stand das Philanthropin von Anfang an auch nichtjüdischen Schülern offen. Sein Wahlspruch Für Aufklärung und Humanität war ein Hinweis darauf, das es nach der Auflösung des Ghettos nun auch eine gewandelte und moderne Weltanschauung gab. Die am Philanthropin im 19. Jahrhundert tätigen Lehrer vertraten eine religiöse Reformbewegung, die die Ritualgesetze nicht mehr als bindend betrachtete und die weit über Frankfurt hinaus wirkte. Es gelang ihnen 1844, den liberalen Rabbiner Leopold Stein zu engagieren, worauf der Oberrabiner Trier sein Amt niederlegte. Dies führte zur Gründung der orthodoxen Israelitischen Religionsgesellschaft, die mit finanzieller Hilfe der Familie Rothschild eine eigene Synagoge und Schule erbaute. Sie entstanden 1851 auf dem Anwesen einer Steinmetzwerkstatt Ecke Rechneigrabenstraße/Schützenstraße.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging die Schülerzahl am Philanthropin auf etwa 450 zurück; die Kinder jüdischer Eltern besuchten immer mehr die allgemeinen Schulen der Stadt. Die jüdische Gemeinde musste schließlich mehr als die Hälfte ihres Steueraufkommens für das Philanthropin aufwenden. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts zeigten sich wieder Ansätze einer stärkeren Re-Judaisierung, so dass sogar orthodoxe Eltern wieder ihre Kinder in das Philanthropin schickten. Ab 1928 war es möglich, die Schule vom Kindergarten bis zum Abitur zu besuchen.

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 verschlechterten sich die Bedingungen für die jüdische Gemeinde und das Philanthropin zunehmend. Am 1. Oktober 1938 entzog das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung dem Philanthropin den Status einer öffentlichen Schule. Im April 1939 musste die jüdische Gemeinde das Gebäude für einen geringen Betrag an die Stadt verkaufen.

Am 1. April 1941 mussten die höheren Schulen geschlossen werden, am 30. Juni 1942 auch die Volksschule. Der Rabbiner Leopold Neuhaus und Oberkantor Nathan Saretzki leiteten im Philanthropin die letzten Gottesdienste der Frankfurter Juden. Bereits ab Dezember 1941 wurden Schüler und Lehrer des Philanthropins deportiert und die meisten von ihnen in den Konzentrationslagern ermordet.

Nach der Schließung des Philanthropin im zweiten Weltkrieg diente das Gebäude zunächst dazu, Fremdarbeiter unterzubringen, dann als Reservelazarett, später als Zweigstelle des Bürgerhospitals und der Universitätsklinik.

Ab 1954 gehörte das Gebäude wieder der jüdischen Gemeinde, die hier ihre Verwaltung einrichtete. Außerdem befand sich im ehemaligen Turnsaal des Philanthropin das Kino Die Kurbel. Im April 1966 gab es einen erfolglosen Anlauf, das Philanthropin als Schule wiederzueröffnen. 1978 entschloss sich die jüdische Gemeinde das Gebäude an die Stadt Frankfurt zu verkaufen, um mit dem Erlös das Jüdische Gemeindezentrum im Stadtteil Westend zu finanzieren. Die Stadt Frankfurt nutzte das Gebäude in der Folgezeit als Bürgerbegegnungsstätte und ließ es 1984 aufwendig sanieren. Von 1979 bis 2004 war das Philanthropin auch Sitz des Hoch'schen Konservatoriums.

Danach wurden das Gebäude und die angrenzende Sporthalle wieder zu einer Schule umgebaut, das Konservatorium bezog einen Neubau im Frankfurter Ostend. Die Umbaukosten des Philanthropins von über 15 Millionen Euro, ohne die Einrichtungskosten, wurden vom Land Hessen, der Stadt Frankfurt und der jüdischen Gemeinde getragen. Bis zu 450 Schüler sollen dort unterrichtet werden. Zur Zeit sind es rund 400 Kinder, welche die nach Dr. Isaak Emil Lichtigfeld genannte I. E. Lichtigfeld-Schule besuchen.

Die Lichtigfeldschule

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main war nach dem Zweiten Weltkrieg die erste jüdische Gemeinde in Deutschland, die wieder eine Schule gründete. Die 1966 als Grundschule eingerichtete I. E. Lichtigfeld-Schule ist nach ihrem Gründer Isaak Emil Lichtigfeld benannt, der von 1954 bis 1967 Landesrabbiner von Hessen und Gemeinderabbiner in Frankfurt war.

Zu Beginn des Schuljahres 2006/2007 zog die I. E. Lichtigfeld-Schule, die seit 1966 im Jüdischen Gemeindezentrum im Frankfurter Westend untergebracht gewesen war, mit ihren nun 400 Schülern und rund 50 Lehrern ins Philanthropin um. Die Schule, die zuvor eine Grundschule mit Eingangs- und Förderstufe war, wurde zur Ganztagsschule mit gymnasialer Mittelstufe (Sekundarstufe I) erweitert. Es gibt eine Mensa, in der die Schüler speisen können.

Die I. E. Lichtigfeld-Schule hat das Ziel, ihre Schüler in jüdischen Traditionen und jüdischer Lebensweise zu verankern. In ihr werden ausdrücklich jüdische Kenntnisse vermittelt: Religion und hebräische Sprache (Iwrit). Auch der Profanuntericht wird mit jüdischen Themen vernetzt. Beispielsweise werden im Fach Deutsch jüdische und israelische Autoren behandelt, in der Gemeinschaftskunde ist der Holocaust Thema. Alle Schüler besuchen einmal ein ehemaliges Konzentrationslager. Es werden auch nichtjüdische Schüler aufgenommen.

Literatur

  • Albert Hirsch, Das Philanthropin zu Frankfurt am Main. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1964
  • Renate Kingma, Spuren der Menschlichkeit, Hilfe für jüdische Frankfurter im Dritten Reich, CoCon-Verlag 2006, ISBN 3937774335
  • Eugen Mayer, Die Frankfurter Juden, Frankfurt am Main 1966, Verlag von Waldemar Kramer
  • Gerlind Schwöbel, Der Mandelzweig soll wieder Blüten tragen. Erinnerungen an das Philanthropin in Frankfurt zum 200-jährigen Jubiläum. Frankfurt am Main, Verlag Lembeck, 2004, ISBN 3-87476-448-6

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