Gralsbewegung

Sitz der Gralsbewegung in Deutschland, München[1]
Andachtsstätte des Gralskreises in Köln-Dellbrück

Die Gralsbewegung ist eine Glaubensgemeinschaft, deren Anhänger sich am von Oskar Ernst Bernhardt (1875–1941) unter dem Pseudonym Abd-ru-shin veröffentlichten Werk „Im Lichte der Wahrheit – Gralsbotschaft“ orientieren. Dieser hatte jedoch weder Vereinigungen seiner Leser geführt noch sich daran beteiligt. Der Begriff Gralsbewegung wird auch nicht in der Gralsbotschaft oder anderen Schriften Abd-ru-shins erwähnt. Sein Werk steht für sich, was er mehrfach klar formulierte. Die „Gralsbotschaft“ bietet eine Erklärung der Schöpfung. Die internationale Gralsbewegung (gegründet um 1950) hat ihren Ursprung auf dem Vomperberg. Rechtsträger ist der „Verein zur Verwirklichung des Gralswissens von Abd-ru-shin, Vomperberg“ (gegründet 1984) mit Sitz in Schwaz, Tirol.

Synonyme und andere Sprachen

Andere Bezeichnungen lauten Internationale Gralsbewegung, Stiftung zur Verbreitung der Gralsbotschaft, „naturphilosophische Vereine“, Verein zur Verwirklichung des Gralswissens von Abd-ru-shin. Englisch nennt sich die Bewegung Grail Movement, französisch Mouvement du Graal.

Geschichte

Die Bewegung geht auf Oskar Ernst Bernhardt zurück, der unter dem Pseudonym Abd-ru-shin von 1925 bis 1930 mit den Gralsblättern erste Abhandlungen verfasste und öffentliche Vorträge hielt. 1926 erschien mit Im Lichte der Wahrheit die erste Fassung seiner Botschaft. Eine Bewegung formierte sich nach Bernhardts Übersiedlung nach Tirol 1926 bzw. nach dem Erscheinen der Zeitschrift Der Ruf, die seine Erkenntnisse verbreitete. 1929 entstand auf dem Vomperberg die Gralssiedlung, nachdem einige Anhänger in seiner Umgebung leben wollten. Während der Zugehörigkeit Österreichs zum Deutschen Reich von 1938 bis 1945 war die Siedlung zeitweise enteignet, wurde aber nach dem Zweiten Weltkrieg an Bernhardts Witwe zurückgegeben. 1951 wurde dort eine Andachts- und Feierhalle errichtet.

1999 kam es wegen inhaltlicher, familiärer und finanzieller Auseinandersetzungen[2] zu einer Spaltung der Bewegung[3], in deren Folge Schwaz in Tirol, Österreich, Sitz der Leitung der zahlenmäßig größeren Internationalen Gralsbewegung wurde.

Weltweit gibt es etwa 23.000 Anhänger, in Europa etwa 9.000.

Lehre

Das Buch „Im Lichte der Wahrheit – Gralsbotschaft“ ist das Hauptwerk. Kernpunkte der darin vermittelten monotheistischen Lehre sind unter anderem die drei selbsttätig wirkenden Schöpfungsgesetze:

  • Das Gesetz der Wechselwirkung: Jeder hat die sich ergebenden und entwickelnden Konsequenzen (Folgen, Rückwirkungen) seines Denkens und Handelns zu tragen.

Jeder muss das ernten, was er gesät hat (das heißt: Gesetz der Vergeltung von Lohn und Strafe, „Karmagesetz“).

  • Das Gesetz der Anziehung der Gleichart: Gleiches zieht Gleiches an.
  • Das Gesetz der Schwere: Hiernach würde das Gröbere, Schwere und Grobstoffliche nach unten (in die irdische Welt) sinken, sich von Gott entfernen, während das Feine nach oben (zu Gott) aufsteige.

Nach Bernhardt bestimmen sie zusammenwirkend das Schicksal des Menschen und lösen es aus gemäß der durch ihn getroffenen Entscheidungen. Wegen der völligen Eigenverantwortlichkeit sei eine stellvertretende Sündenübernahme – beispielsweise durch den Kreuzestod Christi – nicht möglich. Des Weiteren enthält die Lehre Bernhardts auch den Reinkarnationsgedanken.

Andachten und Praxis

Es finden jeden Sonntag Andachten statt und dreimal im Jahr besondere Feiern. An den Andachten, nicht aber an den Feiern, können nicht nur Bekennende der Gralsbotschaft, sondern ebenso suchende Menschen teilnehmen. Die Gralsbewegung hat keine eigentliche Mitgliedschaft, der Kontakt der einzelnen Länder zur Internationalen Gralsbewegung ist unterschiedlich intensiv. Die örtlichen „Gralskreise“ halten Andachten, Vorträge und Gesprächstreffen.

Literatur

  • Abd-ru-shin: Im Lichte der Wahrheit – Gralsbotschaft, (Ausgabe letzter Hand von 1949), 3 Bände oder Sammelband, Verlag der Stiftung Gralsbotschaft, Stuttgart, 25. Auflage 2006, ISBN 3878602030 (für den Sammelband), ISBN 3-87860-240-5 (Paperback-Ausgabe, drei Bände)
  • Daniel Swarovski: Warum so viel Aufhebens um die Gralsbotschaft Abd-ru-shins und um die Grals-Siedlung Vomperberg?, Stuttgart 1955[4]
  • Elisabeth Aicher: Vomp, ein religiöser Boden: die Gralsbewegung auf dem Vomperberg und die Benediktinerabtei St. Georgenberg-Fiecht im 20. Jahrhundert, Innsbruck, Univ., Dipl.-Arb., 1989[5]
  • Daniel Swarovski: Jenseits der fünf Sinne, Verlag der Stiftung Gralsbotschaft, Stuttgart 1991, ISBN 3-87860-192-1[6]
  • Karin Verscht-Biener, Hans-Diether Reimer: Die „Gralsbewegung“. In: Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen: Orientierungen und Berichte 18, Stuttgart 1991, Online (Memento vom 3. Januar 2022 im Internet Archive; PDF; 212 kB)
  • Kurt Hutten: Seher, Grübler, Enthusiasten – das Buch der traditionellen Sekten und religiösen Sonderbewegungen, Quell-Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-7918-2130-X
  • Helmut Obst: Apostel und Propheten der Neuzeit – Gründer christlicher Religionsgemeinschaften des 19. und 20. Jahrhunderts, 4., stark erweiterte und aktualisierte Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000, ISBN 3-525-55438-9
  • Oswald Eggenberger (Begr.), Georg Schmid (Hrsg.): Kirchen, Sekten, Religionen – religiöse Gemeinschaften, weltanschauliche Gruppierungen und Psycho-Organisationen im deutschen Sprachraum, 7., überarbeitete und ergänzte Auflage, Theolog. Verlag, Zürich 2003, ISBN 3-290-17215-5
  • Hans Krech (Hrsg.): Handbuch religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen – Freikirchen, pfingstlich-charismatische Bewegungen und weitere unabhängige Gemeinden, christliche Sekten, Neuoffenbarer, Neuoffenbarungsbewegungen und Neureligionen, esoterische und neugnostische Weltanschauungen und Bewegungen, religiöse Gruppen und Strömungen aus Asien, Anbieter von Lebenshilfen und Psycho-Organisationen, 6., neu bearbeitete u. erweiterte Auflage, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006, ISBN 3-579-03585-1

Einzelnachweise

  1. Sitz der Gralsbewegung in Deutschland (ZIP; 3,2 MB)
  2. OGH 4Ob108/03s 18.11.2003
  3. Gloria Staud: Der Da-Vinci-Code. Auf der Suche, in: Fiesta – für Menschen, die sich was trauen[1], Ausgabe 1/2006, S. 76 ff. (PDF (Memento vom 6. September 2012 im Internet Archive)), abgerufen am 9. Mai 2010
  4. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
  5. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
  6. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund