„Lehre der Zeugen Jehovas“ – Versionsunterschied

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=== Leben nach dem Tod ===
=== Leben nach dem Tod ===
Menschen besitzen nach Auffassung der Zeugen Jehovas keine „unsterbliche Seele“, sondern der Leib, welcher zu atmen begann, wurde nach ihrem Verständnis von {{B|1 Mos|2|7|ELB}} dadurch eine „lebendige Seele“. Die [[Seele]] ist demnach kein Teil des Menschen, sondern der „ganze Mensch“ — der Mensch als lebendes Wesen. Daher betrachten sie die Seele als sterblich. Häufig zitieren sie als Beleg zwei Bibelstellen: {{B|Hes|18|4|ELB}} und {{B|Koh|9|5–10|ELB}}. Somit negieren die Zeugen Jehovas die Existenz einer [[Hölle]] und vertreten den [[Annihilationismus|annihilationistischen]] Standpunkt. <br />
Menschen besitzen nach Auffassung der Zeugen Jehovas keine „unsterbliche Seele“, sondern der Leib, welcher zu atmen begann, wurde nach ihrem Verständnis von {{B|1 Mos|2|7|ELB}} dadurch eine „lebendige Seele“. Die [[Seele]] ist demnach kein Teil des Menschen, sondern der „ganze Mensch“ — der Mensch als lebendes Wesen. Daher betrachten sie die Seele als sterblich. Häufig zitieren sie als Beleg zwei Bibelstellen: {{B|Hes|18|4|ELB}} und {{B|Koh|9|5–10|ELB}}. Somit negieren die Zeugen Jehovas die Existenz einer [[Hölle]] und vertreten den [[Annihilationismus|annihilationistischen]] Standpunkt. <br />

Des Weiteren sehen sie in jeglicher Lehre einer unsterblichen Seele, oder der Lehre eines biblisch nicht gestützten Übergangs in eine andere Lebensform nach dem Tod, eine dreiste Fortführung der satanischen Verleumdung Gottes aus dem Bericht in {{B|1 Mos|3|1–6|ELB}}, in welchem Gott in unannehmbarer Weise von Seiten Satans als hinterhältiger Lügner bezüglich der göttlich prophezeiten Folgen von menschlicher Rebellion und Loslösung von göttlicher Lebenskraft dargestellt wird, sowie als ein schlechter Gott, der wissentlich und listig den Menschen Gutes vorenthalten würde.


=== Ewiges und unsterbliches Leben ===
=== Ewiges und unsterbliches Leben ===

Version vom 6. Juli 2015, 17:46 Uhr

Jehovas Zeugen sind gehalten, regelmäßig das persönliche Bibelstudium zu pflegen.

Die Zeugen Jehovas leiten ihren Glauben von ihrem Verständnis der Bibel ab.[1][2] Demnach enthält die Bibel die von Gott durch Inspiration offenbarte religiöse Wahrheit; sie ist die Grundlage der gesamten Lehre. Ihre Exegese der Bibel unterscheidet sich dabei in vielen Punkten von der, die in den meisten anderen christlichen Gemeinschaften anzutreffen ist.

Die „Leitende Körperschaft“ (siehe Organisation) als Leitungsgremium der Religionsgemeinschaft legt die gültige Lehre fest. Dem Selbstverständnis der Leitenden Körperschaft zufolge ist sie von „Gottes heiligem Geist gesalbt und geleitet“, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit.[3] Zeugen Jehovas betrachten allein die Bibel als von Gott inspiriert. Der Wachtturm stellt nach dieser Auffassung den aktuellen Stand des biblischen Verständnisses dar. Es wird von jedem Zeugen Jehovas erwartet, diese Lehre als für die Religionsgemeinschaft gültig anzuerkennen und nicht durch Wort oder Tat abweichende Lehren zu verbreiten oder zu unterstützen. Bei Zweifeln oder Kritik hat jeder Zeuge Jehovas die Möglichkeit, sich an die Ältesten seiner Versammlung zu wenden. Auch an das Zweigbüro des Landes kann man sich mit Rückfragen wenden.

Laut dem 1993 erschienenen Buch Jehovas Zeugen – Verkündiger des Königreiches dienen Rückfragen und begründete Zweifel einzelner Zeugen Jehovas sowie neue Informationen zu einzelnen Sachgebieten als Anstoß für die Leitende Körperschaft, die Lehre immer wieder neu anhand der Bibel zu überprüfen. Die Leitende Körperschaft nimmt diese Überprüfungen in „begründeten Fällen“ zum Anlass, einzelne Lehrpunkte zu ändern. Diese Änderungen werden im Wachtturm oder auf Kongressen veröffentlicht. [4]

Gottesbild

Jehovas Zeugen beten zum „allmächtigen und ewigen Gott“ Jehova. Nach ihrem Bibelverständnis hat er das Universum und das Leben erschaffen. Dazu zählen sie die im Himmel lebenden Geistgeschöpfe und die auf der Erde wohnenden Lebewesen wie Menschen, Tiere und Pflanzen. Seine Haupteigenschaften sind Liebe, Gerechtigkeit, Macht und Weisheit, wobei die Liebe herausragt und all sein Handeln bestimmt. Jehova wird als unsichtbarer Geist gesehen, der unabhängig vom Menschen existiert und ein persönliches Interesse an jedem Menschen auf der Erde hat.

Die Zeugen Jehovas lehnen die Lehre der Dreifaltigkeit ab.[5] Sie sind davon überzeugt, dass es keine Verse in der Bibel gibt, welche bei „korrekter Übersetzung und Auslegung“ die Lehre der Dreieinigkeit unterstützen. Die Aussage am Anfang des Johannesevangeliums „καὶ Θεὸς ἦν ὁ Λόγος“, welche meist mit „und das Wort war Gott“ übersetzt wird [Siehe 1], deuten sie nicht trinitarisch, da nach ihrem Verständnis die grammatikalisch korrekte Übersetzung lautet „das Wort war ein Gott“.[6] In dem „Wort“, das hier beschrieben wird, sehen sie Jesus Christus. Insofern sehen sie Jesus als „einen Gott“ im Sinne eines mächtigen Geschöpfs an, das jedoch nicht wesenseins mit dem allmächtigen Gott sei. Den Heiligen Geist betrachten sie weder als Person noch als Teil eines dreieinigen Gottes, sondern als Gottes wirksame Kraft. Die Ablehnung der Lehre der Dreieinigkeit ist einer der Haupteckpfeiler ihres Dogmas und unterscheidet sie grundlegend von den meisten anderen christlichen Glaubensrichtungen. Gebete dürften allein an Gott gerichtet werden und nur durch Jesus Christus als „Fürsprecher“ vermittelt werden.

Jehova ist für die Zeugen Jehovas der Schöpfer der Welt. Daher lehnen sie alle wissenschaftlichen Lehrmeinungen ab, die diese Schöpferrolle tatsächlich oder ihrer Meinung nach bestreiten, vor allem die Evolutionstheorie.[7] Sie fassen die Schöpfungstage in der Genesis als Schöpfungszeiträume auf, die beliebig lange Zeitspannen umfassten. Sie zählen zu den sogenannten Langzeitkreationisten, da sie der Meinung sind, dass das Universum und die Erde Milliarden Jahre alt sein könnten. Sie lehnen politischen Druck zur Aufnahme der Schöpfung in den schulischen Lehrplan ab, wie er von anderen kreationistischen Gruppen ausgeübt wird, und befürworten keine fundamentalistischen Aktivitäten, andere Personen zivilrechtlich zur Annahme solcher Anschauungen zu zwingen. Wenn in der Bibel chronologische Angaben gemacht werden, ziehen sie diese den anderen Quellen vor. Daher glauben sie beispielsweise, die Sintflut hätte 2370 v. Chr., der Turmbau zu Babel 2269 v. Chr. stattgefunden. Sie nehmen damit erhebliche Diskrepanzen in Kauf. So wird die Fertigstellung der Cheops-Pyramide von Historikern auf das Jahr 2530 v. Chr. geschätzt, müsste allerdings gemäß der biblischen Chronologie weit nach dem Turmbau zu Babel eingeordnet werden.

Jesus Christus

Jesus betrachten Jehovas Zeugen als das erste und einzige von Gott allein erschaffene Geschöpf. Er wird somit nicht als „ewig“, jedoch nach seiner Wiedererweckung vom menschlichen Opfertod als unsterblich gesehen und sei als Sohn Gottes seinem Vater untergeordnet. Nur aufgrund der Erlösung der Menschheit durch den Tod Jesu, des persönlichen Glaubens an den Wert dieses Opfers und eines an Gottesmaßstäben ausgerichteten Lebens könne der Gläubige Vergebung von Sündenschuld erlangen. Nur durch Jesus, der 1914 von Gott selbst als rechtmäßiger König über Erde eingesetzt worden sein soll, sei es demnach möglich, zukünftiges ewiges Leben in Versöhnung mit Gott und in körperlicher, sowie psychischer Vollkommenheit zu erlangen. Aufgrund der vermittelnden und sühnenden Rolle Jesu zwischen den Menschen gegenüber Gott, richten Jehovas Zeugen alle ihre Gebete ausschließlich durch ihren König Jesus Christus, an ihren Gott Jehova.

Die Auferstehung Jesu war nach Auslegung durch die Zeugen Jehovas nicht leibhaftig; sie glauben, sein menschlicher Leib sei in der Osternacht entmaterialisiert worden, und anschließend sei er mit einem nichtmateriellen „geistigen Leib“ auferstanden. In dieser vor- und nachmenschlichen Gestalt als „Geistperson“ sei Jesus mit dem Erzengel Michael identisch, so ihre Interpretation von Jud 0,9 ELB.[8] Darüber hinaus wird der Gebrauch des Begriffs „Erzengel“ in 1 Thess 4,16 ELB als Hinweis auf Jesus gesehen.

Zeugen Jehovas glauben, dass Jesus an einem Pfahl und nicht an einem Kreuz hingerichtet wurde. Die Verwendung dieses oder ähnlicher Gegenstände für religiöse Handlungen oder als Symbol lehnen sie als „Götzendienst“ ab (2 Mos 20,4,5 ELB; 1 Kor 10,14 ELB).[9]

Der „treue und verständige Sklave“

In der Theologie der Zeugen Jehovas spielt Gottes „treuer und verständiger Sklave“, eine Gleichnisfigur aus Mt 24,45 Elb, eine zentrale Rolle. Jesus benutze ihn, um heute noch Informationen über die Erfüllung biblischer Prophezeiungen und zeitliche Anweisungen über die Anwendung biblischer Prinzipien im Alltagsleben zu geben.[10] Dies sei Gottes einziger Weg, seine Botschaften an die Menschen zu kommunizieren. In den Veröffentlichungen der Wachtturmgesellschaft wird er als Informationskanal („channel“)[11] beschrieben.

Lange war die Ansicht verbreitet, mit dem „treuen und verständigen Sklaven“ habe sich der Gründer Russell selbst gemeint.[12][13] Die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas beschrieb sich selbst als den „Repräsentanten“ und Sprecher des treuen und verständigen Sklaven.[14] Bei einem Jahrestreffen der Wachtturmgesellschaft in Jersey City im November 2012 wurde der Begriff noch enger definiert:

“That slave is the small, composite group of anointed brothers serving at world headquarters during Christ’s presence who are directly involved in preparing and dispensing spiritual food. When this group work together as the Governing Body, they act as “the faithful and discreet slave.””

„Dieser Sklave ist die kleine zusammengesetzte Gruppe gesalbter Brüder, die in der Weltzentrale während Christi Gegenwart Dienst tun und direkt in die Zubereitung und die Verteilung geistlicher Nahrung involviert sind. Wenn diese Gruppe als leitende Körperschaft zusammenarbeitet, handeln sie als ‚der treue und verständige Sklave‘.“

JW.ORG[15]

Nach Ansicht des Religionswissenschaftlers Irving Hexham bildet die theologische Leitung der Religionsgemeinschaft „eine prophetische Klasse innerhalb der Organisation, die […] von Gott unmittelbare Offenbarung und verläßliche Deutungen der Hl. Schrift empfängt”.[13]

Eschatologische Vorstellungen

Zu ihren eschatologischen Lehren gehört der Glaube an die buchstäbliche Wiederherstellung des Paradieses, und zwar auf der Erde. Gottes Hauptwidersacher, der Teufel, ein abgefallener Engel, wollte aus Selbstsucht angebetet werden. Zu diesem Zweck „verführte“ er Eva und bewog so die ersten Menschen, sich bewusst gegen Gott zu stellen. Diese und die folgenden Vorstellungen beruhen auf ihrer Auslegung des 1. Buches Mose (1 Mos 3,1–6 ELB). Als Folge sind alle Menschen unvollkommen und sterblich geworden; seitdem vererben sie diese Unvollkommenheit an ihre Nachkommen. Jehova habe sofort für eine Lösung gesorgt, indem er den Messias ankündigte (1 Mos 3,15 ELB). Da der Teufel „Gottes vorgesehene Regierungsweise“ in Frage gestellt habe, also auch sein Recht, den Maßstab für Gut und Böse festzulegen, räumte Gott einen Zeitraum ein, in dem diese Streitfrage geklärt werden sollte. Während dieses Zeitraums können, so argumentieren die Zeugen Jehovas, sowohl der Teufel als auch die Menschen zeigen, ob sie in der Lage sind, ohne Gott ein besseres Leben zu führen. Durch die Menschheitsgeschichte sei bewiesen worden, dass der Teufel unrecht hat und die Menschen sich nicht erfolgreich selbst regieren können. Überdies habe der Teufel Gott vorgeworfen, die Menschen dienten ihm nur, wenn sie einen persönlichen Vorteil daraus ziehen können. Sobald sie Entbehrungen erleiden müssen, folgten sie ihrem „eigennützigen Verlangen“ (Hi 1,9–11 ELB; Hi 2,4 ELB). Als Antwort auf diese Streitfrage wird – mit verschiedenen Bibelstellen begründet − das „vollkommene Leben Jesu“ gesehen (Heb 4,14–15 ELB) und das Leben jedes Menschen, der sich an Gottes Maßstäbe hält (Spr 27,11 ELB; Apg 3,19 ELB; Röm 12,2 ELB).

Leben nach dem Tod

Menschen besitzen nach Auffassung der Zeugen Jehovas keine „unsterbliche Seele“, sondern der Leib, welcher zu atmen begann, wurde nach ihrem Verständnis von 1 Mos 2,7 ELB dadurch eine „lebendige Seele“. Die Seele ist demnach kein Teil des Menschen, sondern der „ganze Mensch“ — der Mensch als lebendes Wesen. Daher betrachten sie die Seele als sterblich. Häufig zitieren sie als Beleg zwei Bibelstellen: Hes 18,4 ELB und Koh 9,5–10 ELB. Somit negieren die Zeugen Jehovas die Existenz einer Hölle und vertreten den annihilationistischen Standpunkt.

Ewiges und unsterbliches Leben

Zeugen Jehovas glauben, dass alle von Gott als „treu“ befundenen Menschen entweder ewiges Leben auf der Erde oder unsterbliches Leben im Himmel erhalten.[16] Die Unterteilung würde ausschließlich von Gott vorgenommen.

  • Die größere, unbegrenzte Gruppe dieser Menschen, die sogenannte „große Volksmenge“, könne ein ewiges Leben auf der Erde unter paradiesischen Verhältnissen erwarten. Dies gründen sie unter anderem auf Ps 37,11 ELB,Ps 37,18 ELB und Offb 21,4-5 ELB. Verstorbenen böte sich die Aussicht auf eine irdische Auferstehung unter vorgenannten Verhältnissen (Joh 5,28-29 ELB).
  • Die kleinere Gruppe, eine begrenzte Anzahl von 144.000 Menschen (die „kleine Herde“ oder „Geistgesalbte“) habe ihrer Ansicht nach jedoch die Hoffnung, nach ihrem Tod in den Himmel zu kommen, um dort mit Christus als Priester und König eine himmlische Regierung (das Königreich) zu bilden, welche die Menschen auf der Erde während der sogenannten „Tausendjahrherrschaft“ regiere und zur Vollkommenheit führen solle. Sie begründen die Unterscheidung unter anderem damit, dass Jesus in Joh 10,1–16 ELB zwei Gruppen seiner Nachfolger erwähnte und dass in Offb 7,4–10 ELB eine begrenzte Zahl „Versiegelter“ einer „großen Volksmenge“ unbestimmter Größe gegenübergestellt würde.

Die „Salbung mit heiligem Geist“, durch die jemand ein „Kind Gottes“ und „Bruder Christi“ werde und dessen Ausdruck die Teilnahme am Abendmahl sei, wäre auf diejenigen beschränkt, die mit Jesus Christus im Himmel regieren. Denn nur mit ihnen habe Jesus einen Bund für das Königreich geschlossen. Durch den sog. „neuen Bund“ befänden sie sich in einem besonderen Verhältnis zu Gott als ihrem Vater, welches durch Jesus vermittelt wird (1 Tim 2,5 ELB). Bibelstellen wie Gal 3,26 ELB, in denen alle Angesprochenen als Kinder Gottes bezeichnet werden, sind – ihrer Interpretation entsprechend − an die Christen der apostolischen Zeit gerichtet, denn alle damaligen Christen gehörten zu den 144.000 Auserwählten.

Die Unterscheidung in Gläubige mit himmlischer und solche mit irdischer Hoffnung beeinflusst jedoch nicht das Verhältnis oder den Status der einzelnen Zeugen Jehovas zueinander, da sie sich unabhängig von ihrer jeweiligen „irdischen“ oder „himmlischen Hoffnung“ als Brüder und Schwestern betrachten; ferner bilden diejenigen, die sich zu der himmlischen Gruppe zählen (etwa 9500 Zeugen Jehovas), keine besondere Kaste in der Religionsgemeinschaft, und sie beanspruchen auch weder eine besondere Behandlung noch ein besonderes, aus der Zugehörigkeit zur himmlischen Gruppe abzuleitendes Ansehen.

Die Zugehörigkeit zur eigenen Gruppe gilt den Zeugen Jehovas als heilsnotwendig,[17] sie sehen sich als Substitution Israels als „Heilsvolk Gottes“.[18]

1914 – Inthronisierung Christi und Beginn der „letzten Tage“

Berechnung der heilsgeschichtlichen Zeitalter nach Russell

Russell glaubte aus der Bibel errechnen zu können, dass nach dem Tode Adams „sieben Zeiten“ oder 2520 Jahre bis zur Zerstörung Jerusalems verstrichen seien, die die Zeugen Jehovas abweichend von der historischen Forschung auf das Jahr 607 v. Chr. datieren. Ihnen würden symmetrisch „sieben Zeiten der Heiden“ oder wiederum 2520 Jahre folgen, die dann mit dem Beginn der „letzten Tage“ enden würden. Hier sehen die Zeugen Jehovas in den „sieben Jahren des WahnsinnsNebukadnezars (DanEU) eine Parallele, die als sieben „prophetische Jahre“ zu jeweils 360 prophetischen Tagen (Hes 4,6 ELB) gedeutet werden. Die Rückkehr aus dem Babylonischen Exil legen sie, gleichfalls abweichend von der historischen Forschung, auf das Jahr 537 v. Chr. und postulieren, dass im 2. Buch der Chronik eine 70-jährige Gefangenschaft mit anschließender Rückkehr aus dem Exil angekündigt werde (2 Chr 36,20–23 ELB).[19]

Nachdem zwei Versuche, die Wiederkunft Christi für die Jahre 1878 bzw. 1881 vorherzusagen, mit deren Nichteintreten gescheitert waren, kam Russell aufgrund neuer Berechnungen auf das Jahr 1914. Diese Berechnung markiert den Übergang der Religionsgemeinschaft von einem Kurzzeit- auf einen Langzeitmillenarismus, denn zur Zeit ihrer Verkündung lag die Prophezeiung für 1914 außerhalb der Lebenszeit vieler Mitglieder. In der Folge begann sich die Gruppe zu institutionalisieren: Vorher waren festere Kirchenstrukturen angesichts des vermeintlich bevorstehenden Endes der Welt obsolet erschienen. Als die angekündigten eschatologischen Ereignisse ausblieben, verkündete der Wachtturm am 1. September 1916, 1918 werde Jesus Christus wiederkommen. Wieder verstrich der Termin, sodass sich die Gruppe unter Russells Nachfolger Joseph Franklin Rutherford auf das Jahr 1925 festlegte. Das führte in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre zum fünften prophetischen Versagen und brachte der Religionsgemeinschaft eine erneute Glaubwürdigkeitskrise ein. Die Krisen nach nichteingetretenen Prophezeiungen überwanden die Zeugen Jehovas, indem sie inzwischen eingetretene historische Ereignisse als Teilerfüllung ihrer Prophezeiungen interpretierten, ihre Voraussagen nachträglich umdeuteten und so zumindest Teilerfolge verbuchten: 1878 wurde zum Beispiel im Nachhinein als das Jahr bezeichnet, in dem die regulären christlichen Kirchen der Gnade Gottes verlustig gegangen seien, 1881 wurde das Jahr, in dem „der Tod ein Segen“ wurde, 1925 sei das Geburtsjahr einer „Neuen Nation“.[20] Heute glauben die Zeugen Jehovas, 1914 sei das Jahr gewesen, in dem Jesus Christus die Herrschaft über das „Königreich Gottes“ im „Himmel“ in Form einer „theokratischen Regierung“ übernommen habe. Christus habe als erste Amtshandlung den Satan und seine Dämonen (abtrünnige Engel) aus dem Himmel in die Nähe der Erde verbannt. Bis 1914 glaubten Russell und seine Anhänger noch, dass die „letzten Tage“ 1914 zu Ende gehen würden, und warteten auf das Ende des „weltlichen Systems“.

Endzeit – ab 1914 bis zum Eingreifen Gottes

Jehovas Zeugen glauben, dass die „letzten Tage“ in einem globalen, jedoch selektiven und gerechten, von Gott durch Jesus Christus geführten Krieg gipfeln werden. Dieser Krieg wäre aus Liebe und Gerechtigkeit gegenüber gottestreuen Menschen nötig, um diese vor Menschen zu schützen, die sich unverbesserlich gegen die Liebe Gottes, seine Maßstäbe für Gut und Böse und seine Souveränität auflehnen sowie rücksichtslos die göttliche Schöpfung ausbeuten und den Fortbestand der belebten Erde gefährden (Mt 24,22 ELB, Offb 11,17-18 ELB).

Den Ablauf dieser sogenannten Endzeit im Einzelnen schildern sie wie folgt, wobei die genauen Zeitpunkte den Menschen im Voraus unbekannt seien:

  • Die Menschheit insgesamt würde nach dem Jahr 1914 unter Kriegen aller Art, Lebensmittelknappheit, Seuchen, Naturkatastrophen, politischen, wirtschaftlichen und religiösen Unruhen, allgemeiner Gesetz-, Lieb- und Gottlosigkeit leiden. Insgesamt würde sich die Situation auf der Erde stetig verschlechtern und die Ratlosigkeit und Angst würden zunehmen (Mt 21,25-26 ELB,2 Tim 3,1-7 ELB). Jedoch würde die „Gute Botschaft“ der göttlichen Erlösung durch Christus über die ganze Erde gepredigt werden (Mt 24,ELB EU).
  • Während der vorgenannten Umstände würden politische und religiöse Organisationen das Erreichen von „Frieden und Sicherheit“ aus eigener Kraft verkünden. Die genauen Umstände, welche zu dieser Verkündigung führen sollen, seien unbekannt. Dieser Frieden sei jedoch trügerisch, nicht göttlich (1 Thess 5,3 ELB).
  • Nach diesem trete eine „Große Drangsal“ ein. In dieser Zeit würde aggressiver politischer Druck auf Religionen im Allgemeinen sowie im Besonderen auf alle gottestreuen Menschen und die Organisation der Zeugen Jehovas ausgeübt. Im Zuge dessen komme es zur Vernichtung „Babylons der Großen“ durch die politische Gemeinschaft der Erde (1 Thess 5,3 ELB, Offb 17,1-2 ELB). Unter „Babylon der Großen“ verstehen sie sämtliche religiösen Organisationen an sich, außer ihrer eigenen.
  • Infolgedessen würde sich die ganze Wut des Teufels auf die Menschen richten, welche sich zu ihrem Gott Jehova bekennen, und auf die letzte verbliebene religiöse Organisation, die Zeugen Jehovas. Der Teufel würde das in dieser Sache geeinte, politische Gefüge anstiften, diese scheinbar wehrlose Gruppierung zu vernichten.
  • Nun würde Gott zum Schutz „seines Volkes“ eingreifen (Sach 2,8 ELB, Hes 38,18-23 ELB), indem er in der Schlacht von Harmagedon entsprechend der Offenbarung des Johannes (Offb 16,16 ELB) die „alten Himmel“ und die „alte Erde“ vernichtet (2 Petr 3,13 ELB). Unter den „alten Himmeln“ verstehen die Anhänger der Religionsgemeinschaft sämtliche menschlichen Regierungen, unter der „alten Erde“ die Gott „ungehorsame“ Erdbevölkerung. Menschen, die in diesem Krieg von Gott zu Tode gebracht würden, hätten keine „Auferstehungshoffnung“. Der buchstäbliche Himmel und der buchstäbliche Planet Erde blieben nach dieser Vorstellung bestehen. Dies begründen sie z. B. mit Psalm 37 (Ps 37,10–11 ELB), wo es heißt, dass die Erde weiterhin von „Sanftmütigen“ bevölkert sein wird.
  • Abschließend würde in „Erfüllung“ der Teufel in den „Abgrund“ verbannt (Offb 20,1-3 ELB).

Nach ihrer Überzeugung sind „Jehovas Zeugen“ im Endzeitkrieg die einzige Organisation, die unter dem besonderen Schutz „Jehovas“ steht.[21] An diesem Krieg sehen sie sich als Unbeteiligte (2 Mos 14,13-14 ELB), da sie Gewalt und Krieg „verlernt“ haben (Mi 4,3 ELB,Mt 26,52-53 ELB) und es nur Gott und seinem Sohn aufgrund ihrer göttlichen Eigenschaften zusteht, Rache zu nehmen, zu bestrafen oder Krieg zu führen (Röm 12,17-19 ELB).

Wiederholt hatten Zeugen Jehovas konkrete Zeitangaben über diese von ihnen erwarteten Ereignisse veröffentlicht. Russell prophezeite das Ende der „Zeiten der Heiden“ für 1914: Im Oktober dieses Jahres würde alle politische und kirchliche Herrschaft fallen und durch das Reich Gottes auf Erden ersetzt werden.[22] Sein Nachfolger Rutherford deutete diese Aussage um: 1914 sei die Königsherrschaft Christi unsichtbar im Himmel angebrochen; die Generation der 1914 lebenden Gläubigen würde aber ihr sichtbares Erscheinen miterleben.[23] Für 1925 sagte er den Höhepunkt der „großen Drangsal“ voraus. In den 1960er Jahren richteten die Zeugen Jehovas dann den Fokus ihrer Berechnungen auf das Jahr 1975:

„Gemäß dieser zuverlässigen Bibelchronologie werden 6000 Jahre, von der Zeit seit Erschaffung des Menschen an, mit dem Jahre 1975 enden, und die siebente Periode von eintausend Jahren Menschheitsgeschichte beginnt im Herbst 1975 u. Z.“

Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes. Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft Deutscher Zweig e. V., Wiesbaden 1967, S. 30

Als das tausendjährige Gottesreich auf Erden nicht anbrach, führte dies in den Jahren 1976 bis 1980 zu einem statistisch signifikanten Rückgang der Missionstätigkeit und des Wachstums der Zeugen Jehovas.[24] Bereits zuvor hatte das Nichteintreten auch der anderen eschatologischen Termine die Gemeinschaft in innere und äußere Konflikte geführt.[25] Jehovas Zeugen benennen heute keine genauen Daten mehr, jedoch machen sie in ihren Schriften und Missionswerk darauf aufmerksam, dass – gemäß biblischen Aussagen und ihrer Deutung – das Eingreifen Gottes kurz bevorstehe. Sie erwarten als Anzeichen dafür schwerwiegende und globale Verwerfungen religiöser, politischer, sozialer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art in der näheren Zukunft.

Paradies auf Erden

Zeugen Jehovas legen 1 Petr 3,20 ELB so aus, dass die Dämonen bereits seit den Tagen Noahs in dem „Gefängnis für Geistwesen“ festgesetzt wurden. Dies würde einem Zustand völliger Erniedrigung, aber nicht völliger Handlungsunfähigkeit entsprechen. Nach „Harmagedon“ und vor Beginn des Tausendjährigen Reichs würden Satan und seine Dämonen „gebunden“ und in den „Abgrund“ geworfen (Offb 20,1-3 ELB). Der Abgrund versinnbildliche einen Zustand völliger Handlungsunfähigkeit.

Nach diesem würden die Überlebenden der Endzeit und Harmagedons, welche als „große Volksmenge“ bezeichnet werden, auf der befriedeten Erde miterleben, wie die Erde in ein Paradies umgewandelt und die Menschheit nach und nach von der Sünde geheilt würde. Dieser Prozess würde aktiv von Menschen gemäß ihrem freien Willen unterstützt.

Gemäß (Joh 5,28–29 ELB) finde nach Harmagedon auch die Auferstehung „der Gerechten und Ungerechten“ aus dem „Hades“ statt. Von dieser Auferstehung seien nur Menschen ausgenommen, die bereits von Gott „gerichtet“ wurden (z. B. in „Harmagedon“ oder durch die „Sintflut“). Sie befänden sich in der „Gehenna“.

Während der tausendjährigen Herrschaft des Königreiches Gottes, welches Jesus als König und seine 144.000 Mitregierenden repräsentierten, sollen die Menschen zur Vollkommenheit geführt werden, wodurch sie geistig und körperlich gesunden würden. Danach fände durch den wieder aus dem „Abgrund“ für eine begrenzte Dauer freigelassenen Satan eine Endprüfung statt (Offb 20,7-10 EU). Wer diese Endprüfung bestehe, erhalte ewiges Leben, was Adam und Eva durch den Sündenfall verloren hätten. Diejenigen, die sich aufgrund des negativen Einfluss durch den freigelassenen Satan erneut gegen die Souveränität Jehovas stellen, würden nach Abschluss der Prüfung durch das Königreich mit dem Satan und seinen Dämonen sterben. Damit sei das verloren gegangene irdische und geistige Paradies endgültig wieder hergestellt.

Blut, Bluttransfusionen und Operationen

Jehovas Zeugen lehnen jede Art des „Gebrauchs von Blut“ als Nahrungsmittel- oder als Medikamentenzusatz und seit 1944 auch als Bluttransfusion ab. Fleisch darf nach dem einfachen Ausbluten gegessen werden, obwohl noch geringste Mengen an Blut im Gewebe vorhanden ist. Zeugen Jehovas glauben, dies sei durch Texte wie 1 Mos 9,4 ELB („Nur Fleisch mit seiner Seele – seinem Blut – sollt ihr nicht essen“, NWÜ) und Apg 15,29 ELB („… euch […] zu enthalten […] von Blut …“, NWÜ und ELB) gestützt (siehe Jakobusklauseln). Die Verwendung von Bluthauptbestandteilen (Blutplasma, Blutplättchen, roten und weißen Blutkörperchen) wird ebenso verworfen wie die Blutspende und die präoperative Eigenblutspende. Die Akzeptanz der Verwendung von Plasmafraktionen (Albumine, Globuline, Gerinnungsfaktoren, Fibrinogen u. ä.) und Ableitungen von den anderen Komponenten (Hämoglobinlösung von Erythrozyten; Interferone und Interleukine von Leukozyten) stellen sie der Gewissensentscheidung des Einzelnen anheim, ebenso Organ- und Knochenmarktransplantationen. Zeugen Jehovas gehen hierbei von dem Gedanken aus, dass in der Plazenta Stoffe aus dem Blut der Mutter in geringsten Mengen in das Kind übergehen. Sie sind auch mit der Entnahme von Blut für Diagnosezwecke einverstanden. Für den Kontakt zu Ärzten, Krankenhäusern und Pflegepersonal haben die Zeugen Jehovas einen Krankenhausinformationsdienst und Krankenhaus-Verbindungskomitees eingerichtet.[26]

Gemäß einer Studie in den Archives of Internal Medicine an der Cleveland Clinic ist das postoperative Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko nach herzchirurgischen Eingriffen niedriger als bei anderen Patienten. Die Mortalität von 3,1 Prozent ist gemäß der Studie niedriger als die einer Vergleichsgruppe mit 4,5 Prozent. Auch die Einjahresüberlebensrate ist mit 95 Prozent bei den Zeugen Jehovas im Gegensatz zu 89 Prozent der Vergleichsgruppe höher. In der 20-Jahre-Überlebensrate gibt es mit 34 Prozent bei den Zeugen Jehovas zu den 32 Prozent der Vergleichsgruppe keinen signifikanten Unterschied mehr. In der Studie konnten außerdem weitere Vorteile in einer Reihe von Morbiditätsendpunkten nachgewiesen werden: Zeugen Jehovas erlitten seltener einen Herzinfarkt (0,31 zu 2,8 Prozent), mussten weniger häufig wegen einer Nachblutung erneut operiert werden (3,7 zu 7,1 Prozent), wurden seltener beatmet (6 zu 16 Prozent) und wurden früher von der Intensivstation sowie aus der Klinik entlassen.[27]

Diese Ablehnung führte in einigen Fällen dazu, dass einzelne Ärzte und medizinische Institutionen die Behandlung von Zeugen Jehovas aufgrund ethischer und rechtlicher Bedenken ablehnten, auch wenn diese als vital indiziert erschienen. Das größte Problem stellt dabei die Haftung für Minderjährige dar.[28] Ob die Entscheidungen der Eltern über ihre unmündigen Kinder im Falle lebensbedrohlicher Krankheitsverläufe von den behandelnden Ärzten akzeptiert werden müssen, war bereits häufiger Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Inzwischen hat sich in Deutschland eine ständige Rechtsprechung dahingehend herausgebildet, dass in solchen Fällen das Kindeswohl vorgeht. Gestützt wird dies auf § 1666 BGB, wonach das Familiengericht die zur Abwendung einer konkreten Gefahr für das Wohl des Kindes erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, wenn die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Das Oberlandesgericht Celle formuliert bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1666 BGB wie folgt: „Es kann keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, daß diese Voraussetzungen gegeben sind, wenn ein Kind lebensnotwendig auf die Verabreichung von Blut und Blutprodukten angewiesen ist, die Eltern aber die Zustimmung zu dieser Behandlung aus religiösen Gründen verweigern.[29] Verweigern die Eltern in einer solchen Situation die Zustimmung zur Bluttransfusion, so erteilt das Familiengericht an ihrer statt die Einwilligung gegenüber dem Arzt, welcher die Bluttransfusion somit vornehmen darf. Die 17. Enquête-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ des Deutschen Bundestags stellte fest, „daß sich bei den Zeugen Jehovas zumindest eine vorsichtige Relativierung [ihrer Haltung zur Blutfrage] andeutet. Zwar wird am prinzipiellen, biblisch begründeten Verbot der Bluttransfusion festgehalten. Daneben wird aber die umfassende medizinische Betreuung nicht in Frage gestellt und die Hoffnung geäußert, daß sich aufgrund des Fortschrittes in der medizinischen Technik zunehmend Eingriffsmöglichkeiten eröffnen werden, die eine Bluttransfusion nicht erfordern. Schließlich wird die prinzipielle Rechtsposition akzeptiert, daß auch gegen den Willen von Eltern Bluttransfusionen bei Kindern durchgeführt werden können.“[30]

Aussagen zur Bibel

Von verschiedenen Wissenschaftlern werden die Zeugen Jehovas dem christlichen Fundamentalismus zugeordnet.[31] In ihrem Schriftverständnis glauben die Zeugen in dem Sinne an die Verbalinspiration der Bibel,[2] dass die Bibel „Gottes inspiriertes Wort“ sei und es nicht nur enthalte.[32] Die Aussage in 2 Tim 3,16 ELB legen sie so aus, dass die Bibel zwar von Menschen geschrieben, jedoch von Gott – wenn auch nicht wortwörtlich, aber doch den Sinn eindeutig vermittelnd – inspiriert worden sei. Sie sei nur im Gesamtzusammenhang zu verstehen, und alle Aussagen seien nützlich und wichtig. Der Bibeltext sei von einem einheitlichen Thema durchzogen: „die Rechtfertigung der Souveränität Jehovas und die endgültige Erfüllung seines Vorsatzes bezüglich der Erde durch sein Königreich unter Christus“.[33]

Aus dem Mosaischen Gesetz leiten sie zwar Prinzipien ab, stufen jedoch nicht alle von Gott den Israeliten gegebenen Gesetze als unbedingt verbindlich ein, da diese zum einen nur dem Volk Israel gegeben wurden, zum anderen weil „das Gesetz“ als Ganzes gemäß Gal 3,24–25 ELB mit Jesu Tod seine Gültigkeit verloren habe. Je nach Kontext werden die Aussagen der Bibel sowohl wörtlich ausgelegt als auch symbolisch interpretiert.

Die Zeugen Jehovas verwenden hauptsächlich die von ihnen herausgegebene Neue-Welt-Übersetzung. Bis zum Erscheinen ihrer deutschen Ausgabe in den 1970er Jahren kam im deutschsprachigen Raum vorrangig die unrevidierte Elberfelder Bibel zur Anwendung. Bei Bedarf werden in den Publikationen andere Bibelübersetzungen zum Vergleich oder bei treffenderem Wortlaut verwendet. In Sprachen, in welchen die Neue-Welt-Übersetzung nicht verfügbar ist, nutzen und verbreiten sie andere Bibelübersetzungen durch die Wachtturm-Gesellschaft als Verlagsunternehmen.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. So zum Beispiel Joh 1,1 ELB

Einzelnachweise

  1. Gerhard Besier, Renate-Maria Besier: Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft. Eine ‚vor-moderne‘ religiöse Gemeinschaft in der ‚modernen‘ Gesellschaft? – Gutachtliche Stellungnahme. 1998, S. 7 (online [PDF; abgerufen am 18. April 2011]).
  2. a b In: Theologische Realenzyklopädie. Band 36. Walter de Gruyter, New York/Berlin 2004, S. 662.
  3. Hans Hesse: Am mutigsten waren immer wieder die Zeugen Jehovas. Edition Temmen, 1988, ISBN 978-3-86108-724-3, S. 352 (Zitat: „Jehovas Zeugen betrachten weder die leitende Körperschaft, noch irgendeines ihrer Mitglieder als unfehlbar“).
  4. Jehovas Zeugen – Verkündiger des Königreiches. Selters 1993, S. 143.
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