„Rigaer 94“ – Versionsunterschied

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http://www.taz.de/!5319068/: "Der Anwalt des Hauseigentümers ist nicht zur Gerichtsverhandlung. Doch die Richterin hat in der Verhandlung keinen Zweifel daran gelassen, dass die Räumung der Kneipe Kadterschmiede durch die Polizei rechtswidrig war."
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=== Eskalation 2016 ===
=== Eskalation 2016 ===


Am 13. Januar 2016 führte die Polizei am späten Abend unter Berufung auf die polizeiliche Generalklausel § 17 Absatz 1 [[Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Berlin)|ASOG]] mit 500 Beamten und Unterstützung des [[Spezialeinsatzkommando|SEK]] und eines Hubschraubers eine Hausbegehung ohne Durchsuchungsbefehl durch. Auslöser des Großeinsatzes war ein Angriff auf einen Kontaktbereichsbeamten, der am Mittag desselben Tages Parkverstöße geahndet hatte. Angaben eines Bäckereiinhabers gegenüber der Berliner Zeitung zufolge wurde der Beamte nicht verprügelt, „eher geschubst“.<ref name="nachbarn"/> Angaben der taz zufolge wurde er zu Boden gestoßen. Die Angreifer zogen sich anschließend in das Haus zurück.<ref name="taz-5267076"/> <ref>http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 31</ref>
Am 13. Januar 2016 führte die Polizei am späten Abend unter Berufung auf die polizeiliche Generalklausel § 17 Absatz 1 [[Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Berlin)|ASOG]] mit 500 Beamten und Unterstützung des [[Spezialeinsatzkommando|SEK]] und eines Hubschraubers eine Hausbegehung ohne Durchsuchungsbefehl durch. Auslöser des Großeinsatzes war ein Angriff auf einen Kontaktbereichsbeamten, der am Mittag desselben Tages Parkverstöße geahndet hatte. Angaben eines Bäckereiinhabers gegenüber der Berliner Zeitung zufolge wurde der Beamte nicht verprügelt, „eher geschubst“.<ref name="nachbarn"/> Angaben der taz zufolge wurde er zu Boden gestoßen. Die Angreifer hätten sich anschließend in das Haus zurückgezogen.<ref name="taz-5267076"/> <ref>http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 31</ref>
Bei der Begehung zerstörte die Polizei Türen, laut Aussage von Bewohnern kam Privatbesitz und vereinzelt Personen zu Schaden.<ref name="taz-5267076">{{Internetquelle | url=http://www.taz.de/!5267076/ | titel=Besuch im Hausprojekt Rigaer 94 in Berlin: „Ein politisches Haus“ | autor=Erik Peter | werk=[[Die Tageszeitung|taz.de]] | datum=2016-01-21 | zugriff=2016-07-04}}</ref> Bei der Hausbegehung wurden Eisenstangen<ref name="tagesspiegel-12825772">{{Internetquelle | url=http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/nach-attacke-auf-polizeibeamten-sek-durchsucht-rigaer-strasse-94-in-friedrichshain/12825772.html | titel=SEK durchsucht Rigaer Straße 94 in Friedrichshain | autor= | werk=tagesspiegel.de | datum=2016-01-14 |zugriff=2016-01-14}}</ref>, eine große Menge Pflastersteine und Stahlgitter, die zum Verbarrikadieren des Gebäudes geeignet sind, gefunden und [[Krähenfuß|Krähenfüße]] sichergestellt.<ref name="nachbarn"/> Außerdem wurden Grillanzünder und in großen Mengen Briketts gefunden. Polizeidirektor Michael Krömer rechtfertigte im [[Abgeordnetenhaus von Berlin]] die Beschlagnahmung von 2 Tonnen Briketts eines ofenbeheizten Hauses in der Winterzeit, damit, dass sie zusammen mit den Grillanzündern in der Gegend verwendet wurden, um Autos und Papiercontainer in Brand zu setzen.<ref>http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 33</ref>
Bei der Begehung zerstörte die Polizei Türen und laut Aussage von Bewohnern Privatbesitz.<ref name="taz-5267076">{{Internetquelle | url=http://www.taz.de/!5267076/ | titel=Besuch im Hausprojekt Rigaer 94 in Berlin: „Ein politisches Haus“ | autor=Erik Peter | werk=[[Die Tageszeitung|taz.de]] | datum=2016-01-21 | zugriff=2016-07-04}}</ref> Bei der Hausbegehung wurden Eisenstangen<ref name="tagesspiegel-12825772">{{Internetquelle | url=http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/nach-attacke-auf-polizeibeamten-sek-durchsucht-rigaer-strasse-94-in-friedrichshain/12825772.html | titel=SEK durchsucht Rigaer Straße 94 in Friedrichshain | autor= | werk=tagesspiegel.de | datum=2016-01-14 |zugriff=2016-01-14}}</ref>, eine große Menge Pflastersteine und Stahlgitter, die zum Verbarrikadieren des Gebäudes geeignet sind, gefunden und [[Krähenfuß|Krähenfüße]] sichergestellt.<ref name="nachbarn"/> Außerdem wurden Grillanzünder und in großen Mengen Briketts gefunden. Polizeidirektor Michael Krömer rechtfertigte im [[Abgeordnetenhaus von Berlin]] die Beschlagnahmung von 2 Tonnen Briketts eines ofenbeheizten Hauses in der Winterzeit, damit, dass sie zusammen mit den Grillanzündern in der Gegend verwendet wurden, um Autos und Papiercontainer in Brand zu setzen.<ref>http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 33</ref>


Der Verwaltungsjurist [[Clemens Arzt]]<ref>{{Internetquelle|url=http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/01/einsatz-rigaer-94-polizeirechtliche-analyse.html |titel=Was darf die Berliner Polizei? |autor= |werk=rbb-online.de |datum=2014-05-04 |zugriff=2016-07-15}}</ref> und die PIRATEN-Fraktion stellten die Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes infrage.<ref>[https://www.piratenfraktion-berlin.de/2016/02/29/offene-fragen-zum-polizei-einsatz-in-der-rigaer-strasse-94/ Piratenfraktion Berlin: Offene Fragen zum Polizeieinsatz in der Rigaer Straße 94] vom 29. Februar 2016, abgerufen am 15. Juli 2016</ref> Innensenator [[Frank Henkel]] erklärte in einer Antwort auf [[Christopher Lauer]] (PIRATEN), er wolle keine „Rückzugsräume für Gewalttäter“ dulden und werde nicht „den Einsatz der Polizei gegen Gewalttäter infrage stellen“. Was in der Rigaer Straße geschehe, sei im Grunde nichts weiter als „der Versuch, einen rechtsfreien Raum zu schaffen, im Grunde eine [[No-Go-Area]] für Polizeibeamte“.<ref>http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 27</ref> Auf einer linksradikalen Unterseite der Internetseite [[Indymedia]] wurde als Gegenaktion gegen die Durchsuchung mit „bewaffneten Kampfhandlungen“ gegen die Polizei gedroht.<ref name="nachbarn">[http://www.berliner-zeitung.de/berlin/berlin-friedrichshain-die-nachbarn-in-der-rigaer-strasse-sind-gelassen-23464342 Die Nachbarn in der Rigaer Straße sind gelassen], Berliner Zeitung (Online-Ausgabe), abgerufen am 15. Juli 2016</ref>
Der Verwaltungsjurist [[Clemens Arzt]]<ref>{{Internetquelle|url=http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/01/einsatz-rigaer-94-polizeirechtliche-analyse.html |titel=Was darf die Berliner Polizei? |autor= |werk=rbb-online.de |datum=2014-05-04 |zugriff=2016-07-15}}</ref> und die PIRATEN-Fraktion stellten die Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes infrage.<ref>[https://www.piratenfraktion-berlin.de/2016/02/29/offene-fragen-zum-polizei-einsatz-in-der-rigaer-strasse-94/ Piratenfraktion Berlin: Offene Fragen zum Polizeieinsatz in der Rigaer Straße 94] vom 29. Februar 2016, abgerufen am 15. Juli 2016</ref> Innensenator [[Frank Henkel]] erklärte in einer Antwort auf [[Christopher Lauer]] (PIRATEN), er wolle keine „Rückzugsräume für Gewalttäter“ dulden und werde nicht „den Einsatz der Polizei gegen Gewalttäter infrage stellen“. Was in der Rigaer Straße geschehe, sei im Grunde nichts weiter als „der Versuch, einen rechtsfreien Raum zu schaffen, im Grunde eine [[No-Go-Area]] für Polizeibeamte“.<ref>http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 27</ref> Auf einer linksradikalen Unterseite der Internetseite [[Indymedia]] wurde als Gegenaktion gegen die Durchsuchung mit „bewaffneten Kampfhandlungen“ gegen die Polizei gedroht.<ref name="nachbarn">[http://www.berliner-zeitung.de/berlin/berlin-friedrichshain-die-nachbarn-in-der-rigaer-strasse-sind-gelassen-23464342 Die Nachbarn in der Rigaer Straße sind gelassen], Berliner Zeitung (Online-Ausgabe), abgerufen am 15. Juli 2016</ref>
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Am 9. Juli 2016 demonstrierten rund 3.500 Personen zur Solidarität mit dem Hausprojekt und gegen die andauernde Polizeipräsenz. Dabei kam es zu Ausschreitungen, bei denen 123 Polizisten und eine unbekannte Zahl von Demonstranten verletzt wurden. Nach Einschätzung der Polizei war es die „aggressivste und gewalttätigste Demonstration der zurückliegenden fünf Jahre in Berlin“.<ref name="tagesspiegel-13854934">{{Internetquelle | url=http://www.tagesspiegel.de/berlin/rigaer-strasse-polizei-gewalttaetigste-demo-der-letzten-fuenf-jahre/13854934.html | titel=Rigaer Straße: Polizei: "Gewalttätigste Demo der letzten fünf Jahre" - Berlin - Tagesspiegel | autor= | werk=[[Der Tagesspiegel|tagesspiegel.de]] | datum=undatiert |zugriff=2016-07-13-}}</ref>
Am 9. Juli 2016 demonstrierten rund 3.500 Personen zur Solidarität mit dem Hausprojekt und gegen die andauernde Polizeipräsenz. Dabei kam es zu Ausschreitungen, bei denen 123 Polizisten und eine unbekannte Zahl von Demonstranten verletzt wurden. Nach Einschätzung der Polizei war es die „aggressivste und gewalttätigste Demonstration der zurückliegenden fünf Jahre in Berlin“.<ref name="tagesspiegel-13854934">{{Internetquelle | url=http://www.tagesspiegel.de/berlin/rigaer-strasse-polizei-gewalttaetigste-demo-der-letzten-fuenf-jahre/13854934.html | titel=Rigaer Straße: Polizei: "Gewalttätigste Demo der letzten fünf Jahre" - Berlin - Tagesspiegel | autor= | werk=[[Der Tagesspiegel|tagesspiegel.de]] | datum=undatiert |zugriff=2016-07-13-}}</ref>


Am 13. Juli erklärte das [[Landgericht Berlin]] die Teilräumung vom 22. Juni 2016 in einem vorläufigen [[Versäumnisurteil]] für rechtswidrig. Der Hauseigentümer hatte keinen [[Vollstreckungstitel (Deutschland)|Räumungstitel]] vorgelegt, bei der Räumung keinen [[Gerichtsvollzieher]] beauftragt und keinen Vertreter vor Gericht entsandt.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.berliner-zeitung.de/berlin/rigaer-strasse-94-teilraeumung-war-illegal---linksautonome-gewinnen-vor-gericht--24388162 |titel=Rigaer Straße 94: Teilräumung war illegal - Linksautonome gewinnen vor Gericht |autor= |werk=Berliner Zeitung |datum=2016-07-13 |zugriff=2016-07-13}}</ref><ref>[http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-07/rigaer-strasse-berlin-raeumung-rechtswidrig ''Rigaer Straße: Teilräumung von Berliner Wohnprojekt rechtswidrig.''] In: Zeit online, 13. Juli 2016, abgerufen am 14. Juli 2016.</ref><ref>[https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2016/pressemitteilung.497295.php Pressemitteilung des Landgerichts Berlin vom 13. Juli 2016 ''Landgericht Berlin: Versäumnisurteil zugunsten des Vereins (PM 37/2016)'' ], abgerufen am 14. Juli 2016</ref> Am Folgetag wurden den Bewohnern die Räumlichkeiten durch eine [[Gerichtsvollzieher]]in wieder übergeben, die Bauarbeiten abgebrochen und der Polizeieinsatz beendet.<ref>U. Kraetzer, S. Pletl, A. Abel, J. Fahrun: [http://www.morgenpost.de/berlin/article207866657/Vorlaeufiges-Ende-des-Ausnahmezustands.html Vorläufiges Ende des Ausnahmezustands], Berliner Zeitung, 14. Juli 2016</ref> Der Anwalt des Hauseigentümers erklärte, er sei nicht im Gericht erschienen, weil er sich bedroht fühle. Nur wenige Stunden vor dem Prozesstermin gab es einen Brandanschlag vor seinem Wohnhaus auf das Auto eines Nachbarn.<ref>[http://www.bz-berlin.de/berlin/friedrichshain-kreuzberg/andre-tessmer-erklaert-fuer-b-z-warum-er-nicht-im-gericht-erschien Rigaer 94: Eigentümer-Anwalt erklärt, warum er nicht im Gericht erschien] BZ, 13. Juli 2016</ref> Der Berliner Justizsenator [[Thomas Heilmann]] und der Präsident der Berliner [[Rechtsanwaltskammer (Deutschland)|Rechtsanwaltskammer]] Marcus Mollnau verurteilten die Bedrohung des Rechtsanwalts bei der Berufsausübung als inakzeptabel. Der neue Anwalt des Hauseigentümers legte Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein.<ref>[http://www.morgenpost.de/berlin/article207886649/Anwalt-bedroht-Verachtung-des-Rechtstaates-inakzeptabel.html Anwalt bedroht - "Verachtung des Rechtstaates inakzeptabel"] Berliner Morgenpost, 15. Juli 2016</ref><ref>[http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/konflikt-in-berlin-friedrichshain-justizsenator-schaltet-sich-in-streit-um-die-rigaer-ein/13889638.html Justizsenator schaltet sich in Streit um die Rigaer ein] Der Tagesspiegel, 18. Juli 2016</ref>
Am 13. Juli erklärte das [[Landgericht Berlin]] die Teilräumung vom 22. Juni 2016 in einem vorläufigen [[Versäumnisurteil]] für rechtswidrig. Der Hauseigentümer hatte keinen [[Vollstreckungstitel (Deutschland)|Räumungstitel]] vorgelegt, bei der Räumung keinen [[Gerichtsvollzieher]] beauftragt und keinen Vertreter vor Gericht entsandt.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.berliner-zeitung.de/berlin/rigaer-strasse-94-teilraeumung-war-illegal---linksautonome-gewinnen-vor-gericht--24388162 |titel=Rigaer Straße 94: Teilräumung war illegal - Linksautonome gewinnen vor Gericht |autor= |werk=Berliner Zeitung |datum=2016-07-13 |zugriff=2016-07-13}}</ref><ref>[http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-07/rigaer-strasse-berlin-raeumung-rechtswidrig ''Rigaer Straße: Teilräumung von Berliner Wohnprojekt rechtswidrig.''] In: Zeit online, 13. Juli 2016, abgerufen am 14. Juli 2016.</ref><ref>[https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2016/pressemitteilung.497295.php Pressemitteilung des Landgerichts Berlin vom 13. Juli 2016 ''Landgericht Berlin: Versäumnisurteil zugunsten des Vereins (PM 37/2016)'' ], abgerufen am 14. Juli 2016</ref> Am Folgetag wurden den Bewohnern die Räumlichkeiten durch eine [[Gerichtsvollzieher]]in wieder übergeben, die Bauarbeiten abgebrochen und der Polizeieinsatz beendet.<ref>U. Kraetzer, S. Pletl, A. Abel, J. Fahrun: [http://www.morgenpost.de/berlin/article207866657/Vorlaeufiges-Ende-des-Ausnahmezustands.html Vorläufiges Ende des Ausnahmezustands], Berliner Zeitung, 14. Juli 2016</ref>


== Gewaltbereitschaft ==
== Gewaltbereitschaft ==

Version vom 20. Juli 2016, 13:02 Uhr

Eine Gedenktafel erinnert an den dort einst wohnhaften Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Ernst Pahnke.

Das Haus in der Rigaer Straße 94 im sogenannten „Nordkiez“ (Samariterviertel) in Berlin-Friedrichshain ist ein aus einer Hausbesetzung entstandenes Wohnobjekt, das als eines der letzten Häuser in Berlin teilweise auch heute noch besetzt ist. In den Räumlichkeiten befindet sich die Hausbesetzerkneipe Kadterschmiede, die nicht öffentlich zugänglich ist.

Geschichte

Anfang 1990 wurde das damals leerstehende Gebäude in der Rigaer Straße 94 wie auch viele andere Häuser in der Umgebung besetzt. Nach der Räumung der Mainzer Straße im November 1990 begannen die Besetzer Verhandlungen mit dem Eigentümer des Hauses, der kommunalen Wohnungsbaugenossenschaft Friedrichshain (WBF), und der Stadt Berlin über eine Legalisierung der Wohnsituation. Dadurch wurden 1992 reguläre Mietverträge über Wohneinheiten des Hauses abgeschlossen und mit der Sanierung des Hauses konnte begonnen werden. 1994 wurden die Bewohner während der laufenden Bauarbeiten erstmals zur Zahlung von Miete ab Januar 1996 aufgefordert.

1999 wurde das Haus, zusammen mit anderen Projekten (Rigaer Straße 94, 95 und 96) und der Liebigstraße 14 in Friedrichshain, von zwei Gesellschaftern der Lila GbR erworben und die Errichtung eines Wohnblocks für ökologisches Wohnen angekündigt. Die Bewohnerschaft wehrte sich gegen diese Pläne. Es kam in der Folge einer Kündigung der Mietverträge und zu Teilräumungen des Hauses, denen schnell Wiederbesetzungen durch die Bewohner folgten. 2002 bot der damalige Senat den Bewohnern ein Alternativobjekt in der nahe gelegenen Simplonstraße an,[1] was von den Bewohnern jedoch abgelehnt wurde.[2] 2003 wurden Teile der im Haus befindlichen Kadterschmiede unter Hilfe des Spezialeinsatzkommandos geräumt und anschließend wiederbesetzt.

Auseinandersetzungen mit dem Hauseigentümer führten zu einer Reihe von Maßnahmen wie dem Einsetzen eines Sicherheitsdienstes direkt im Haus. Wenig später wurde er wieder abgezogen und Teile des Hauses erneut besetzt. Auseinandersetzungen und polizeiliche Maßnahmen wie Räumungen und Durchsuchungen wurden immer wieder von starken Protesten der autonomen Szene Berlins begleitet. Dabei kam es des öfteren zu Auseinandersetzungen vor dem Haus oder im Stadtviertel. Im Januar 2012 wurden bei schweren Ausschreitungen 48 Polizisten verletzt. Als die Randalierer danach in die Rigaer Straße 94 flüchteten, stürmte die Polizei das Haus. Dabei wurden die Beamten mit Pflastersteinen und Bauschutt angegriffen.[3][4]

Im August 2013 durchsuchten 300 Polizisten unter Hilfe des Spezialeinsatzkommandos zwei Wohnungen in dem Hausprojekt. Sie fahndeten nach Beweismaterialien im Zusammenhang mit einem Angriff auf Polizeibeamte im Juni 2013 mit Molotowcocktails sowie Sachbeschädigungen und Brandstiftungen auf mehrere Jobcenter in Berlin. Dabei wurden zahlreiche Brandsätze, pyrotechnische Gegenstände sowie Stacheldraht beschlagnahmt.[5] Ende 2014 wurde das Gebäude erneut verkauft. Der neue Eigentümer möchte anonym bleiben, er wird vertreten durch die in London ansässige Lafone Investments Limited.[6]

Eskalation 2016

Am 13. Januar 2016 führte die Polizei am späten Abend unter Berufung auf die polizeiliche Generalklausel § 17 Absatz 1 ASOG mit 500 Beamten und Unterstützung des SEK und eines Hubschraubers eine Hausbegehung ohne Durchsuchungsbefehl durch. Auslöser des Großeinsatzes war ein Angriff auf einen Kontaktbereichsbeamten, der am Mittag desselben Tages Parkverstöße geahndet hatte. Angaben eines Bäckereiinhabers gegenüber der Berliner Zeitung zufolge wurde der Beamte nicht verprügelt, „eher geschubst“.[7] Angaben der taz zufolge wurde er zu Boden gestoßen. Die Angreifer hätten sich anschließend in das Haus zurückgezogen.[8] [9] Bei der Begehung zerstörte die Polizei Türen und laut Aussage von Bewohnern Privatbesitz.[8] Bei der Hausbegehung wurden Eisenstangen[10], eine große Menge Pflastersteine und Stahlgitter, die zum Verbarrikadieren des Gebäudes geeignet sind, gefunden und Krähenfüße sichergestellt.[7] Außerdem wurden Grillanzünder und in großen Mengen Briketts gefunden. Polizeidirektor Michael Krömer rechtfertigte im Abgeordnetenhaus von Berlin die Beschlagnahmung von 2 Tonnen Briketts eines ofenbeheizten Hauses in der Winterzeit, damit, dass sie zusammen mit den Grillanzündern in der Gegend verwendet wurden, um Autos und Papiercontainer in Brand zu setzen.[11]

Der Verwaltungsjurist Clemens Arzt[12] und die PIRATEN-Fraktion stellten die Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes infrage.[13] Innensenator Frank Henkel erklärte in einer Antwort auf Christopher Lauer (PIRATEN), er wolle keine „Rückzugsräume für Gewalttäter“ dulden und werde nicht „den Einsatz der Polizei gegen Gewalttäter infrage stellen“. Was in der Rigaer Straße geschehe, sei im Grunde nichts weiter als „der Versuch, einen rechtsfreien Raum zu schaffen, im Grunde eine No-Go-Area für Polizeibeamte“.[14] Auf einer linksradikalen Unterseite der Internetseite Indymedia wurde als Gegenaktion gegen die Durchsuchung mit „bewaffneten Kampfhandlungen“ gegen die Polizei gedroht.[7]

In den folgenden Tagen führte die Polizei weitere Hausbegehungen nach ASOG und eine Hausdurchsuchung in der Rigaer Straße 94 und angrenzenden Gebäuden durch.[15][16][17] Am 17. Januar wurde ein aus dem Fenster fallengelassener Müllsack für eine Hausdurchsuchung zum Anlass genommen.[18]

Am 22. Juni 2016 ließ die Hausverwaltung Teile des Hausprojektes, darunter die „Szenekneipe“ Kadterschmiede von Bauarbeitern räumen. Laut Hausverwaltung sollen die geräumten Räume instand gesetzt und an Flüchtlinge mit regulären Mietverträgen vermietet werden, was von ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern in Zweifel gezogen wurde. Die Räumung wurde durch ein Großaufgebot der Polizei abgesichert. Dabei wurden Schlagstöcke und eine Schreckschusswaffe sichergestellt.[19] 60 unangeschlossene Fahrräder und ein Rollstuhl[20] wurden nach Zerstörung der Haupteingangstür als herrenloses Gut behandelt und von der Polizei abtransportiert. In den folgenden Tagen kam es zu Demonstrationen, Brandanschlägen auf Autos, Sachbeschädigungen an Neubauten.[21][22] Anwohner und Bewohner warfen Polizei und Sicherheitsdienst vor, sie durch Polizeikontrollen zu drangsalieren und durch Missachtung der Privatsphäre zu demütigen. Außerderm sei ein Familienvater vor den Augen seiner Kinder wegen Fotoaufnahmen verprügelt worden.[23][24] Mit Andauern der Auseinandersetzungen forderten der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, Bundeskanzlerin Angela Merkel[25], die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg, Anwohner[26] u. a. die Aufnahme von Gesprächen[27] oder anderer Mittel zur Deeskalation.[28]

Am 9. Juli 2016 demonstrierten rund 3.500 Personen zur Solidarität mit dem Hausprojekt und gegen die andauernde Polizeipräsenz. Dabei kam es zu Ausschreitungen, bei denen 123 Polizisten und eine unbekannte Zahl von Demonstranten verletzt wurden. Nach Einschätzung der Polizei war es die „aggressivste und gewalttätigste Demonstration der zurückliegenden fünf Jahre in Berlin“.[29]

Am 13. Juli erklärte das Landgericht Berlin die Teilräumung vom 22. Juni 2016 in einem vorläufigen Versäumnisurteil für rechtswidrig. Der Hauseigentümer hatte keinen Räumungstitel vorgelegt, bei der Räumung keinen Gerichtsvollzieher beauftragt und keinen Vertreter vor Gericht entsandt.[30][31][32] Am Folgetag wurden den Bewohnern die Räumlichkeiten durch eine Gerichtsvollzieherin wieder übergeben, die Bauarbeiten abgebrochen und der Polizeieinsatz beendet.[33]

Gewaltbereitschaft

Das Hausprojekt gilt nach Ansicht des Berliner Verfassungsschutzes als „zentrale Institution der gewaltbereiten autonomen Szene Berlins.“ Ein Teil der Hausbewohner und regelmäßiger Besucher der Kneipe im Gebäude seien „zum harten Kern militanter Linksextremisten zu rechnen.“[34]

Ende 2015 erklärte die Polizei die Rigaer Straße und angrenzende Gebiete auf Grund der Häufung politisch motivierter Straftaten zu einem „kriminalitätsbelasteten Ort“ nach dem Allgemeinen Sicherheits und Ordnungsgesetz (ASOG), zeigte verstärkt Präsenz und führte verdachtsunabhängige Personenkontrollen durch.[35][36] Zwischen Mitte Oktober 2015 und dem 27. Januar 2016 kontrollierte die Polizei 1.500 Personen.[37]

Einzelnachweise

  1. Politiker besorgen Wohnprojekt aus der Rigaer Straße 94 ein neues Haus: Umzug statt Räumung Berliner Zeitung, 18. Juni 2002
  2. Hausräumung - Krawalle in Friedrichshain? BZ, 4. September 2002
  3. Polizei stürmt linkes Wohnprojekt in Friedrichshain. In: tagesspiegel.de. 29. Januar 2012, abgerufen am 14. Januar 2016.
  4. So lief die Randale-Nacht der Chaoten BZ, 29. Januar 2012
  5. Razzia bei Linksextremisten: Polizei findet Bomben und Brandsätze Berliner Zeitung, 14. August 2013
  6. Wem gehört die Rigaer Straße 94? Der Tagesspiegel, 17. Juli 2016
  7. a b c Die Nachbarn in der Rigaer Straße sind gelassen, Berliner Zeitung (Online-Ausgabe), abgerufen am 15. Juli 2016
  8. a b Erik Peter: Besuch im Hausprojekt Rigaer 94 in Berlin: „Ein politisches Haus“. In: taz.de. 21. Januar 2016, abgerufen am 4. Juli 2016.
  9. http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 31
  10. SEK durchsucht Rigaer Straße 94 in Friedrichshain. In: tagesspiegel.de. 14. Januar 2016, abgerufen am 14. Januar 2016.
  11. http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 33
  12. Was darf die Berliner Polizei? In: rbb-online.de. 4. Mai 2014, abgerufen am 15. Juli 2016.
  13. Piratenfraktion Berlin: Offene Fragen zum Polizeieinsatz in der Rigaer Straße 94 vom 29. Februar 2016, abgerufen am 15. Juli 2016
  14. http://www.parlament-berlin.de/ados/17/InnSichO/protokoll/iso17-071-wp.pdf S. 27
  15. Henkel und Herrmann streiten über die Razzia in der Rigaer. In: tagesspiegel.de. 15. Januar 2016, abgerufen am 18. Januar 2016.
  16. Brandstiftung aus Rache für Razzia in der Rigaer Straße. In: tagesspiegel.de. 16. Januar 2016, abgerufen am 18. Januar 2016.
  17. Polizei rückte erneut an der Rigaer 94 an. In: tagesspiegel.de. 17. Januar 2016, abgerufen am 18. Januar 2016.
  18. "Wir wollen euch nicht treffen". In: rbb-online.de. 17. Januar 2016, abgerufen am 15. Juli 2016.
  19. Innensenator Henkel verteidigt Einsatz in Rigaer Straße. In: rbb-online.de. 22. Juni 2016, abgerufen am 5. Juli 2016.
  20. Tagesspiegel vom 23. Juni 2016, Artikel „300 Polizisten bewachen 22 Handwerker“
  21. Andreas Kopietz: Rigaer Straße: Wie der Häuserkampf den Wahlkampf befeuert. In: Berliner Zeitung. 30. Juni 2016, abgerufen am 1. Juli 2016.
  22. dpa: Linksextreme rufen mit Krawall-Video zu Demo auf. In: Berliner Morgenpost. 7. Juli 2016, abgerufen am 8. Juli 2016.
  23. Tobias Heimbach: "Polizisten kontrollieren den Ausweis, wenn ich heimkomme". In: welt.de. 28. Juni 2016, abgerufen am 15. Juli 2016.
  24. Christian Vooren: Berlin-Friedrichshain: Bewohnerin der Rigaer Straße berichtet von Polizeischikanen. In: tagesspiegel.de. 12. Juli 2016, abgerufen am 13. Juli 2016.
  25. Bert Schulz: Rigaer Straße in Berlin: Merkel will auch (mit)reden. In: taz.de. Abgerufen am 13. Juli 2016.
  26. Berlin-Friedrichshain: Randale in der Rigaer: Jetzt reden Anwohner - Berlin - Tagesspiegel. In: tagesspiegel.de. , abgerufen Format invalid.
  27. Linksextremismus in Berlin: Müller und Henkel streiten über Umgang mit der Rigaer - Berlin - Tagesspiegel. In: tagesspiegel.de. 4. Juli 2016, abgerufen Format invalid.
  28. BVV in Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg: In der Rigaer fehlen nur noch die Blauhelme - Berlin - Tagesspiegel. In: tagesspiegel.de. , abgerufen Format invalid.
  29. Rigaer Straße: Polizei: "Gewalttätigste Demo der letzten fünf Jahre" - Berlin - Tagesspiegel. In: tagesspiegel.de. , abgerufen Format invalid.
  30. Rigaer Straße 94: Teilräumung war illegal - Linksautonome gewinnen vor Gericht. In: Berliner Zeitung. 13. Juli 2016, abgerufen am 13. Juli 2016.
  31. Rigaer Straße: Teilräumung von Berliner Wohnprojekt rechtswidrig. In: Zeit online, 13. Juli 2016, abgerufen am 14. Juli 2016.
  32. Pressemitteilung des Landgerichts Berlin vom 13. Juli 2016 Landgericht Berlin: Versäumnisurteil zugunsten des Vereins (PM 37/2016) , abgerufen am 14. Juli 2016
  33. U. Kraetzer, S. Pletl, A. Abel, J. Fahrun: Vorläufiges Ende des Ausnahmezustands, Berliner Zeitung, 14. Juli 2016
  34. Sebastian Erb: Großrazzia in linken Hausprojekten. tageszeitung (taz), 14. August 2013
  35. Erik Peter: Gefahrengebiet Rigaer Straße, Berlin: Sabotagepils und Schikanen. In: taz.de. 28. Dezember 2015, abgerufen am 18. Januar 2016.
  36. Elmar Schütze, Andreas Kopietz: Die Nachbarn in der Rigaer Straße sind gelassen. In: Berliner Zeitung. 14. Januar 2016, abgerufen am 18. Januar 2016.
  37. Anwohner verärgert: Polizei kontrollierte 1500 Personen in der Rigaer. In: tagesspiegel.de. 11. Februar 2016, abgerufen Format invalid.

Koordinaten: 52° 31′ 4,1″ N, 13° 27′ 28,8″ O