„Kammer (Hofstaat)“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Kammerfrau
diverse Ergänzungen
Zeile 1: Zeile 1:
Als '''Kammer''' ([[Mittellatein|mittellateinisch]]: ''Camera''; [[Französische Sprache|französisch]]: ''Chambre'') wurden bis um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert die Privatgemächer, aber auch der [[Tresor]] eines Herrschers bezeichnet.
Als '''Kammer''' ([[Mittellatein|mittellateinisch]]: ''Camera''; [[Französische Sprache|französisch]]: ''Chambre'') wurden bis um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert die Privatgemächer, aber auch der [[Tresor]] eines Herrschers bezeichnet. Davon abgeleitet galt jenes Personal, das aus der [[Schatulle|Privatschatulle]] des Herrschers besoldet wurde, als „Kammer“ bzw. „Leib“, im Sinne von „persönlich“, „direkt“ oder „unmittelbar“.


Davon abgeleitet galt jenes Personal, das aus der [[Schatulle|Privatschatulle]] des Herrschers besoldet wurde, als „Kammer“ bzw. „Leib“ im Sinne von „persönlich“, „direkt“ oder „unmittelbar“. Das Kammerpersonal stand regelmäßig im direkten Kontakt mit der Fürstenfamilie und war für deren Bedienung und Amusement verantwortlich, aber auch für Verwaltungsaufgaben. Typische Funktionen waren [[Kammerherr]], [[Kammerjunker]], [[Schildknappe|Kammer- bzw. Leibpage]], [[Kammerdiener|Kammer- bzw. Leibdiener]] (ebenso [[Husaren|Kammerhusar]]), [[Kammerfrau]] und [[Zofe|Kammerjungfer]], aber auch [[Kammerjäger]], [[Kammermusik]]er und [[Kammermohr]]. Eine Sonderposition besaß der [[Kämmerer]], der als Geldverwalter des Fürsten bereits eine halbstaatliche Aufgabe wahrnahm („Finanzminister“). Aufgrund der persönlichen Nähe zum Herrscher war das Kammerpersonal von den übrigen Hofpositionen und den niederen [[Lakai]]en zu unterscheiden.
Das Kammerpersonal stand im regelmäßigen direkten Kontakt mit der Fürstenfamilie und war für deren Bedienung und Amusement verantwortlich, aber auch für Verwaltungsaufgaben. Typische Funktionen waren etwa [[Kammerherr]], [[Kammerjunker]], [[Schildknappe|Kammer- bzw. Leibpage]], [[Kammerdiener|Kammer- bzw. Leibdiener]] (ebenso [[Husaren|Kammerhusar]]), [[Kammerfrau]] und [[Zofe|Kammerjungfer]], aber auch [[Kammerjäger]], [[Kammermusik]]er und [[Kammermohr]]. Aufgrund der persönlichen Nähe zum Herrscher, stand das Kammerpersonal meist über dem Hofpersonal und den niederen [[Lakai]]en, so dass bspw. der [[Fourier (Militär)|Kammerfourier]] vor dem Hoffourier rangierte. An kleineren Höfen waren die Positionen allerdings oft deckungsgleich. Das hohe und niedere Kammerpersonal zählte an einem [[Fürstenhof]] zum [[Hofstaat]].

Eine Sonderposition nahm der [[Kämmerer]] ein, der als Geldverwalter des Fürsten bereits eine halbstaatliche Aufgabe wahrnahm („Finanzminister“ und anfangs oft auch „Regierungschef“). Er stand dem Kammerkollegium (alternativ [[Hofkammer]], [[Rentkammer]]) vor, dem die staatliche Finanzverwaltung oblag, aber auch den Herrscher, neben dem [[Geheimrat]], in Regierungsangelegenheiten beriet.
Der Personenkreis, der den Herrscher in Regierungsangelegenheiten beriet, bildete das Kammerkollegium oder den [[Geheimrat]]. Aus der Befassung mit den staatlichen Finanzangelegenheiten entstanden im 17. Jahrhundert der [[Kameralismus]] und im 18. Jahrhundert die [[Kameralwissenschaft]]en ([[Kameralistik]]). Das hohe und niedere Kammerpersonal zählte an einem [[Fürstenhof]] zum [[Hofstaat]].

Aus der Befassung mit den staatlichen Finanzangelegenheiten entstanden im 17. Jahrhundert der [[Kameralismus]] und im 18. Jahrhundert die [[Kameralwissenschaft]]en ([[Kameralistik]]).


Aus der fürstlichen Kammer als der obersten Regierungsinstanz entstanden die Kammergerichte, denen der Landesherr zumindest formal als oberster Richter präsidierte. Entsprechend waren die [[Kammergericht|Kammer-]] oder [[Hofgericht]]e die jeweils höchsten Gerichte des Landes bzw. Staates.
Aus der fürstlichen Kammer als der obersten Regierungsinstanz entstanden die Kammergerichte, denen der Landesherr zumindest formal als oberster Richter präsidierte. Entsprechend waren die [[Kammergericht|Kammer-]] oder [[Hofgericht]]e die jeweils höchsten Gerichte des Landes bzw. Staates.
Zeile 10: Zeile 12:


== Literatur ==
== Literatur ==
[http://www.zeno.org/nid/20000255823 Adelung, ''Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart'', Band 2. Leipzig 1796, S. 1480–1483]
* [http://www.zeno.org/nid/20000255823 Adelung, ''Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart'', Band 2. Leipzig 1796, S. 1480–1483]
* [http://www.zeno.org/nid/20010123067 ''Pierer's Universal-Lexikon'', Band 8. Altenburg 1859, S. 437-439]
* [http://www.zeno.org/nid/20006862012 ''Meyers Großes Konversations-Lexikon'', Band 10. Leipzig 1907, S. 517]


[[Kategorie:Hofamt]]
[[Kategorie:Hofamt]]

Version vom 5. Juni 2023, 08:52 Uhr

Als Kammer (mittellateinisch: Camera; französisch: Chambre) wurden bis um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert die Privatgemächer, aber auch der Tresor eines Herrschers bezeichnet. Davon abgeleitet galt jenes Personal, das aus der Privatschatulle des Herrschers besoldet wurde, als „Kammer“ bzw. „Leib“, im Sinne von „persönlich“, „direkt“ oder „unmittelbar“.

Das Kammerpersonal stand im regelmäßigen direkten Kontakt mit der Fürstenfamilie und war für deren Bedienung und Amusement verantwortlich, aber auch für Verwaltungsaufgaben. Typische Funktionen waren etwa Kammerherr, Kammerjunker, Kammer- bzw. Leibpage, Kammer- bzw. Leibdiener (ebenso Kammerhusar), Kammerfrau und Kammerjungfer, aber auch Kammerjäger, Kammermusiker und Kammermohr. Aufgrund der persönlichen Nähe zum Herrscher, stand das Kammerpersonal meist über dem Hofpersonal und den niederen Lakaien, so dass bspw. der Kammerfourier vor dem Hoffourier rangierte. An kleineren Höfen waren die Positionen allerdings oft deckungsgleich. Das hohe und niedere Kammerpersonal zählte an einem Fürstenhof zum Hofstaat.

Eine Sonderposition nahm der Kämmerer ein, der als Geldverwalter des Fürsten bereits eine halbstaatliche Aufgabe wahrnahm („Finanzminister“ und anfangs oft auch „Regierungschef“). Er stand dem Kammerkollegium (alternativ Hofkammer, Rentkammer) vor, dem die staatliche Finanzverwaltung oblag, aber auch den Herrscher, neben dem Geheimrat, in Regierungsangelegenheiten beriet.

Aus der Befassung mit den staatlichen Finanzangelegenheiten entstanden im 17. Jahrhundert der Kameralismus und im 18. Jahrhundert die Kameralwissenschaften (Kameralistik).

Aus der fürstlichen Kammer als der obersten Regierungsinstanz entstanden die Kammergerichte, denen der Landesherr zumindest formal als oberster Richter präsidierte. Entsprechend waren die Kammer- oder Hofgerichte die jeweils höchsten Gerichte des Landes bzw. Staates.

Wurde anfangs noch zwischen den Kammerangehörigen, als dem engsten Kreis der Fürstendiener, und den übrigen Hofämtern möglichst unterschieden, verschwamm diese Grenzziehung sukzessive. Gleichzeitig ersetzte der französische Begriff Cabinet (Kabinett) vielerorts die Bezeichnung „Kammer“.

Literatur