Zeche Victor

Die Zeche Victor war ein Steinkohlen-Bergwerk in Castrop-Rauxel.

Geschichte

1871‒1910

Bereits in den 1860er Jahren waren mehrere voneinander unabhängige Schürfgesellschaften bei der Suche nach Steinkohlenvorräten im Gebiet um die Dörfer Rauxel und Ickern fündig geworden.

1871 wurden mehrere Grubenfelder durch Friedrich Grillo sowie den Bankier Ernst Waldthausen unter den Grubenfeldnamen Victor und Ickern [Konsolidation|konsolidiert]]. Die neu gegründete Gewerkschaft Victor begann 1872 mit dem Abteufen des Schachtes Victor 1 an der Wartburgstraße.

Nach einigen technischen Schwierigkeiten durch Wasserzuflüsse konnte 1875 die Endteufe erreicht werden. Der Schacht erhielt einen Malakowturm und ging 1877 vollständig in Betrieb.

Die wirtschaftliche Stabilität der Gewerkschaft Victor ermöglichte einen zügigen Ausbau der Tagesanlagen. Aufgrund der Schlagwettergefährdung der Zeche wurde von 1884 bis 1887 südöstlich des ersten Schachtes ein Wetterschacht abgeteuft.

1887 erwarb August Thyssen Kuxe der Gewerkschaft Victor. Dadurch intensivierte sich die Zusammenarbeit der Gewerkschaft Victor mit einem großen Montankonzern des Ruhrgebietes. Dies machte sich auch durch weitere Expansionsmaßnahmen bei den Tagesanlagen bemerkbar.

Schacht 1 erhielt 1890 ein eingezogenes Fördergerüst auf den Malakowturm aufgesetzt. Neben Schacht 1 wurde von 1888 bis 1890 der Schacht 2 niedergebracht, der in der Folge zum Förderschacht mit Doppelförderung ausgebaut wurde. Weiterhin wurden eine Kokerei neben Schacht 1/2 und ein zecheneigener Hafen am Rhein-Herne-Kanal gebaut.

1899 wurde mit der Erschließung des nordöstlichen Feldesteiles begonnen. Zunächst wurde in Habinghorst der Schacht 3 abgeteuft. Dieser ging nach einigen technischen Schwierigkeiten 1905 in Betrieb. Es war aber von vorneherein der Aufschluß durch eine Doppelschachtanlage geplant. Daher wurde von 1901 bis 1907 neben Schacht 3 der Schacht 4 abgeteuft. Dieser wurde als zentraler Förderschacht ausgebaut und mit einer Doppelförderung versehen.

1905 wurde auf Schacht Victor 3/4 eine weitere Kokerei in Betrieb genommen.

Weiterhin wurde der alte Wetterschacht im Südostfeld mit einer kleinen Fördereinrichtung versehen und fortan als Schacht Victor 5 geführt.

1910‒1945

In den Folgejahren gründete die Gewerkschaft Victor die Gewerkschaft Ickern, um nordöstlich von Victor 3/4 eine Anschlußanlage zu errichten. Aus dieser entstand die Zeche Ickern.

1910 wurden beide Gewerkschaften durch den Lothringer Hüttenverein Aumetz-Friede AG erworben, wodurch die Zechen Victor und Ickern Teil eines großen Montankonzerns wurden.

Die jährliche Kohleförderung erreichte den Wert von 1,2 Millionen Tonnen Fett- und Gaskohle bei einer Kokserzeugung von 800.000 Tonnen. Kurzfristig wurde auf der Schachtanlage 1/2 eine Brikettfabrik für Eßkohlenbriketts betrieben.

Nach dem Ersten Weltkrieg mußten die Besitzverhältnisse der Gewerkschaft Victor und des Lothringer Hüttenvereins neu geordnet werden, auch wegen der Abspaltung Lothringens vom Deutschen Reich als Folge des Versailler Vertrages. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Peter Klöckner löste den Hüttenverein und die Gewerkschaften 1922 auf und übernahm die Zechen Victor und Ickern in die Klöckner-Werke AG. Es wurde ein fördertechnischer Verbund zwischen Victor 3/4 und Ickern 1/2 aufgefahren.

1923 bis 1924 wurde die Zeche Victor im Rahmen des Ruhrkampfes durch französische Truppen besetzt gehalten.

Im Jahre 1934 wurden in Nachbarschaft zu Schacht Victor 1/2 durch eine neugegründete Gewerkschaft Victor umfangreiche chemische Betriebe errichtet, die zur Kohlehydrierung dienen sollten. Das führte dazu, daß die Zeche Victor gegen Ende des Zweiten Weltkrieges verstärkt zum Ziel alliierter Bombenangriffe wurde.

Im Kriege erreichte die gemeinsame Förderung von Victor und Ickern den Wert von 2,5 Millionen Tonnen jährlich.

Beide Kokereien mußten 1945 wegen zu starker Zerstörungen außer Betrieb genommen werden. Weiterhin wurde zunächst der Förderverbund zwischen Victor und Ickern wieder aufgelöst.

1945‒1973

Nach dem Kriege wurden die Klöckner-Werke AG gemäß anweisung des Alliierten Kontrollrates entflochten. Die dem Konzern angehörigen Bergwerksbetriebe wurden in einzelene Gesellschaften aufgespalten, die ab 1953 wiederum in die Klöckner-Bergbau Victor-Ickern AG und andere Tochtergesellschaften aufgingen.

Die neue Kokerei auf Schacht 3/4 ging 1948 in Betrieb. Die Förderung erreichte bald 1,3 Millionen Tonnen Kohle jährlich bei 5.600 Beschäftigten.

Ab 1955 wurde die Förderung auf der Schachtanlage 1/2 eingestellt. Schacht 1 wurde teilverfüllt, die Schächte 2 und 5 blieben als Seilfahrt-, Wetter- und Wasserhaltungsschächte in Betrieb.

1960 bis 1962 wurde zwischen Victor 1/2 und Victor 3/4 der Wetterschacht Victor 6 abgeteuft. Nach dessen Inbetriebnahme wurden die Schächte 1, 2 und 5 abgeworfen und endgültig verfüllt. Weiterhin wurde der Förderverbund mit der Zeche Ickern wieder in Betrieb genommen, bei zunehmender Verlagerung der Förderung auf die Schachtanlage Ickern 1/2.

1968 ging die Zeche in den Besitz der Ruhrkohle AG über.

1970 erreichte die gemeinsame Förderung Victor-Ickern den Wert von 2,23 Millionen Tonnen Kohle.

Stillegung

Im Rahmen des Gesamtanpassungsplanes des Ruhrbergbaus wurden nach und nach die am wenigsten produktivsten Anlagen bzw. die Anlagen mit der voraussichtlich geringsten Lebensdauer außer Betrieb genommen.

Daher wurde 1972 die Kokerei Victor 3/4 stillgelegt. Weiterhin wurde für das nächste Geschäftsjahr die Gesamtstillegung der Anlage beschlossen.

Die letzte Schicht erfolgte am 30. September 1973.

Im Anschluß erfolgte die Verfüllung der Schächte und der Abbruch der Tagesanlagen.

Heutiger Zustand

Auf den Arealen der Zeche Victor 1/2 und der Zeche Victor 3/4 sind nach und nach Gewerbeansiedlungen erfolgt, einige Nebengebäude sowie Teile der Zechenmauern sind noch zu erkennen.


Fotos von den verschiedenen Schachtanlagen und von untertage auf http://www.minister-achenbach.de