Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung

Die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung war eine internationale Kommission der Staaten Deutschland, Österreich und der Schweiz, die mit der Umsetzung der neuen Rechtschreibung nach der Rechtschreibreform von 1996 beauftragt war.

Die Kommission bestand von 1997 bis 2004 und war an das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim angegliedert. Die konstituierende Sitzung fand am 25. März 1997 statt.

Grundlage

Grundlage ihrer Arbeit war Artikel III der Wiener Absichtserklärung vom 1. Juli 1996:

Die zuständigen staatlichen Stellen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz werden Experten in eine Kommission für die deutsche Rechtschreibung entsenden, deren Geschäftsstelle beim Institut für Deutsche Sprache in Mannheim eingerichtet wird. Die Kommission wirkt auf die Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum hin. Sie begleitet die Einführung der Neuregelung und beobachtet die künftige Sprachentwicklung. Soweit erforderlich erarbeitet sie Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks.

Vorgänger

Die Zwischenstaatliche Kommission steht in Teilen in der Tradition der am Institut für deutsche Sprache in Mannheim angesiedelten Rechtschreibkommissionen. Am 24. März 1977 wurde dort die „Kommission für Rechtschreibreform“ gegründet, die am 2. Juni in „Kommission für Rechtschreibfragen“ umbenannt wurde. Sie stand von 1977 bis 1980 unter der Leitung von Heinz Rupp. Es folgten 1980 bis 1990 Hans Glinz und 1990 bis 1997 Gerhard Augst als Vorsitzende.

1979 legte die Kommission den Entwurf einer Neuregelung der Groß- und Kleinschreibung im Sinne der gemäßigten Kleinschreibung vor.

1980 schließt sich die Kommission für Rechtschreibfragen (BRD) auf einem Germanistenkongress in Basel mit der „Forschungsgruppe Orthographie“ (DDR, Leiter Dieter Nerius), der „Arbeitsgruppe Rechtschreibreform der schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren“ (Schweiz, Präsident Horst Sitta) und der „Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe des Koordinationskomitees für Orthographie beim Bundesministerium für Unterricht und Kultus“ (Österreich, Leiter Karl Blüml) zum Internationalen Arbeitskreis für Rechtschreibreform zusammen, der später in Internationaler Arbeitskreis für Orthographie umbenannt wird. Dieser tagt zunächst alle zwei Jahre, ab 1986 jährlich.

1985 geht die Mannheimer Kommission mit dem Vorschlag „Die Rechtschreibung des Deutschen und ihre Neuregelung“ erstmals an die Öffentlichkeit. Über einen Artikel von Gerhard Augst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wird der Entwurf erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt.[1]

Mitglieder

Der Kommission gehörten sechs Mitglieder aus Deutschland und je drei aus Österreich und der Schweiz an, die durch den jeweiligen Staat bestellt wurden. Fünf der deutschen Mitglieder konnten vom Institut für deutsche Sprache vorgeschlagen werden, eines von der Gesellschaft für deutsche Sprache.

Ursprüngliche Mitglieder

Nachgerückte Mitglieder

Leistungen

Die Kommission legte zwischen 1997 und 2004 vier Berichte zum Stand der Umsetzung der Rechtschreibreform vor. Sie erschienen im Dezember 1997, März 2000, Dezember 2001 und Anfang 2004.

Erster Bericht

Am 23. Januar 1998 veranstaltete die Rechtschreibkommission in Mannheim eine nichtöffentliche Anhörung zu ihrem ersten Bericht, auf der erste Korrekturen an der Rechtschreibreform vorgestellt wurden und Kritiker und Befürworter der Reform Stellung nehmen konnten.

Vierter Bericht

Den vierten und letzten Bericht der Kommission von Anfang 2004, der die neue Rechtschreibung in zahlreichen Punkten revidierte, verabschiedete die Kultusministerkonferenz (KMK) überraschend zunächst nicht.[2] Statt dessen kam es unter der Leitung der KMK zu Gesprächen zwischen der Kommission und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, die aber scheiterten. Die Akademie hatte die Rechtschreibreform zuvor scharf kritisiert und einen eigenen Kompromissvorschlag erarbeitet. Ferner beschloss die KMK, dass die Zwischenstaatliche Kommission teilweise neu besetzt und erweitert werden solle.

Im Mai 2004 legte die zwischenstaatliche Kommission einen Bericht über die Gespräche mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung vor und modifizierte dabei einige Formulierungen ihres Änderungsvorschlags aus dem vierten Bericht, ohne ihn im Kern zu verändern.

Im Juni 2004 stimmte die deutsche Kultusministerkonferenz dem vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für Deutsche Rechtschreibung sowie dem ergänzenden Bericht vom 18. Mai 2004 zu. Erneut kam es auch zu einer Rechtschreibreformierung. Die jetzt vorgeschlagenen Schreibweisen umfassten zum Beispiel „seit Längerem“ (neben: „seit längerem“), „leidtun“ (neben: „Leid tun“), „die Meisten“ (neben: „die meisten“); sie machten die bisherigen reformierten Schreibweisen, die 1998 in Kraft getreten waren, nicht falsch, sondern waren gleichberechtigt gültig. Zudem bekräftigten die Kultusminister, dass der Übergangszeitraum am 1. August 2005 enden solle.


Nachfolge

Nach der Auflösung der Kommission im Jahre 2004 wurde die Netzpräsenz eingestellt.[3] Die Aufgaben der Zwischenstaatlichen Kommission sind inzwischen an den Rat für deutsche Rechtschreibung übertragen worden, der von der Kultusministerkonferenz eingesetzt wurde und seit dem Dezember 2004 unter dem Vorsitz von Hans Zehetmair eine 'Reform der Rechtschreibreform' durchgeführt hat.

Einzelnachweise

  1. Gerhard Augst: Vorschlag zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Juli 1988
  2. Heike Schmoll, Kommission zur Rechtschreibreform entmachtet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. März 2004
  3. Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung