„Kleben“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Änderungen von 84.164.148.29 (Diskussion) rückgängig gemacht und letzte Version von Tom md wiederhergestellt
Gesamten Abschnitt zur Obeflächenbehandlung in den Artikel Kleben verschoben. Dort werden die Klebstoffe beschrieben, hier der Prozess des Klebens, zu dem die Oberflächenbehandlung eigentlich gehört.
Zeile 53: Zeile 53:


Weiterhin ist das [[Laminieren]] eine Fertigungstechnik im Büroalltag, die auf dem Kleben basiert.
Weiterhin ist das [[Laminieren]] eine Fertigungstechnik im Büroalltag, die auf dem Kleben basiert.

== Oberflächenvorbehandlung ==
Um Oberflächen für Verklebungen vorzubereiten sind vielfältige Möglichkeiten der Vorbehandlung bekannt. Die [[Haftfestigkeit]] kann je nach Verfahren um Faktoren erhöht werden. Die allseits bekannte Formulierung „trocken, staub- und fettfrei“ ist als Basis schon sehr effizient.
Generell sollten die Bauteile erst fettfrei sein, bevor mit anderen Vorbehandlungsmethoden weiter gereinigt wird. Um dies sicherzustellen sind Reinigungsschritte zum Beispiel mit [[Lösungsmittel]]n oder eine Vortrocknung im Ofen durchaus üblich. Für Hochleistungsverklebungen gibt es weitere Methoden wie beispielsweise [[Beflammen]], [[Niederdruckplasma]]- oder [[Atmosphärendruckplasma|Normaldruckplasma]]-Behandlung und die [[Koronaentladung]]stechnik. Weiterhin ist eine Vorbehandlung mit Haftvermittlern (Primer, Haftprimer) möglich. Gerade das Kleben von [[Kunststoff]]en erfordert Erfahrung und Tests, da hier viele Einflussfaktoren das Klebeergebnis stark beeinflussen.
Gereinigte Oberflächen sind hochaktiv und sollten deshalb sofort verklebt werden oder mittels Haftvermittlern in diesem Zustand konserviert werden. Metallische Werkstoffe werden unter Umständen auch mit einem definierten Korrosionsschutzöl behandelt, welches auf den Klebstoff und das Anwendungsgebiet abgestimmt ist.
Bei den meisten Verfahren sind umfangreiche Sicherheitsbestimmungen einzuhalten.

=== Physikalische Verfahren ===
==== Wässerige Reiniger ====
Bei den wässerigen Reinigern handelt es sich meist um leicht alkalische Reiniger. Auch saure Reiniger (gute Kalklösekraft) und Neutralreiniger werden eingesetzt. Die Reinigung kann im Wisch-, Tauch- oder Sprühverfahren erfolgen. Emulgatoren in der Reinigungslösung nehmen die gelösten Schmutzpartikel auf und erleichtern die Lösbarkeit unpolarer Verunreinigungen (Fette, Öle).
Die Reinigungsmittel müssen regelmäßig gewechselt oder aufbereitet werden, wenn sie stark verunreinigt sind oder ihr Schmutzlösepotential erschöpft ist.
Im Tauchverfahren werden wässerige Reiniger oft bei erhöhten Temperaturen (40 bis 90 °C) eingesetzt, um die Löslichkeit zu erhöhen. Zusätzliche mechanische Einwirkung durch Bürsten oder Ultraschall ([[Kavitation]]) erleichtern die Reinigung außerdem.

==== Lösemittelhaltige Reiniger ====
Lösemittelhaltige Reiniger werden im Wisch-, Tauch- und Sprühverfahren bzw. zur [[Dampfentfettung]] eingesetzt. Dabei werden die zu reinigenden Bauteile in die Dampfzone einer Kammer mit siedendem Lösemittelsumpf gebracht. Der Lösemitteldampf kondensiert an den kälteren Bauteilen, löst dort Verunreinigungen und fließt mit ihnen zurück in den Siedesumpf. Aufgrund des höheren Siedepunktes der Verunreinigungen verbleiben diese im Sumpf, während fortwährend reines Reinigungsmittel verdampft bzw. kondensiert.

==== Strahlen ====
Beim Strahlen (z. B. Korundstrahlen, Glaskugelstrahlen) wird die Bauteiloberfläche durch die kinetische Energie des Strahlgutes gereinigt. Das Strahlgut wird mit Druckluft oder im Schleuderradverfahen auf die Bauteiloberfläche „geschossen“ und führt dort zu einem Abtrag festsitzender Verschmutzungen oder undefinierter Reaktionsschichten. Die abgetragenen Partikel verbleiben im Strahlgut, welches regelmäßig ausgetauscht und aufbereitet bzw. entsorgt werden muss. Durch tribochemische Vorgänge (Reibungshitze) gehen beim Strahlen auch einzelne Bestandteile des Strahlguts in die Bauteiloberfläche über, was negative Auswirkungen auf die Verklebung haben kann.
Wenn man dem Strahlgut noch chemisch reaktive Substanzen zuführt, kann man die Bauteiloberfläche nicht nur reinigen sondern auch deren energetischen Zustand ändern, so dass die Verklebungseigenschaften verbessert werden.

=== Physikalisch/thermische Verfahren ===
* Plasmabehandlung (Niederdruckplasma/Atmosphärendruckplasma/Corona-Verfahren)
* Beflammen
* Laser-Vorbehandlung
* Ionenätzen/Sputtern

==== Beflammen ====
Beim Beflammen von Kunststoffen wird eine offene Flamme in einem definierten Abstand und definierter Geschwindigkeit über die Bauteiloberfläche geführt. Das Verhältnis Brenngas zu Sauerstoff muss exakt eingehalten werden, um immer die gleiche Flammenqualität zu haben. Die Flamme kann reduzierend oder oxidierend eingesetzt werden, je nach der zu beflammenden Kunststoffsorte. Die Bauteiloberfläche wird dadurch hochenergetischer und besser verklebbar. Durch die Zufuhr von chemisch reaktiven Substanzen kann man die Oberfläche noch weiter beeinflussen.

===== Anwendungsrisiken =====
* Beflammen ist kein Reinigungsverfahren. Schmutzpartikel, Fette/Öle müssen vorher entfernt werden.
* Ein zu hoher Energieeintrag in die Bauteiloberfläche führt zur mikroskopisch Zerstörungen der Oberfläche, es kann zu Delaminationen bei der Verklebung kommen.

==== Physikalisch/chemische Verfahren ====
===== Haftvermittler (Primer/Aktivatoren) =====
Haftvermittler sind wie Klebstoffe chemisch reaktive Substanzen, so dass man die Anwendungshinweise wie Ablüftezeiten, Offenzeiten, Haltbarkeitsdatum etc. exakt beachten muss.
Haftvermittler kommen dort zum Einsatz, wo eine Verklebung nur mit dem Klebstoff nicht die geforderten Ergebnisse gebracht hat.
Haftvermittler und Aktivatoren verbessern demzufolge die Haftung des Klebstoffes zum Substrat und/oder verbessern die Alterungsbeständigkeit einer Verklebung.
Dies geschieht z. B. durch eine Erhöhung der Anzahl der reaktiven Gruppen, durch das Konservieren von hochenergetischen Oberflächenzuständen hergestellt durch vorherige Vorbehandlungsmethoden, durch die Kombination von unterschiedlichen reaktiven Gruppen für Substrat und Klebstoff, durch die bessere Benetzung der Substratoberfläche.

Für das Auftragen ist ein zusätzlicher Arbeitsgang notwendig, der aus kosten- und arbeitsschutzsicht wann immer möglich nicht durchgeführt werden sollte.
Jeder zusätzliche Arbeitsschritt erhöht die Gefahr einer Fehlanwendung, bzw. kann durch eine unsachgemäße Benutzung der Haftvermittler die Verklebung geschwächt werden und/oder vollständig versagen. Es kommt dann meist zu einem Versagen in der Grenzschicht Substrat/Haftvermittler bzw. Haftvermittler/Klebstoff.


== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 16. Juni 2011, 21:07 Uhr

Vorlage:Infobox Din Kleben bezeichnet ein Fertigungsverfahren aus der Hauptgruppe Fügen. Wie Schweißen und Löten gehört auch das Kleben zu den stoffschlüssigen Fügeverfahren der Fertigungstechnik. Durch Kleben werden Fügeteile mittels Klebstoff stoffschlüssig verbunden.

Grundlagen

Der Klebstoff haftet an der Fügeteiloberfläche durch physikalische (selten auch chemische) Wechselwirkungen. Dieses Phänomen der Haftung wird auch Adhäsion genannt. Anders als Schweißen oder Löten gehört die Klebtechnik zu den wärmearmen Fügeverfahren. Auch findet beim Kleben kein Diffusionsprozess zwischen Zusatzwerkstoff und Fügeteil statt. Daher weisen Klebverbindungen immer geringere Festigkeiten als Lötverbindungen auf. Diese auf den ersten Blick nachteilige Eigenschaft kann jedoch durch großflächige Klebungen kompensiert werden. Dies bedingt eine dem Kleben angepasste Konstruktion und Gestaltung der Klebestelle.

Technisch betrachtet ist das Kleben ein Fügeverfahren, welches nahezu alle Werkstoffe miteinander und untereinander verbinden kann. Dabei ist die Klebtechnik besonders schonend, da sie nicht großer Hitze bedarf, welche Verzug, Abkühlspannungen oder Gefügeveränderung der Fügeteile zur Folge haben kann. Zum Kleben werden auch keine schwächenden Löcher in den Fügeteilen benötigt, wie etwa beim Schrauben oder Nieten. Außerdem wird beim Kleben die Kraft flächig vom einen zum anderen Fügeteil übertragen.

Die technische Umsetzung des Klebens ist anspruchsvoll. Das hat folgende Gründe: Die mechanische Belastbarkeit der Haftung in der Grenzschicht zwischen Klebstoff und Fügeteiloberfläche sowie die Beständigkeit derselben und andere qualitätsbestimmende Eigenschaften können nicht zerstörungsfrei geprüft werden. Daher muss der Klebprozess technisch so gut beherrscht werden, dass man sich auf das Ergebnis ohne vollständige Prüfung verlassen kann. Besonders erfolgsrelevant ist die Fähigkeit, auf dem Fügeteil einen haftungsfreundlichen, verlässlichen und reproduzierbaren Oberflächenzustand erzeugen zu können.

Fügeverfahren

Eine Klebverbindung besteht aus den beiden Fügeteilen und der dazwischen liegenden Klebschicht. An den Phasengrenzflächen kommt es nach der Benetzung, die eine bedeutende Rolle spielt, zu Wechselwirkungen (Physisorption, Chemisorption) und mechanischem Formschluss. Zusammengenommen sind diese drei Effekte für die Haftkraft (Adhäsion) verantwortlich. Für eine optimale Benetzung muss der Klebstoff während des Fügevorgangs flüssig sein. Seine innere Festigkeit (Kohäsion) gewinnt er schließlich durch physikalische Abbindevorgänge oder durch chemische Reaktion. Eine Besonderheit stellt die Gruppe der Haftklebstoffe dar, welche ständig flüssig bleiben und nicht aushärten, allerdings zäh werden.

Vorteile des Klebens gegenüber herkömmlichen Verbindungsverfahren

  • großflächige Verbindungen gegenüber dem Löten oder Schweißen vergleichsweise einfach herstellbar
  • gleichmäßige Spannungsverteilung und Kraftübertragung über die gesamte Klebfläche bei klebgerechter Gestaltung der Verbindung. Wirksam bei statischer und dynamischer Belastung. Beim Schrauben und Nieten entstehen Spannungsspitzen an den Verbindungselementen, während der Raum dazwischen kaum zur Kraftübertragung beiträgt.
  • unveränderte Oberfläche und Gefügestruktur Durch die beim Schweißen auftretenden Temperaturen kann es zu Änderungen der Gefügestruktur und der mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe kommen. Ebenso wird beim Nieten und Schrauben die sichtbare Oberfläche verändert. Beim Kleben bleibt die Oberfläche unverändert, was zu optimalen optischen und aerodynamischen Eigenschaften führt. Durch die Verbindung auf der ganzen Fläche und der Elastizität des Klebstoffs ist die Schwingungsdämpfung einer Klebfuge besser als bei geschweißten, geschraubten oder genieteten Verbindungen.
  • Gewichtsersparnis: Besonders im Leichtbau werden Klebstoffe gerne eingesetzt, da hier Teile von geringer Stärke (bis 0.5 mm) verbunden werden können. Dies ist durch thermische Fügeverfahren problematisch bis unmöglich.
  • dichtende Verbindungen: Klebstoffe können auch gleichzeitig als Dichtstoff für Gase und Flüssigkeiten dienen. Die Klebstoffschicht verhindert das Eindringen von Kondenswasser und eine damit verbundene Korrosion.
  • Verbinden unterschiedlicher Werkstoffe: Durch Klebstoffe können Werkstoffe gefügt werden, die einem thermischen Fügeverfahren nicht zugänglich sind (Glas-Metall, Holz-Metall, Aluminium-Stahl). Durch die (üblicherweise) elektrische und thermische Isolation durch den Klebstoff wird die Bildung von Lokalelementen und die damit verbundene Kontakt-Korrosion bei Metallen verhindert.
  • Zu verbindende Werkstücke werden nicht beschädigt: Eine Klebverbindung erfordert keine Veränderung der Werkstücke und kann in vielen Fällen ohne Beschädigung der Werkstücke rückgängig gemacht werden.
  • keine Erwärmung der zu verbindenden Werkstücke erforderlich
  • Kein Wärmeverzug oder -spannungen in den verbundenen Werkstücken
  • Zusätzlicher Freiheitsgrad: Die Auswahl des Klebstoffes trägt entscheidend zum mechanischen Verhalten des Bauteils bei.

Nachteile des Klebens

  • Anspruchsvolle Umsetzung: Die Herstellung einer Klebverbindung erfordert einen im Vergleich zu den anderen Verfahren höheren Aufwand, um eine gute Klebung zu erzielen. Der Klebstoff und die Oberflächenvorbehandlung müssen auf die zu verbindendenen Werkstoffe abgestimmt werden, die zu erwartenden Beanspruchungen müssen bekannt sein. Wirkt auf ein geklebtes Bauteil dauerhaft eine statische Belastung ein, kann es aufgrund der geringen Zeitstandfestigkeit einiger Klebstoffe zum Kriechen und so zum Versagen kommen. Des weiteren sind die vorgegebenen Verarbeitungsschritte exakt einzuhalten.
  • Alterung: Wie jedes organische Material unterliegt auch der Klebstoff einer Alterung, welche die Gebrauchsdauer einer Klebung einschränken kann. Für die Alterung sind mechanische (statische und dynamische Kräfte), chemische (Feuchtigkeit, Lösungsmittel, Reinigungsmittel, Salze, Sauerstoff, ...), physikalische (Wärme, UV- und andere Strahlung) und biologische (Schimmelpilze) Einflüsse verantwortlich.
  • Kontrollverfahren. Für eine bestehende Klebverbindung gibt es kein Verfahren, um zum Beispiel Festigkeit oder Verformbarkeit zerstörungsfrei zu prüfen. Diese Eigenschaften sind nur durch zerstörende Prüfverfahren an Referenzproben, die unter gleichen Bedingungen hergestellt wurden, zugänglich.
  • Klebung ist temperaturbegrenzt: Bei tiefen Temperaturen Versprödung, bei hohen Temperaturen zunächst Erweichung, bei weiterer Erwärmung schließlich Schmelzen (bei unvernetzten Polymeren) oder Degradation (bei vernetzten Polymeren).
  • Viele Klebstoffe und Betriebsstoffe (z.B. Reinigungsmittel, Haftvermittler u.a.), die im Klebprozess zum Einsatz kommen, sind Gefahrstoffe.

Technische Anwendungen (Auswahl)

Kleben in Industrie und Handwerk

Mit dem zunehmenden Einsatz der Klebtechnik in Industrie und Handwerk entstand, ähnlich wie dies bei anderen Fügeverfahren mit hohen Anforderungen an die Prozessführung der Fall ist, ein Bedarf an qualifizierenden Weiterbildungsmaßnahmen für Personal, welches an Entwicklung, Herstellung und Reparatur geklebter Produkte beteiligt ist. Diesem Bedarf wurde mit der Einführung eines dreistufigen Weiterbildungskonzeptes begegnet. Die Weiterbildung zum Klebpraktiker, zur Klebfachkraft und zum Klebfachingenieur ist in harmonisierten Richtlinien des DVS (für Deutschland) bzw. des EWF (für Europa) festgelegt. Mit der im Jahre 2003 erschienenen DVS-Richtlinie DVS-3310 werden die betrieblichen Anforderungen bei der Durchführung klebtechnischer Prozesse geregelt.

Im Jahr 2007 trat mit der Veröffentlichung der DIN 6701 (Kleben von Schienenfahrzeugen und -fahrzeugteilen) erstmals eine Vorschrift in Kraft, nach welcher für eine ganze Branche die Qualitätsstandards klebtechnischer Anwenderbetriebe festgelegt, Konstruktionsvorgaben gemacht sowie Ausführungsregeln und die Qualitätssicherung von Klebprozessen festgeschrieben wurde.

Kleben im Alltag

Im Büroalltag ist das Kleben eine gebräuchliche Praxis, um

  • Papierausschnitte neu zusammenzufügen
  • Papier oder anderes klebfähiges Material an Türen, Wänden und anderen Stellen zu befestigen.

Dies kann mit Hilfe von Flüssigklebstoffen oder mit einem Klebeband geschehen.

Weiterhin ist das Laminieren eine Fertigungstechnik im Büroalltag, die auf dem Kleben basiert.

Oberflächenvorbehandlung

Um Oberflächen für Verklebungen vorzubereiten sind vielfältige Möglichkeiten der Vorbehandlung bekannt. Die Haftfestigkeit kann je nach Verfahren um Faktoren erhöht werden. Die allseits bekannte Formulierung „trocken, staub- und fettfrei“ ist als Basis schon sehr effizient. Generell sollten die Bauteile erst fettfrei sein, bevor mit anderen Vorbehandlungsmethoden weiter gereinigt wird. Um dies sicherzustellen sind Reinigungsschritte zum Beispiel mit Lösungsmitteln oder eine Vortrocknung im Ofen durchaus üblich. Für Hochleistungsverklebungen gibt es weitere Methoden wie beispielsweise Beflammen, Niederdruckplasma- oder Normaldruckplasma-Behandlung und die Koronaentladungstechnik. Weiterhin ist eine Vorbehandlung mit Haftvermittlern (Primer, Haftprimer) möglich. Gerade das Kleben von Kunststoffen erfordert Erfahrung und Tests, da hier viele Einflussfaktoren das Klebeergebnis stark beeinflussen. Gereinigte Oberflächen sind hochaktiv und sollten deshalb sofort verklebt werden oder mittels Haftvermittlern in diesem Zustand konserviert werden. Metallische Werkstoffe werden unter Umständen auch mit einem definierten Korrosionsschutzöl behandelt, welches auf den Klebstoff und das Anwendungsgebiet abgestimmt ist. Bei den meisten Verfahren sind umfangreiche Sicherheitsbestimmungen einzuhalten.

Physikalische Verfahren

Wässerige Reiniger

Bei den wässerigen Reinigern handelt es sich meist um leicht alkalische Reiniger. Auch saure Reiniger (gute Kalklösekraft) und Neutralreiniger werden eingesetzt. Die Reinigung kann im Wisch-, Tauch- oder Sprühverfahren erfolgen. Emulgatoren in der Reinigungslösung nehmen die gelösten Schmutzpartikel auf und erleichtern die Lösbarkeit unpolarer Verunreinigungen (Fette, Öle). Die Reinigungsmittel müssen regelmäßig gewechselt oder aufbereitet werden, wenn sie stark verunreinigt sind oder ihr Schmutzlösepotential erschöpft ist. Im Tauchverfahren werden wässerige Reiniger oft bei erhöhten Temperaturen (40 bis 90 °C) eingesetzt, um die Löslichkeit zu erhöhen. Zusätzliche mechanische Einwirkung durch Bürsten oder Ultraschall (Kavitation) erleichtern die Reinigung außerdem.

Lösemittelhaltige Reiniger

Lösemittelhaltige Reiniger werden im Wisch-, Tauch- und Sprühverfahren bzw. zur Dampfentfettung eingesetzt. Dabei werden die zu reinigenden Bauteile in die Dampfzone einer Kammer mit siedendem Lösemittelsumpf gebracht. Der Lösemitteldampf kondensiert an den kälteren Bauteilen, löst dort Verunreinigungen und fließt mit ihnen zurück in den Siedesumpf. Aufgrund des höheren Siedepunktes der Verunreinigungen verbleiben diese im Sumpf, während fortwährend reines Reinigungsmittel verdampft bzw. kondensiert.

Strahlen

Beim Strahlen (z. B. Korundstrahlen, Glaskugelstrahlen) wird die Bauteiloberfläche durch die kinetische Energie des Strahlgutes gereinigt. Das Strahlgut wird mit Druckluft oder im Schleuderradverfahen auf die Bauteiloberfläche „geschossen“ und führt dort zu einem Abtrag festsitzender Verschmutzungen oder undefinierter Reaktionsschichten. Die abgetragenen Partikel verbleiben im Strahlgut, welches regelmäßig ausgetauscht und aufbereitet bzw. entsorgt werden muss. Durch tribochemische Vorgänge (Reibungshitze) gehen beim Strahlen auch einzelne Bestandteile des Strahlguts in die Bauteiloberfläche über, was negative Auswirkungen auf die Verklebung haben kann. Wenn man dem Strahlgut noch chemisch reaktive Substanzen zuführt, kann man die Bauteiloberfläche nicht nur reinigen sondern auch deren energetischen Zustand ändern, so dass die Verklebungseigenschaften verbessert werden.

Physikalisch/thermische Verfahren

  • Plasmabehandlung (Niederdruckplasma/Atmosphärendruckplasma/Corona-Verfahren)
  • Beflammen
  • Laser-Vorbehandlung
  • Ionenätzen/Sputtern

Beflammen

Beim Beflammen von Kunststoffen wird eine offene Flamme in einem definierten Abstand und definierter Geschwindigkeit über die Bauteiloberfläche geführt. Das Verhältnis Brenngas zu Sauerstoff muss exakt eingehalten werden, um immer die gleiche Flammenqualität zu haben. Die Flamme kann reduzierend oder oxidierend eingesetzt werden, je nach der zu beflammenden Kunststoffsorte. Die Bauteiloberfläche wird dadurch hochenergetischer und besser verklebbar. Durch die Zufuhr von chemisch reaktiven Substanzen kann man die Oberfläche noch weiter beeinflussen.

Anwendungsrisiken
  • Beflammen ist kein Reinigungsverfahren. Schmutzpartikel, Fette/Öle müssen vorher entfernt werden.
  • Ein zu hoher Energieeintrag in die Bauteiloberfläche führt zur mikroskopisch Zerstörungen der Oberfläche, es kann zu Delaminationen bei der Verklebung kommen.

Physikalisch/chemische Verfahren

Haftvermittler (Primer/Aktivatoren)

Haftvermittler sind wie Klebstoffe chemisch reaktive Substanzen, so dass man die Anwendungshinweise wie Ablüftezeiten, Offenzeiten, Haltbarkeitsdatum etc. exakt beachten muss. Haftvermittler kommen dort zum Einsatz, wo eine Verklebung nur mit dem Klebstoff nicht die geforderten Ergebnisse gebracht hat. Haftvermittler und Aktivatoren verbessern demzufolge die Haftung des Klebstoffes zum Substrat und/oder verbessern die Alterungsbeständigkeit einer Verklebung. Dies geschieht z. B. durch eine Erhöhung der Anzahl der reaktiven Gruppen, durch das Konservieren von hochenergetischen Oberflächenzuständen hergestellt durch vorherige Vorbehandlungsmethoden, durch die Kombination von unterschiedlichen reaktiven Gruppen für Substrat und Klebstoff, durch die bessere Benetzung der Substratoberfläche.

Für das Auftragen ist ein zusätzlicher Arbeitsgang notwendig, der aus kosten- und arbeitsschutzsicht wann immer möglich nicht durchgeführt werden sollte. Jeder zusätzliche Arbeitsschritt erhöht die Gefahr einer Fehlanwendung, bzw. kann durch eine unsachgemäße Benutzung der Haftvermittler die Verklebung geschwächt werden und/oder vollständig versagen. Es kommt dann meist zu einem Versagen in der Grenzschicht Substrat/Haftvermittler bzw. Haftvermittler/Klebstoff.

Literatur

  • Walter Brockmann u.a.: Klebtechnik. Klebstoffe, Anwendungen und Verfahren, Wiley-VCH, Weinheim 2005, ISBN 3-527-31091-6
  • Wilhelm Endlich: Kleb- und Dichtstoffe in der modernen Technik. Praxishandbuch der Kleb- und Dichtstoffanwendung, Vulkan-Verlag, Essen 1998, ISBN 3-8027-2183-7
  • Gerhard Gierenz, Frank Röhmer: Klebstoffe. Arbeitsbuch Kleben und Klebstoffe, Cornelsen-Verlag, Düsseldorf 1991, ISBN 3-590-12939-5
  • Gerd Habenicht Kleben. Grundlagen, Technologie, Anwendungen, Springer, Heidelberg 2005, ISBN 3-540-26273-3
  • Gerd Habenicht Kleben - erfolgreich und fehlerfrei, Vieweg, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-24969-2
  • Industrieverband Klebstoffe e. V.: Handbuch Klebtechnik, Vieweg, Wiesbaden
  • Elastisches Kleben ISBN 3-478-93192-4 Verlag moderne Industrie*
  • Elastisches Kleben auf dem Bau ISBN 3-478-93245-9 Grundwissen mit dem Know-how führender Unternehmen*
  • DICHTUNGSTECHNIK JAHRBUCH 2007, ISBN 978-3-9811509-0-2, Kiefer/Berger
  • BOND it - Nachschlagewerk zur Klebtechnik, 2007, ISBN 978-3-00-020649-8, DELO Industrie Klebstoffe
  • DVS-3310 Qualitätsanforderungen in der Klebtechnik, Oktober 2003, DVS-Verlag GmbH (Richtlinie)
  • DIN 6701 Kleben von Schienenfahrzeugen und -fahrzeugteilen, 2007, Beuth-Verlag, Berlin (Norm)