Luftangriffe auf Koblenz
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Die schweren Luftangriffe auf Koblenz von 1944 und 1945 durch die USAAF und die Royal Air Force zerstörten die Stadt Koblenz zu 87 %. Das historische Stadtbild der damaligen Hauptstadt der Rheinprovinz ist damit für immer verloren gegangen. Der Luftkrieg auf Koblenz hatte 1016 Tote und 2925 Verwundete gefordert. Zwei Millionen Kubikmeter Schutt und Trümmer prägten das Stadtbild. Vom Rhein hatte man ungehinderten Durchblick bis nach Moselweiß. Von den einst 23.700 Wohnungen waren nur 1500 unbeschädigt geblieben.
Von den 94.417 Einwohnern (1943) lebten zum Kriegsende noch rund 9000 im gesamten Stadtgebiet. Diese Personen, die sich aus kriegswichtigen Gründen in der Stadt aufhalten mussten, lebten wochenlang in den großen Betonbunkern der Innenstadt. Der Rest der Koblenzer Bevölkerung wurde schon bis Ende 1944 nach Thüringen evakuiert. Am 6. November 1944 näherte sich um 19:28 Uhr ein Kampfverband von Lancaster-Bombern der britischen Royal Air Force und legte das Zentrum von Koblenz in Schutt und Asche. Das Stadtzentrum, von 153.392 Stabbrandbomben, 456 Flammstrahlbomben und 130 Luftminen getroffen, brannte nieder. Der Feuersturm machte alle Löschversuche aussichtslos. Die Stadt als geordnetes Gemeinwesen existierte von nun an nicht mehr. Die Luftangriffe auf Koblenz endeten Anfang 1945, als sich amerikanische Truppen von der Eifel her der Stadt näherten.
Bedeutung als Angriffsziel
Dafür, dass Koblenz in solchem Maße bombardiert wurde, gab es keine militärisch-strategische Begründung. Es gab keine kriegswichtige Industrie in der Stadt. Die Garnisonen der Wehrmacht sowie die Verkehrseinrichtungen wurden von den Alliierten nur als Ziele mit untergeordneter Priorität geführt. Bis 1944 blieb Koblenz auch größtenteils von Bombenangriffen verschont, während Städte wie Köln und Frankfurt bereits in Trümmerwüsten verwandelt waren. Koblenz wurde erst im Rahmen der fortgeführten britischen Area Bombing Directive zum Zielgebiet.
Mit der Invasion der Alliierten in Frankreich (Operation Overlord) im Juni 1944 geriet aber auch Koblenz ins Visier der Bomberflotten. Mit Beginn der deutschen Ardennenoffensive im Dezember 1944 erhielt das Eisenbahnnetz der Stadt an Bedeutung und die Bombardierung erreichte ihren letzten Höhepunkt. Nach dem Vorstoß der alliierten Truppen in die Eifel endeten im Januar 1945 auch die Bombenangriffe. In und um Koblenz war die gesamte Infrastruktur zerstört. Am 19. März 1945 eroberten amerikanische Truppen die Stadt und hissten auf dem Rathaus das Sternenbanner.
Luftschutzmaßnahmen
Obwohl die Stadt Koblenz durch die Luftangriffe zum Kriegsende zu 87 % zerstört war, lag die Zahl der zivilen und militärischen Bombenopfer mit rund 1.100 Toten für eine Stadt dieser Größe relativ niedrig. Hauptgrund hierfür waren die Luftschutzmaßnahmen von Stadt und Reichsluftschutzbund. Nahezu alle Bewohner konnten bei einem Luftangriff in 15 Bunkern und acht Stollen Schutz suchen. Die sechs Tiefbunker, drei Hochbunker und sechs gemischten Bunker verteilen sich im gesamten Stadtgebiet. Dabei waren drei Bunker für Krankenhäuser sowie ein Bunker für die Polizei reserviert, die restlichen elf Bunker waren als öffentliche Luftschutzräume ausgewiesen. Hinzu kamen eine Reihe von Luftschutz-Stollen, der größte Stollen lag unter der Festung Ehrenbreitstein, der Eisenbahntunnel Pfaffendorf-Horchheim sowie zwei Bunker der Reichsbahn am Bahnbetriebswerk Koblenz-Mosel.
Die Luftschutzbunker in Koblenz entstanden im Zeitraum zwischen 1937 und 1943. Neben den Zivilarbeitern wurden auch Kriegsgefangene zum Bau eingesetzt. Wenn sich feindliche Verbände der Stadt näherten, löste das örtliche Luftschutzwarnkommando zur Warnung der Bevölkerung Fliegeralarm aus. Im Großraum Koblenz waren 2-cm- bis 12,8-cm-Flak-Batterien, vier davon als Eisenbahnflak, im Einsatz sowie Stellungen mit Suchscheinwerfern. Die Feuerwehr legte zur schnellen Brandbekämpfung eine Reihe von Feuerlöschteichen auf großen Plätzen an. Sperrballone sollten die Rhein- und Moselbrücken vor Angriffen von Tieffliegern schützen.
Nach Ende des Krieges dienten die Bunker den in die Stadt zurückkehrenden Menschen noch viele Jahre als Wohnunterkunft. Mit Einsetzen des Kalten Kriegs wurden einige Bunker in Koblenz ausgebaut, einen effektiven Schutz gegen einen Angriff mit Kernwaffen boten sie jedoch nie. Nach der Deutschen Wiedervereinigung waren noch drei Bunker einsatzfähig, jedoch beschloss die Bundesregierung 2007 alle Bunkeranlagen gegen Luftangriffe aufzugeben.
Chronologie der Luftangriffe
Datum | Flugzeuge | Bomben- last (t) | Beschreibung des Luftangriffs | Tote / Verletzte / Obdachlose |
---|---|---|---|---|
1942 | ||||
6. April 4 Uhr | Bomben treffen Schloß-Café und Druckerei Straub in der Schloßstraße. | 12 Tote, 60 Obdachlose | ||
12. August | Brandbomben auf Häuser im Brenderweg, geringe Schäden. Eine einzelne Luftmine beschädigt die Mauritiuskirche in Rübenach schwer. | |||
1944 | ||||
10. Januar 19 Uhr | 2 Mosquito | Bomben auf die Südliche Vorstadt. | 3 Tote | |
12. März | Ausläufer eines Bombenteppichs (Notwurf) auf den Stadtwald und Oberwerth. | 2 Tote | ||
19. April 11:11 Uhr | 8 B-24 | 14,6 | Bombenteppich auf den Güterbahnhof Koblenz-Mosel (Moselweiß). | 21 Tote, 30-40 Verletzte |
22. April 19:56 Uhr | 47 B-24 | 91 | Zurückfliegende Verbände der 8. US Air Force werfen Bombenteppiche auf die Verkehrsanlangen der Stadt. Große Schäden in der Goldgrube und am Florinsmarkt (Altstadt). | 115 Tote, 99 Verletzte, 4000 Obdachlose |
19. Juli 9:05 Uhr | 90 B-24 | 223,1 | Liberator-Bomber belegen Koblenz als Ausweichziel mit Bombenteppichen. Ziel: Güterbahnhof Koblenz-Mosel. Getroffen werden u.a. die Südliche Vorstadt, Altstadt, Goldgrube, Horchheim, Ehrenbreitstein und Lützel. | 74 Tote, 112 Verletzte |
20. Juli 2:12 Uhr | 7 B-24 | 15,5 | Luftangriff auf Arenberg. | 1 Toter |
12. September | 15,5 | Nächtlicher Tiefangriff auf den Verschiebebahnhof Koblenz-Lützel. | 1 Toter | |
19. September 15:03 Uhr | 119 B-17 | 244,3 | „Fliegende Festungen“ bombardieren den Güterbahnhof Koblenz-Mosel und die Rheinbrücken. Auf dem Verschiebebahnhof wird eine Eisenbahnflakbatterie vernichtet. | 144 Tote, 133 Verletzte |
21. September 14:45 | 144 B-24 | 362,6 | Luftangriff auf die Südliche Vorstadt, Karthause, Goldgrube, Oberwerth und Horchheim. Ein B-24 Bomber wird abgeschossen, drei alliierte Flieger sterben. | 13 Tote, 69 Verletzte |
24. September | Evakuierung der Koblenzer Bevölkerung nach Thüringen beginnt. Bis 2. Januar 1945 werden 70.425 Personen umquartiert. | |||
25. September 12:48 Uhr | 251 B-24 | 603,1 | Bomber wiederholen einen Angriff auf den Güterbahnhof Koblenz-Mosel. Das gesamte Stadtgebiet wird getroffen, schwere Schäden im Stadtinneren. 43 Menschen im Keller des Casino-Gebäudes (Casinostraße) finden den Tod. | 109 Tote, ? Verletzte |
1. Oktober 22:32 Uhr | Mosquito | Störangriff durch Mosquito-Bomber, die Löhrstraße wird getroffen. | ||
5. Oktober 12:08 Uhr | 11 B-17 | 30 | Abwurf von Brandbomben auf Pfaffendorf. | |
9. Oktober 15:04 Uhr | 361 B-24 | 882 | Großangriff auf den Güterbahnhof Koblenz-Mosel als Ausweichziel. Getroffen werden vor allem die Goldgrube, das Rauental und das Gebiet südlich des Friedrich-Ebert-Rings. | 71 Tote, ? Verletzte |
11. Oktober 10:11 Uhr | 73 B-17 | 192,5 | Angriff der Bomber auf die Verkehrsanlagen scheitert am schlechten Wetter und dem Flakfeuer. Bomben fallen verstreut zwischen Vallendar und Oberlahnstein sowie auf Lützel. | 6 Tote, ? Verletzte |
12. Oktober 20:34 Uhr | Mosquito | Störangriff durch Mosquito-Bomber, Schäden am Friedrich-Ebert-Ring. | ||
15. Oktober 9:37 Uhr | 12 B-17 | 18,7 | Luftangriff auf die Karthause. | |
19. Oktober | Tiefangriff auf Bahnanlagen. | 4 Tote | ||
1. November 13:38 Uhr | 24 B-17 | 62,8 | Luftangriff auf Ehrenbreitstein, Niederberg und Arzheim. | 1 Toter |
6. November 19:28 Uhr | 122 Lancaster | 521 | Vernichtungsangriff[1] durch die RAF: Zielpunkt: Löhrrondell. Das Stadtzentrum, von 153392 Stabbrandbomben, 456 Flammstrahlbomben und 130 Luftminen getroffen, brennt nieder. Der Feuersturm macht alle Löschversuche aussichtslos. Die Stadt als geordnetes Gemeinwesen existiert nicht mehr. Ein Lancaster-Bomber schlägt mit acht Mann Besatzung im Gebiet der heutigen Johannes-Junglas-Straße auf. | 109 Tote, 558 Verletzte, 25.000 Obdachlose |
11. November 11:50 Uhr | 24 B-17 | 62,3 | Luftangriff auf den Güterbahnhof Koblenz-Mosel, geringe Schäden. | |
21. November 2:50 Uhr | 42 Lancaster | 225,5 | Luftangriff auf die Innenstadt, Güls, Pfaffendorf, Ehrenbreitstein, Neuendorf. | 64 Tote, 48 Verletzte |
21. November 12:53 Uhr | 23 B-17 | 73,3 | Erneuter Angriff auf das Stadtgebiet. | |
2. Dezember 13:02 Uhr | 10 B-17 | 26,8 | Luftangriff auf Horchheim. | |
4. Dezember 13:45 Uhr | 77 B-17 | 190,2 | Bombenteppiche treffen Neuendorf, Ehrenbreitstein, Niederberg und Immendorf. | 14 Tote, 3 Verletzte |
10. Dezember 10:58 Uhr | 277 B-17 | 523 | Luftangriff auf den Verschiebebahnhof Koblenz-Lützel, schwere Schäden im Bahnhof. | 16 Tote, 10 Verletzte |
11. Dezember 11:52 Uhr | 136 B-17 | 315,3 | Luftangriff auf den Güterbahnhof Koblenz-Mosel als Ausweichziel. | |
16. Dezember | Beginn der Ardennenoffensive. Koblenz gewinnt als Verkehrsknotenpunkt an militärischer Bedeutung. | |||
18. Dezember 13:42 Uhr | 101 B-17 | 269,4 | Luftangriff auf Lützel, Neuendorf, Wallersheim und Moselweiß. | 4 Tote, 22 Verletzte |
19. Dezember 13:21 Uhr | 12 B-17 | 32,3 | Luftangriff auf den Rhein und Ehrenbreitstein. | |
22. Dezember 18:53 Uhr | 168 Lancaster | 929,2 | Die RAF greifen mit schweren Sprengbomben den Güterbahnhof Koblenz-Lützel an. Die meisten Bomben treffen jedoch Moselweiß, Güls und Rübenach. | 154 Tote, 22 Verletzte |
24. Dezember 14:58 Uhr | 83 B-17 | 165,4 | Luftangriff auf Lützel und die Altstadt. | 9 Tote, ? Verletzte |
27. Dezember 12:33 Uhr | 13 B-17 | 38,2 | Luftangriff auf Lützel. Ein Flugzeug wird abgeschossen und schlägt bei Arenberg auf. | |
28. Dezember 12:57 Uhr | 529 B-17 | 1.263,9 | Schwerster Angriff auf die zerstörte Stadt durch die USAAF: 1.170,7 Tonnen Spreng- und 93,2 Tonnen Brandbomben werden auf Koblenz geworfen, schwerste Schäden im gesamten Stadtgebiet. | 33 Tote, 60 Verletzte |
29. Dezember 15:00 Uhr | 88 Lancaster, 150 Halifax | 906,1 | Schwerer Tagangriff der RAF auf die Bahnhöfe Koblenz-Mosel und Koblenz-Lützel. | 32 Tote, 50 Verletzte |
29. Dezember 15:00 Uhr | 114 B-24 | 359,5 | Angriff auf die Moselbrücken. | |
1945 | ||||
1 Januar 12:35 Uhr | 22 B-17, 84 B-24 | 303,4 | Mehrere Angriffe auf die Moselbrücken. Ein B-24-Bomber durch Flak abgeschossen. | 6 Tote |
2. Januar 12:11 Uhr | 127 B-24 | 331,8 | Erneuter Angriff auf die Moselbrücken. | 7 Tote, 2 Verletzte |
5. Januar 12:53 Uhr | 93 B-17 | 198,1 | Luftangriff auf Lützel, Neuendorf, Wallersheim. | |
6. Januar 11:53 Uhr | 93 B-24 | 243,3 | Luftangriff auf den Güterbahnhof Koblenz-Mosel. | |
7. Januar 11:41 Uhr | 46 B-17 | 142,2 | Luftangriff auf die Verkehrsanlagen der Stadt. | 3 Tote, 3 Verletzte |
8. Januar 10:57 Uhr | 12 B-17 | 32,6 | Kleiner Luftangriff auf den Güterbahnhof Koblenz-Mosel. Die Stadt kann nicht mehr ausreichend versorgt werden. Die Zwangsräumung wird eingeleitet. | |
29. Januar 12:04 Uhr | 138 B-17 | 367,5 | Letzter großer Angriff von US-Bomber auf die bereits zerstörte Stadt. Trümmer und nicht mehr funktionierende Eisenbahnanlagen werden getroffen. | 6 Tote, 3 Verletzte |
5. Februar | Störangriff ohne Schäden. | |||
8. März 2:00 Uhr | Beginn des Artilleriebeschusses. | |||
8. März 9:50 Uhr | Letzter Fliegeralarm. | |||
9. März | Die Stadtteile nördlich der Mosel werden durch die 4. US-Panzerdivision (3. US-Armee) besetzt. | |||
13. März | Der Kampfkommandant von Koblenz verhängt den militärischen Ausnahmezustand. | |||
17. März | Teile der 87. US-Infanteriedivision überqueren die Mosel an der Gülser Eisenbahnbrücke. Andere Truppen der 3. US-Armee unter General George S. Patton nähern sich von Waldesch her der Südlichen Vorstadt. | |||
18. März | Straßenkämpfe im Stadtkern. | |||
19. März 8:30 Uhr | Die Besatzung von Fort Konstantin kapituliert. Der letzte Widerstand in der Gegend Hauptbahnhof / Schenkendorfplatz und am Rhein erlischt. Koblenz wird als eingenommen erklärt und das Sternenbanner auf dem Rathaus gehisst. | |||
27. März | US-Truppen besetzen die rechtsrheinischen Teile der Stadt. In Koblenz halten sich noch etwa 14.000 Personen auf. Die Stadt beklagt 5000 Einwohner, die im Krieg ihr Leben ließen, darunter ca. 1000 Bombenopfer (Zivilisten, Soldaten, Kriegsgefangene, verschleppte Fremdarbeiter) und etwa 25 alliierte Flieger. |
Zerstörungen und Wiederaufbau
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/3e/Koblenz_1945.jpg/220px-Koblenz_1945.jpg)
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e6/Portal_Dominikanerkloster_Koblenz.jpg/220px-Portal_Dominikanerkloster_Koblenz.jpg)
Die Stadt Koblenz wurde zwar hauptsächlich aber nicht nur durch die Luftangriffe zerstört, sondern auch durch Artilleriebeschuss sowie den folgenden 19-tägigen Bodenkampf bei Einmarsch der amerikanischen Truppen. Alle Rhein- und Moselbrücken wurden am 7. März 1945 von den sich zurückziehenden Einheiten der Wehrmacht gesprengt. Ebenfalls vollständig zerstört waren die Versorgungsleitungen, Straßenverbindungen, Eisenbahnwege und Hafenanlagen. Von den 23700 Wohnungen vor dem Krieg waren nur 1500 unbeschädigt geblieben. Das Zentrum von Koblenz war verwüstet, viele historisch wertvolle Gebäude zerstört oder stark beschädigt. Die Innenstadt lag zu 98 % in Trümmern, die Vororte zu 60 %. Unter den wenigen nur leicht beschädigten und noch intakten Gebäuden in der Innenstadt befanden sich das Rathaus, die Alte Burg und das Theater. Da mit dem großen Rathaussaal und dem Theater unbeschädigte große Räumlichkeiten zur Verfügung standen, fanden die Versammlungen zur Gründung des Landes Rheinland-Pfalz 1946/1947 hier statt.
Die Hauptaufgabe der neuen Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Wilhelm Kurth bestand darin, die Stadt von den Millionen Kubikmetern Trümmerschutt zu befreien, die Infrastruktur wiederherzustellen und die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Nach Übergabe der Stadt an die französische Militärverwaltung unter General Marie-Pierre Kœnig besuchte am 3. Oktober 1945 General Charles de Gaulle Koblenz und erklärte im Rathaussaal: „Frankreich wird sich besonders für die Region Koblenz verwenden“; denn „es gibt Gründe, dass wir uns ganz besonders verstehen werden.“ [2]
Bis Ende 1945 kehrten bereits 47.000 Koblenzer in die zerstörte Stadt zurück. Erst nach elf Jahren hatte Koblenz wieder die Vorkriegszahl von 91.000 Einwohnern erreicht. Den Wiederaufbau bestimmte ein Generalbebauungsplan von 1946, der aber vielfachen Anpassungen in den folgenden Jahren unterworfen war. Historische Gebäude wie die Karmeliterkirche am Rhein und das Dominikanerkloster in der Weißergasse wurden gar nicht mehr aufgebaut, andere Gebäude wie die Jesuitenkirche, das Kurfürstliche Schloss oder der Hauptbahnhof nur noch in vereinfachter Form. Das Kastorviertel wurde neu gestaltet und hochwassersicher gemacht. Das Areal um das heutige Löhr-Center zwischen Löhrrondell und Balduinbrücke wurde komplett neu gestaltet. Es entstanden neue Straßenzüge, die es so vorher nicht gegeben hatte.
In der Innenstadt entstand mit dem Zentralplatz ein Platz in einem Bereich, der vorher dicht mit Fachwerkhäusern bebaut war. Bei der Neugestaltung der Stadt wurden aus dem damaligen Zeitgeist heraus Fehlentscheidungen getroffen, die später bitter bereut wurden. So wurde beispielsweise auf dem Zentralplatz 1964 die Wasserturmsmauer abgebrochen, ein noch vorhandener Teil der mittelalterlichen Stadtmauer. Die prachtvolle Städtische Festhalle neben dem Schloss musste einer neuen Verkehrsplanung zwischen Friedrich-Ebert-Ring, Pfaffendorfer Brücke und Neustadt weichen, obwohl sie aufgrund ihrer nicht so starken Beschädigungen noch aufbauwürdig war. Sie wurde 1962 wenige Meter daneben durch die Rhein-Mosel-Halle ersetzt.
Die Schiffbrücke über den Rhein wurde aufgegeben, nachdem sie noch nach dem Krieg für kurze Zeit durch eine Pontonbrücke ersetzt wurde, und durch den leistungsfähigen Neubau der Pfaffendorfer Brücke überflüssig gemacht. Aufgegeben wurde der Moselhafen am Ufer vor dem Deutschen Eck und in Wallersheim entstand von 1961 bis 1965 ein moderner Rheinhafen. Der historische Kern der Koblenzer Altstadt hingegen wurde bis in die 1980er restauriert und behielt größtenteils seine historische Gestaltung.
Bombenfunde nach dem Zweiten Weltkrieg
Auch lange Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden und werden im Stadtgebiet von Koblenz immer noch Blindgänger gefunden. Diese Überreste der schweren Bombardierungen stellen für die Bevölkerung noch eine große Gefahr dar, denn die Munition befindet sich meist verdeckt im Erdreich. Häufig werden diese unabhängig von der gezielten Suche bei Baumaßnahmen entdeckt. Für die folgende Entschärfung und Sicherung der Fliegerbomben ist der Kampfmittelräumdienst zuständig. Dabei kommt es zu ausgedehnten Evakuierungen der Bevölkerung. Nicht selten müssen dazu mehrere Stadtteile vollständig geräumt werden.
Bombenfunde in Koblenz seit 1992:[3]
Datum | Bombenfund | Evakuierungsmaßnahme |
---|---|---|
10. Juni 1992 | In der Neuendorfer Straße in Lützel wird bei Ausschachtungsarbeiten für ein Mehrfamilienhaus eine britische zehn Zentner Fliegerbombe gefunden. | |
9. Februar 1993 | Im Kesselheimer Industriegebiet wird eine britische zehn Zentner Fliegerbombe gefunden. | |
21. März 1994 | Bei einem routinemäßigen Tauchgang entdeckt die Besatzung eines Taucherschachts der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in ca. 80 m Entfernung vom Pfaffendorfer Ufer auf dem Grund des Rheins eine Fliegerbombe. | Der Pfaffendorfer Kindergarten wird vorsorglich geräumt. |
23. November 1994 | In der Nähe der Kreuzung Hunsrückhöhenstraße / Remstecken entschärft der Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung Koblenz eine amerikanische fünf-Zentner-Bombe. | |
2. Februar 1995 | In Neuendorf wird eine fünf-Zentner-Fliegerbombe bei Ausschachtungsarbeiten gefunden. | |
4. Mai 1995 | Der Kampfmittelräumdienst entschärft eine britische fünf Zentner Bombe, die Bauarbeiter in Pfaffendorf an der Einmündung der Lehrhohl in die B 42 entdeckt hatten. | |
27. Juli 1995 | Die Besatzung des Taucherschachts „Kaiman“ auf dem Grund des Rheins in Höhe der Moselmündung entdeckt eine Fliegerbombe. | Der Schiffs-, Bahn- und Autoverkehr auf der B 42 wird angehalten, bis der Blindgänger vom Kampfmittelräumdienst entschärft ist. |
12. Dezember 1995 | Eine amerikanische 1000-kg-Fliegerbombe wird auf einer Baustelle in Neuendorf entschärft. | 2000 Anwohner mussten evakuiert werden. |
6. Mai 1996 | Der Kampfmittelräumdienst entschärft im Stadtwald nahe dem Kühkopf eine amerikanische zehn-Zentner-Bombe. | |
2. Juli 1997 | Bei Baggerarbeiten wird im Rhein eine fünf Zentner Bombe geborgen. | Die angrenzenden Häuser in Pfaffendorf und das Holiday-Inn auf der Koblenzer Rheinseite werden evakuiert sowie die Pfaffendorfer Brücke gesperrt. |
3. Juli 1997 | Erneut wird eine Fliegerbombe an der B 42 bei Pfaffendorf entdeckt. | Unter anderem muss nun die Bahnstrecke Wiesbaden-Koblenz-Bonn gesperrt werden. |
4. Juli 1997 | Dritter Bombenfund innerhalb von drei Tagen. Wiederum an der B 42 wird eine 2,5-Zentner-Fliegerbombe entdeckt. | |
10. Juli 1997 | Der Kampfmittelräumdienst wird ein weiteres Mal alarmiert, als in der Metternicher Johannesstraße eine zehn-Zentner-Bombe gefunden wird. | Etwa 700 Anwohner werden zeitweise in die Pollenfeldschule evakuiert. |
12. November 1997 | Bei Ausschachtungsarbeiten auf einer Baustelle gegenüber dem Krankenhaus Marienhof finden Bauarbeiter eine fünf-Zentner-Bombe. | Einige benachbarte Häuser und ein Hotel werden vor der Entschärfung vorsichtshalber geräumt. |
10. August 1998 | Am Neuendorfer Eck wird eine britische zehn-Zentner-Fliegerbombe gefunden. Das Kuriose, die Bombe wurde wohl schon kurz nach Kriegsende entschärft, dann aber einfach liegen gelassen. | |
20. Januar 1999 | Der Kampfmittelräumdienst entschärft auf der Schmittenhöhe eine fünf Zentner Bombe. Es handelt sich bereits um den vierten Sprengkörper, der in diesem Monat auf dem Truppenübungsplatz gefunden wird. | |
20. Mai 1999 | Größter Bombenfund in Koblenz: Bei dem größten Bombenfund nach 1945 wird eine britische 1850 kg schwere Fliegerbombe (Luftmine) bei Ausschachtungsarbeiten für den Neubau eines Zentralgebäudes der Universität Koblenz-Landau gefunden. Drei Aufschlagzünder hätten damals die Mega-Bombe zur Detonation bringen können. Auf dem ehemaligen Kasernengelände in Metternich marschierten Generationen von Pionieren einst über die Bombe. Es ist die vierte Bombe dieser Größenordnung, die der Kampfmittelräumdienst des Landes Rheinland-Pfalz zu entschärfen hatte. Drei vorausgegangene Aktionen in Trier und Ludwigshafen liefen mindestens so spektakulär ab wie nun auch in Koblenz.[4] | Ein 50-köpfiger Krisenstab erarbeitet einen Evakuierungsplan und veranlasst Häuserräumungen, Sperrung von Straßen, des Schifffahrtsweges Mosel, der Bahnstrecke Trier-Koblenz und des Luftraums über Koblenz. Sämtliche Häuser im Umkreis von 1,8 km um den Bombenfund, ein Viertel des Stadtgebiets, wird evakuiert. Es müssen 15.000 Koblenzer ihre Wohnungen verlassen, drei Krankenhäuser und fünf Altersheime geräumt werden. Mehr als 1000 Helfer von Feuerwehr, Polizei und Hilfsorganisationen aus dem ganzen Bundesland überwachen die Evakuierung. Fünf Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz brauchen rund eine halbe Stunde, um die fast zwei Tonnen schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg am 24. Mai unschädlich zu machen. Für den Fall einer Explosion der Bombe stehen der Einsatzleitung mehr als 500 Krankenwagen und Versorgungsfahrzeuge zur Verfügung, so viele wie noch bei keinem Einsatz in Rheinland-Pfalz.[5] |
6. Oktober 1999 | Bei Bauarbeiten auf dem Gelände der Landeszentralbank in der Neustadt wird eine 500 kg schwere Fliegerbombe entdeckt. | Wegen der Entschärfung der Fliegerbombe wird die Innenstadt zwischen Friedrich-Ebert-Ring, Löhrstraße, Firmungstraße und Rheinanlagen am 10. Oktober evakuiert. 2000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Die Rhein-Mosel-Halle wird als Auffangzentrum eingerichtet. |
4. Februar 2000 | Ein Bagger beschädigt bei Straßenbauarbeiten in der Schillerstraße auf dem Oberwerth eine fünf Zentner Bombe. Dieser Umstand macht es den Experten des Kampfmittelräumdienstes leicht den Sprengsatz zu entschärfen, indem sie den explosiven Inhalt durch die Öffnung entnehmen können. | |
29. April 2000 | Im Hang oberhalb der Einmündung der Pfaffendorfer Brücke wird eine 125 kg Fliegerbombe gefunden | Rund 1000 Einwohner von Pfaffendorf und Ehrenbreitstein werden kurzfristig wegen der Entschärfung evakuiert. |
3. Juli 2000 | Auf dem Gelände der Feste Kaiser Franz in Lützel wird bei Bauarbeiten am Altenheim Bodelschwinghstraße eine amerikanische zehn-Zentner-Bombe gefunden | In Lützel müssen 3500 Menschen evakuiert werden. Auch die viel befahrene Bonner Straße B 9 wird zeitweise für den Verkehr gesperrt. |
13. September 2000 | Der Kampfmittelräumdienst entschärft am „Flaschenhals“ beim Bau des Tunnels nahe der Pfaffendorfer Brücke eine amerikanische 2,5-Zentner-Bombe | 300 Anwohner werden zuvor in Schulen und Kindergärten in Pfaffendorf und Ehrenbreitstein evakuiert. |
3. April 2001 | Auf dem Oberwerth wird eine amerikanische 250 kg schwere Fliegerbombe gefunden. | 1000 Anwohner dieses Stadtteils müssen zur Entschärfung evakuiert werden. |
9. September 2001 | In der Max-Bär-Straße in Lützel wurde mit ihrem Gewicht von 1000 kg der zweitgrößte Sprengsatz, der bislang in Koblenz gefunden wurde, entdeckt. | Wegen der Entschärfung der amerikanischen Fliegerbombe müssen 11.000 Einwohner von Neuendorf, Wallersheim und Lützel rund um den Fundort ihre Häuser verlassen. Unter anderem müssen das Altenheim „Maria vom Siege“ mit 94 Bewohnern, die Rhein-Kaserne und verschiedene Industrieanlagen evakuiert werden. |
27. September 2001 | Durch Zufall wird im Gülser Wald am Wegrand eine britische fünf Zentner Bombe entdeckt. | |
19. Dezember 2001 | Zwei Bombenfunde oberhalb des Trimmpfades im Stadtwald. | |
9. April 2002 | Der Kampfmittelräumdienst entschärft im Gülser Wald, unweit der Straße „Unter der Fürstenwiese“, zwei britische Fliegerbomben von fünf und zehn Zentnern Gewicht. | Für die Entschärfung werden alle Wohnungen im Umkreis von 750 Metern evakuiert. Es handelt sich um den zweiten Bombenfund im Gülser Wald innerhalb von sieben Monaten. |
10. Juni 2002 | Mitten im Wohngebiet „An der Arzheimer Schanze“ wird bei Aushubarbeiten in Arzheim eine amerikanische 20 Zentner Bombe gefunden. Bis zur Entschärfung der Bombe am 16. Juni wird der Fundort von Mitarbeitern der Stadt Koblenz und der Polizei gesichert. | Rund 5000 Bewohner aus Arzheim, Asterstein, Ehrenbreitstein müssen vor der Entschärfung evakuiert werden. Außerdem wird während der Entschärfung auch die rechtsrheinische Bahn-Strecke, die B 42 sowie der Rhein für die Schifffahrt und der Luftraum über Koblenz gesperrt. Wegen des beschädigten Kopfzünders stellt sich die Entschärfung der Fliegerbombe als sehr schwierig dar. |
10. Juni 2002 | Eine Fliegerbombe in der Goldgrube, die bei Kanalbauarbeiten in der Straße „In der Goldgrube“ ans Licht kam, wird binnen drei Minuten entschärft. | 500 Helfer sind im Einsatz, als sämtliche Wohnungen im Umkreis von 700 Metern um die Fundstelle einschließlich zweier Altenheime geräumt werden. |
14. April 2004 | In der Metternicher Geisbachstraße wird bei Bauarbeiten eine 500 kg Bombe gefunden. | Bei der Entschärfung am 17. April muss ein Gebiet mit einem Radius von 750 Metern um den Fundort und rund 4000 Bewohner evakuiert werden. |
11. Juli 2006 | Der Kampfmittelräumdienst entschärfte eine 125-kg-Bombe, die bei Bauarbeiten neben der Rhein-Mosel-Halle entdeckt wurde. | |
6. November 2007 | Bei Ausschachtungsarbeiten in der Baugrube am Zentralplatz wird eine amerikanische zehn Zentner Bombe entdeckt.[6] | Bei der Entschärfung durch den Kampfmittelräumdienst am 11. November müssen 10.000 Bewohner in der Koblenzer Innenstadt evakuiert werden. Zeitweise wird erwogen, die Fliegerbombe zu sprengen, da die Zünder stark beschädigt sind und sich die Entschärfung somit als sehr schwierig gestaltet.[7] |
27. Mai 2009 | Bei Bauarbeiten in der Stresemannstraße zur Buga 2011 wird eine 125 kg schwere amerikanische Fliegerbombe gefunden.[8] | Bei der Entschärfung durch den Kampfmittelräumdienst am 31. Mai müssen 1300 Bewohner rund um das Kurfürstliche Schloss evakuiert werden. |
Siehe auch
- Luftkrieg im Zweiten Weltkrieg
- Militärische Operationen im Zweiten Weltkrieg
- Geschichte der Stadt Koblenz
Literatur
- Helmut Schnatz: Der Luftkrieg im Raum Koblenz 1944/1945, Harald Boldt Verlag, 1981
- Helmut Schnatz: Ganz Koblenz war ein Flammenmeer! 6. November 1944, 2004 (Deutsche Städte im Bombenkrieg), ISBN 3-8313-1474-8
- Helmut Schnatz: Koblenz im Bombenkrieg, in: historicum.net
- Wolfgang Glückelhorn: Die Koblenzer Luftschutzbunker im alliierten Bombenhagel, Helios, 2008, ISBN 3-9382-0882-1
- Energieversorgung Mittelrhein GmbH (Hrsg.): Geschichte der Stadt Koblenz. Gesamtredaktion: Ingrid Bátori in Verbindung mit Dieter Kerber und Hans Josef Schmidt
- Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit. Theiss, Stuttgart 1992, ISBN 3-8062-0876-X
- Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Theiss, Stuttgart 1993, ISBN 3-8062-1036-5
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ http://www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/1816/
- ↑ Dr. Hans Bellinghausen (jun., Hrsg.:): 2000 Jahre Koblenz, S. 342
- ↑ Stadtarchiv Koblenz - Koblenzer Stadtchronik
- ↑ Beim Uni-Umbau Luftmine entdeckt - Tausende marschierten über die Bombe in: Rhein-Zeitung, 20. Mai 1999
- ↑ 15.000 Menschen in Koblenz evakuiert - Zwei-Tonnen-Bombe entschärft in: Rhein-Zeitung, 24. Mai 1999
- ↑ 10.000 werden evakuiert - TuS-Spiel verlegt - Bombe legt Koblenz lahm in: Rhein-Zeitung, 8. November 2007
- ↑ Bombe entschärft - Sperrungen aufgehoben - Koblenzer Zentrum glich einer Geisterstadt in: Rhein-Zeitung 11. November 2007
- ↑ Bombenfund in Koblenz: Pfingsten wird rund um das Schloss geräumt in: Rhein-Zeitung, 29. Mai 2009