„Seldschuken“ – Versionsunterschied

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Es waren nicht die Seldschuken die den Iran eroberten, sondern es waren die Iranier selbst, die die nomadischen Seldschuken eroberten. Sie wurden schon assimiliert, als sie noch Nomaden waren
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== Kultur ==
== Kultur ==
Die Seldschuken, die bei der Eroberung Irans die Möglichkeit hatten, die iranische Zivilisation auszurotten<ref>René Grousset: ''Die Steppenvölker – Attila – Dschingis Khan – Tamerlan.'' München 1970, S. 218-219</ref>, entschieden sich, sich der unterworfenen iranischen Bevölkerung kulturell anzupassen. Die von den Seldschuken und ihren türkischen Kriegern besiegte und eroberte iranische Bevölkerung wurde von den türkischen Herrschern gut behandelt. Die Seldschuken pflegten vor allem in der Frühzeit türkische Traditionen und die angestammte literarische Kultur ihrer ogusischen Vorfahren, die sie aber nach der Bekehrung zum Islam größten Teils aufgaben.<ref>Tamara Talbot Rice: ''Die Seldschuken'', Köln 1963, S. 92</ref> Obwohl die Seldschuken im Laufe der Zeit zunehmend iranisiert wurden, konnten sich türkische Traditionen und Sprache lange erhalten.<ref>Cahen (1968), 292</ref> Die persische Literatur wurde von den Herrschern der Seldschuken großzügig gefördert.<ref>Gronke (2003), S. 46</ref> Hofsprache der Seldschuken war das Persische.<ref>Gronke (2003), S. 46</ref>
===Literatur===

Die Seldschuken pflegten vor allem in der Frühzeit türkische Traditionen und die angestammte literarische Kultur ihrer ogusischen Vorfahren, die sie aber nach der Bekehrung zum Islam größten Teils aufgaben.<ref>Tamara Talbot Rice: ''Die Seldschuken'', Köln 1963, S. 92</ref> Obwohl die Seldschuken im Laufe der Zeit zunehmend iranisiert wurden, konnten sich türkische Traditionen und Sprache lange erhalten.<ref>Cahen (1968), 292</ref> Die persische Literatur wurde von den Herrschern der Seldschuken großzügig gefördert.<ref>Gronke (2003), S. 46</ref> Hofsprache der Seldschuken war das Persische.<ref>Gronke (2003), S. 46</ref>


=== Kunst ===
=== Kunst ===

Version vom 30. Juli 2008, 16:22 Uhr

Reiche der Groß-, Rum- und Kerman-Seldschuken. Die hellere Färbung zeigt das Reich der Karachaniden. Die Jahreszahlen zeigen die Schlachten von Dandanaqan (1040) und Malazgirt (1071)

Die Seldschuken (1040-1194) (auch seldschukische Türken[1], Seldschuk-Türken, Großseldschuken[2], Seldschuqen; türkisch: Selçuklular, persisch سلجوقيان Saljūqiyān, arabisch سلجوق Saljūq oder السلاجقة al-Salājiqa) waren eine türkische[3] Fürstendynastie, die das Reich der Großseldschuken begründete, das sich über Mittelasien, über den Iran, Irak, Syrien, Anatolien und über Teile der arabischen Halbinsel erstreckte.[4]

Angehörige der seldschukischen Familiendynastie herrschten in Regionen wie dem Kerman (bis zum Ende des 12. Jahrhunderts), Syrien (bis zum Anfang des 12. Jahrhunderts) und Anatolien (bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts als das Sultanat von Rum) als Teil des Großseldschukenreichs.[5]

Die Seldschuken waren sunnitische Muslime[6] und leiteten mit der Schlacht von Manzikert im Jahr 1071 die türkische Landnahme Anatoliens ein.[7]

Geschichte

Anfänge

Die Seldschuken waren ein Zweig des im 8. Jahrhundert in Transoxanien eingewanderten türkischen Stammesverbands der Ogusen,[8] jene Nomaden, die noch im 10. Jahrhundert größtenteils in der heutigen Kasachensteppe umherzogen. Namensgeber der Dynastie war Seldschük (um 1000), Häuptling des ogusischen Stammes der Qynyk.[9] Gegen Ende des 10. Jahrhunderts trat Seldschük mit seinen Leuten zum Islam über.[10] Er hatte vier Söhne, Mîkâ'îl, Isrâ'îl, Mûsâ und Yûnus. Bei den Auseinandersetzungen zwischen den türkischen Karachaniden und den persischen Samaniden spielten die Oguzen eine bedeutende Rolle, was zu politischen Spannungen unter den oguzischen Stämmen führte: Die zu Seldschük gehörenden Nomaden und seine Krieger lösten sich aus den Stammesverband der Oguzen und wanderten weiter. Im Jahr 1025 nahm Mahmud von Ghazna den Sohn Seldschüks, Arslan, gefangen und nahm ihn als Geisel. Arslan sollte die Gefangenschaft nicht überleben.

Unter den Söhnen Mîîka'îls, Tughril Beg (der Falke) und Tschaghri Beg brachten die Seldschuken 1034 Chorâsân unter ihrer Herrschaft und verdrängten 1040 mit der siegreichen Schlacht von Dandânakân die Ghaznawiden.[11] 1055 zog Tughril in Bagdad ein und beendete die über hundertjährige Schutzherrschaft der Bujiden. Damit wurden die Seldschuken nach dem Sturz der Bujiden Schutzmacht über das Abbasiden-Kalifat in Bagdad. Unter Tughril Beg unterwarfen die Seldschuken große Teile Persiens und 1055 den Irak. Tughril Beg erhielt vom Kalifen in Bagdad den Titel eines Sultans verliehen.[12] Tughril verlegte die Hauptstadt des seldschukischen Reiches nach Rey in der Nähe des heutigen Teheran.

Die Gründung des Reiches der Großseldschuken und die türkische Dominanz in der islamischen Welt markierten einen Wendepunkt in der Geschichte der islamischen Zivilisation und der muslimischen Völker. Zu einen Zeitpunkt, als die Welt des Islam an inneren und äußeren Krisen litt, schafften die Seldschuken mit ihrer „frischen Kraft“, die Wiederherstellung der politischen Einheit der islamischen Welt.[13]

Blüte

Alp Arslan (1063-1072) führte das Reich der Großseldschuken zum Höhepunkt seiner Macht. Alp Arslan war es ebenfalls, der 1071 in der Schlacht von Manzikert das Byzantinische Reich besiegte und damit die türkische Eroberung Anatoliens einleitete.[14] Infolge der Eroberung Anatoliens kam es zur zahlreichen Einwanderung von Türken, die sich über Anatolien verteilten.[15] Zwischen 1071 (Schlacht von Manzikert) und 1243 (Schlacht vom Köse Dağ) wanderten bis zu eine Million Türken in Anatolien ein.[16] Sie bildeten nicht die ethnische Mehrheit in Anatolien, waren aber die einzige Gruppe, die sich über das gesamte Gebiet verteilt hatte.[17] Die Landnahme Anatoliens durch die Seldschuken im 11. Jahrhundert bildete den Gipfel der massiven Wanderungen der türkischen Völker, die ab dem 8. Jahrhundert erfolgten.[18] Anatolien wurde in europäischen Quellen (erstmals in lateinischen) ab dem 12. Jahrhundert zur „Türkei“ (bzw. „Turchia“).[19] Unter Alp Arslan, seinem Nachfolger Malik Şâh (1072–1092) und dem persischen Wesir Nezâm al-Molk erreichte das Sultanat seinen politischen und kulturellen Höhepunkt.

Zerfall

Mit der Ermordung des Wesirs Nezâm al-Molk durch die Assassinen und dem Tod von Sultan Malik-Schah (1092) brachen bald Thronkämpfe innerhalb der Seldschuken aus. Diese führten 1118 zur Teilung des Reiches in Khorasan/Transoxanien und beide Irak (den westlichen Iran/Irak). Im 11. Jahrhundert entstand in Anatolien - mit der Hauptstadt Konya - das Sultanat der anatolischen Seldschuken.[20]

Unter dem in Khorasan regierenden Sultan Sandschar (1118–1157), Sohn Malik-Schahs II., hatte die Seldschukenherrschaft eine letzte Blüte. Allerdings erlitt er 1141 bei Samarkand eine Niederlage gegen die Kara Kitai, wurde wenig später gestürzt und versuchte bis zu seinem Tod vergeblich, das Seldschukenreich wieder aufzurichten. Die Choresm-Schahs traten mit Söldnern der Kyptschaken und Oghusen sein Erbe an, eroberten bis Ende des 12. Jahrhunderts Mittelasiens und den Iran. 1194 beseitigten sie den letzten Seldschukenherrscher von Ray. In Anatolien gerieten die Rum-Seldschuken nach 1243 unter die Herrschaft der Ilchane; ihr Sultanat von Konya löste sich bis 1307 auf. Die aufstrebenden Osmanen traten zu Beginn des 14. Jahrhunderts das Erbe der Seldschuken in Anatolien an.

Organisation des Reiches

Abstufung der Macht:

  • Sultān (selbständige Herrscher unter der Autorität des Kalifen)
  • Wazīr
  • Amīr (Heerführer)
  • einheimische Adelige

Die seldschukischen Türken, die aus Zentralasien kamen, wussten das beste aus den bereits existierenden persischen und arabischen Verwaltungsstrukturen zu machen. Die Etablierung des Seldschukenreichs brachte die Entthronung der arabischen Sprache als alleinige Lingua franca im Nahen Osten mit sich, da die Seldschuken - die kein eigenes hochentwickeltes türkisches Kultur- oder Literaturerbe mitbrachten - im von ihnen eingenommenen Persien und Anatolien das Kultur- und Literaturerbe Persiens übernahmen, so dass die persische Sprache zu ihrer Verwaltungs- und Kultursprache wurde. Die persische Kultur der türkischen Rum-Seldschuken (anatolischen Seldschuken) gilt als besonders prächtig. Nur schrittweise erschien die türkische Sprache als parallele Sprache in Regierungskreisen und in der Literatur (adab). Die persische Prägung der osmanischen Zivilisation sollte noch bis ins 19. Jahrhundert stark bleiben.[21]

Siehe auch: Seldschuken-Fürsten

Kultur

Die Seldschuken, die bei der Eroberung Irans die Möglichkeit hatten, die iranische Zivilisation auszurotten[22], entschieden sich, sich der unterworfenen iranischen Bevölkerung kulturell anzupassen. Die von den Seldschuken und ihren türkischen Kriegern besiegte und eroberte iranische Bevölkerung wurde von den türkischen Herrschern gut behandelt. Die Seldschuken pflegten vor allem in der Frühzeit türkische Traditionen und die angestammte literarische Kultur ihrer ogusischen Vorfahren, die sie aber nach der Bekehrung zum Islam größten Teils aufgaben.[23] Obwohl die Seldschuken im Laufe der Zeit zunehmend iranisiert wurden, konnten sich türkische Traditionen und Sprache lange erhalten.[24] Die persische Literatur wurde von den Herrschern der Seldschuken großzügig gefördert.[25] Hofsprache der Seldschuken war das Persische.[26]

Kunst

Es sind verschiedene Kunstwerke, wie z. B. Miniaturmalerei oder Ornamente aus der Zeit der Seldschuken erhalten, und spiegeln die für die damalige Zeit typische, islamisch-geprägte zentralasiatische Kunst wieder.

Die Seldschuken waren auch hauptsächlich für den Export zentralasiatischer Kleidung und Musik – Zeugnisse des vorislamischen Sogdien und Transoxanien – nach Anatolien und Iran verantwortlich, welche bis heute die Kulturen dieser Regionen stark beeinflussen.

Anmerkungen

  1. Tamara Talbot Rice: Die Seldschuken, Köln 1963, S. 10
  2. Matuz (1985), S. 14
  3. Encyclopaedia of Islam, digital Edition, Artikel Saldjukids; Tamara Talbot Rice: Die Seldschuken, Köln 1963, S. 10; Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte, Darmstadt 1985, S. 14; Monika Gronke: Geschichte Irans, München 2003, S. 41
  4. Tamara Talbot Rice: Die Seldschuken, Köln 1963, S. 22
  5. Encyclopaedia of Islam, digitale Edition, Artikel Saldjukids - Einleitung
  6. Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte, Darmstadt 1985, S. 14
  7. Steinbach (1996), S. 22; Matuz (1985), S. 16
  8. Tamara Talbot Rice: Die Seldschuken, Köln 1963, S. 10
  9. Gronke (2003), S. 41; Matuz (1985), S. 14
  10. Matuz (1985), S. 14
  11. Tamara Talbot Rice: Die Seldschuken, Köln 1963, S. 12
  12. Tamara Talbot Rice: Die Seldschuken, Köln 1963, S. 10
  13. Peter Malcolm Holt, Ann Katharine Swynford Lambton, Bernard Lewis The Cambridge History of Islam Vol 1A, 1977, S. 231[1]
  14. Matuz (1985), S. 16
  15. Peter Malcolm Holt, Ann Katharine Swynford Lambton, Bernard Lewis The Cambridge History of Islam Vol 1A, 1977, Turkish Migration and First Raids on Anatolia und The Settlement of the Turks in Anatolia, S. 231f. [2]
  16. Matuz (1985), S. 14
  17. Carter V. Findley Dünya Tarihinde Türkler, türk. Übersetzung von The Turks in World History, 2006, S. 91; Peter B. Golden An Introduction to the History of the Turkic Peoples: Ethnogenesis and State-Formation in Medieval and Early Modern Eurasia and the Middle East, 1992, S. 224-225
  18. Harald Haarmann Weltgeschichte der Sprachen, München 2006, S. 271
  19. Carter V. Findley Dünya Tarihinde Türkler, türk. Übersetzung von The Turks in World History, S. 72
  20. Kreiser (2003), S. 44
  21. Encyclopaedia of Islam, digitale Edition, Artikel Saldjukids, Abschnitt The historical significance of the Saldjuks
  22. René Grousset: Die Steppenvölker – Attila – Dschingis Khan – Tamerlan. München 1970, S. 218-219
  23. Tamara Talbot Rice: Die Seldschuken, Köln 1963, S. 92
  24. Cahen (1968), 292
  25. Gronke (2003), S. 46
  26. Gronke (2003), S. 46

Literatur

  • Peter Malcolm Holt, Ann Katharine Swynford Lambton, Bernard Lewis The Cambridge History of Islam Vol 1A, Kapitel 2 The Coming of the Steppe Peoples Abschnitt 3 Anatolia in the Period of the Seljuks and the Beyliks, 1977, ISBN 0521291356, S. 231-262 (Abschnitt geschrieben von Osman Turan)
  • Carter Vaughn Findley The Turks in World History, Oxford Press 2005, ISBN 0195177266, Kapitel 2 Islam and Empire from the Seljuks through the Mongols, S.56-92
  • G. E. Tetley The Ghaznavid and Seljuk Turks: Poetry as a Source for Iranian History, Abingdon 2008, ISBN 978-0-415-43119-4