„Silbenlänge (Linguistik)“ – Versionsunterschied
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Version vom 15. Januar 2015, 11:16 Uhr
Unter Silbenlänge versteht man in der Linguistik die Zahl der Einheiten, aus denen eine Silbe aufgebaut ist. Als Maß für die Silbenlänge kommen infrage:
- Zahl der Schriftzeichen, aus denen eine Silbe im Schriftbild besteht
- Zahl der Laute oder Phoneme, aus denen eine Silbe in der gesprochenen Sprache besteht
Silbenlänge (Zahl der Laute pro Silbe) im Deutschen
Eine Silbe besteht aus drei Teilen: dem Silbenanfang, es folgt der Silbenkern und schließlich das Silbenende, die Koda.
Den Anfang einer Silbe können im Deutschen höchstens 3 Laute ([ʃtʀ-]) bilden, den Kern 1 Laut (Vokal oder Diphthong), die Koda bis zu 4 Laute (z.B. [-lçst]. Es können damit bis zu 8 Laute in einer Silbe vorkommen; wenn Affrikaten (z. B. [pf]) und Diphthonge (z.B. [aɪ̯]) als Lautfolge und nicht als Einzellaut angesehen werden, entsprechend mehr).[1][2] Beispiel: "(du) strolchst" [ʃtʀɔlçst] (= 8 Laute).[3]
Die minimale Silbenlänge ist leicht zu bestimmen: Sie besteht - phonetisch gesehen - entweder aus einem Vokal oder Diphthong. Beispiele dafür wären etwa die Interjektion "oh" [oː] oder das Wort "Ei" [aɪ̯].
Beispiel
Menzerath hat ein Aussprachewörterbuch des Deutschen[4] mit 20453 Stichwörtern ausgewertet und darin folgende Verteilung der Längen von 2245 Einsilbern gefunden:
Laute pro Silbe | Anzahl einsilbiger Wörter mit dieser Lautzahl |
---|---|
1 | 9 |
2 | 114 |
3 | 645 |
4 | 962 |
5 | 444 |
6 | 69 |
7 | 2 |
Die Verteilung der Silbenlängen dieses Wörterbuchs ist deutlich: am häufigsten sind die Silben mit 3-5 Lauten.[5] Ein einsilbiges Wort mit 8 Lauten kam im ausgewerteten Wörterbuch nicht vor.
Bei Untersuchungen zu Silbenlängen in Pressetexten zeigt sich ein anderes Bild: deutlich bevorzugt sind Silben mit 2-3 Lauten.[6][7] Das gleiche Bild ergibt sich bei kurzen Texten aus Lichtenbergs Sudelbuch H.[8]
Silbenlängen in anderen Sprachen
Die Silbenstrukturen und damit verbunden die Silbenlängen sind ein Merkmal, in dem sich Sprachen deutlich unterscheiden können. Die Möglichkeit, Konsonanten und Vokale im Wort miteinander zu kombinieren, sind sehr verschieden ausgeprägt. So verweist Stiberc darauf, dass das Japanische die Silbenstruktur Konsonant plus Vokal (KV) bevorzugt, so dass aus den ins Japanische entlehnten deutschen Wörtern "Ablaut" und "Umlaut" "apurauto" beziehungsweise "umurauto" wird.[9]
Einzelnachweise
- ↑ Duden. Die Grammatik. 7., völlig neu erarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Mannheim u.a. 2005, S. 40f.: Das allgemeine Silbenbaugesetz. ISBN 3-411-04047-5.
- ↑ Peter Eisenberg: Grundriss der deutschen Grammatik. Band 1: Das Wort. Metzler, Stuttgart/Weimar 1998, S. 102. ISBN 3-476-01639-0.
- ↑ Das Transkriptionssystem ist vom deutschen Wiktionary übernommen.
- ↑ Wilhelm Viëtor: Deutsches Aussprachewörterbuch. Reisland, Leipzig 1921.
- ↑ Menzerath, Seite 71.
- ↑ Karl-Heinz Best: Silbenlängen in Meldungen der Tagespresse. In: Karl-Heinz Best (Hrsg.): Häufigkeitsverteilungen in Texten. Peust & Gutschmidt, Göttingen 2001, Seiten 15-32.
- ↑ Falk-Uwe Cassier: Silbenlängen in Meldungen der deutschen Tagespresse. In: Karl-Heinz Best (Hrsg.): Häufigkeitsverteilungen in Texten. Peust & Gutschmidt, Göttingen 2001, Seiten 33-42.
- ↑ Karl-Heinz Best: Silben-, Wort- und Morphlängen bei Lichtenberg. In: Glottometrics 21, 2010, Seite 1-13.
- ↑ Andrea Stiberc: Sauerkraut, Weltschmerz, Kindergarten und Co. Deutsche Wörter in der Welt. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1999, Seite 44. ISBN 3-451-04701-2.
Literatur
- Duden. Die Grammatik. 7., völlig neu erarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Mannheim u.a. 2005, S. 40f.: Das allgemeine Silbenbaugesetz. ISBN 3-411-04047-5.
- Paul Menzerath: Die Architektonik des deutschen Wortschatzes. Dümmler, Bonn/Hannover/Stuttgart 1954; zu den deutschen Einsilbern Seite 18-69.