Organeum

Organeum

Das Organeum in Weener ist ein Kultur- und Bildungszentrum mit einem Museum für Tasteninstrumente.

Geschichte und Konzept

Blick nach Westen: Organeum mit Garten
Treppenhaus

Die repräsentative Villa des Organeums wurde 1870–1873 vom Architekten Stüve entworfen und von Jan Hesse gebaut. Stilistisch vereint das Gebäude nach dem Prinzip des Eklektizismus Elemente der englischen Neugotik, des niederländischen Stadthauses und des antiken Atriums zu einem geschlossenen Ganzen.[1] Die großbürgerliche Stadtvilla im alten Stadtkern von Weener, die lange als Wohnhaus diente, liegt in unmittelbarer Nähe zur historischen Arp-Schnitger-Orgel von 1710. Die Stadt Weener als Eigentümerin ließ das Gebäude in den 1990er Jahren restaurieren. 2012/2013 folgten eine Außen- und Innenrenovierung, die eine Rekonstruktion von Balkon und Wintergarten einschloss.

Das Organeum wurde 1997 von Harald Vogel gegründet und dient der Erschließung, Erforschung und Förderung der nordwestdeutschen Orgellandschaft. Seit 2002 steht dem Organeum LKMD Winfried Dahlke als künstlerischer Leiter vor. Das Organeum steht im Kontext des ostfriesischen Kulturraums, mit über 100 historischen Instrumenten aus sieben Jahrhunderten eine der reichsten Orgellandschaften der Welt. Zunächst eine Einrichtung der Ostfriesischen Landschaft, wird es seit 2006 als ORGANEUM – Ostfriesische Orgelakademie von der Ostfrieslandstiftung der Ostfriesischen Landschaft, der Georgskirche in Weener und der Stadt Weener getragen. Weitere Unterstützung erfährt das Orgelzentrum durch den „Förderkreis Organeum in Weener e.V.“.

Die Instrumentensammlung ist in ein pädagogisches Konzept eingebunden, das Klang, Funktion und Geschichte der alten Instrumente einem breiten Publikum vermitteln will und auf Interaktivität angelegt ist. Zur Unterstützung dienen verschiedene transportable Orgelfunktionsmodelle, die auch in Schulen vorgeführt werden, eine Ausstellung zur Orgelkultur und der Einsatz audiovisueller Medien. Als Orgelzentrum, Kulturstätte und organisatorische Zentrale veranstaltet das Organeum Führungen, Konzerte, Meisterkurse, Fortbildungen, touristische Exkursionen und bietet Raum für ein vielfältiges Kulturangebot. Eine repräsentative Auswahl von Orgelnoten kann eingesehen werden. Für Forschungszwecke steht eine organologische Bibliothek zur Verfügung. Im Rahmen eines Forschungsprojekts des Organeums haben 2006–2008 Winfried Dahlke und Orgelbauer Jürgen Ahrend die Inskriptionen auf dem historischen Pfeifenwerk der Orgel in der Großen Kirche in Leer inventarisiert und die Geschichte der Orgel wissenschaftlich dokumentiert.[2]

Instrumentenbestand (Auswahl)

Als Museum beherbergt das Organeum u. a. eine Sammlung von rund 40 wertvollen historischen Tasteninstrumenten und Repliken. Sie wird ergänzt um einige Saugwindharmonien.

JahrInstrumentErbauerBildArtBemerkungen
1741CembaloChristian Zell (Hamburg)Originaleinmanualig; für den letzten ostfriesischen Fürsten Carl Edzard erbaut; eines der besterhaltenen Cembali des deutschen Hochbarocks
1775Bureaux-OrgelJohannes Stephanus Strümphler (Amsterdam) (Zuschreibung)Original4 Register; eingebaut in einen Sekretär
1790KabinettorgelIbe Peters Iben (Emden)Originalmit Flügeltüren; 5 Register; 2007/2008 von Reinalt Johannes Klein restauriert
um 1796Bureaux-OrgelFrans Casper Snitger/Heinrich Hermann Freytag
Original5 Register; eingebaut in einen Sekretär
um 1800KabinettorgelJan Jacob Vool (Niederlande)Original6 Register im Bass, 8 im Diskant
1822TafelklavierJohann Peter Hinrichs (Hamburg)Originalmit einfacher Stoßmechanik
um 1825TafelklavierLudwig Kulmbach (Heilbronn)Original2013 Restaurierung durch Bartelt Immer
um 1830Physharmonikaunbekannter ErbauerOriginalVorläufer des späteren Harmoniums mit einem 8′; Leihgabe Winfried Dahlke
Mitte 19. Jhd.TafelklavierGebrüder Knake (Münster)Originalmit Metallrahmen; Dauerleihgabe des Heimatmuseums Weener
19. Jhd.DruckwindharmoniumWilhelm Rudolph (Gießen)Originalzweispielig
1867DruckwindharmoniumAlexandre-François Debain (Paris)Originalein 8′-Register
2. Hälfte 19. Jhd.DruckwindharmoniumFirma Schiedmayer (Stuttgart)Originalzweimanualig; Leihgabe Winfried Dahlke
1881KunstharmoniumVictor Mustel (Paris)Original5 Bass und 7 Diskantregister; Leihgabe Winfried Dahlke
um 1888FlügelJohn Broadwood & Sons (London)OriginalPalisander-Furnier
19. Jhd.DruckwindharmoniumWilhelm Emmer (Berlin)Originalzwei Spiele in 8′ und 4′
19./20. Jhd.DruckwindharmoniumG. F. Steinmeyer & Co.Originalunrestauriert
19./20. Jhd.DruckwindharmoniumGustav Steinmann OrgelbauOriginalim 20. Jhd. umgebaut
um 1900DruckwindharmoniumFirma Schiedmayer (Stuttgart)OriginalLeihgabe Winfried Dahlke
um 1920PedalklavierBerdux (München)Originalmit voller Pedalklaviatur, die eine Oktave tiefer angekoppelt ist (entsprechend dem 16 Fuß bei der Orgel); Dauerleihgabe der Familie Janse-Balzer
1. Hälfte 20. Jhd.PedalharmoniumTheodor Mannborg (Leipzig)Originalmit voller Pedalklaviatur
1. Hälfte 20. Jhd.Koffer-Harmonium„voorheen Jac. van Breemen Aalsmeer Orgel-piano-en Radiohandel“Original8′-Register mit 3 Manubrien
1966CembaloKlaus AhrendNachbauzweimanualig, nach Dulcken
1969CembaloKlaus AhrendNachbaunach italienischem Vorbild
1976CembaloKeith HillNachbaunach einem flämischen Ruckers-Cembalo (17. Jhd.) mit kurzer Oktave, Leihgabe von Harald Vogel
1977ClavichordKeith Hillnach Vorbildernnach Johann Adolph Hass (Hamburg, 1740)
1979CembaloMartin SassmannKopiezweimanualig, nach Christian Zell (Hamburg, 1728)
1983Cembalo universale (Cimbalo cromatico)Keith HillRekonstruktionmit 19 Tasten pro Oktave (geteilte Obertasten als Subsemitonien) nach der Beschreibung von Michael Praetorius (1619)[3]
1983Orgel-RegalEngelke BrinkBausatzinstrument mit eigenen ZungenAnfertigung der Zungen unter Beratung von Jürgen Ahrend
1990HausorgelJürgen Ahrend
Originalzweimanualig, 11 Register mit hinterständigem Pedalwerk im barocken Stil; ursprünglich Privatbesitz in Celle
1994BaldachinorgelJürgen Ahrend
Nachbau einer Renaissance-Orgel (1559) nach Michael Strobl auf der Churburg für den Grafen Trappeinmanualig, 6 Register; Dauerleihgabe der EKHN
2007ClavichordMatthias Griewisch
RekonstruktionNachbau eines gebundenen Clavichords nach Michael Praetorius: Syntagma musicum (1619)[4]
2007OrgelfunktionsmodellHarm Dieder Kirschner
Modell
2010OrgelfunktionsmodellWinold van der Putten
Modell„Orgel für das Klassenzimmer“
2012ClavichordGregor Bergmann
Nachbaunach Christian Gottlob Hubert (Ansbach, 1789)
2016OrgelfunktionsmodellGregor BergmannModell„Koffer-Orgel“

Literatur

  • Winfried Dahlke, Günter G. A. Marklein: Organeum. Orgelakademie Ostfriesland. Isensee, Oldenburg 2016, ISBN 978-3-7308-1320-1.
Commons: Organeum Weener – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dahlke, Marklein: Organeum. 2016, S. 7–9.
  2. Jürgen Ahrend, Winfried Dahlke: Dokumentation der Orgel der Evangelisch-Reformierten Großen Kirche zu Leer. Print-on-Demand, ohne Ort 2008.
  3. Michael Praetorius: Syntagma musicum. Bd. 2: De Organographia (1619). Nachdruck: Bärenreiter, Kassel 2001, ISBN 978-3-7618-1527-4, S. 63–66 (online, abgerufen am 14. Juli 2017).
  4. Fotos bei flickr, gesehen 12. Januar 2012.

Koordinaten: 53° 9′ 58,7″ N, 7° 21′ 20,5″ O