Wikipedia Diskussion:Vermittlungsausschuss/Artikel Bibelkritik/Stefan's Version

Bibelkritik bezeichnet im allgemeinen Fall jede Form der kritischen Beschäftigung mit der Bibel.

Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wird der Begriff auch spezieller für die textkritische Untersuchung von Quellen und Textvarianten benutzt. Dies wird wird unter historisch-kritische Methode beschrieben, Ergebnisse daraus unter Altes Testament, Textkritik des Neuen Testaments, Textgeschichte des Neuen Testaments sowie in Artikeln zu einzelnen Büchern der Bibel.

Zur Übersetzung der Bibel siehe auch Bibelübersetzung und Geschichte der Bibelübersetzung, zu ihrer Auslegung siehe Biblische Exegese.

Geschichte

Frühe Bibelkritik

(fehlt noch)

Bibelkritik in der Neuzeit

Die moderne Bibelkritik geht vor allem auf Renaissance und Aufklärung zurück. Das Aufkommen kritischer Wissenschaften, die sich nicht direkt der Religion verpflichtet fühlten, wie z.B. der vergleichenden Geschichte, führte recht schnell zu Auseinandersetzungen mit den klerikalen Autoritäten. Hobbes, Simon, und vor allem Spinoza veröffentlichen im 17. Jahrhundert bibelkritische Texte. Spinoza sagte z.B., die Bibel sei von einfachen Menschen geschrieben, voller Irrtümer und Widersprüche, über weite Strecken nicht authentisch, und das auf ihr beruhende Christentum ein vorübergehendes Phänomen.

Die steigende Verfügbarkeit übersetzter Bibeln öffnet dabei auch dem Laien die Möglichkeit, die Bibel zu studieren, und dabei stoßen auch Gläubige auf Widersprüche innerhalb der Bibel und zwischen der Bibel und anderen antiken Überlieferungen. Nicht selten haben dabei Gläubige im Bemühen, die Bibel untermauernde Fakten zutage zu fördern, im Effekt den Bibelkritikern in die Hände gespielt. So kam man z.B. auf Chronologien der ägyptischen Dynastien, die bis weit vor den angenommenen Zeitpunkt der Sintflut zurückreichten (z.B. die von Manetho).[1] Auch von naturwissenschaftlicher Seite erwächst Kritik. Robert Hooke veröffentlichte mit Blick auf die Fossilien eine Theorie des Verschwindens der Arten, die mit dem biblischen Schöpfungsplan im Widerspruch stand - was schließlich in die Evolutionstheorie von Charles Darwin mündete.

Diese auf breiter Front auftauchende Bibelkritik führt in relativ kurzer Zeit dazu, dass die Religion durch weite Bevölkerungskreise in Frage gestellt wird.[2] In diese Zeit fällt auch der Skandal des Abbé Meslier, von dem nach seinem Tod ein radikal religionskritisches Testament gefunden wurde - die Spitze des Eisbergs in dem Sinne, dass auch unter den Klerikern der Zeit kritische Einstellungen weit verbreitet waren. Meslier geht aber in seiner Radikalität über die meisten seiner Zeitgenossen hinaus, seine Kritik ist ihm Grundlage für eine dezidiert atheistische Einstellung, die in dieser Konsequenz erst später weitere Verbreitung gefunden hat. Viele der wesentlichen bibelkritischen Argumente finden sich auch schon in Mesliers Werk, so z.B. der Hinweis auf viele Widersprüche in der Bibel, die er zum Anlass nimmt, die Bibel als ein von Menschen in betrügerischer Absicht geschriebenes Buch aufzufassen.[3]

Diese Sichtweisen nahmen im Zuge der Aufklärung im Verlauf des 18. Jahrhunderts an Verbreitung stark zu, und wurden dabei immer offener atheistisch. Kritik an der Bibel lässt sich von der Kirchenkritik und der Religionskritik immer weniger trennen. Georges Minois nennt das 18. Jahrhundert das Jahrhundert des Unglaubens.[4] Durch eine bornierte und doktrinäre Reaktion des Klerus auf die wachsende Kritik erfuhr die Position der Kritiker noch weitere Verbreitung und erhöhte Glaubwürdigkeit, was im Klerus zu teils ratlosen, teils panischen Reaktionen führte.

Die Aufzählung prominenter Bibel- und Religionskritiker beinhaltet viele bekannte Namen der Aufklärung, z.B. D'Holbach, Voltaire, La Mettrie, Diderot. Entsprechend dem Motto der Aufklärung gebrauchte man zunehmend den eigenen Verstand, auch bei religiösen Fragen. Man akzeptierte nicht einfach die kirchliche Doktrin, sondern forderte Nachweise, las die Bibel selbst mit einem kritischen Blick, und maß die kirchliche Lehre daran. Einmal auf diesem Kurs, machten viele nicht bei der Kritik der Bibel halt, sondern stellten die gesamte kirchliche Doktrin und Autorität und die christliche Religion in Frage, einschließlich der Existenz Gottes. Exemplarisch sei dafür der zu Ende der Aufklärung erschienene Roman „Siebenkäs“ von Jean Paul genannt, der in einer Szene Jesus selbst die Existenz Gottes verneinen lässt.

Den Schritt zum Atheismus machten jedoch viele nicht, und wandten sich stattdessen dem Deismus zu, von dem Minois schrieb, er sei „eine Warteposition für Menschen, die das Christentum [...] nicht mehr hinnehmen können, die jedoch [...] noch einen Gott brauchen“.[4] Der Deismus ist aus dieser Perspektive eine Position, welche die Bibel oder andere Offenbarungen als religiös autoritative Quelle verwirft, und dabei zugleich am Glauben an eine Gottheit festhält. Es ist der Versuch, den Glauben an einen Gott mit eben der kritischen Vernunft in Einklang zu bringen, die gerade die Bibel demontiert hatte. Es ist auch der Versuch, einem im Atheismus gesehenen moralischen Vakuum bzw. einer Sinnleere auszuweichen (siehe dazu auch Kant und Fichte).

Im 19. Jahrhundert - im Gefolge der französischen Revolution - entstehen offen atheistische Gesellschaftsmodelle, die teils die Religion von Staat trennen, teils die Religion ganz durch Vernunft und Wissenschaft ersetzen wollen. In diesem Klima reagiert die katholische Kirche mit trotziger Abschottung, sie beharrt ohne Abstriche auf den Dogmen und Traditionen, also auch der Lehre von der göttlichen Inspiration der Bibel (so z.B. auf dem Vaticanum I mit dem Dei Filius). Im Protestantismus wird dagegen die Bibelexegese unter den Prämissen der historisch-kritischen Methode betrieben (David Friedrich Strauß), was katholische Theologen oft als Zerstörungswerk an der Bibel beargwöhnten (z.B. Lamennais). Hier wird die Überzeugung deutlich, dass die christliche Religion die Dogmen, Wunder und Mysterien brauche, und die Rückführung der Religion auf die Vernunft letztlich in den Atheismus münden müsse.[5]

Das daraus erwachsende grundlegende Dilemma für die Exegese beschreibt Minois: „Ein grausames Dilemma: entweder die Bibelkritik (d.h. die historisch-kritische Methode) zu akzeptieren und die Bibel zu einem gewöhnlichen Studienobjekt zu erklären, [...] auf die Gefahr hin, das übernatürliche Element zu töten, [...] was zum Unglauben führt; oder aber in aller Strenge am heiligen und inspirierten Charakter [...] festzuhalten, [...] und damit alle der Vernunft und der Intelligenz Hohn sprechenden Ungereimtheiten in Kauf zu nehmen, auf die Gefahr hin, die [...] Köpfe zu entmutigen, die sich nicht dazu durchringen können, ihre Vernunft zu opfern...“.[4] Es ist letztlich die Frage: Was steht zuoberst, die Vernunft oder die Offenbarung?

Dieses Dilemma ist real und hat gerade im 19. Jahrhundert viele Christen letztlich in den Unglauben geführt (z.B. Ernest Renan, Friedrich Engels, David Friedrich Strauß, Friedrich Nietzsche), wirkt jedoch heute nach wie vor (z.B. Gerd Lüdemann). Man kann davon ausgehen, dass es umgekehrt auch Einige dazu gebracht hat, eine strengere evangelikale Haltung anzunehmen, die dem Dilemma in der anderen Richtung ausweicht, indem man Kritik an der Bibel gänzlich ablehnt (z.B. Eta Linnemann).

Das 19. Jahrhundert markiert ebenfalls den Beginn einer Bibelkritik - und auch allgemeiner einer Religionskritik - aus psychologischer Sicht. Daß sich praktisch alle großen Psychologen in der einen oder anderen Form auch mit der Religion auseinandergesetzt haben überrascht nicht. Die Sichtweisen sind uneinheitlich, aber eine Reihe von Psychologen können zu den Bibelkritikern gezählt werden.[6] Psychologische Betrachtungsweisen haben seither Eingang in die Theologie und die Philosophie gefunden,[7] aber es hat sich auch mit der Religionspsychologie ein eigener Forschungszweig etabliert. Teils versucht diese psychologische Bibelkritik die Bibeltexte im positiven Sinn als symbolisch zu deuten, was implizit eine wörtliche Lesart der Bibel verneint (z.B. Drewermann), teils wird aber auch auf aus psychologischer Sicht kritikwürdige Inhalte der Bibel und deren Folgen hingewiesen, und die Bibel aus diesem Grund abgelehnt (z.B. Buggle).

Akzeptanz, Legitimität und Relevanz der Kritik

Viele Anhänger der sich auf die Bibel als heilige Schrift beziehenden Religionen und Bekenntnisse halten jede Art der Kritik an der Bibel für unzulässig oder gar eine Form von Blasphemie. Sie halten eine kritiklose und vollständige Akzeptanz der Bibel als autoritatives Wort Gottes für geboten. Siehe dazu auch Evangelikal, Fundamentalistische Hermeneutik und Biblizismus.

Bibelkritische Theologen forschen dagegen als sei Gott nicht existent (etsi Deus non daretur - eine auf Hugo Grotius zurückgehende Formel). Das bedeutet nicht daß die Existenz Gottes geleugnet würde, sondern daß sie für die wissenschaftliche Untersuchung nicht vorausgesetzt zu werden braucht. Grundlage allen Erkennens ist unter dieser Prämisse der fachlich geschulte und kritische menschliche Verstand. Dieser ist die letzte Instanz in der Frage nach der Wahrheit. Diese Prämisse ist für andere Zweige der Wissenschaft ebenso grundlegend wie für die in diesem Sinne „kritische“ Bibelforschung. Von Gegnern dieser Haltung wird diese Prämisse auch „methodischer Atheismus“ genannt, eine polemisch überspitzte, und nicht ganz zutreffende Bezeichnung, denn der Atheismus lehnt die Annahme der Existenz Gottes ab, was bibelkritische Theologen in aller Regel nicht tun.

Unterschiede gibt es auch zwischen den Bekenntnissen in der Frage, wie mit Zweifelsfällen in der Interpretation umzugehen ist. Während in manchen Glaubensbekenntnissen die Interpretation den religiösen Autoritäten vorbehalten bleibt, die vom Gläubigen angenommen werden muss,[8] überlassen andere Bekenntnisse[9] diese Interpretation dem Einzelnen, der sich dazu gegebenenfalls auch des Gebets, der Meditation, und der Konsultation weiterführender Literatur und religiöser Autoritäten bedient. (vgl. dazu auch sola scriptura)

Diejenigen, die sich an keine der Buchreligionen gebunden fühlen, sind frei in Art und Umfang der Bibelkritik. Für sie hat die Bibel keinen autoritativen Charakter, der sie in ihrer Interpretationsfreiheit einschränken würde. Das heißt nicht, dass von diesem Standpunkt aus jede beliebige Kritik oder jeder beliebige Umgang mit der Bibel für alle legitim erscheint. So halten manche es für legitim, die Bibel verächtlich oder lächerlich zu machen, während andere davon Abstand nehmen und ein solches Vorgehen für schlechten Stil halten. Umstritten ist dabei auch, welches Ausmaß an Rücksichtnahme auf die religiösen Gefühle der betroffenen Religionsanhänger geboten ist. Der Respekt und die Rücksicht vor Gläubigen und deren Religion, unabhängig davon, ob man selbst einen Glauben vertritt, wird in der Gesellschaft immer wieder gefordert, weil die Annahme vertreten wird, dass auf diese Weise Konflikte vermieden werden können. Dies bedeutet aber nicht, dass der Glaube undifferenzierter betrachtet werden soll, als der Einzelne für angemessen empfindet.

Das findet seinen Ausdruck in gesetzlichen Handhabung von Bibelkritik in säkularen Gesellschaften. In Deutschland ist z.B. Kritik an der Bibel nur dann als Blasphemie strafbar, wenn dadurch der öffentliche Friede gefährdet wird (§166). Die Strafbarkeit hängt also nicht von Form oder Inhalt der Kritik ab, sondern von deren gesellschaftlicher Wirkung. Auch satirische oder polemische Bibelkritik ist damit nicht notwendigerweise strafbar. Im Gegenteil gilt eine solche Form der Bibelkritik als vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt, soweit dabei nicht die Grenzen des §166 überschritten werden. Wo diese Grenzen zu setzen sind ist auch bis in jüngste Zeit immer wieder Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzungen gewesen.

Bibelverständnis

Widersprüche zwischen Aussagen der Bibel und Widersprüche zu Ergebnissen von naturwissenschaftlicher und historischer Forschung sind von unterschiedlicher Bedeutung, je nachdem, welches Verständnis der Bibel zugrunde gelegt wird. Es geht dabei in erster Linie um die umstrittene Frage der göttlichen Inspiration der Bibel.

Die meisten Argumente der Bibelkritiker sind daher implizit oder explizit auch als Argument gegen die göttliche Inspiriertheit oder die Irrtumslosigkeit zu verstehen.[10] Wer auf Widersprüche hinweist, liefert so auch ein Argument gegen das Postulat der Irrtumslosigkeit.

Entsprechende Hinweise von Bibelkritikern sind deshalb meist keine Argumente der Religionskritik an den Vorstellungen aller Christen, sondern an einem bestimmten Bibelverständnis. Die religiösen Überzeugungen von Christen werden daher nur insoweit tangiert als sie sich dieses Bibelverständnis zu eigen machen. Die Bibelkritik hat aber wesentlich dazu beigetragen daß sich dieses Bibelverständnis in den letzten Jahrhunderten bei einem großen Teil der Christen gewandelt hat.

Zur Inspiriertheit gibt es im Wesentlichen drei verschiedene Positionen:

Betrachtet man die Bibel als göttlich inspiriert, inhaltlich korrekt und irrtumslos, so folgt daraus, dass Widersprüche und Ungereimtheiten nur scheinbar, d.h. fehlerhafter Interpretation geschuldet sein können. Wenn Erkenntnisse aus den Wissenschaften dem entgegenstehen, so müssen diese falsch sein. Angesichts der unbestreitbaren Erfolge der Wissenschaften bei der Entschlüsselung der Naturgesetze fällt es einer großen Zahl von Gläubigen schwer, eine solche Haltung aufrecht zu erhalten. Sie wird aber von vielen nach wie vor vertreten.

Noch heute begreift ein großer Teil der evangelikalen Bewegung die Bibel als Geschichtsbuch und betont, dass „die Bibel absolut irrtumslos und unfehlbar“ sei. [11] Die „Chicago Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift“ von 1978, betont, „dass die Schrift in ihrer Gesamtheit irrtumslos und damit frei von Fehlern, Fälschungen oder Täuschungen ist.“ [12]; dies umfasse auch naturwissenschaftliche Aussagen (Biblischer Fundamentalismus).

Eine weniger strenge Position lässt die Bibel zwar göttlich inspiriert, aber von Menschen verfasst sein, wodurch es leichter fällt, augenscheinliche Widersprüche den menschlichen Fehlern der Verfasser anzulasten, wovon der göttlich inspirierte Kerninhalt nicht in Frage gestellt wird. Es ergibt sich daraus jedoch das Problem, wie man diesen Kern inmitten menschlicher Zutaten und Fehler identifizieren kann. Hier entsteht also Interpretationsbedarf, und ein reichhaltiges Feld, auf dem sich die verschiedenen Konfessionen voneinander absetzen können, indem sie die Bibel auf verschiedene Weise interpretieren. Solche Meinungsverschiedenheiten haben praktisch alle Schismen und Abspaltungen in der Geschichte der christlichen Kirche begleitet.

Gegenüber der Position der Irrtumslosigkeit besteht hier eine größere Bereitschaft, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen. Trotzdem zeigt die Geschichte, dass es den Kirchen immer wieder sehr schwer fällt, wissenschaftliche Erkenntnisse, die im Widerspruch zur herrschenden Lehrmeinung (also Bibelinterpretation) stehen, anzunehmen und zu integrieren.[13]

Die Bibel wird in diesem Verständnis nicht als historisch und naturwissenschaftlich zuverlässig aufgefaßt, und ihre Berichte gelten nicht notwendigerweise als Tatsachenberichte. Ihre Aussagen sind eher als von mythologischen Vorstellungen geprägte Glaubensaussagen zu verstehen, die nicht ohne Berücksichtigung der Verhältnisse und der Vorstellungswelt ihrer Entstehungszeit verstanden werden können.[14][15]

Menschenwerk

Die Auffassung, die Bibel sei reines Menschenwerk, negiert ihre Rolle als heilige Schrift und kann daher von den christlichen Konfessionen nicht akzeptiert werden, ist aber die Regel bei außerchristlichen Kritikern. Widersprüche und Ungereimtheiten sind aus dieser Sicht weder überraschend noch problematisch, sondern werden im Gegenteil als Bestätigung dieser Sichtweise verstanden.

Themen der Kritik

Zuverlässigkeit, Autorität und Authentizität der Bibel

Historische Zuverlässigkeit

Verfasser der biblischen Bücher

Für Anhänger der Verbalinspiration ist die Frage nach den menschlichen Verfassern der einzelnen Bücher der Bibel von vergleichsweise geringer Bedeutung, da sie ohnehin nur als Werkzeug Gottes fungierten. Wenn in einem Buch der Verfasser ausdrücklich genannt ist, dann wird die Richtigkeit dieser Angabe in aller Regel auch nicht bezweifelt, denn es wird meist ausgeschlossen daß Gott selbst eine Vortäuschung falscher Tatsachen bezweckt haben könnte.

Für kritische Theologen, und Bibelkritiker im Allgemeinen, steht allerdings die Autorenschaft einiger Bücher in Frage. So wird beispielsweise weithin bezweifelt, daß Paulus der Autor der Pastoralbriefe ist. Da sich der Verfasser in den Briefen selbst als Paulus von Tarsus ausgibt (1 Tim 1,1 EU, 2 Tim 1,1 EU, Tit 1,1 EU), würde dies auf eine Täuschung hinauslaufen. Daraus ergibt sich das Problem der Pseudepigraphie und ihrer Bewertung.

Einige Bibelkritiker sprechen darauf bezogen rundheraus von Betrug und Fälschung, und sprechen der Bibel die Autorität ab.[16] Andererseits gibt es Anzeichen daß solche Täuschungen für fromme Zwecke als legitim betrachtet wurden (pia fraus). Einen vagen Hinweis darauf kann man in Röm 3,7 EU sehen, deutlicher noch findet man diese Einstellung bei späteren Kirchenvätern wie z.B. bei Origenes.[17] Inwiefern dem zugestimmt werden kann ist bis heute umstritten, auch unter christlichen Autoren. Zum Einen wird darauf hingewiesen, daß auch schon in der Antike die Vortäuschung von Autorenschaft vielleicht weit verbreitet, jedoch keineswegs allgemein akzeptiert war.[18] Zum Anderen fragt man sich auch welcher Nutzen denn in dieser Täuschung liegen soll. Wird sie aufgedeckt, liefert sie ja gerade den Gegnern ein wirksames Argument.[19] Wie das Beispiel des Celsus zeigt, wurden schon in antiker Zeit solche Täuschungen durchschaut.

Weltanschauliche Perspektive

Zuverlässigkeit der Quellen und Überlieferungen

Unterschiede in Übersetzungen

Kanonisierung

Ethische Aussagen der Bibel

Gottesbild, Menschenbild und Verhältnis zwischen Mensch und Gott

Gerechtigkeit und Gebote

Gewalt

Religiöse Intoleranz

Verhältnis der beiden Geschlechter, Sexualität

Patriarchat, Vorrang des Mannes vor der Frau im Alten Testament

Viele Bibelkritiker sehen eine durchgehend patriarchalische Grundeinstellung im Alten Testament. Die Formung der Frau aus der Rippe des Mannes in der zweiten Schöpfungsgeschichte (1 Mos 2,18ff EU) wird dabei als eine Umkehrung der biologischen Verhältnisse aufgefaßt.[20] Die Frau wird darauf aufbauend in der Bibel als dem Mann untergeordnet dargestellt, was an diversen Indizien festgemacht wird, beispielsweise:[21]

  • Priester sind grundsätzlich männlich.
  • Auch Gott selbst trägt überwiegend männliche Züge.[22]
  • Stammbäume werden über die männliche Linie angegeben, die Frauen spielen dabei nur eine geringe Rolle (z.B. 1 Chr 1-9 EU). Auch bei der Angabe der Nachkommenschaft werden Töchter üblicherweise übergangen (z.B. 2 Sam 3,2ff EU).
  • Ein Mann kann mehrere Frauen und Nebenfrauen haben, aber nicht umgekehrt (5 Mos 21,15f EU, 5 Mos 25,5ff EU).[23]
  • Töchter werden als Eigentum der Väter, Ehefrauen als Eigentum der Ehemänner betrachtet (1 Mos 29,16ff EU).
  • Eine Frau ist nach der Geburt einer Tochter doppelt so lange unrein wie nach einem Sohn (3 Mos 12 EU).
  • Faßt eine Frau im Streit einem Mann an die Geschlechtsteile, soll ihr die Hand abgehackt werden (5 Mos 25,11f EU). Ein entsprechendes umgekehrtes Gebot fehlt.
  • Frauen werden als schwächer und unzuverlässiger dargestellt, Verräter sind oft weiblich (Nah 3,13 EU, JosEU, Ri 16 EU).
  • Der mindere Wert der Frau wird auf drastische Weise in der Geschichte der Greueltat der Benjaminiter von Gibea vorgeführt (Ri 19 EU), wo eine Nebenfrau von ihrem Mann einer Gruppe von Männern zur Vergewaltigung überlassen wird, nachdem diese mit der Vergewaltigung seiner Gäste drohten. Dies schildert die Bibel allerdings als Skandal, der zu einem Krieg führte.

Andererseits stehen Frauen mehrfach als positive Heldinnen im Mittelpunkt des Geschehens, so z.B. Debora, Ruth und Ester.

Diese streng patriarchalische Haltung wird gern mit dem allgemein verbreiteten Zeitgeist in der Antike erklärt. In der Tat kamen solche Vorstellungen zu jener Zeit auch in anderen Gesellschaften als der jüdischen vor. Es gab jedoch auch damals bereits verschiedene Gesellschaften, in denen Frauen ein wesentlich größeres Ausmaß an persönlicher Freiheit und Gleichberechtigung genossen.[24][25]

Nicht alle fassen die Schöpfung der Frau aus der Rippe des Mannes als eine Rechtfertigung des Patriarchats auf. Manche deuten es als Symbol der Zusammengehörigkeit. Dennoch kann man nicht einfach über die Asymmetrie hinwegsehen, und dieses Bild hat darum auch besonders die Psychologen beschäftigt. So findet man z.B. die These, es gebe eine Art „Weiblichkeitsneid“ des Mannes, in Analogie (und in gewissem Ausmaß auch im Gegensatz) zum Freud'schen Begriff des „Penisneid“ bei der Frau.[26] Der Mann würde demnach mit dieser Konstruktion auf eine empfundene Bedrohung reagieren.[27][28]

Auch die Geschichte vom Sündenfall (1 MosEU) findet in diesem Zusammenhang das Interesse der Psychologen. Psychoanalytiker finden eine Verwandtschaft zum Ödipuskonflikt: Der Sohn will und soll einerseits wie der Vater sein, andererseits hindern ihn Verbote des Vaters daran (Freud). Nimmt man Gott als den Vater und Adam als den Sohn, so ergibt sich in der biblischen Geschichte ein ähnliches Verhältnis. Das göttliche Verbot soll ausdrücklich verhindern, daß der Sohn dem Vater gleich wird (1 Mos 3,22 EU).[29]

Frauenbild und Sexualität im Neuen Testament

Jesus zeigt Frauen gegenüber mehr Milde und Offenheit (Joh 8,3ff EU, Joh 4,7-29 EU). Zudem beschneidet er die Rechte der Männer (z.B. Mt 5,27f EU, Mt 5,31f EU, Mt 19,3ff EU), was darauf hindeutet, dass sie ihre Rechte zu freizügig ausgenutzt hatten. Jesus hatte - vermutlich auch aus diesem Grund - besonders viele Frauen unter seinen Anhängern.

Paulus betont dann wieder eine traditionellere Sichtweise (1 Kor 11,7-12 EU, 1 Kor 14,33ff EU, Eph 5,24 EU). Es wird hier deutlich, dass Paulus die Schöpfungsgeschichte bewusst patriarchalisch auslegt. Auch Petrus vertritt eine Haltung die mehr an der jüdischen Tradition orientiert ist (1 Petr 3,1-7 EU). Der Gegensatz der Haltungen zwischen Jesus und Paulus wird von Kritikern immer wieder herausgestellt, und die Haltung der Kirchenväter und der christlichen Kirche wird in der Tradition von Paulus gesehen. Paulus wird dabei vorgeworfen, zum Teil sogar noch die Strenge der jüdischen Traditionen zu übertreffen.[30][31]

Unter den Frauenbildern im Neuen Testament hat die Gottesmutter Maria die größte Bedeutung. In großen Teilen des Christentums findet man einen ausgeprägten Marienkult, der sich in den letzten beiden Jahrhunderten deutlich verstärkt hat. Kritiker stellen dabei heraus, daß die Madonna als geschlechtsloses Wesen gezeigt werde, was wiederum an das patriarchalische Prinzip anknüpfe.[32] Andere sehen dagegen die Madonna als eine Verkörperung des Mutterprinzips (z.B. Mutterarchetyp nach C. G. Jung).

Gesellschaftliche und psychologische Folgen

Die patriarchalische Einstellung der Bibel, so das bibelkritische Argument, hat sich stark auf die Verhältnisse in den christlichen Gesellschaften ausgewirkt und diese Wirkung dauert noch an.[33] Mit Hinweis auf die Bibel werden bis heute patriarchalische Verhältnisse in Familie, Klerus und Gesellschaft gerechtfertigt.[34]

Feministische Theologie, Pelagianismus, Zölibat, Erbsünde

Konflikte mit wissenschaftlichen Erkenntnissen

Die Entwicklung der Wissenschaften, so wie wir sie heute kennen, ist geprägt von Konflikten mit den religiösen Autoritäten. In vielen Fällen ging und geht es dabei nicht direkt um den Inhalt der Bibel, sondern um die religiöse Doktrin, und um die Abgrenzung der Zuständigkeiten bei der Beantwortung existenzieller Fragen. Die Bibel spielt in diesem Konflikt allerdings immer wieder eine wichtige Rolle, und zwar umso mehr als sich die streitenden Parteien in der Argumentation auf sie beziehen.

Methodik der Wahrheitsfindung

„Was ist Wahrheit?“ fragt schon in der Bibel Pontius Pilatus beim Verhör von Jesus (Joh 18,38 EU). An dieser Frage entzündet sich oftmals der Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion. Traditionell beruht der Wahrheitsbegriff bei den Buchreligionen auf göttlicher Offenbarung. Die heiligen Schriften als wichtigstes Zeugnis dieser Offenbarung enthalten demnach diese Wahrheit, und man findet sie durch das Schriftstudium. Der Wahrheitsbegriff der Wissenschaft beruht dagegen auf der Übereinstimmung zwischen Vorhersagen, die sich aus Theorien ergeben, und deren experimenteller Überprüfung. Siehe dazu auch Wissenschaftstheorie.

Diese beiden verschiedenen Auffassungen von Wahrheit bzw. Wahrheitsfindung kamen und kommen dann miteinander in Konflikt wenn sie unterschiedliche Aussagen über das gleiche Thema machen. Dieser Fall trat und tritt immer wieder ein. Bekannte historische Beispiele für diesen Konflikt sind:

  • Die Kosmologie, speziell die Ablösung des geozentrischen Weltbildes in der Tradition des Ptolemäus durch das heliozentrische Weltbild, das von Kopernikus, Galilei und weiteren Wissenschaftlern propagiert wurde.
  • Die Evolution, bzw. die Lehre von der Entstehung der Arten.
  • Die Geologie, bzw. die Lehre von der Entstehung der Erde.
  • Die Anatomie, speziell die Auseinandersetzung um die Zulässigkeit von Sektionen.
  • Die Geschichte, speziell die vergleichende Geschichte, und die mit ihr zusammenhängende Archäologie

Zu allen diesen Themen macht auch die Bibel Aussagen, die allerdings nicht nur wörtlich, sondern auch mythologisch ausgelegt werden können. Von dieser Auslegung hängt es ab inwieweit sich Konflikte zu den Wissenschaften ergeben.[35]

Es gab und gibt zahlreiche Versuche, nicht zuletzt auch von religiös gesinnten Wissenschaftlern, und von wissenschaftlich gebildeten Theologen, diese Konflikte aufzulösen, und ein fruchtbares Nebeneinander von Wissenschaft und Religion zu erreichen. Da die Konflikte andauern kann man nicht von einem vollen Erfolg dieser Bemühungen sprechen, jedoch tragen sie zu einem verbesserten Verständnis der beiden Seiten bei.[36]

Schöpfung und Kosmologie

Biologie und Geologie

Medizin

Geschichte und Archäologie

Innere Konsistenz der Bibel

Konsistenz der faktischen Aussagen

Konsistenz der mythologischen Vorstellungen

Konsistenz der ethischen Richtlinien

Konsistenz der theologischen Aussagen

Konsistenz der Theologie mit den Aussagen der Bibel

(nur kurz, da eigentlich nicht Bibelkritik sondern Kirchenkritik)

Fußnoten

  1. Minois: „Weit beunruhigender ist, dass nun auch aufrichtige Gläubige, die meinen, recht zu tun, die Arena betreten; sie beginnen, Anomalien zu finden und alles zu verwirren. Die vergleichende Geschichte erweist sich als besonders heikel. Was ist beispielsweise von der Liste der ägyptischen Dynastien zu halten? Diejenige, die Manethon, Priester von Heliopolis, im 3. Jahrhundert v. Chr. aufstellte, enthielt Herrscher in steter Folge seit einer Epoche weit vor der Sintflut, über die kein Wort gesagt wird; eine andere, noch ältere Chronik umfasste mehr als sechsunddreißigtausend Jahre. [...] Bald gibt es ebensoviele Meinungen wie Chronologien: Pater Antonio Foresti zählte siebzig Datierungen der Schöpfung, zwischen einem Minimum von 3740 und einem Maximum von 6984 v. Chr.“ (aus Geschichte des Atheimus)
  2. z.B. England. Jonathan Swift 1708: „Ich betrachte die große Menge oder die Masse des englischen Volkes als ebensolche Freidenker, das heißt als ebenso unerschütterliche Ungläubige wie die vornehmsten Kreise.“
  3. Meslier: „Es ist klar und einleuchtend, daß es Mißbrauch, Irrtum, Täuschung, Lüge und Betrug ist, rein menschliche Gesetze und Einrichtungen als übernatürliche und göttliche Institutionen hinzustellen; nun ist es aber sicher, daß alle Religionen, die es auf der Welt gibt, nichts als rein menschliche Erfindungen sind“ und „Es ist nun klar und deutlich, daß die oben erwähnten angeblich heiligen und göttlichen Bücher in sich selbst überhaupt kein besonderes Anzeichen göttlicher Eingebung enthalten, noch irgendein Merkmal von Bildung, Wissen, Weisheit, Heiligkeit oder irgendeiner anderen Vollkommenheit, von der man sagen könnte, daß sie nur von Gott kommen kann.“ (Hartmut Krauss (Hrsg.): Das Testament des Abbé Meslier)
  4. a b c Siehe Georges Minois: Die Geschichte des Atheismus
  5. Lamennais 1817: „Im protestantischen Deutschland scheint man es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die gesamte Heilige Schrift zu zerstören, auch wenn man sie zum Schein als alleinige Glaubensregel anerkennt [...]. Mit Hilfe dessen, was man die Bibelexegese nennt, d. h. einer ungezügelten Kritik, leugnet man die Prophezeihungen, leugnet man die Wunder [...]. Auf diese Weise gelangt man zu dem in Deutschland und England so gepriesenen »rationalen Christentum«. Man merzt aus der Religion [...] alle Mysterien, alle Dogmen aus. Und was bleibt bei diesem Deismus übrig? Aber man macht ja nicht einmal beim Deismus halt; das Prinzip geht weit darüber hinaus.“ (Essai sur l'indifférence en matière de religion, zitiert nach Minois: Geschichte des Atheismus)
  6. Prominente Beispiele sind hier z.B. Sigmund Freud und Carl Gustav Jung, auch unter den zeitgenössischen Bibelkritikern finden sich viele Psychologen, z.B. Franz Buggle und Gerhard Vinnai.
  7. Siehe z.B. Friedrich Schleiermacher, William James, oder heutzutage Eugen Drewermann. Das Verhältnis zwischen Theologie und Psychologie ist allerdings nach wie vor von Spannungen geprägt, was sich exemplarisch an Drewermann's vita ablesen lässt.
  8. z. B. in der Römisch-Katholischen Kirche untersteht „alles das nämlich, was die Art der Schrifterklärung betrifft, ... letztlich dem Urteil der Kirche, die den göttlichen Auftrag und Dienst verrichtet, das Wort Gottes zu bewahren und auszulegen“Katechismus der Katholischen Kirche, Absatz 119
  9. z. B. die der Evangelischen Kirche
  10. Siehe z.B. Robert Green Ingersoll: A Few Reasons for Doubting the Inspiration of the Bible. (auf Englisch)
  11. Johannes Vogel, Breckerfeld; in: idea-Pressedienst 46/004
  12. Chicago-Erklärung zitiert nach idea-Pressedienst 25/2003
  13. Siehe dazu z.B. den Fall der Rehabilitation des Galileo Galilei durch die katholische Kirche.
  14. Die Katholische Kirche lehrt z.B.: „[...] ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, dass sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Absatz 107). Dies kann so verstanden werden, dass Irrtumslosigkeit nur für Glaubensaussagen in Anspruch genommen wird, aber nicht unbedingt für naturwissenschaftliche und historische Tatsachenbehauptungen.
  15. Einige Theologen, unter ihnen Rudolf Bultmann, befürworten eine weitgehende Entmythologisierung der Bibel. Sie erklären bestimmte Geschichten als Mythen, die nicht zur Überlieferung von Tatsachen bestimmt seien, sondern zur Verkündigung von Glaubensaussagen.
  16. Beispiele sind hier Deschner oder Meslier.
  17. Origenes meint, sogar Gott selbst könne für den guten Zweck lügen: „Sagst du nicht selbst, Celsus, dass man "Irreführung und Lüge einmal als Heilmittel anwenden darf"? Wäre also die Anwendung eines solchen Mittels ungereimt gewesen, wenn ein solches Mittel die Erlösung hätte vollbringen können? Denn mancher ist so geartet, dass er mit einigen Unwahrheiten, wie sich deren die Ärzte zuweilen ihren Kranken gegenüber bedienen, eher auf den rechten Weg gebracht wird als mit der reinen Wahrheit. [...] Denn es ist nicht ungereimt, wenn der, welcher "kranke Freunde heilt", auch die Menschheit, die er liebt, durch Anwendung solcher Mittel "geheilt hat", die man nicht vorzugsweise, sondern nur nach Umständen brauchen dürfte.“ (Contra Celsus 4,19). Vergleiche zu dieser Ansicht aber auch 4 Mos 23,19 EU
  18. Eckhard J. Schnabel: „Für die biblische, alt- und neutestamentliche Tradition, für die Lüge, Täuschung und Verführung in grundlegender Weise eine Verwerfung der Wahrheit Gottes und Anschluß an den Gegenspieler Gottes waren, kann dasselbe Interesse an authentischen Texten vorausgesetzt werden: der sich Israel offenbarende Gott ist “eifersüchtig” und bestraft Anmaßung in kultischpriesterlichen und prophetischen Dingen aufs strengste.“ (Der biblische Kanon und das Phänomen der Pseudonymität aus dem Jahrbuch für evangelikale Theologie 3, 1989)
  19. Eckhard J. Schnabel: „Wenn es die Pseudonymität nicht auf Täuschung angelegt hätte, wäre sie nicht notwendig. Pseudepigraphische Texte – besonders solche, die Lehrautorität beanspruchen – erzielen nur dann ihre beabsichtigte Wirkung, wenn sie den Leser tatsächlich und effektiv täuschen. Wenn die Täuschung erkannt würde, hätten die zu vermittelnden Argumente ihre Glaubwürdigkeit vollends verloren.“ Sein Schluß: „Kanonizität vom Geist Gottes inspirierter, Offenbarung kommunizierender autoritativer Schriften und Fiktion implizierende Pseudonymität schließen einander aus.“ (ebenda)
  20. Z.B. Erich Fromm: „Der biblische Schöpfungsmythos beginnt dort, wo der babylonische Mythos endet ... Im Gegensatz zu den Tatsachen wird der Mann nicht durch die Frau geboren, sondern die Frau wird aus dem Manne geschaffen.“ (Das Christusdogma, S. 115f)
  21. Siehe dazu auch Karlheinz Deschner Das Kreuz mit der Kirche, Kap. 4
  22. Zu den Ausnahmen gehören Jes 66,13 EU, 49,15 EU, evtl. auch 5 Mos 32,18 EU.
  23. Bei manchen Königen spricht die Bibel von einer großen Zahl von Frauen und Nebenfrauen, z.B. bei Salomo (1 Kön 11,3 EU). Auch sein Vater David hatte viele Nebenfrauen (1 Chr 14,3 EU, 2 Sam 20,3 EU, 2 Sam 5,13 EU)
  24. Im direkten jüdischen Blickfeld war die Situation in Ägypten, wo Frauen schon in pharaonischer Zeit die freie Partnerwahl hatten, und auch sonst große Autonomie. Siehe dazu z.B. Peter H. Schulze Frauen im alten Ägypten, ISBN 3404641191
  25. In der griechischen Mythologie und Geschichte kommen Frauenfiguren öfter in einer durchaus autonomen und selbstbewußten Lage vor, wie z.B. die Amazonen, diverse Göttinengestalten wie Hera oder Athene, oder auch Sappho und ihre Schülerinnen auf Lesbos. In Sparta waren Frauen zwar nicht gleichgestellt, genossen aber etliche Rechte, die einer Jüdin nicht zustanden, wie z.B. Besitz- und Erbrechte.
  26. z.B. Zilboorg: „Das Gefühl der Vaterschaft ist im Grunde ein weibliches Attribut, das sich schließlich der Mann bei dem Versuch zu eigen macht, seine Herrschaft über die Frau, die periodisch durch ihr Kindergebären ihre Überlegenheit beweist, zu sichern und sich selbst zu beruhigen. Ich neige zu der Annahme, daß nicht der Penisneid der Frau, sondern der Weiblichkeitsneid des Mannes psychogenetisch älter und deshalb von grundlegender Bedeutung ist.“ (Männlich und Weiblich. Biologische und kulturelle Aspekte, in: Hagemann-White, Hrsg., Frauenbewegung und Psychoanalyse, 1979)
  27. Vinnai: „Durch die Bedrohung, die für sie vom Weiblichen ausgeht, wird die männliche Psyche zu Phantasien und Realitätskonstruktionen provoziert, die das Weibliche zu etwas Sekundärem machen, um seine verführerische und zugleich bedrohliche Macht zu brechen. Die Vorstellung, die der biblischen Konstruktion zugrunde liegt, daß der männliche Phallus und damit auch der männliche Samen allein ein aktives Zeugungprinzip repräsentieren, entspricht einem uralten patriarchalischen Mythos. Die Mutter ist diesem Mythos zufolge allenfalls eine Art Brutkasten oder Blumentopf, in den der männliche Samen eingelegt wird, um sich zu entwickeln. Im männlichen Samen ist ihmzufolge bereits der ganze Mensch enthalten.“ (Jesus und Ödipus)
  28. Siehe auch Ranke-Heinemann: Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität. Hamburg 1989
  29. Vinnai: „Freuds Konstruktion zeigt ebenso wie die biblische einen widersprüchlichen Anspruch der Autorität gegenüber dem Sohn, die für diesen zu tragischen Verwicklungen führt. In der Bibel ist das, was Adam von seinem Vater Gott vorenthalten wird, die „Erkenntnis des Guten und Bösen“. Bei Freud ist der Sohn mit einem Verbot des Vaters konfrontiert, das sich auf die Sexualität bezieht: Sie soll dem Vater in der Beziehung zur Mutter vorbehalten bleiben. Durch die psychoanalytische Interpretation gilt es aufzuzeigen, daß beide Verbote miteinander verwandt sind.“ und „Zuerst ist im [biblischen] Text Männliches und Weibliches gleichermaßen ursprünglich vorhanden, später wird das Weibliche aus einer Rippe Adams, die als Symbol des männlichen Phallus interpretiert werden kann, geschaffen. Schon diese widersprüchliche Konstellation verweist darauf, daß das Geschlechterverhältnis in der Bibel Probleme aufwirft, mit denen das Christentum nicht zu Rande kommt. Der biblische Text paßt zu einer patriarchalischen Tradition, die auch später im Verlauf der europäischen Geschichte Vorrang hatte und die von der Abwehr des Weiblichen lebt.“ (ebenda)
  30. Simone de Beauvoir: „Die christliche Ideologie hat nicht wenig zur Unterdrückung der Frau beigetragen. [...] Die leidenschaftlich antifeministische Tradition des Judentums lebt im Apostel Paulus fort. Der hl. Paulus gebietet den Frauen unauffällige Zurückhaltung; auf das alte und das neue Testament gründet er das Prinzip der Unterordnung der Frau unter den Mann.“ (Das andere Geschlecht, Buch 1 Teil 2 Kap. IV)
  31. Karlheinz Deschner stellt in Das Kreuz mit der Kirche die beiden Positionen gegeneinander (Kap. 6&7). „An Jesus hat die christliche Askese keine Stütze. Zölibat, Frauen- und Ehediskriminierung, die Fasten- und anderen Kasteiungspraktiken vertritt er so wenig wie Militarismus oder Ausbeuterei. [...] Es fällt nicht schwer, sich die Radikalität vorzustellen, mit der Jesus das Triebleben verdammt hätte, wäre es ihm darum zu tun gewesen. Doch pflegte er Umgang selbst mit Sündern und Huren. [...] Mit Frauen verkehrte Jesus in voller Freiheit. Er hielt sie nicht für minderwertig und setzte sie nirgends zurück“ und „Paulus [...] induzierte nicht nur eine Reihe scharf antijesuanischer, das Christentum recht eigentlich erst begründender Dogmen, sondern führte auch schon die Diffamierung der Sexualität ein, die Zurücksetzung der Frau, die Geringschätzung der Ehe und die Askese. [...] Mit solchen Attacken gegen die Lust [...] sinkt Paulus noch unter das Judentum seiner Zeit“
  32. Christina von Braun: „Nur wenn die Mutterschaft als ungeschlechtlich gesehen wird, kann auch der Vater zur Mutter werden. Es zeigt sich, daß der Widersinn keiner ist: das Bild der omnipotenten und asexuellen Mutterschaft dient zugleich der Eliminierung der Mütter und der Verwandlung der "geistigen Vaterschaft" in eine Mutterschaft. Ein deutliches Symptom für diese Entwicklung ist die Belebung des Marienkultes im aufbrechenden Industriezeitalter. Neumann, wie viele andere Autoren, sieht im Madonnenkult ein Relikt der matriarchalischen Gesellschaften. Er betrachtet die "Muttergottes" als Erbin der "Großen Mutter" der Frühgeschichte, die sich trotz des Christentums gehalten habe. In Realität hat die Madonna aber nichts mit der "Großen Mutter" gemeinsam: sie verfügt weder über eine eigene Sprache noch über Sexualität und eigene Fruchtbarkeit. Sie ist geschlechtslos - und eben das macht sie zu einer geeigneten Projektionsfläche für eine männliche Mutterschaft. Eben weil sie keine Frau ist, wird die Heilige Jungfrau zum Ideal der Mütterlichkeit erhoben. Das asexuelle Mutterbild liefert den Beweis dafür, daß die Mutterschaft nichts mit der Geschlechtszugehörigkeit zu tun haben kann; sie bezeugt, daß auch der Mann Mutter werden kann. Deshalb - und eben nicht aus Verehrung für die Frau - wird 1854 das Dogma von der unbefleckten Empfängnis verkündet und sind fast alle Wallfahrtsorte, die seit dem Beginn der Industrialisierung entstehen, dem Marienkult gewidmet. Weil man in der Madonna ein Sinnbild männlicher Mutterschaft sieht, wird 1950 das Dogma der leiblichen Himmelfahrt Marias verkündet, das sie für den katholischen Gläubigen beinahe auf die gleiche Stufe stellt wie den Erlöser.“ (Nicht Ich. Logik Lüge Libido. 1985)
  33. Karlheinz Deschner: „Obwohl das Christentum heute geistig beinahe bankrott ist, prägt es noch immer entscheidend unsere Sexualmoral, sind die formalen Beschränkungen unseres Geschlechtslebens grundsätzlich noch fast wie im 15. oder 5. Jahrhundert, wie zur Zeit von Luther oder Augustin. Das aber betrifft jeden in der westlichen Welt, selbst Nichtchristen und Antichristen. Denn noch immer bestimmt, was irgendwelche nomadisierenden Ziegenhirten vor zweieinhalbtausend Jahren dachten, die offiziellen Kodices von Europa bis Amerika; besteht ein handgreiflicher Zusammenhang zwischen den Sexualanschauungen der alttestamentlichen Propheten oder des Paulus, und der strafrechtlichen Verfolgung von Unzucht in Rom, Paris oder New York.“ (Aus dem Vorwort von Das Kreuz mit der Kirche)
  34. Das gilt für das Judentum ebenso wie für die meisten christlichen Konfessionen. Die religiösen Autoritäten machen auch weiterhin regelmäßig ihren Einfluß geltend, um diese Verhältnisse zur gesellschaftlichen Norm zu machen. Autorinnen aus dem feministischen Spektrum haben sich diesem Thema häufig gewidmet. Siehe z.B. Elizabeth Cady Stanton: „Der Kanon und das Zivilrecht; Kirche und Staat; Priester und Gesetzgeber; alle politischen Parteien und religiösen Bekenntnisse haben gleichermassen gelehrt dass Frauen nach, aus und für den Mann gemacht wurden, ein minderwertiges Wesen, dem Mann unterworfen. Glaubensbekenntnisse, Gesetzbücher, Schriften und Statuten basieren alle auf dieser Idee. Die Moden, Formen, Zeremonien und Bräuche der Gesellschaft, kirchlicher Ritus und Disziplin erwachsen alle aus dieser Idee. [...] Die Bibel lehrt dass die Frau Sünde und Tod in die Welt gebracht hat, den Fall des Menschengeschlechts herbeigeführt hat, dass sie vor dem Richterstuhl des Himmels angeklagt, abgeurteilt und bestraft wurde. Die Ehe sollte für sie ein Zustand der Knechtschaft sein, Mutterschaft eine Zeit des Leidens und der Qual sein, und in Schweigen und Unterordnung sollte sie die Rolle einer von des Mannes Großzügigkeit Abhängigen spielen, und für all die Information die sie über die wesentlichen aktuellen Fragen wünschen mag befahl man ihr zu Hause ihren Mann zu fragen. Dies ist die biblische Position der Frau in Kürze zusammengefasst. Diejenigen, die die göttliche Einsicht haben, dieses traurige und bemitleidenswerte Objekt in eine erhabene und würdevolle Persönlichkeit übersetzen, tauschen und verklären wollen, die es wert ist Mutter unseres Geschlechts zu sein, muss man beglückwünschen zu ihrer Teilhabe an der okkulten mystischen Kraft der östlichen Mahatmas. Das gewöhnliche Englisch für den normalen Verstand erlaubt keine solch freie Interpretation. Die ungeschminkten Texte sprechen für sich selbst. Das kanonische Gesetz, Kirchenriten und Schriften sind homogen, und alle spiegeln den gleichen Geist und die gleichen Empfindungen.“ (Eigene Übersetzung aus der Einleitung von The Woman's Bible)
  35. Es ergeben sich daraus nicht nur Konflikte mit den Wissenschaften, sondern auch mit anderen Religionen und Konfessionen.
  36. (Quellen anführen: Ditfurth, Dürr, Küng, CFv Weizsäcker)

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