„Reitkunst“ – Versionsunterschied

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'''Reitkunst''' ist die reiterliche Präsentation eines [[Hauspferd|Pferdes]] in dessen individueller Vollkommenheit geistiger und körperlicher Anmut.<ref name="hofreitschule_1">'' Schulen und Touren der barocken Reitkunst'', [[Fürstliche Hofreitschule Bückeburg]], 2011</ref>
'''Reitkunst''' ist die reiterliche Präsentation eines [[Hauspferd|Pferdes]] in dessen individueller Vollkommenheit geistiger und körperlicher Anmut.<ref name="hofreitschule_1">[[Fürstliche Hofreitschule Bückeburg]] (Hrsg.): ''Schulen und Touren der barocken Reitkunst.'' 2011, DVD ([https://akademie.hofreitschule.de/courses/schulen-und-touren-der-barocken-reitkunst akademie.hofreitschule.de]).</ref>
[[Bild:Reitschule 1760.jpg|mini|Eine Reitschule auf einem [[Guckkasten]]blatt um 1760]]
[[Datei:Reitschule 1760.jpg|mini|Eine Reitschule auf einem [[Guckkasten]]blatt um 1760]]


== Reitkunst heute ==
== Reitkunst heute ==
Wiederbelebungen der Reitkunst des 16. bis 18. Jahrhunderts werden '''[[barock]]e Reitkunst''' genannt. Ihre Lektionen sind Veredlungen der im Krieg zu Pferd benötigten Reitmanöver.
Wiederbelebungen der Reitkunst des 16. bis 18. Jahrhunderts werden [[barock]]e Reitkunst genannt. Ihre Lektionen sind Veredlungen der im Krieg zu Pferd benötigten Reitmanöver.


Die Reitkunst der [[mitteleuropäisch]]en Reitkultur des 19. bis 21. Jahrhunderts bezeichnet man als '''klassische Reitkunst'''. Ihre Lektionen setzen sich aus Lektionen der barocken Reitkunst und später entwickelten Kunstgangarten zusammen.
Die Reitkunst der [[mitteleuropäisch]]en Reitkultur des 19. bis 21. Jahrhunderts bezeichnet man als klassische Reitkunst. Ihre Lektionen setzen sich aus Lektionen der barocken Reitkunst und später entwickelten Kunstgangarten zusammen.


Die Reitkunst der [[Iberische Halbinsel|iberischen Halbinsel]] nennt man '''Doma Clásica''' Sie vereint Elemente der barocken Reitkunst und folkloristische Elemente.
Die Reitkunst der [[Iberische Halbinsel|iberischen Halbinsel]] nennt man {{lang|es|''Doma Clásica''}}. Sie vereint Elemente der barocken Reitkunst und folkloristische Elemente.


Jede Reitkunst baut sich auf aus der Arbeit in der Grundschule bis zur Förderung in der [[Hohe Schule (Reitkunst)|Hohen Schule]]. Die Hohe Schule wird in „Schulen auf (oder bei) der Erde“ und „[[Schulen über der Erde]]“ unterteilt.
Jede Reitkunst baut sich auf aus der Arbeit in der Grundschule bis zur Förderung in der [[Hohe Schule (Reitkunst)|Hohen Schule]]. Die Hohe Schule wird in ''Schulen auf (oder bei) der Erde'' und ''Schulen über der Erde'' unterteilt.


== Grundsätze ==
== Grundsätze ==
Das Prinzip der Freiwilligkeit zieht sich durch die Interpretationen der Reitkunst aller Epochen.<ref name="xenophon_1">''Reitkunst'', Xenophon, Übersetzung von du Paty de Clam, enthalten in ''Die Wagen und Fahrwerke der Griechen und Römer'', Johann Chr. Grinzrot, 1817</ref><ref>''Le maneige royal'', Antoine de Pluvinel, 1605.</ref><ref name= "steinbrecht_1">''Das Gymnasium des Pferdes'', Gustav Steinbrecht, 1886</ref>
Das Prinzip der Freiwilligkeit zieht sich durch die Interpretationen der Reitkunst aller Epochen.<ref name="xenophon_1">{{Literatur |Titel=Reitkunst |Autor=Xenophon, Übersetzung von du Paty de Clam |Sammelwerk=Die Wagen und Fahrwerke der Griechen und Römer |Verlag=Johann Chr. Grinzrot |Datum=1817 }}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Le maneige royal |Autor=Antoine de Pluvinel |Datum=1605 |Sprache=fr }}</ref><ref name="steinbrecht_1">{{Literatur |Titel=Das Gymnasium des Pferdes |Autor=Gustav Steinbrecht |Datum=1886 }}</ref>
Die angestrebte Langlebigkeit des Reitpferdes wird durch individuelles, biomechanisch angemessenes Training des [[Bewegungsapparat]]es und pädagogischen Umgang erreicht.<ref name="steinbrecht_1"/>
Die angestrebte Langlebigkeit des Reitpferdes wird durch individuelles, biomechanisch angemessenes Training des [[Bewegungsapparat]]es und pädagogischen Umgang erreicht.<ref name="steinbrecht_1" />


Das Pferd wird in der Reitkunst als künstlerisches Medium verstanden, das es optimal in Szene zu setzen gilt. Dabei soll der Reiter eine untergeordnete, unauffällige und gute Figur machen und das Pferd mit unsichtbaren Hilfen steuern.<ref name="hofreitschule_1"/><ref>"Vollständiger Unterricht in den Wissenschaften eines Stallmeisters", Johann B. von Sind, 1770</ref>
Das Pferd wird in der Reitkunst als künstlerisches Medium verstanden, das es optimal in Szene zu setzen gilt. Dabei soll der Reiter eine untergeordnete, unauffällige und gute Figur machen und das Pferd mit unsichtbaren Hilfen steuern.<ref name="hofreitschule_1" /><ref>{{Literatur |Titel=Vollständiger Unterricht in den Wissenschaften eines Stallmeisters |Autor=Johann B. von Sind |Datum=1770 }}</ref>
Den Reitkünstler zeichnet eine besonnene, beherrschte und konzentrierte [[Geisteshaltung]] aus.<ref>: ''Méthode d'équitation basée sur de nouveaux principes'', Francois Baucher, 1842</ref>
Den Reitkünstler zeichnet eine besonnene, beherrschte und konzentrierte Geisteshaltung aus.<ref>{{Literatur |Titel=Méthode d'équitation basée sur de nouveaux principes |Autor=Francois Baucher |Datum=1842 |Sprache=fr }}</ref>


== Barocke Reitkunst ==
== Barocke Reitkunst ==
[[Bild:Ridinger Vorstellung 8 Aufsitzen.jpg|mini|hochkant|Übung „[[Aufsitzen]]“ aus [[Johann Elias Ridinger]]s ''Vorstellung und Beschreibung derer Schul und Campagne Pferden nach ihren Lectionen'' von 1760]]
[[Datei:Ridinger Vorstellung 8 Aufsitzen.jpg|mini|hochkant|Übung „[[Aufsitzen]]“ aus [[Johann Elias Ridinger]]s ''Vorstellung und Beschreibung derer Schul und Campagne Pferden nach ihren Lectionen'' von 1760]]
Die barocke Reitkunst grenzt sich gegenüber den anderen Reitkünsten dadurch ab, dass sie den Anspruch erhebt, eine möglichst genaue Rekonstruktion der barockzeitlichen Lehren zu sein. Zu den Lehrmitteln gehören die Bücher und bildlichen Darstellungen verschiedener europäischer Reitmeister (wie z.&nbsp;B. der Italiener [[Federigo Griso]], die Franzosen [[Antoine de Pluvinel]] und [[François Robichon de la Guérinière|De la Guériniere]], der Portugiese [[Manoel Carlos de Andrade]] oder der Deutsche [[Georg Engelhard von Löhneysen]]).
Die '''barocke Reitkunst''' grenzt sich gegenüber den anderen Reitkünsten dadurch ab, dass sie den Anspruch erhebt, eine möglichst genaue Rekonstruktion der barockzeitlichen Lehren zu sein. Zu den Lehrmitteln gehören die Bücher und bildlichen Darstellungen verschiedener europäischer Reitmeister (wie z.&nbsp;B. der Italiener [[Federigo Griso]], die Franzosen [[Antoine de Pluvinel]] und [[François Robichon de la Guérinière|De la Guériniere]], der Portugiese [[Manoel Carlos de Andrade]] oder der Deutsche [[Georg Engelhard von Löhneysen]]).


Die barocke Reitkunst umfasst die [[Pferdegangart#Grundgangarten|Grundgangarten]], kennt aber keine Gangverstärkungen. Die Schulen auf (oder bei) der Erde sind:
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* [[Pirouette (Reitkunst)|Galopppirouetten]]
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* Fliegende [[Galoppwechsel]]
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* [[Piaffe]]
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* [[Passagieren (Reitkunst)|Passage]]
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Die Schulen über der Erde sind:
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*[[Terre à Terre|Terre-à-terre]]
* [[Terre à Terre|Terre-à-terre]]
* [[Mezair]]
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* [[Courbette]]
* [[Courbette]]
* Doppelcourbette
* Doppelcourbette
* [[Falkade]]
* [[Falkade]]
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* Lanzade
* [[Kapriole (Reiten)|Kapriole]]
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* [[Ballotade]]
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Derzeit demonstrieren die barocke Reitkunst öffentlich:
Derzeit demonstrieren die barocke Reitkunst öffentlich:
* die Reitschule Bent Branderups in Toreby/[[Dänemark]]
* die Reitschule [[Bent Branderup]]s in [[Toreby]]/[[Dänemark]]
* die [[Fürstliche Hofreitschule Bückeburg]]
* die [[Fürstliche Hofreitschule Bückeburg]]
* die [[Escola Portuguesa de Arte Equestre]] in Queluz, Portugal
* die [[Escola Portuguesa de Arte Equestre]] in [[Queluz (Sintra)|Queluz]], Portugal


== Klassische Reitkunst ==
== Klassische Reitkunst ==
{{Hauptartikel|Klassische Reitkunst}}
Der Begriff „[[klassische Reitkunst]]“ bezieht sich nicht auf die kulturgeschichtliche Epoche der [[Antike|Klassik]], sondern auf deren Status als [[Klassiker]] (=allgemeingültig / modeunabhängig).<ref>"Reitkunst im Spiegel ihrer Meister", Band 1, Berthold Schirg, 1987</ref>
Die Bezeichnung „klassische Reitkunst“ bezieht sich nicht auf die kulturgeschichtliche Epoche der [[Antike|Klassik]], sondern auf deren Status als [[Klassiker]] (=allgemeingültig / modeunabhängig).<ref>{{Literatur |Titel=Reitkunst im Spiegel ihrer Meister |Band=1 |Autor=Berthold Schirg |Datum=1987 }}</ref>


Die bekanntesten öffentlichen Stätten der klassischen Reitkunst sind die [[Spanische Hofreitschule|Spanische Reitschule (Wien)]], die Ecole Nationale d’Equitation (Saumur) und das Reitinstitut [[Egon von Neindorff (Reiter)|Egon von Neindorff]] in Karlsruhe.
Die bekanntesten öffentlichen Stätten der klassischen Reitkunst sind die [[Spanische Hofreitschule]] (Wien), die [[Ecole Nationale d’Equitation]] ([[Saumur]]) und das Reitinstitut [[Egon von Neindorff (Reiter)|Egon von Neindorff]] in Karlsruhe.


== Doma Clásica ==
== Doma Clásica ==
Die spanische Reitkunst ist der klassischen Reitkunst sehr ähnlich, zeigt aber zusätzlich folkloristische Elemente (z.&nbsp;B. [[Spanischer Schritt|Spanischen Schritt]]). Speziell die portugiesische Reitkunst umfasst auch typische Elemente der barocken Reitkunst (z.&nbsp;B. [[Terre à Terre]]).
Die spanische Reitkunst ist der klassischen Reitkunst sehr ähnlich, zeigt aber zusätzlich folkloristische Elemente (z.&nbsp;B. [[Spanischer Schritt|Spanischen Schritt]]). Speziell die portugiesische Reitkunst umfasst auch typische Elemente der barocken Reitkunst (z.&nbsp;B. [[Terre à Terre]]).


Die Doma Clásica wird an folgenden Einrichtungen öffentlich praktiziert:
Die '''{{lang|es|Doma Clásica}}''' wird an folgenden Einrichtungen öffentlich praktiziert:
* die [[Königlich-Andalusische Reitschule]] in Jerez de la Frontera, Spanien
* die [[Königlich-Andalusische Reitschule]] in [[Jerez de la Frontera]], Spanien


== Geschichte und Entwicklung ==
== Geschichte und Entwicklung ==
Die ältesten Zeugnisse von Reitkunst lassen sich bis ins antike [[Griechenland]] zu Reitmeister [[Xenophon]] (um 400 v. Chr.) zurückverfolgen. Die Reitkunst diente zur Ertüchtigung von Kriegspferden und zu Paradezwecken.<ref name="xenophon_1"/>
Die ältesten Zeugnisse von Reitkunst lassen sich bis ins antike [[Griechenland]] zu Reitmeister [[Xenophon]] (um 400 v. Chr.) zurückverfolgen. Die Reitkunst diente zur Ertüchtigung von Kriegspferden und zu Paradezwecken.<ref name="xenophon_1" />


Allgemein steht die Reitkunst im Spannungsfeld zwischen dem künstlerischen Anspruch (das Pferd als Kunstobjekt „l'art pour l'art“) einerseits und dem praktischen Einsatz des Pferdes für bestimmte Dienstzwecke.
Allgemein steht die Reitkunst im Spannungsfeld zwischen dem künstlerischen Anspruch (das Pferd als Kunstobjekt ''[[l'art pour l'art]]'') einerseits und dem praktischen Einsatz des Pferdes für bestimmte Dienstzwecke.
Solinski geht soweit, die Reiterei in eine zweckfreie Freizeitreiterei (zu der auch der Reitsport gehört) und eine praxisbezogene Nutzreiterei (in der [[Fürstliche Hofreitschule Bückeburg|Bückeburger Hofreitschule]] angewandte Reitkunst genannt<ref name="hofreitschule_1"/>) zu unterteilen.<ref>"Reiter, Reiten, Reiterei" - Grundlagen pferdegemäßen Reitens, Sadko Solinski, 1983</ref>
Solinski geht soweit, die Reiterei in eine zweckfreie Freizeitreiterei (zu der auch der Reitsport gehört) und eine praxisbezogene Nutzreiterei (in der [[Fürstliche Hofreitschule Bückeburg|Bückeburger Hofreitschule]] angewandte Reitkunst genannt<ref name="hofreitschule_1" />) zu unterteilen.<ref>{{Literatur |Titel=Reiter, Reiten, Reiterei. Grundlagen pferdegemäßen Reitens |Autor=Sadko Solinski |Datum=1983 }}</ref>


Als Scheidepunkte der Reitkunst sind folgende (chronologisch geordneten) Entwicklungen anzusehen:
Als Scheidepunkte der Reitkunst sind folgende (chronologisch geordneten) Entwicklungen anzusehen:
* das Aufeinandertreffen der [[Kavallerie#Leichte Kavallerie mit Bogen|leichten Reiterei]] ([[Hannibal]]) und der [[Kavallerie#Schwere Kavallerie mit Lanzen|schweren Reiterei]] (iberische Stämme) in der Schlacht am [[Tajo]] 220 v. Chr.
* das Aufeinandertreffen der [[Kavallerie#Leichte Kavallerie mit Bogen|leichten Reiterei]] ([[Hannibal]]) und der [[Kavallerie#Schwere Kavallerie mit Lanzen|schweren Reiterei]] (iberische Stämme) in der [[Schlacht am Tajo]] 220 v. Chr.
* die fortschreitende Veränderung des [[Kriegsführung|Militärwesens]] durch die Verbreitung der Feuerwaffen 15. bis 16. Jahrhundert
* die fortschreitende Veränderung des [[Kriegsführung|Militärwesens]] durch die Verbreitung der Feuerwaffen 15. bis 16. Jahrhundert
* das [[Mäzen]]atentum der [[Absolutismus|absolutistischen Herrscher]] für Künste aller Art im 17. und 18. Jahrhundert
* das [[Mäzen]]atentum der [[Absolutismus|absolutistischen Herrscher]] für Künste aller Art im 17. und 18. Jahrhundert
* dessen abrupter Untergang mit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] Ende des 18. Jahrhunderts
* dessen abrupter Untergang mit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] Ende des 18. Jahrhunderts
* die „Anglomanie“<ref>''Über die Reitkunst'', [[Otto Baron Digeon von Monteton]], 1877/1879</ref> genannte Zuchtauswahl und Bevorzugung [[Englisches Vollblut|englischer Vollblüter]] im 19. Jahrhundert
* die „Anglomanie“<ref>{{Literatur |Titel=Über die Reitkunst |Autor=[[Otto Baron Digeon von Monteton]] |Verlag=Georg Olms |Ort=Hildesheim |Datum=1995 |ISBN=3-487-08346-9 |Kommentar=unveränderter Nachdruck von ''Anglomanie und Reitkunst'' 1877 und ''Reiter-Predigten. Ursache und Wirkung'' 1879 }}</ref> genannte Zuchtauswahl und Bevorzugung [[Englisches Vollblut|englischer Vollblüter]] im 19. Jahrhundert
* die Einführung großer Kavallerieeinheiten und die Notwendigkeit einer Schnellausbildung für Reiter und Pferd im 19. und Anfang 20. Jahrhundert
* die Einführung großer Kavallerieeinheiten und die Notwendigkeit einer Schnellausbildung für Reiter und Pferd im 19. und Anfang 20. Jahrhundert
* die Entscheidung, den Reitsport auf den Prinzipien der Militärreiterei aufzubauen im 20. Jahrhundert
* die Entscheidung, den Reitsport auf den Prinzipien der Militärreiterei aufzubauen im 20. Jahrhundert
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* [[Kunstreiten]]
* [[Kunstreiten]]
* [[Bundesverband für klassisch-barocke Reiterei]]
* [[Bundesverband für klassisch-barocke Reiterei]]
* [[Fredy Knie senior|Fredy Knie sen.]] vom [[Circus Knie|Zirkus Knie]], Schweiz
* [[Fredy Knie senior]] vom [[Circus Knie]], Schweiz


== Weiterführende Literatur ==
== Weiterführende Literatur ==
* [[Johann Baptista Galiberti]]: ''Neugebahnter Tummelplatz und eröffnete Reitschul. Sambt beygefügter Gestüttordnung und gründlicher Einzäumung, wie auch der Pferde Cur und Artzney [...].'' Ins Deutsche übersetzt von Matthaeus Drummer von Pabenbach, Wien (Michael Rieger) 1660; Neudruck Leipzig 1984.
* {{Literatur |Autor=[[Johann Baptista Galiberti]] |Titel=Neugebahnter Tummelplatz und eröffnete Reitschul. Sambt beygefügter Gestüttordnung und gründlicher Einzäumung, wie auch der Pferde Cur und Artzney [] Ins Deutsche übersetzt von Matthaeus Drummer von Pabenbach |OrtEA=Wien |VerlagEA=Michael Rieger |JahrEA=1660 |Ort=Leipzig |Datum=1984 }}
* [[François Robichon de la Guérinière]]: ''Reitkunst'', 1733, übersetzt von J. D. Knoell 1817, ISBN 3-487-08288-8
* {{Literatur |Autor=[[François Robichon de la Guérinière]] |Titel=Reitkunst |JahrEA=1733 |Originaltitel=Ecole de cavalerie |Originalsprache=fr |Übersetzer=J. D. Knoell |Datum=1817 |ISBN=3-487-08288-8 }}
* [[Nuno Oliveira]]: ''Gedanken über die Reitkunst'', 1999, ISBN 3-487-08383-3
* {{Literatur |Autor=[[Nuno Oliveira]] |Titel=Gedanken über die Reitkunst |Datum=1999 |ISBN=3-487-08383-3 }}
* [[Philippe Karl]]: ''ReitKunst, Klassische Dressur bis zur Hohen Schule'', 1999, ISBN 3-405-15826-5
* {{Literatur |Autor=[[Philippe Karl]] |Titel=ReitKunst. Klassische Dressur bis zur Hohen Schule |Datum=1999 |ISBN=3-405-15826-5 }}
* [[Anja Beran]]: ''Aus Respekt'', 2008, ISBN 3-930953-14-5
* {{Literatur |Autor=[[Anja Beran]] |Titel=Aus Respekt |Datum=2008 |ISBN=3-930953-14-5 }}
* {{Literatur |Autor=[[Horst Stern]] |Titel=So verdient man sich die Sporen |Verlag=Kosmos |Ort=Stuttgart |Datum=2015 |ISBN=978-3-440-14476-3 |Originaltitel=So verdient man sich die Sporen. Reiten lernen, wie es selten im Buche steht |JahrEA=1961 |VerlagEA=Franckh |OrtEA=Stuttgart}}
* {{Literatur |Autor=[[Horst Stern]] |Titel=So verdient man sich die Sporen |Verlag=Kosmos |Ort=Stuttgart |Datum=2015 |ISBN=978-3-440-14476-3 |Originaltitel=So verdient man sich die Sporen. Reiten lernen, wie es selten im Buche steht |JahrEA=1961 |VerlagEA=Franckh |OrtEA=Stuttgart}}


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[[Kategorie:Dressurreiten|!Reitkunst]]
[[Kategorie:Reitkunst| ]]
[[Kategorie:Pferdeausbildung]]

Aktuelle Version vom 22. November 2023, 23:35 Uhr

Reitkunst ist die reiterliche Präsentation eines Pferdes in dessen individueller Vollkommenheit geistiger und körperlicher Anmut.[1]

Eine Reitschule auf einem Guckkastenblatt um 1760

Reitkunst heute

Wiederbelebungen der Reitkunst des 16. bis 18. Jahrhunderts werden barocke Reitkunst genannt. Ihre Lektionen sind Veredlungen der im Krieg zu Pferd benötigten Reitmanöver.

Die Reitkunst der mitteleuropäischen Reitkultur des 19. bis 21. Jahrhunderts bezeichnet man als klassische Reitkunst. Ihre Lektionen setzen sich aus Lektionen der barocken Reitkunst und später entwickelten Kunstgangarten zusammen.

Die Reitkunst der iberischen Halbinsel nennt man Doma Clásica. Sie vereint Elemente der barocken Reitkunst und folkloristische Elemente.

Jede Reitkunst baut sich auf aus der Arbeit in der Grundschule bis zur Förderung in der Hohen Schule. Die Hohe Schule wird in Schulen auf (oder bei) der Erde und Schulen über der Erde unterteilt.

Grundsätze

Das Prinzip der Freiwilligkeit zieht sich durch die Interpretationen der Reitkunst aller Epochen.[2][3][4] Die angestrebte Langlebigkeit des Reitpferdes wird durch individuelles, biomechanisch angemessenes Training des Bewegungsapparates und pädagogischen Umgang erreicht.[4]

Das Pferd wird in der Reitkunst als künstlerisches Medium verstanden, das es optimal in Szene zu setzen gilt. Dabei soll der Reiter eine untergeordnete, unauffällige und gute Figur machen und das Pferd mit unsichtbaren Hilfen steuern.[1][5] Den Reitkünstler zeichnet eine besonnene, beherrschte und konzentrierte Geisteshaltung aus.[6]

Barocke Reitkunst

Übung „Aufsitzen“ aus Johann Elias Ridingers Vorstellung und Beschreibung derer Schul und Campagne Pferden nach ihren Lectionen von 1760

Die barocke Reitkunst grenzt sich gegenüber den anderen Reitkünsten dadurch ab, dass sie den Anspruch erhebt, eine möglichst genaue Rekonstruktion der barockzeitlichen Lehren zu sein. Zu den Lehrmitteln gehören die Bücher und bildlichen Darstellungen verschiedener europäischer Reitmeister (wie z. B. der Italiener Federigo Griso, die Franzosen Antoine de Pluvinel und De la Guériniere, der Portugiese Manoel Carlos de Andrade oder der Deutsche Georg Engelhard von Löhneysen).

Die barocke Reitkunst umfasst die Grundgangarten, kennt aber keine Gangverstärkungen. Die Schulen auf (oder bei) der Erde sind:

Die Schulen über der Erde sind:

Viele Lektionen werden in der Arbeit an der Hand entwickelt, auch die im 17. Jahrhundert in Gebrauch gekommenen Pilaren dienen als Ausbildungshilfe.

Derzeit demonstrieren die barocke Reitkunst öffentlich:

Klassische Reitkunst

Die Bezeichnung „klassische Reitkunst“ bezieht sich nicht auf die kulturgeschichtliche Epoche der Klassik, sondern auf deren Status als Klassiker (=allgemeingültig / modeunabhängig).[7]

Die bekanntesten öffentlichen Stätten der klassischen Reitkunst sind die Spanische Hofreitschule (Wien), die Ecole Nationale d’Equitation (Saumur) und das Reitinstitut Egon von Neindorff in Karlsruhe.

Doma Clásica

Die spanische Reitkunst ist der klassischen Reitkunst sehr ähnlich, zeigt aber zusätzlich folkloristische Elemente (z. B. Spanischen Schritt). Speziell die portugiesische Reitkunst umfasst auch typische Elemente der barocken Reitkunst (z. B. Terre à Terre).

Die Doma Clásica wird an folgenden Einrichtungen öffentlich praktiziert:

Geschichte und Entwicklung

Die ältesten Zeugnisse von Reitkunst lassen sich bis ins antike Griechenland zu Reitmeister Xenophon (um 400 v. Chr.) zurückverfolgen. Die Reitkunst diente zur Ertüchtigung von Kriegspferden und zu Paradezwecken.[2]

Allgemein steht die Reitkunst im Spannungsfeld zwischen dem künstlerischen Anspruch (das Pferd als Kunstobjekt l'art pour l'art) einerseits und dem praktischen Einsatz des Pferdes für bestimmte Dienstzwecke. Solinski geht soweit, die Reiterei in eine zweckfreie Freizeitreiterei (zu der auch der Reitsport gehört) und eine praxisbezogene Nutzreiterei (in der Bückeburger Hofreitschule angewandte Reitkunst genannt[1]) zu unterteilen.[8]

Als Scheidepunkte der Reitkunst sind folgende (chronologisch geordneten) Entwicklungen anzusehen:

Siehe auch

Weiterführende Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Fürstliche Hofreitschule Bückeburg (Hrsg.): Schulen und Touren der barocken Reitkunst. 2011, DVD (akademie.hofreitschule.de).
  2. a b Xenophon, Übersetzung von du Paty de Clam: Reitkunst. In: Die Wagen und Fahrwerke der Griechen und Römer. Johann Chr. Grinzrot, 1817.
  3. Antoine de Pluvinel: Le maneige royal. 1605 (französisch).
  4. a b Gustav Steinbrecht: Das Gymnasium des Pferdes. 1886.
  5. Johann B. von Sind: Vollständiger Unterricht in den Wissenschaften eines Stallmeisters. 1770.
  6. Francois Baucher: Méthode d'équitation basée sur de nouveaux principes. 1842 (französisch).
  7. Berthold Schirg: Reitkunst im Spiegel ihrer Meister. Band 1, 1987.
  8. Sadko Solinski: Reiter, Reiten, Reiterei. Grundlagen pferdegemäßen Reitens. 1983.
  9. Otto Baron Digeon von Monteton: Über die Reitkunst. Georg Olms, Hildesheim 1995, ISBN 3-487-08346-9 (unveränderter Nachdruck von Anglomanie und Reitkunst 1877 und Reiter-Predigten. Ursache und Wirkung 1879).