„Jesus von Nazaret“ – Versionsunterschied

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=== Christliche Zeugnisse ===
=== Christliche Zeugnisse ===
Informationen über Jesus werden primär aus den vier kanonischen [[Evangelium (Buch)|Evangelien]], den [[Paulusbriefe]]n, einigen Apokryphen und außerhalb davon überlieferten Einzelworten ([[Agrapha]]) gewonnen. Diese Texte stammen von Urchristen jüdischer Herkunft, die an die [[Auferstehung Jesu Christi]] glaubten (Mk 16,6; Apg 2,32). Daher waren sie kaum an historischen Daten interessiert und verfassten keine Biografie, sondern verkündigten Jesus als den Messias für ihre Gegenwart. Darum ist die Zuverlässigkeit ihrer Angaben seit Beginn der historischen Erforschung urchristlicher Literatur umstritten.
Informationen über Jesus werden primär aus den vier kanonischen [[Evangelium (Buch)|Evangelien]], den [[Paulusbriefe]]n, einigen Apokryphen und außerhalb davon überlieferten Einzelworten ([[Agrapha]]) gewonnen. Diese Texte stammen von Urchristen jüdischer Herkunft, die an die [[Auferstehung Jesu Christi]] glaubten (Mk 16,6; Apg 2,32). Daher wollten sie zunächst Jesus als den Messias für ihre Gegenwart verkündigen und enthalten viele symbolische und legendarische Elemente. Dennoch betonen sie die Bedeutung von Jesu Leben und Lehre für ihren Glauben und enthalten viel Wissen über seine historische Person.


Die zwischen 50 und 64 entstandenen Paulusbriefe enthalten kaum biografische Daten zu Jesus, zitieren aber einige seiner Worte und Aussagen aus der [[Jerusalemer Urgemeinde]] über ihn. Diese werden oft als sekundäre Bestätigung für Evangelienangaben herangezogen. Von den übrigen Gemeindebriefen des NT spielt der [[Jakobusbrief]] am häufigsten auf Aussagen Jesu an. Manche Exegeten, die den Brief Jesu Bruder zuschreiben, sehen ihn daher als Quelle für Jesus an.<ref>James H. Charlesworth: ''The Historical Jesus, An Essential Guide.'' Nashville 2008, S. 41</ref>
Die zwischen 50 und 64 entstandenen Paulusbriefe enthalten kaum biografische Daten zu Jesus, zitieren aber einige seiner Worte und Aussagen aus der [[Jerusalemer Urgemeinde]] über ihn. Diese werden oft als sekundäre Bestätigung für Evangelienangaben herangezogen. Von den übrigen Gemeindebriefen des NT spielt der [[Jakobusbrief]] am häufigsten auf Aussagen Jesu an. Manche Exegeten, die den Brief Jesu Bruder zuschreiben, sehen ihn daher als Quelle für Jesus an.<ref>James H. Charlesworth: ''The Historical Jesus, An Essential Guide.'' Nashville 2008, S. 41</ref>

Version vom 1. Februar 2010, 10:51 Uhr

Jesus als Guter Hirte, frühchristliche Deckenmalerei in der Calixtus-Katakombe in Rom, um 250

Jesus von Nazaret (aramäisch ישוע Jeschua oder Jeschu, hebräisch Jehoschua, gräzisiert Vorlage:Polytonisch Iēsoûs; * wahrscheinlich vor 4 v. Chr. in Nazaret, nicht in Betlehem; † 30, 31 oder 33 in Jerusalem) war ein jüdischer Wanderprediger. Etwa ab dem Jahr 28 trat er öffentlich in Galiläa und Judäa auf, sammelte Nachfolger und rief die Israeliten angesichts des von ihm erwarteten Gottesreichs zur Umkehr auf. Wenige Jahre später wurde er von Römern gekreuzigt.

Jesus hatte eine Reform des Judentums angestrebt. Aus seinem Anhängerkreis entwickelte sich jedoch eine neue Religion, das Christentum. Das Neue Testament (NT) verkündet ihn als Jesus Christus, den Messias und Sohn Gottes. Gleichzeitig ist es die wichtigste Quelle für mögliche historische Informationen über ihn.[1] Daneben finden sich einige Angaben in Apokryphen und außerchristliche Notizen. Auch außerhalb des Christentums ist Jesus von Bedeutung.

Die Quellen und ihre Auswertung

Jesus hat keine schriftlichen Werke hinterlassen. Fast alles Wissen über ihn stammt aus Erinnerungen seiner Anhänger, die nach seinem Tod schriftlich fixiert wurden. Diese Quellen werden seit etwa 1800 historisch-kritisch geprüft und in die Geschichte des Judentums und Urchristentums eingeordnet.

Nichtchristliche Zeugnisse

Hauptartikel: Außerchristliche Notizen zu Jesus von Nazaret

Wenige jüdische, römische und griechische Geschichtsschreiber der Antike erwähnen Jesus, jedoch fast nur seine Hinrichtung, nicht sein Wirken und seine Lehre. Zudem ist die Herkunft dieser Kenntnis umstritten.

Der jüdische Historiker Flavius Josephus berichtet in seinen Antiquitates Judaicae (20,200) über die Hinrichtung des Jakobus und bezeichnet ihn beiläufig als Bruder Jesu, „der Christus genannt wird“. Diese Notiz gilt vielen Forschern als erste echte außerchristliche Erwähnung Jesu, während andere bezweifeln, dass ein jüdischer Historiker Jesus als „Christus“ bezeichnet hätte. Auch bestimmte Verse im „Testimonium Flavianum“ (Josephus, An. 18,63f) beurteilen sie heute meist als christlichen Einschub in einen verschieden rekonstruierten authentischen Kern.

Tacitus berichtete um 117 in seinen Annales von „Chrestianern“, denen Kaiser Nero die Schuld am Brand Roms im Jahr 64 zugeschoben habe. Er fährt fort:[2]

„Der Mann, von dem sich dieser Name herleitet, Christus, war unter der Herrschaft des Tiberius auf Veranlassung des Prokurators Pontius Pilatus hingerichtet worden.“

Unsicher ist, ob diese Nachricht sich auf unabhängige römische Quellen oder auf christliche Überlieferung stützt.

Sueton schrieb um 120 in seiner Biografie des Kaisers Claudius, dieser habe „die Juden, welche, von einem gewissen Chrestos aufgehetzt, fortwährend Unruhe stifteten“, aus Rom vertrieben (49).[3] Ob der in Rom damals verbreitete Name „Chrestos“ sich auf Jesus Christus bezieht, ist ungewiss.

Weitere Notizen von Plinius dem Jüngeren, dem syrischen Stoiker Mara Bar Serapion und aus im Talmud gesammelten rabbinischen Quellen beziehen sich nur am Rande oder polemisch auf ihnen bekannt gewordene christliche Überlieferung.

Christliche Zeugnisse

Informationen über Jesus werden primär aus den vier kanonischen Evangelien, den Paulusbriefen, einigen Apokryphen und außerhalb davon überlieferten Einzelworten (Agrapha) gewonnen. Diese Texte stammen von Urchristen jüdischer Herkunft, die an die Auferstehung Jesu Christi glaubten (Mk 16,6; Apg 2,32). Daher wollten sie zunächst Jesus als den Messias für ihre Gegenwart verkündigen und enthalten viele symbolische und legendarische Elemente. Dennoch betonen sie die Bedeutung von Jesu Leben und Lehre für ihren Glauben und enthalten viel Wissen über seine historische Person.

Die zwischen 50 und 64 entstandenen Paulusbriefe enthalten kaum biografische Daten zu Jesus, zitieren aber einige seiner Worte und Aussagen aus der Jerusalemer Urgemeinde über ihn. Diese werden oft als sekundäre Bestätigung für Evangelienangaben herangezogen. Von den übrigen Gemeindebriefen des NT spielt der Jakobusbrief am häufigsten auf Aussagen Jesu an. Manche Exegeten, die den Brief Jesu Bruder zuschreiben, sehen ihn daher als Quelle für Jesus an.[4]

Die drei synoptischen Evangelien (Mk, Mt, Lk) blicken mit Angaben wie Mk 13,2; Mt 22,7; Lk 19,43f. auf die Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 70 zurück und wurden daher erst danach vollendet. Heutige Forscher schließen aus, dass ihre Verfasser zu den ersten Nachfolgern Jesu gehörten. Sie können aber Augenzeugen Jesu noch gekannt und Jesusüberlieferung von diesen erhalten haben.[5]

Den Autoren des Matthäus- und Lukasevangeliums lag nach der weithin akzeptierten Zweiquellentheorie das Markusevangelium oder eine Vorform davon vor. Sie übernahmen dessen meiste Texte und Komposition und veränderten diese gemäß ihren eigenen theologischen Absichten. Ihre sonstigen gemeinsamen Stoffe werden einer dem Markusevangelisten unbekannten hypothetischen Logienquelle mit gesammelten Reden und Sprüchen Jesu zugewiesen, deren Verschriftung auf 40 bis 70 datiert wird.[6] Ähnliche Spruchsammlungen wurden auch im vermutlich in Syrien entstandenen Thomasevangelium fixiert. Ihre frühesten, zuvor jahrzehntelang mündlich überlieferten Bestandteile (Lk 1,2) werden auf die ersten Anhänger Jesu zurückgeführt, die originale Jesusworte bewahrt haben können. Welche, ist in der Forschung stark umstritten und hängt unter anderem von Vorentscheidungen über die sogenannten Echtheitskriterien ab.[7]

Das Johannesevangelium kann trotz seiner späteren Entstehung (100–130), besonderen Komposition und Theologie unabhängig überlieferte historische Daten zu Jesus enthalten. Da die Evangelisten ihre Quellen auf je eigene Weise überarbeiteten und in ihre Missions- und Lehrabsichten einordneten, lassen ihre Gemeinsamkeiten umso mehr auf einen historischen Kern schließen. Dies gilt besonders für die Texte zu den letzten Lebenstagen Jesu, die einen Großteil der erzählenden Evangelienstoffe bilden und die meisten Orts-, Zeit-, Personen- und Situationsangaben enthalten. Sie stimmen in der Ereignisabfolge vom Einzug Jesu bis zu seiner Grablegung in Jerusalem weitgehend überein.

Die gemeinsame Abfolge gilt vielfach als narrative Entfaltung früher Credoformeln zu einem alten Passionsbericht aus der Urgemeinde, den der Markusevangelist mit Jesusüberlieferung aus Galiläa verknüpft und erweitert habe und dessen Aufriss die übrigen Evangelisten übernommen hätten.[8] Dabei veränderten sie viele Einzeldetails, so dass deren Historizität stark umstritten ist.

Galten früher nur die von außerchristlichen Notizen bestätigte Kreuzigung Jesu durch Römer, seine Festnahme und ein Hinrichtungsbefehl des Statthalters als unstrittig historisch[9], so nehmen heute viele Forscher an, dass die Jerusalemer Urchristen zeitnahe Erinnerungen an die zu Jesu Tod führenden Ereignisse relativ zuverlässig bewahrten: besonders in Textpassagen, deren Details auch das Johannesevangelium enthält und die gemäß jüdischen und römischen Quellen rechts- und sozialhistorisch plausibel wirken.[10]

Forschungsgeschichte

Hauptartikel: Historische Jesusforschung

Seit etwa 1750 entstand eine akademische Erforschung der urchristlichen Schriften, die sich von kirchlichen Vorgaben zu lösen begann und historische Fakten von theologischen Motiven und Deutungen im NT mit wissenschaftlichen Methoden zu unterscheiden versuchte. Viele glaubten, den NT-Quellen eine biografische Entwicklung Jesu entnehmen zu können; oft ergänzten sie fehlende Daten spekulativ. Andere bestritten wegen der mythischen Elemente der Quellen Jesu Existenz. Methodik und viele Einzelthesen der damaligen „Leben-Jesu“-Literatur gelten seit Albert Schweitzers Geschichte der Leben-Jesu-Forschung von 1901 als überholt.

Im 20. Jahrhundert wurden die historisch-kritischen Methoden der Textanalysen immer mehr verfeinert und zunehmend außerbiblische Quellen herangezogen, um die historische Glaubwürdigkeit der NT-Überlieferung zu überprüfen. Die Kenntnisse der Archäologie, Sozialgeschichte, Orientalistik und Judaistik vom palästinischen Judentum zur Zeit Jesu wurden seit etwa 1970 stärker einbezogen. Die Forschungen sind inzwischen weniger von theologischen und weltanschaulichen Interessen geleitet, und es spielt kaum eine Rolle, ob eine Veröffentlichung von einem Historiker, einem katholischen oder evangelischen Exegeten, einem Juden oder Atheisten stammt.

Viele Jesusforscher gehen heute davon aus, dass Jesus tatsächlich gelebt hat und sich seine Lebens- und Todesumstände, Verkündigung, sein Verhältnis zu anderen jüdischen Gruppen und Selbstverständnis in Grundzügen relativ zuverlässig ermitteln lassen. Zum Mehrheitskonsens gehört auch, dass Jesu Botschaft sich aus Ähnlichkeiten, nicht nur Unterschieden zu anderen Vertretern des damaligen Judentums erklären lässt.

Herkunft

Name

Jesus ist die latinisierte Form des griechischen Vorlage:Polytonisch, der das hebräisch-aramäische Jeschua (Kurzform: Jeschu, Langform: Jehoschua) übersetzt. Der Genitiv „Ἰησοῦ/Jesu“ folgt der altgriechischen Flexion von Kontrakta der ο-Deklination. Dieser männliche Vorname setzt sich aus dem Gottesnamen JHWH – Kurzform Je- – und dem hebräischen Verb schua („edel sein“, „um Hilfe rufen“) oder yascha („retten, helfen“) zusammen. Demgemäß deuten NT-Stellen wie Mt 1,21 oder Apg 4,12 den Namen als Aussage: „Gott ist die Rettung“ bzw. „der Herr hilft“.[11] Auch die gräzisierte Form blieb im damaligen Judentum geläufig und wurde nicht wie sonst üblich mit einem griechischen oder lateinischen Doppelnamen ergänzt oder von ähnlich klingenden Neunamen ersetzt.

Einige Stellen setzen dem Vornamen „Josefs Sohn“ (Lk 3,23; 4,22; Joh 1,45) oder „Sohn der Maria“ (Mk 6,3; Mt 13,55), meist jedoch Nazarenos oder Nazoraios hinzu, um seine Herkunft aus Nazaret anzugeben (Mk 1,9). Mt 2,23 EU erklärt dies mit einer Weissagung, die wörtlich in der Hebräischen Bibel nicht vorkommt:

„(Josef) ließ sich in einer Stadt namens Nazaret nieder. Denn es sollte sich erfüllen, was durch die Propheten gesagt worden ist: Er wird Nazoräer genannt werden.“

Dies erklärt man oft als Anspielung auf Jes 11,1, wo der Messias „Spross“ (nēṣer, נֵצֶר) Davids genannt wird. Eventuell deuteten die Evangelisten damit eine herabsetzende (Joh 1,46) Fremdbezeichnung Jesu um (Mt 26,71; Joh 19,19)[12], die auch für Christen im syrischen Raum üblich war (nasraja) und in den Talmud als noṣri einging.[13]

Geburts- und Todesjahr

Geburtstag und -jahr Jesu waren schon den Urchristen unbekannt. Nach Mt 2,1 wurde er vor dem Tod Herodes des Großen (4 v. Chr.) geboren; dies halten Historiker für glaubhaft.[14] Angaben wie Lk 2,2 von einer „ersten“ römischen Volkszählung unter Publius Sulpicius Quirinius dagegen gelten als ahistorisch, da dieser erst 6 n. Chr. Statthalter Syriens und Judäas wurde und keine frühere Steuererhebung dort bekannt ist.[15] Die christliche Zeitrechnung, nach der das Jahr Eins auf Jesu Geburt folgen sollte, beruht auf einem Rechenfehler.

Die vier Evangelien berichten zusammenhängend nur aus ein bis drei der letzten Lebensjahre Jesu. Nach Lk 3,1 trat Johannes der Täufer „im 15. Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius“ auf: Nach dieser einzigen exakten Jahresangabe im NT wäre Jesus frühestens ab 28, wohl seit der Gefangennahme des Täufers (Mk 1,14), öffentlich aufgetreten.[16] Damals soll er etwa 30 Jahre alt gewesen sein (Lk 3,23).

Jesus wurde nach allen vier Evangelien auf Befehl des Pontius Pilatus, der von 26 bis 36 Statthalter Judäas war, hingerichtet. Er starb am Vortag eines Sabbat, also einem Freitag, während eines Pessachfestes: für die Synoptiker am Hauptfesttag nach dem Sederabend, also dem 15. Nisan im jüdischen Kalender, für das Johannesevangelium dagegen am Rüsttag zum Fest, also am 14. Nisan. Die johanneische Chronologie gilt heute vielen Forschern als „historisch glaubwürdiger“.[17] Nach kalendarischen und astronomischen Berechnungen fiel der 15. Nisan in den Jahren 31 und 34, der 14. Nisan dagegen 30 und 33 auf einen Freitag. Die meisten NT-Historiker halten 30 für das wahrscheinlichste Todesjahr, weil Paulus von Tarsus zwischen 32 und 35 Christ wurde.[18] Jesus wurde demnach zwischen 30 und 40 Jahre alt.

Geburtsort

Die Geburtsgeschichten des NT (Mt 1–2/Lk 1–2) und das apokryphe Kindheitsevangelium nach Thomas gelten weitgehend als Legenden, da sie in der Logienquelle und im ältesten Evangelium fehlen, sich stark unterscheiden und viele mythische und legendarische Züge enthalten.[19] Dazu zählt man die Vorfahrenlisten (Mt 1; Lk 3), die Geburtsankündigung durch einen Engel (Lk 1,26f.), die Geistzeugung und Jungfrauengeburt Jesu (Mt 1,18; Lk 1,35), den Besuch von orientalischen Astrologen (Mt 2,1), den Stern, der sie zu Jesu Geburtsort geführt haben soll (Mt 2,2), den Kindermord des Herodes (Mt 2,13; vgl. Ex 1,22) und die Flucht der Eltern mit Jesus nach Ägypten (Mt 2,16ff). Bethlehem als Geburtsort (Mt 2,1; Lk 2,4) wird in Mt 2,6 auf die prophetische Verheißung Mi 5,1 bezogen, setzte also den Glauben der Urchristen an Jesu Messianität (Röm 1,3) schon voraus.[20]

Historiker nehmen meist an, dass Jesus in Nazaret geboren wurde, da es als Geburtsort seines Vaters und Wohnort seiner Familie genannt wird (Mk 6,1ff; Mt 13,54; Lk 2,39), wo Jesus „erzogen“ worden sei (Lk 4,16.22).[21] Dass Nazaret als kleines Dorf von höchstens 400 Einwohnern zur Zeit Jesu existierte, ist nicht aus zeitgenössischer Literatur, aber aus jüngeren archäologischen Gebäude- und Geschirrfunden belegt.[22]

Familie

El Greco – „Die heilige Familie“, 1604

Jesus war nach Mk 6,3 und Lk 1,27 der erste „Sohn Marias“; Josef wird hier nicht erwähnt. Nach Lk 2,21 wurde Jesus gemäß der Tora am achten Lebenstag beschnitten und erhielt dabei seinen Namen; dies wäre nach jüdischem Brauch „Jeschua ben Josef“ gewesen, wie Lk 4,22 es bestätigt. Doch die Synoptiker erwähnen Josef nach Jesu Taufe nicht mehr.

Celsus sowie Talmudstellen aus dem 4. Jahrhundert stellten Jesus wohl mit Bezug auf diesen Befund und in Reaktion auf christliche Vorstellungen einer Jungfrauengeburt polemisch als uneheliches Kind dar, wobei manchmal eine Vergewaltigung durch einen römischen Soldaten namens Panthera behauptet wurde.[23] Gerd Lüdemann schließt sich dieser – von der heutigen Forschung wenig unterstützten – Spekulation an und erklärt daraus Jesu Benennung nach seiner Mutter.[24] Allerdings wurde vielleicht bereits Jesus gegenüber bestritten, er sei der legitime Sohn Josefs (Joh 8,41). Wenn dieser schon gestorben war, konnte niemand anderes die Vorwürfe rechtsgültig abweisen. J. H. Charlesworth weist darauf hin, Jesus könne durch religiöse Autotitäten als mamzer eingeordnet worden sein, er habe also nicht nachweisen können, dass beide Eltern aus vollständig jüdischen Familien stammten und zur Zeit der Zeugung verheiratet waren. Sowohl Lüdemann als auch Charlesworth sehen in diesen Urteilen eine Außenseiterrolle Jesu in seiner Heimatstadt oder bei einigen Juden begründet.[25]

Nach Mk 6,3 hatte Jesus vier Brüder – Jakobus, Joses (gräzisierte Form von Josef, Mt 13,55), Judas, Simon – und einige nicht benannte Schwestern. Die Brüdernamen nach einigen der zwölf Jakobssöhne deuten auf eine fromme jüdische Familie. „Brüder“ und „Schwestern“ kann im biblischen Wortgebrauch auch Vettern und Cousinen umfassen (siehe Geschwister Jesu).[26]

Nach den synoptischen Evangelien bewirkte Jesu öffentliches Auftreten Konflikte mit seiner Familie. Das vierte der biblischen Zehn GeboteEhre Vater und Mutter (Ex 20,12; Dtn 5,16) – verlangte nach damaliger Auslegung die Fürsorge der (ältesten) Söhne für die Alten und die Sippe.[27] Auch rabbinische Lehrer ordneten den Gehorsam gegenüber der Tora jenem gegenüber den Eltern vor, aber ohne eine völlige Trennung von der Familie zu verlangen.[28]

Doch zu Jesu Nachfolge gehörte nach der Aussendungsrede (Mt 10,37; Lk 14,26) das Verlassen der Angehörigen, das auch von der vermuteten Qumran-Gemeinde bekannt ist. Wie sie vertrat Jesus offenbar ein „afamiläres Ethos der Nachfolge“, da seine ersten Jünger ihren Vater nach Mk 1,20 bei der Arbeit zurückließen, wenn auch mit Tagelöhnern.[29]

Nach Mk 3,21 versuchten seine Verwandten, ihn zurückzuhalten und erklärten ihn für verrückt. Darauf soll Jesus so reagiert haben (Mk 3,33ff EU):

„Er erwiderte: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder? Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“

Diese Auslegung widersprach jüdischer Tradition, ohne aber das Gebot aufzuheben. Denn nach Mk 7,10f verlangte Jesus durchaus dessen Beachtung: Durch keine Gelöbnisformel dürfe man sich der Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern entziehen.[30]

Nach Mk 6,1–6 wurde Jesu Lehre in ganz Nazaret abgelehnt, so dass er nicht mehr in seine Heimatstadt zurückgekehrt sei. Aber nach Mk 1,31 versorgten Frauen aus Jesu näherer Umgebung ihn und seine Jünger. Sie blieben nach Mk 15,41 bis zum Tod bei ihm, so nach Joh 19,26f auch seine Mutter. Er soll noch am Kreuz für ihr Wohlergehen gesorgt haben, indem er sie einem anderen Jünger anvertraute. Obwohl seine Brüder nach Joh 7,5 „nicht an ihn glaubten“, gehörten einige Verwandte Jesu, auch seine Mutter, nach seinem Tod zur Urgemeinde (Apg 1,14; 1Kor 9,5); Jakobus wurde später wegen seiner Auferstehungsvision (1Kor 15,7) deren Leiter (Gal 2,9). Paulus traf ihn und andere Jesusverwandte bei seinem ersten Jerusalembesuch (Gal 1,19).

Nach einem von Eusebius überlieferten, als glaubwürdig eingestuften Zitat des Hegesippus habe Kaiser Domitian bei seiner Christenverfolgung (um 90) die noch lebenden Verwandten Jesu verhaften lassen und verhört. Dabei hätten sie die Frage nach ihrer davidischen Abstammung bejaht, vom Kaiser deshalb vermutete politische Ambitionen aber verneint und ihre bäuerliche Armut betont. Sie seien freigelassen worden und danach zu Kirchenführern aufgestiegen. Dass Jesu Angehörige sich als Nachfahren von König David sahen, gilt daher als wahrscheinlich.[31]

Sprache, Ausbildung, Beruf

Giotto di Bondone – „Jesus mit den Toralehrern“

Als galiläischer Jude sprach Jesus im Alltag das westliche Aramäisch. Das bestätigen einige aramäische Jesuszitate im NT. Ob man griechische Ausdrücke und Redewendungen ins Aramäische zurück übersetzen kann, ist seit Joachim Jeremias ein wichtiges Kriterium, mögliche „echte“ Jesusworte von urchristlicher Deutung zu unterscheiden.

Hebräisch, die Sprache der Heiligen Schrift Israels, wurde in Palästina zur Zeit Jesu kaum noch gesprochen. Jesus kann es dennoch beherrscht haben, da er den Tanach gut kannte und in den Synagogen Galiläas vorlas und auslegte. Er kann Bibeltexte auch aus aramäischen Übersetzungen (Targumim) kennengelernt haben.[32] Dass er die griechische Koine – damals Verkehrssprache im Osten des Römischen Reichs – beherrschte, ist unbelegt.

Aus Jesu Jugendzeit findet man im NT fast keine Informationen. Nur Lk 2,46f erzählt von einem Aufenthalt des 12-Jährigen im Tempel, bei dem er die Jerusalemer Toralehrer mit seiner Bibelauslegung beeindruckt haben soll. Dies gilt als legendarisches Motiv, um Jesu Schriftkenntnis zu erklären.[33] Lesen und Schreiben konnten Kinder ärmerer jüdischer Familien, die keine Schriftrollen besaßen, allenfalls in Toraschulen oder Synagogen lernen. Nach Lk 4,16 las Jesus in der Synagoge von Nazaret aus der Tora vor, bevor er sie auslegte. Nach Mk 6,2f hatten Jesu Hörer ihm das Predigen nicht zugetraut und bemerkt, dass es sich von der traditionellen Schriftauslegung unterschied; nach Joh 7,15 fragten sie sich: Wie kann dieser die Schrift verstehen, obwohl er es nicht gelernt hat? Doch Jesu häufige Frage an seine Hörer Habt ihr nicht gelesen…? (Mk 2,25; 12,10.26; Mt 12,5; 19,4 u. a.) setzt seine Lesefähigkeit voraus. Ob er auch schreiben konnte, ist ungewiss. Nur Joh 8,6.8 – die Geste des Schreibens oder Zeichnens auf den Boden – könnte darauf hinweisen.

Jesu Predigt- und Argumentationsstil ist rabbinisch (Halacha und Midraschim). Seine ersten Jünger nannten ihn „Rabbi“ (Mk 9,5; 11,21; 14,45; Joh 1,38.49; Joh 3,2; 4,31 u. a.) oder „Rabbuni“ („mein Meister“: Mk 10,51; Joh 20,16). Diese aramäische Anrede entsprach dem griechischen διδασκαλος für „Lehrer“. Sie drückte Ehrerbietung aus und gab Jesus denselben Rang wie den Pharisäern, die sich als Ausleger mosaischer Gebote ebenso bezeichneten (Mt 13,52; 23,2.7f). Ein Rabbi lebte von einem gewöhnlichen Handwerk, nicht vom Lehren. Aus starken Ähnlichkeiten der Toraauslegung Jesu mit damaligen Rabbinerrichtungen folgert Pinchas Lapide, er müsse eine Toraschule besucht haben.[34]

Als erster Sohn einer frommen jüdischen Familie lernte Jesus den Beruf seines Vaters (Mk 6,3; Mt 13,55). Josef war Bauhandwerker (griech. τεκτων, oft irreführend als „Zimmermann“ übersetzt), also wohl im Haus- und Schiffbau tätig. Als Junge musste Jesus vermutlich beim Broterwerb für die Familie helfen (Lk 2,51). Dass er das väterliche Handwerk ausübte, ist jedoch unbelegt. Willibald Bösen zufolge kann Jesus mit Josef im etwa acht Kilometer entfernten Sepphoris gearbeitet haben, da Nazaret einer mindestens siebenköpfigen Familie nicht genug Lebensunterhalt geboten hätte.[35] Sepphoris wird im NT nicht erwähnt.

Wirken

Verhältnis zum Täufer Johannes

Andrea del Verrocchio – „Taufe Christi“, 1475

Nach allen Evangelien trat Jesus seit seiner Taufe durch den Bußprediger Johannes der Täufer öffentlich auf. Diese deuten die Synoptiker als Gottes Berufung zu seinem geistbegabten „Sohn“ (Mk 1,11).

Sie stellen Johannes als Prophet des nahen Endgerichts dar (Mt 3,7–12; Lk 3,7ff), der nach Lk 1,5 aus einer Priesterfamilie stammte und nach Lk 1,80 als Asket in der unbewohnten Wüste lebte. Seine Taufe bot nach Mk 1,4f Vergebung an und setzte ein Sündenbekenntnis voraus. Flavius Josephus (Ant.18, 116–119) stellt Johannes dagegen als hellenistischen Philosophen und seine Taufe als Ritual zur Körperreinigung dar.[36] Manche Exegeten halten Johannes für einen Nasiräer (Num 6,2–7).[37]

In Mk 1,15 markiert Jesu Wort Die Zeit ist erfüllt nach der Verhaftung des Täufers den Beginn seines Wirkens. Nach Mt 11,2ff erwartete der bereits inhaftierte Täufer einen irdischen Messias (Bist du der Kommende?). Alle Evangelien sehen ihn als letzten Propheten des alten Bundes und betonen damit seine Vorläufer- und Zeugenrolle gegenüber Jesus (z. B. Mk 1,7; Lk 3,16; Mt 3,11; Joh 1,7f; 3,28ff u. a.).

Nach Joh 3,22ff taufte Jesus eine Weile parallel zu Johannes und warb einige seiner ersten Nachfolger von ihm ab: so die Brüder Simon Petrus und Andreas (Joh 1,35–42). Demnach gab es zwischen beiden Gruppen Kontakte, aber auch Konkurrenz (Joh 4,1).

Jesus übernahm den endgültigen Umkehrruf von Johannes[38], eventuell auch das apokalyptische Motiv des Gerichtsfeuers (Lk 12,49 EU):[39]

„Ich bin gekommen, ein Feuer auf Erden anzuzünden; ich wünschte nichts lieber, als dass es schon brenne!“

Nach Mt 7,19 sprach er wie der Täufer (Mt 3,10) bildhaft vom Abhauen und Verbrennen unfruchtbarer Bäume im Gerichtsfeuer.[40] Manche Exegeten halte dieses Motiv im Munde Jesu mit Blick auf Stellen wie 1Thess 1,10; Röm 2,5.8; 5,9; Joh 3,36 dagegen für nachösterlich.[41]

Jesus lehnte nach Mk 2,16–19 Fasten und Askese für seine Jünger ab und pflegte die Tischgemeinschaft gerade mit solchen Juden, die nach der geltenden Tora-Auslegung als „Unreine“ vom Heil ausgeschlossen wurden. Er zog sich nicht in die Wüste zurück, sondern wandte sich gerade ausgestoßenen Juden und Fremden zu und sagte ihnen das bedingungslose Heil Gottes zu.

Gebiet des Auftretens

Orte, an denen Jesus öffentlich gewirkt haben soll.

Jesus gilt heute als „Wandercharismatiker“, der von einem „charismatischen Milieu“ im damaligen Galiläa beeinflusst gewesen sein kann und dessen Lebensstil die Urchristen weiterführten.[42] Er sah sich nur zu den „verlorenen Schafen des Hauses Israel“ gesandt (Mt 10,5; 15,24).

Seine Reisewege lassen sich nicht genau rekonstruieren. Viele Ortsangaben der Evangelien sind redaktionell und spiegeln die Ausbreitung des Christentums bei ihrer Abfassung. Bei Nazaret lagen Kana und Naïn. Oft erwähnt werden auch Kafarnaum, Magdala, Bethsaida und Chorazim am Nordufer des Sees Genezareth. Weiter südöstlich lag Gerasa (Mk 5,1), nordwestlich lagen Tyros und Sidon (Mk 7,24). Eventuell streifte Jesus auch durch Samarien (Joh 4,5 gegen Mt 10,5). Diese Provinz Palästinas gehörte früher zum Nordreich Israel, das den Jerusalemer Tempelkult im Südreich Juda ablehnte. Von Römern und Herodianern erbaute Städte wie Sepphoris, Tiberias und Cäsarea Philippi (Mk 8,27) betrat Jesus laut NT nicht. Dies kann erklären, dass damalige jüdische und römische Quellen ihn nicht erwähnen.

In Kafarnaum soll Jesus nach Mk 1,21ff und Lk 4,23 zuerst aufgetreten sein. Nach Mt 4,12f zog er in das dortige Haus des Petrus ein und kehrte dorthin von seinen Reisen öfter zurück (Mk 1,29; 2,1; 9,33; Lk 7,1). Mt 9,1 nennt den Ort daher „seine Stadt“. Dieses Fischerdorf lag damals genau an der Grenze zwischen dem Gebiet des Herodes Antipas und des Philippus. Vielleicht wählte Jesus hier sein Hauptquartier, um vor herodianischer Verfolgung über die Grenze fliehen zu können (Lk 13,31ff).

Ausgrabungsstätte in Kafarnaum

Archäologen fanden in Kafarnaum Reste ärmlicher Fischerhäuser aus dem 1. Jahrhundert. Eins der Häuser war zwischen 50 und 100 restauriert worden; seine Wände trugen Kalkinschriften, die Jesus mit verschiedenen Hoheitstiteln und Petrus nennen und Spuren kultischer Zusammenkünfte zeigen. Man nimmt daher eine frühchristliche Hauskirche an, die eventuell im oder über dem Haus des Petrus erbaut wurde.[43]

Verkündigung des Gottesreichs

Reichenauer Schule – „Christus spricht zu den Jüngern“, 1010

Hauptartikel: Reich Gottes

Jesu Botschaft vom „Reich Gottes“ stand im Zentrum seines Auftretens (Mk 1,16). Sie knüpfte an die biblische Prophetie, besonders Deuterojesaja, und die Apokalyptik Daniels an. Die Evangelien veranschaulichen den Begriff durch konkrete Handlungen, Gleichnisse und Lehrgespräche, während an Nichtjuden gerichtete NT-Texte ihn selten verwenden. Demnach war er damaligen Juden vertraut.[44]

Gottes Reich wird biblisch als radikale, nur Gott, nicht Menschen mögliche Wende und Abbruch der Weltgeschichte dargestellt; erst die Forschungen von Johannes Weiß und Albert Schweitzer haben dies herausgestellt. Manche Aussagen Jesu kündigen es als unmittelbar bevorstehend an, andere sagen es zu als schon angebrochen oder setzen dies voraus. Frühere Forschung stritt darüber, ob eher die futurische (u. a. Albert Schweitzer) oder präsentische (u. a. Charles Harold Dodd) Eschatologie auf Jesus zurückgehe. Seit etwa 1945 lösen Exegeten das paradoxe Nebeneinander nicht mehr literarkritisch durch Trennung von „echten“ und „unechten“ Jesusworten auf, sondern beurteilen beide Aspekte gemäß Mt 6,9–13 (siehe Vaterunser) als authentisch.[45]

Den baldigen Weltuntergang deuten Worte vom Sturz Satans (Lk 10,18ff) an oder das Streitgespräch darüber, ob Jesus seine Heilkraft von Beelzebub oder Gott empfangen habe (Mt 12,22ff par.). Weil sein Handeln das Reich des Bösen bereits entmachte, erscheint es als Beginn des Reiches Gottes. Der „Stürmerspruch“ (Mt 11,12) legt nahe, dass dessen Ankunft gewaltsame Konflikte vorausgehen, die seit dem Auftreten des Täufers Johannes bis in Jesu Gegenwart andauern.[46]

Die der Logienquelle zugewiesenen „Seligpreisungen“ (Lk 6,20ff, Mt 5,3ff) sagen Gottes Reich den aktuell Armen, Trauernden, Machtlosen, Verfolgten als schon gegenwärtig und gewiss kommende gerechte Wende zur Aufhebung ihrer Not zu. Diese waren die ersten und wichtigsten Adressaten Jesu. Seine oft für authentisch gehaltene Antwort auf die Täuferfrage in Mt 11,4ff weist auf die für sie schon erfahrbare Veränderung hin. Jesu Antrittspredigt nach Lk 4,18–21 besteht nur aus dem Satz: Heute hat sich dieses Wort [Jes 61,1ff] vor euren Ohren erfüllt. Damit wird die biblische Verheißung eines „Jubeljahres“ zur Entschuldung und Landumverteilung (Lev 25) für die gegenwärtig Armen aktualisiert.

Heutige sozialhistorische Untersuchungen erklären solche NT-Texte aus damaligen Lebensumständen: Juden litten unter Ausbeutung, steuerlichen Abgaben für Rom und den Tempel, täglicher römischer Militärgewalt, Schuldversklavung, Hunger, Epidemien und sozialer Entwurzelung.[47] Nur selten wird die Armentheologie in der ältesten Jesus-Überlieferung aus dem Einfluss kynischer Wanderphilosophen erklärt (F.C. Downing), meist aber aus im Tanach vorgeformten jüdischen, besonders prophetischen Traditionen. Indem Jesus deren Hoffnungen als Armer unter Armen zu erfüllen beanspruchte, habe er eine bewusst provozierende charismatische Außenseiterrolle eingenommen und so eine „subversive“ Bewegung der Abweichler von religiösen und gesellschaftlichen Normen bewirkt.[48]

Heiltätigkeit

Juan de Flandes – „Die Auferweckung des Lazarus“, um 1500

Hauptartikel: Wunder Jesu

Antike Quellen erzählen oft von wunderbaren Heilungen, doch nirgends so oft von einem Einzelnen wie im NT. Die Evangelien überliefern von Jesus Heil-, Geschenk-, Rettungs-, Normenwunder und Totenerweckungen. Die bei Markus häufigen Exorzismustexte beziehen sich auf Krankheiten oder Defekte wie Lepra, Grauen Star, Taubstummheit, Epilepsie und Schizophrenien. Davon Betroffene galten als „von unreinen Geistern (Dämonen) besessen“ (Mk 1,23). Man vermied Umgang und Berührung mit ihnen, vertrieb sie aus bewohnten Gegenden und lieferte sie so oft dem Tod aus.[49]

In den Exorzismustexten vertreiben meist einfache gesprochene Befehle Jesu die Geister und bewirken so die Heilung (Mk 2,11; 5,41; Joh 11,43f u. a.). In den Therapietexten erfolgt diese durch passive und aktive Berührung, etwa Handauflegen oder Speichel (Mk 1,31; 1,41; 7,32f; Joh 9,6f). Viele dieser Texte betonen Jesu Zuwendung zu Ausgegrenzten, auch Nichtjuden, die die Ursache ihrer Ausgrenzung beseitigte und so ihre Isolation aufhob. Ihre Rahmenverse laden oft zu Glauben und Umkehr ein. Seine Heilerfolge hätten ihm Misstrauen, Neid und Abwehr eingebracht, die Tötungspläne seiner Gegner ausgelöst (Mk 3,6; Joh 11,53) und Forderungen nach demonstrativen „Zeichen und Wundern“ bewirkt. Diese habe Jesus abgelehnt (Mk 8,11ff; 9,19ff).

Besondere Züge der NT-Wundertexte sind, dass der Wundertäter die Heilung dem Glauben der Geheilten zuspricht („Dein Glaube hat dich gerettet“: Mk 5,34; 10,52; Lk 17,19 u. a.) und sie als Zeichen einer umfassenden Perspektive, nämlich Beginn des Reiches Gottes und Ende der Herrschaft des Bösen deutet (Mk 3,22ff, ein meist für echt gehaltenes Jesuswort). Daher nehmen Neutestamentler an, dass Augenzeugen Jesu Handeln als Wunder erfuhren und weitererzählten. Dieser von ihm veranlasste Kernbestand einiger Exorzismus- und Therapietexte sei später vermehrt worden.[50]

Tora-Auslegung

Die Bergpredigt (Mt 5–7) wird als „Lehre“ Jesu eingeführt (Mt 5,2). Der Evangelist übernahm eventuell ihm vorliegende judenchristliche Zusammenfassungen dieser Lehre[51] oder komponierte sie selbst. Ihr Beginn (Mt 5,14ff) erinnert Jesu Nachfolger an Israels Auftrag, als Volk Gottes „Licht der Völker“ zu sein (Jes 42,6), indem es die Tora vorbildlich erfüllt. Mt 5,17–20 betont demgemäß, Jesus habe alle überlieferten Gebote erfüllt, nicht aufgehoben.

Ob Jesus selbst das so sah, ist umstritten. Einige Gebote verschärfte er, andere entschärfte er, wieder andere relativierte er so, dass sie im Urchristentum aufgehoben wurden. Dies gilt heute als innerjüdische Toradeutung, nicht als Bruch mit dem Judentum. Wie der Rabbiner Hillel (ca. 30 v. Chr. bis 9 n. Chr) gab Jesus der Nächstenliebe den gleichen Rang wie der Gottesfurcht und ordnete sie damit den übrigen Torageboten über (Mk 12,28–34). Er sah sich zu denen gesandt, die wegen Übertretungen verachtet wurden (Mk 2,17 EU):

„Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten.“

Gemeint sind jüdische „Zöllner“, die für die Römer Steuern eintrieben, oft dabei ihre Landsleute übervorteilten und daher gehasst und gemieden wurden. Nach Lk 19,8 lud Jesus sie zum Teilen mit den Armen ein, nach Mt 6,19f.24 deutete er das Anhäufen von Besitz als Bruch des ersten Gebots. Erst mit der Besitzaufgabe für die Armen erfülle der gesetzestreue Reiche alle Zehn Gebote so, dass er zur Nachfolge frei werde (Mk 10,17–27).

Jesu Armenfürsorge, Heiltaten und die Tateinheit von Beten und Almosengeben ähnelt dem späteren Auftreten von Chanina ben Dosa (um 40–75), einem Vertreter des galiläischen Chassidismus. Daher ordnen heutige NT-Forscher Jesus ganz in das damalige Judentum ein und betonen anders als früher die Verwandtschaft seiner Botschaft mit dem Pharisäismus.

Die „Antithesen“ legen wichtige Dekaloggebote und das Vergeltungsgebot (Ex 21,23f) aus. Danach betonte Jesus über deren Wortlaut hinaus die innere Einstellung als Ursache des Vergehens: Das Tötungsverbot (Ex 20,13) breche schon der, der seinem Nächsten bloß zürne, ihn beschimpfe oder verfluche. Damit ziehe er Gottes Zorngericht auf sich. Darum solle er sich erst mit seinem Gegner versöhnen, bevor er im Tempel Opfer darbringe (Mt 5,21–26). Ehebruch (Ex 20,14) begehe schon, wer als verheirateter Mann eine andere Frau begehre (Mt 5,27–30). Missbrauch des Gottesnamens (Ex 20,7) und Lüge (Ex 20,16) sei jeder Eid, nicht erst ein Meineid (Mt 5,33ff). Weil Gottes Schöpfungstreue (Gen 8,22) das Vergeltungsgebot (Gen 9,6) begründet, gebot Jesus Feindesliebe gegenüber gewalttätigen Fremden als Gottes Geduld gemäße Vergeltung: Gerade auch Israels Verfolger seien als Nächste zu segnen, nicht zu hassen. Jesu Hörer und Nachfolger sollten übermächtiger Gewalt durch unerwarteten Gewaltverzicht begegnen, Feinde mit Fürsorge und freiwilligem Entgegenkommen überraschen und so „entfeinden“ (Mt 5,38–48).[52] Damit erinnerte Jesus an Israels Aufgabe, alle Völker zu segnen, um auch sie von Gewaltherrschaft zu befreien (Gen 12,3).

Die Textbeispiele spiegeln eine von Hunger, Ausbeutung und Gewalt bedrohte Gesellschaft. Für Jesus konnte nur die Unterbrechung der Gewaltspirale, der Verzicht auf Gegengewalt (Mt 5,39) die Herrschaft des „Bösen“ beenden und Gottes Reich herbeirufen.[53] Verachtung und Verurteilung anderer habe die gleichen Folgen wie die Gewaltausübung (Mt 7,1–3 EU)[54]:

„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden, und nach dem Maß, mit dem ihr meßt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden. Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“

Nach Joh 8,7 EU rettete Jesus eine Ehebrecherin vor der Steinigung, indem er den Anklägern ihre eigene Schuld bewusst machte:

„Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“

Dies wird als Entkräftung der in der Tora vorgeschriebenen Todesstrafe für Ehebruch (Lev 20,10) gedeutet. Der Satz wird oft für echt oder zumindest Jesus gemäß gehalten, obwohl die Erzählung in älteren Handschriften des Johannesevangeliums fehlt.[55]

Anhänger

Hauptartikel: Nachfolge Jesu

Von Beginn seines Auftretens an berief Jesus männliche und weibliche Jünger (Mk 1,14ff) dazu, wie er Beruf, Familie und Besitz zu verlassen (Mk 10,28–31) und mittel- und waffenlos umherziehend Gottes Reich zu verkünden. Sie gehörten meist wie er zum einfachen Volk, das verarmt und vielfach vom Hunger bedroht war. Sie wurden ausgesandt, um Kranke zu heilen, Dämonen auszutreiben und Gottes Segen weiterzugeben. Beim Betreten eines Hauses sollten sie mit dem Friedensgruß „Schalom“ die ganze Sippe unter Gottes Schutz stellen. Waren sie nicht willkommen, dann sollten sie den Ort verlassen, ohne zurückzukehren, und ihn Gottes Gericht überlassen (Mt 10,5–15).[56]

Frauen

„Beweinung Christi durch Maria und Maria Magdalena“, um 1460

Jesu Verhalten zu Frauen war im patriarchalischen Judentum damals neu und ungewöhnlich. Seine Heilungen galten oft gerade sozial ausgegrenzten Prostituierten, Witwen oder Ausländerinnen. Geheilte Frauen folgten ihm von Beginn an nach (Mk 1,31), manche versorgten ihn und die Jünger (Lk 8,2f). Sie spielen im NT für Jesus auch sonst eine wichtige Rolle: Eine Frau salbte ihn nach Mk 14,3–9 vor seinem Tod; nach Mt 27,19 soll die Gattin des Pilatus gegen seine Hinrichtung protestiert haben. Nach allen Evangelien waren Nachfolgerinnen Jesu die letzten Zeugen seines Todes und seiner Grablegung (Mk 15,40f). Sie entdeckten sein leeres Grab (Mk 16,1–8) und bezeugten nach Lk 24,10 und Joh 20,18 als erste seine Auferweckung.

Die biblische und rabbinische Tradition betont die Einehe als den allein zulässigen Ort für Sexualität. Männern war erlaubt, sich von ihrer Ehefrau zu trennen. Ein Scheidebrief (Dtn 24,1) sollte diese vor Ehrverlust schützen. Geschiedene Frauen blieben jedoch oft recht- und mittellos und waren unter Umständen zur Prostitution gezwungen, die wiederum als todeswürdig galt. Jesus verschärfte nach Mk 10,1–12 das Verbot des Ehebruchs und verbot nach Mt 5,27–32 die Ehescheidung. Nach Mt 19,12 gebot er seinen Jüngern die Eheschließung nicht, sondern ließ um ihrer Aufgabe willen Ehelosigkeit zu.

Eine Ehe Jesu erwähnt das NT nirgends; nur das späte apokryphe Philippusevangelium nennt eine Partnerin Jesu. Die Evangelisten könnten die Erinnerung an diese getilgt haben, da sie nicht zu ihrem Bild des Gottessohns passte[57], oder Jesus kann unverheiratet gewesen sein.[58] Falls Offb 14,4a vom sakralen Wert jungfräulicher Männer redet, könnte der Vers auf Jesu Ehelosigkeit hindeuten.[59]

Pharisäer

Pharisäer und Toragelehrte erscheinen in den Evangelien als frühe Kritiker des Verhaltens Jesu und seiner Nachfolger. Sie empört seine Sündenvergebung als anmaßende Gotteslästerung (Mk 2,7), also todeswürdiges Vergehen, sie missbilligen seine Tischgemeinschaft mit als „unrein“ ausgegrenzten „Zöllnern und Sündern“ (2,16), das Feiern seiner Jünger (2,18) und die in Mk 2-3 geschilderten Sabbatbrüche. Für vorsätzlichen Sabbatbruch gebot die Tora die Todesstrafe (Ex 31,14f.) durch Steinigung (Num 15,32-35). Joh 8,59 und 10,31.39 erwähnt mehrfache Steinigungsversuche jüdischer Gegner Jesu, die alle auf ein Jesuswort reagieren, mit dem er sich über Abraham und mit Gott gleich stellt, also johanneische Theologie spiegeln.

Der historischen Lage näher kommt die Episode Mk 2,23ff.: Danach lasen Jesu Jünger auch am Sabbat Ähren von abgeernteten Feldern auf, litten also offenbar akute Hungersnot. Jesus begründete ihr Tun demgemäß als Ausnahme bei Lebensgefahr mit einem Beispiel aus der Bibel. Damit nahm er an einer innerpharisäischen Debatte teil: Auch einige Qumranschriften, Hillel und seine Schüler erlaubten vor Jesus Lebensrettung am Sabbat.[60]

Nach Mk 3,6 soll eine demonstrative Heilung Jesu am Sabbat Herodianer und Pharisäer bewogen haben, gemeinsam seinen Tod zu planen. Der Vers nimmt analoge Tötungspläne der Jerusalemer Gegner Jesu (Mk 11,18; 12,13; vgl. Joh 11,47; 18,3) vorweg, um so die dortigen Ereignisse mit denen in Galiläa zu verklammern. Diese Verse halten die meisten NT-Historiker für redaktionell und ahistorisch: Denn die Pharisäer standen den Herodianern ebenso fern wie die meisten frommen Juden. In den Passionstexten kommen sie fast gar nicht vor. Jesu Sabbatkonflikte spielten in den Anklagen vor dem Sanhedrin keine Rolle.

Andere Evangelientexte lassen eine Nähe Jesu zu den Pharisäern erkennen: Nach Mk 12,32ff stimmte ein Jerusalemer Pharisäer Jesus zu, dass die Tora im Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe zusammenzufassen sei. Solche Summarien waren in jüdischer Tradition seit 200 Jahren üblich. Auch in der Erwartung des Reiches Gottes und einer Auferstehung aller Toten stimmten die Pharisäer mit Jesus überein. Nach Lk 7,36 gewährte er einem Pharisäer Tischgemeinschaft. Nach Lk 13,31 warnten und retteten Pharisäer Jesus vor Nachstellungen des Herodes. Ein Pharisäer sorgte für Jesu Bestattung; später sorgten Pharisäer wie Gamaliel für das Überleben der Urgemeinde (Apg 5,34ff.). Urchristliche Missionare wie Paulus durften anfangs in Synagogen für ihren Glauben werben (Apg 9,20, 13,5 u.ö.).

Von allen damaligen jüdischen Gruppen stand Jesus den Pharisäern am nächsten. Dass sie dennoch zu seinen Gegnern und Verfolgern stilisiert wurden, wird aus der Entstehungssituation der Evangelien nach der Tempelzerstörung im Jahr 70 erklärt: Danach übernahmen Pharisäer die Führungsrolle im Judentum. Juden und Christen grenzten sich verstärkt voneinander ab und legitimierten dies wechselseitig in ihren damaligen Schriften.[61]

Herodianer

Die jüdische Landbevölkerung und antirömische Teile der Jerusalemer Oberschicht lehnten die Könige aus der Herodesdynastie meist als von Rom gestützte Fremdherrscher ab. Sie verachteten den aus Idumäa (Südjudäa), dem früheren Edom, stammenden Herodes den Großen als „Halbjuden“. Seine mit hohen Steuerabgaben finanzierten Palastbauten und der Tempelausbau riefen Widerstand hervor, den er grausam unterdrückte.

Sein von Rom eingesetzter Sohn Herodes Antipas, der Galiläa und Peräa zur Zeit Jesu regierte, ließ die galiläischen Orte Tiberias und Sepphoris zu hellenisierten Metropolen ausbauen. Diese Städte galten frommen Juden als unrein. Jüdische und römische Quellen bestätigen damalige religiös-soziale Konflikte zwischen Stadt- und Landbevölkerung Galiläas.[62]

Antipas stieß wegen seiner Zweitehe mit einer zuvor schon verheirateten Nichte auf viel Kritik.[63] Einer seiner schärfsten Kritiker war Johannes der Täufer, den Antipas laut Mk 6,17–29 deswegen verhaften und enthaupten ließ. Er soll nach Mk 3,6 und Lk 13,31 auch Gegner und Verfolger Jesu gewesen sein. Dies kann erklären, dass Jesus Sepphoris und Tiberias in Galiläa nicht besuchte (Mt 14,13).[64] Ihm war die Hinrichtung des Täufers sicher bekannt.

Nach Mk 9,13 bestätigte Jesus den unter damaligen Juden verbreiteten Glauben, Johannes sei der in der Endzeit wiedergekommene Prophet Elijah, und verknüpfte damit eine Ankündigung seines Leidens. Exegeten folgern daraus, Jesus habe für sich ein analoges gewaltsames Ende erwartet und sich daher in die Reihe der verfolgten Propheten Israels gestellt (Lk 13,32-35 und Winzergleichnis Lk 20,9-19).[65]

Dem steht entgegen, dass Antipas Jesus nach Lk 23,6-12 verhört und dann als harmlosen Verrückten an Pilatus übergeben haben soll. Dies gilt als redaktioneller Versuch, die folgend berichteten Freigabeversuche des Pilatus plausibel zu machen (v. 15).[66]

Sadduzäer

Jesu Hauptgegner waren die Sadduzäer. Sie bildeten die hellenistisch gebildete und wohlhabende Jersalemer Oberschicht und stellten den Hohenpriester, der sein erbliches Amt auf den Priester Zadok zur Zeit Salomos, des Tempelerbauers, zurückführte. Auch die Hohenpriester zur Zeit Jesu stammten von Zadokiden ab, wurden aber seit 6 n. Chr. von römischen Statthaltern (Präfekten) ein- und abgesetzt und mussten diese bei der polizeilichen Kontrolle der römischen Verwaltungseinheit Judäa-Syriens unterstützen, um im Amt zu bleiben. Dafür durften sie den Jerusalemer Tempelkult autonom verwalten, jedoch ohne das Recht zum Bestrafen von als todeswürdig erachteten Kultvergehen. Sämtliche Kapitalstrafen oblagen allein den römischen Präfekten.[67] Im Hinterland war der Einfluss der Sadduzäer zwar geringer, doch setzten sie auch dort mit Hilfe der römischen Besatzungsmacht die Tempelsteuer und die Einhaltung der vor allem in den Büchern Leviticus und Deuteronomium kodifizierten Reinheits- und Kultgebote durch.

Zeloten

Aus Galiläa, dem früheren bergigen Nordreich, kamen seit Generationen jüdische Befreiungskämpfer gegen Fremdmächte. Seit dem 6 n. Chr. von Herodes Archelaos niedergeschlagenen Steuerboykott des Judas Galiläus traten die „Zeloten“ als eigene Gruppe hervor, um die römische Fremdherrschaft in ganz Palästina zu beseitigen. Sie beschränkten sich aber zu Jesu Zeit auf Gelegenheitsattentate auf römische Beamte und Proteste gegen verhasste Besatzungssymbole. Die Römer nannten zelotische Attentäter „Sikarier“ (Dolchträger) oder einfach „Mörder“, um ihren Widerstand zu kriminalisieren.[68]

Jesus trat also in einem von starken religiös-politischen Spannungen bestimmten Land auf. Dass seine Botschaft politisch wirkte, gilt angesichts seiner Kreuzigung beim höchsten jüdischen Fest als gesichert. Ob er aber einen politischen Messiasanspruch erhob, ist auf Grund mehrdeutiger NT-Angaben umstritten.[69] Deutsche Neutestamentler betonten früher meist den unpolitischen Charakter seines Auftretens. Seine Hinrichtung als König der Juden (Messiasanwärter) galt als Justizirrtum und „Missverständnis seines Wirkens als eines politischen“.[70] Dagegen zeigten neuere Untersuchungen partielle Übereinstimmungen Jesu mit der jüdischen Widerstandsbewegung auf und erklärten sein Ende als logische Folge seines eigenen Handelns.[71]

Jesus verstand sein Wirken als aktives Herbeiführen des Reiches Gottes, das in seinen Heiltaten (Mt 11,5) und seiner Nachfolge im Kontrast zu den Gewaltherrschern schon gewaltlos Raum gewinne (Mk 10,42ff). Wie die Zeloten nannte er den Vasallenkönig Herodes Antipas einen „Fuchs“ (Lk 13,32). Die Heilung des Besessenen aus der Garnisonsstadt Gerasa (Mk 5,1–20) ironisiert römische Militärherrschaft: Der mit dem lateinischen Lehnwort für „Legion“ vorgestellte Dämon befällt eine Schweineherde, die sich dann selbst ertränkt. Das Juden als unreines Tier geltende Schwein war damals als römisches Opfertier und Legionszeichen bekannt. Der Waffenkauf nach Lk 22,36 wird als Erlaubnis Jesu zu begrenztem Widerstand bei Verfolgung auf dem Weg nach Jerusalem gedeutet.[72]

Wegen NT-Texten wie dem Lobgesang der Maria (Lk 1,46ff) oder dem Jubel der Festpilger bei Jesu Ankunft in Jerusalem (Mk 11,9f) betonen viele Forscher eine indirekte politische Dimension seines Wirkens oder eine „Symbolpolitik Jesu“, die viele seiner Handlungen ausgedrückt hätten.[73] Offenbar war dies auch für Zeloten attraktiv: Mindestens der Jesusjünger Simon Zelotes aus dem Zwölferkreis hatte früher zu diesen gehört (Lk 6,15); dies wird auch für Simon Petrus und Judas Ischariot erwogen.[74] Dagegen sieht Gerd Theißen den Beinamen „Zelotes“ eher als Hinweis, dass sonst kein Jesusjünger Zelot gewesen sei.[75]

Anders als die Zeloten rief Jesus auch als „unrein“ verhasste Steuereintreiber („Zöllner“), die mit Römern zusammenarbeiteten, in seine Nachfolge und übte Tischgemeinschaft mit ihnen (Mk 2,14ff), freilich um ihr Verhalten gegenüber den Armen grundlegend zu ändern (Lk 19,1–10). Anders als jene, die Gottes Endgericht mit Gewalt an Andersgläubigen glaubten vorwegnehmen zu dürfen, rief er seine Hörer zur Feindesliebe auf (Mt 5,38–48). Als Kritik an den Zeloten gedeutet wird auch das Wort Mt 11,12 von den „Gewalttätigen, die Gottes Reich herbeizwingen und sich mit Gewalt seiner bemächtigen“.[76]

Römische Münzen mit Herrscherköpfen galten Zeloten als Verstoß gegen das biblische Bilderverbot (Ex 20,4f) und als Grund, Abgaben an Rom zu verweigern. Die Steuerfrage seiner Jerusalemer Gegner sollte Jesus als Zeloten überführen. Seine überlieferte Antwort entzog sich der gestellten Falle (Mk 12,17 EU):

„Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“

Da nach Mt 6,24 für Jesus der ganze Mensch Gott gehörte, konnte dies als Absage an die Kaisersteuer aufgefasst werden, überließ aber den Angeredeten diese Entscheidung. Erst die Evangelisten wiesen diese Deutung zurück (Lk 23,2ff).[77]

Ereignisse am Lebensende

Einzug in Jerusalem

Mk 11,1–11 EU, dem Mt und Lk im Kern folgen, stellt Jesu Ankunft in Jerusalem als einen von einer Pilgermenge bejubelten öffentlichen Einritt des Messias auf einem Esel dar. Schon das Auffinden des Reittiers (v. 1–6) spielt auf biblische Motive an, etwa auf 1Sam 9 oder Gen 49,9ff.[78] Jesu Eselsritt soll an Sach 9,9–11 EU erinnern: Dort wird der Amtsantritt eines machtlosen Messias angekündigt, der die Kriegswaffen in Israel abschaffen und allen Völkern Frieden gebieten werde. Dieses nachexilische Messiasbild hielt die frühere Verheißung universaler Abrüstung fest, die in Israel beginnen sollte (Schwerter zu Pflugscharen Jes 2,2–4/Mi 4,1–5), und widersprach damit Hoffnungen auf einen Davidnachfolger, der die Fremdherrscher aus Israel vertreiben und das Großreich Israel wiederaufrichten werde.

Eben diese Erwartung war zur Zeit Jesu im Volk verbreitet (v. 9f):

„Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!“

Der Anruf – wörtlich Gott, rette doch! – zitiert Ps 118,25a und war im Judentum bei hohen Kultfesten und Inthronisationen üblich (z. B. 2Sam 14,4; 2Kön 6,26). Der, der kommt im Namen Gottes meinte den erwarteten Messias (Mt 11,3; 23,39, Lk 7,19; 13,35).[79] Mit dem Ausstreuen von Palmzweigen (v. 8), einem antiken Triumphsymbol, feierten Juden ihre Siege über Nichtjuden (Jdt 15,12; 1Makk 13,51; 2Makk 10,7). Einzüge jüdischer Thron- und Messiasanwärter standen damals immer in einem kriegerischen, oft aufständischen Kontext.[80]

Die Szene gilt in dieser Gestaltung nicht als historisch. Gerd Theißen zufolge wurde Jesu Einzug bewusst als „Gegenbild zum Einzug des Präfekten in die Stadt zu den drei großen Festen“ dargestellt.[81] John Dominic Crossan hält den Eselsritt für nachträglich dazu erfunden, da diese öffentliche Demonstration die Römer sofort zur Festnahme Jesu veranlasst hätte.[82]

Dass Jesus zuvor messianische Hoffnungen der Landbevölkerung geweckt hatte, gilt als wahrscheinlich, etwa wenn er den Armen den Landbesitz zusagte (Mt 5,3), seine Heiltaten als Realisierung dieser Zusagen erklärte (Lk 11,20) und sich als Sohn Davids anreden ließ (Mk 10,46.49). Vor diesem Hintergrund bedeutete ein Jerusalembesuch zum Pessach eine Konfrontation mit den dortigen Machteliten – Sadduzäern und Römern –, bei der Jesus das Todesrisiko bewusst gewesen sein muss.[83] Ein demonstrativer Gewaltverzicht, der an ein gewaltloses Messiasbild erinnerte, hätte den Erwartungen der Bevölkerung widersprochen, entspricht aber für echt gehaltenen Aussagen Jesu wie Mk 10,42ff EU: Danach sei er gekommen, als Menschensohn allen wie ein Sklave zu dienen, um der Unterdrückung durch Gewaltherrscher seine herrschaftsfreie Vertrauensgemeinschaft entgegenzustellen.[84]

Kritik am Tempelkult

Giotto di Bondone – „Jesus vertreibt die Händler aus dem Tempel“

Der Jerusalemer Tempel war das kultische Zentrum des gesamten damaligen Judentums und die Existenzgrundlage der Sadduzäer, wie es auch die Evangelien voraussetzen. Nach Mk 1,44 sandte Jesus in Galiläa Geheilte zu den Tempelpriestern, damit diese ihre Gesundung feststellten und sie wieder in die Gesellschaft aufnahmen. Seine Tora-Auslegung lehnte Opfer nicht direkt ab, ordnete sie aber der Nächstenliebe unter (Mt 5,23f). Auch Tempelspenden hat er nach Mk 12,41ff gebilligt. Die überlieferten Diskussionen Jesu mit Jerusalemer Schriftlehrern fanden nach Mk 11,11.18.27; 12,35 im oder beim Tempel statt. Sie bestätigen die legendarische Notiz Lk 2,42ff., wonach Jesus mit Schriftlehrern im Tempel diskutierte, diesen also als Gottes- und Lehrhaus anerkannte.

Doch in Jerusalem soll Jesus gegenüber seinen Jüngern (Mk 13,2) wie auch öffentlich (Mt 23,38) die Zerstörung der Tempelstadt angekündigt und sich dabei auf Jeremias ähnliche Prophezeiung (Jer 22,5) bezogen haben, die diesen fast sein Leben gekostet hatte (Jer 26,6ff). Ob Jesu Prophezeiung authentisch ist oder ihm nach der Tempelzerstörung 70 n. Chr. in den Mund gelegt wurde, ist umstritten.[85]

Nach allen Evangelien (Mk 11,15–19; Joh 2,13–17) vertrieb Jesus kurz darauf einige Opfertierhändler und Geldwechsler aus dem Tempelvorhof für Nichtjuden - wahrscheinlich die königliche Säulenhalle an der Tempelsüdseite - mit der Begründung (Mk 11,17 EU):

„Steht nicht geschrieben (Jes 56,7): ‚Mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker sein‘? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“

Demnach sollte die Vertreibung im Sinne Deuterojesajas auch Nichtjuden ungehinderten Zugang zum jüdischen Gotteshaus eröffnen.[86] Da die vertriebenen Händler auch die von fast allen Juden jährlich entrichtete Tempelsteuer einnahmen, mit der der Opferkult hauptsächlich finanziert wurde[87], konnte die Aktion als Angriff auf den ganzen Tempelkult aufgefasst werden. Das würde die folgende Festnahme und Auslieferung Jesu an Pilatus plausibel machen.

Daher gilt die Aktion im Kern meist als historisch. Peter Stuhlmacher versteht sie im Kontext der Reich-Gottes-Verkündigung Jesu als Angriff auf den sadduzäischen Tempelkult, der eine Kultreform einleiten wollte und damit einen impliziten Messiasanspruch erhob. Denn apokryphe jüdische Texte vom Toten Meer (z.B. PsSal 17,30; 4Q flor 1,1-11) verknüpften die Erwartung einer Reinigung und Neuerrichtung des Tempels mit der Ankunft des Messias. Damit habe Jesus die folgenden Gegenmaßnahmen der Tempelpriester ausgelöst.[88] Nach Jens Schröter beabsichtigte Jesus mit dem Angriff, „in Analogie zu seiner Kritik an den Reinheitsgeboten die an den vorhandenen Institutionen orientierte Verfassung Israels in Frage zu stellen“ und wie Johannes der Täufer auf die unmittelbare Begegnung mit Gott vorzubereiten.[89]

Oft wird angenommen, dass das bei Jesu späterem Verhör zitierte Wort eines Tempelabrisses und -neubaus (Mk 14,58) bei der Tempelaktion gefallen ist: eventuell in der andere auffordernden Form nach Joh 2,13, nicht aber bei einem nur hier vorausgesetzten früheren Jerusalembesuch. Nach Jostein Adna bekräftigte dieses Wort Jesu Glauben an einen unmittelbar bevorstehenden Durchbruch des Reiches Gottes, dem der alte Tempel und sein Gottesdienst weichen müsse. Er habe die Ablehnung seines damit verbundenen Umkehrrufs erwartet, diese zugleich provoziert und sich so selbst an die erwartete Hinrichtung ausgeliefert. Denn er habe geglaubt, Gottes Heilshandeln könne sich bei ausbleibender Umkehr seiner Adressaten nur durch „seinen Sühnetod als endzeitlichen Ersatz für den Sühnopferkult des Tempels“ durchsetzen und habe darauf symbolisch und mit dem Tempelwort hingewiesen.[90]

Vermutlich war eine Tempelaktion Jesu begrenzt und wurde von nur wenigen beobachtet, da sonst die jüdische Tempelpolizei oder römische Soldaten aus der an den Tempelbezirk angrenzenden Festung Antonia sofort eingeschritten wären.[91]

Gefangennahme

Giotto di Bondone – „Gefangennahme“

Von wem Jesu Festnahme ausging, ist umstritten. Der damalige Hohepriester Kaiphas könnte sie aufgrund der Tempelaktion vom Vortag veranlasst haben: Als Vorsitzender des Sanhedrins, der obersten Religionsbehörde des damaligen Judentums, war er für kultische Vergehen und Verbrechen im Sinne der Tora zuständig. Dafür konnte er Strafverfahren einleiten und Todesstrafen verhängen, aber unter damaliger römischer Besatzung nicht ausführen.[92] Er verfügte über eine jüdische Wache für den Tempelbezirk, während römische Soldaten das übrige Stadtgebiet kontrollierten.

Möglicherweise ließen die Tempelpriester Jesus auch ohne direkte Provokation vorsorglich festnehmen, da er wie andere vor ihm von den Römern als möglicher Aufrührer wahrgenommen wurde. Sie hätten unter Druck gestanden, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, um den Tempelkult fortsetzen zu können.[93]

Jesus und seine Jünger lagerten im Garten Getsemani am Fuß des Ölbergs, einer Lagerstätte für Pessachpilger. Dorthin soll Judas Ischariot in der Nacht nach dem letzten Mahl aller Jünger mit Jesus eine mit „Schwertern und Stangen“ bewaffnete „große Schar“ (oχλoς, Mk 14,43) bzw. „Söldnertruppe“ (σπειρα, Joh 18,3) geführt haben. Paul Winter nahm daher an, dass Jesus nicht vom Sanhedrin festgenommen und verurteilt worden sei, sondern von den Römern in Begleitung von bewaffneten Juden der Tempelgarde. Die Besatzer hätten mögliche politisch-revolutionäre Tendenzen unterdrücken wollen, die in Jesu Gefolgschaft vorhanden gewesen seien oder durch seine Botschaft und Taten hervorgerufen werden konnten.[94] Die meisten christlichen Historiker halten demgegenüber an der Initiative der Tempelpriester im Passionsverlauf fest, wie sie die Evangelien darstellen.[95]

Historiker beider Positionen nehmen gemeinsame Interessen der Römer und jüdischen Eliten an Jesu Festnahme an. Denn der „Tempelkonflikt“ habe die Machtposition der jüdischen Eliten unmittelbar bedroht, unvorhersehbare Folgen für die Autonomie der jüdischen Gemeinschaft gehabt und somit andauernde politische Instabilität verursachen können.[96] In diesem Sinn gilt die von Kaiphas überlieferte Abwägung als plausibel (Joh 18,14 EU):

„Es ist besser, dass ein Mensch statt des Volkes stirbt.“

Da Jesus die Sympathien des Volkes besaß, wurde er „mit List“ (Mk 14,1) festgenommen, nämlich nachts (Mk 14,17.49).

Nach allen Evangelien versuchten einige Jünger, Jesus mit Gewalt zu verteidigen. Dies habe er jedoch zurückgewiesen und seinen Tod als Gottes vorherbestimmten Willen angenommen. Laut Mk 14,48f sagte er zu den Soldaten:

„Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen, um mich festzunehmen. Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und lehrte und ihr habt mich nicht verhaftet; aber (das ist geschehen), damit die Schrift in Erfüllung geht.“

Daraufhin seien seine Anhänger geflohen (Mk 14,50). Dass die Soldaten sie nicht verfolgten, weist eher auf einen religiösen als politischen Grund der Festnahme hin.

Vor dem Hohen Rat

Giotto di Bondone – „Jesus vor dem Hohen Rat“

Nach allen Evangelien brachte man Jesus dann ins Haus des Hohenpriesters (Mk 14,53), wo er geschlagen und verhöhnt worden sei (Mk 14,65). Ob es einen regulären Prozess gegen ihn gab, bezeugen die Quellen nicht eindeutig. Nach den Synoptikern hielt der Hohe Rat im Haus des Kaiphas eine nächtliche Sitzung und beschloss nach Jesu Messiasbekenntnis ein Todesurteil; eine zweite Ratszusammenkunft am folgenden Morgen beschloss und vollzog Jesu Übergabe an die römischen Behörden. Das Johannesevangelium erwähnt dagegen nur ein Verhör durch Hannas (Joh 18,19ff), den Vorgänger und Schwiegervater des Kaiphas (Joh 18,13).

Nach dem markinischen Prozessbericht (Mk 14,55–64 EU) wollte der Sanhedrin Jesus von vornherein zum Tod verurteilen (v. 55). Dazu vernahm er zuerst Zeugen, die behaupteten, Jesus habe Unmögliches, nämlich den Abriss und Neubau des Tempels innerhalb von drei Tagen, geweissagt (v. 58; Joh 2,19). Dass die Tempelpriester solche prophetische Tempelkritik verfolgten, zeigt das Beispiel Jeremias (Jer 26,1–19), des „Lehrers der Gerechtigkeit“ in einigen Schriftrollen vom Toten Meer und des Unheilspropheten Jesus ben Ananias, der 62 in Jerusalem die Zerstörung von Tempel und Stadt ankündigte. Todesurteile deswegen sind dafür jedoch nicht überliefert.[97] Dtn 18,22 tadelt falsche Prophetie als „Vermessenheit“ und konnte zu einem Todesurteil führen, wenn sie zugleich als Verführung des Volkes zum Götzendienst gedeutet wurde (Dtn 18,20; 13,2–6 u. a.). Der Talmud beschrieb Jesus im Traktat Sanhedrin 43a später als zu Recht verurteilten Volksverführer. Dies wird jedoch als Niederschlag der Polemik zwischen frühchristlichen Gemeinden und Juden gedeutet.

Nachdem das Zeugenverhör keine übereinstimmenden und damit keine juristisch verwertbaren Aussagen ergab, soll der Hohepriester Jesus schließlich direkt gefragt haben (v. 61):

„Bist Du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?“

Diese traditionelle Vermeidung des Gottesnamens wird als Verweis auf die Messiasweissagung Nathans in 2Sam 7,12–16 und damit auf einen weltlichen Machtanspruch im Sinn einer Davidnachfolge gedeutet.[98] Darauf habe Jesus geantwortet (v. 62):

„Ich bin es; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzend zur Rechten der Kraft und mit den Himmelswolken kommen.“

Mit diesem in den Evangelien einmaligen Bekenntnis hätte Jesus auf die Vision der Weltherrschaft des Menschensohns nach Gottes Endgericht in Dan 7,13f angespielt und dessen Vollmacht für sich beansprucht. So hätte er die national begrenzte Erwartung des Hohenpriesters zur Abschaffung aller Gewaltherrschaft im Sinne der apokalyptischen Tradition im Buch Daniel korrigiert (vgl. Mk 8,38 und Mk 13,24ff). Dort ist der Menschensohn kein Davidnachfolger und besitzt keine politische Macht, sondern erhält Gottes Vollmacht nach dessen Gericht über alle politischen Weltmächte.

Nach Mk 14,63 zerriss der Hohepriester daraufhin sein Amtskleid, wertete Jesu Antwort also als Blasphemie und damit als Schuldbeweis. Diesem Urteil sei der Rat einstimmig gefolgt (v. 64). Ein politischer Messiasanspruch galt im Judentum damals nicht als blasphemisch: Rabbi Akiba erkannte den Anführer der aufständischen Juden Simon Bar Kochba um 132 wahrscheinlich als Messias („Sternensohn“) an. Manche Exegeten gehen daher davon aus, dass der Hohepriester erst die Menschensohn-Ankündigung Jesu als todeswürdig ansah. Denn sie bestätigte für ihn die Anklage auf Falschprophetie, und die Sadduzäer lehnten Daniels Apokalyptik als Irrlehre ab.[99]

Andere beurteilen Jesu Menschensohnbekenntnis als nachösterliche Deutung der Urchristen: Denn es sei in den Evangelien einmalig und setze Jesu Vergöttlichung schon voraus.[100] Es gilt dann als urchristliche Anspielung auf Jesu Parusie oder auf seine Auferstehung.[101] Dabei wird eine apokalyptische Erwartung im damaligen Judentum vorausgesetzt, die auch die Urchristen teilten: Diese erstmals von Albert Schweitzer 1906 vertretene These bestätigten die ab 1947 entdeckten Schriftrollen vom Toten Meer.

Der Bericht des Markusevangeliums über Jesu Prozess und Auslieferung vor dem Sanhedrin (Mk 14,52–15,1) betont dreimal (v. 53, 55 und 15,1), dass die Ratsmitglieder Jesus einmütig verfolgten; nach v. 64 erging auch ihr Todesurteil einstimmig, nach v. 65 nahmen „etliche“ auch an seiner Misshandlung und Verspottung teil. Diese Motive werden von Historikern bezweifelt, weil sie späteren jüdischen Prozessregeln widersprechen (Mischna Sanhedrin IV/1; vgl. Babylonischer Talmud, Sanhedrin 17a). Paul Winter nahm an, dass diese Regeln schon zu Jesu Zeit galten, aber in seinem Fall nicht befolgt wurden. Er hielt den ganzen rechtlichen Rahmen des Prozesses vor dem Sanhedrin für historisch unglaubwürdig; der Evangelist habe die Schuld am Tod Jesu nachträglich von den Römern auf die Juden übertragen.[102]

Vor Pilatus

Mihály Mukácsy – „Christus vor Pilatus“, 1881

Um Jesu rechtzeitige öffentliche Hinrichtung zu erreichen, formten die Ratsmitglieder das Todesurteil am folgenden Morgen in die Anklage eines politischen Messiasanspruchs um (Mk 15,1). Entgegen der Tradition (Dtn 18,22) sahen sie sich offenbar zu schnellem Handeln veranlasst. Der Talmud verlangte später eine Ein-Tages-Frist zwischen Urteil und Vollstreckung; diese wäre im Falle Jesu missachtet worden, falls es sie damals schon gab. Die akute Aufstandsgefahr beim Passahfest und eine rechtzeitige Kreuzigung vor Anbruch des Sabbats könnten diese ungewöhnliche Eile motiviert haben (Joh 19,31; vgl. Dtn 21,23).

Der Hinrichtungsbefehl des Pilatus gilt als wahrscheinlich, da auch außerchristliche Historiker ihn erwähnen. Umstritten ist jedoch seine Rolle: Nach Markus, dem die übrigen Evangelien darin folgten, war er nicht von Jesu Schuld überzeugt und bot dessen Anklägern seine Freilassung anstelle eines bereits verurteilten „Aufrührers“ – Barabbas – an. Doch eine von den Priestern aufgestachelte Volksmenge habe ihn zur Hinrichtung Jesu gedrängt – Kreuzige ihn! –, so dass er ihnen zuletzt nachgab (Mk 15,2–15). Diese Darstellung wird angezweifelt, da viele Juden Jesus zuvor als möglichem Thronanwärter zugejubelt hatten und das römische Recht nicht als für sich gültig akzeptierten. Paul Winter und anderen Autoren zufolge überarbeitete Markus den ihm vorliegenden Passionsbericht mit deutlich antijüdischer Tendenz, um den römischen Statthalter zu entlasten und die jüdischen Führer als Hauptschuldige zu belasten.[103]

Pilatus und Herodes sollen anlässlich der Verurteilung Jesu Freunde geworden sein (Lk 23,11f). Dies spiegelt die Kollaboration jüdischer Führer mit den römischen Besatzern.

Nach allen Evangelien verurteilte Pilatus Jesus als „König der Juden“, wie es die bei Römern übliche Kreuzestafel angab (Joh 19,19). Laut Joh 19,21 protestierten die Sadduzäer erfolglos gegen diese: Jesus habe bloß behauptet, der Messias zu sein. Demnach deutete Pilatus Jesu Messiasanspruch als politischen Führungsanspruch, den er nach römischem Recht als Hochverrat (crimen maiestatis), Anstiftung zum Aufstand (seditio) und staatsfeindlichen Aufruhr (perduellio) ahnden musste. Denn nur der römische Kaiser hatte das Recht, Könige ein- oder abzusetzen. Mit Jesu Hinrichtung wollte Pilatus wahrscheinlich ein Exempel gegen alle rebellischen Juden statuieren.

Klaus Haacker sieht den entscheidenden Grund für den Hinrichtungsbefehl in Jesu eigenem Verhalten: Seine Antwort auf die Frage nach einer angemaßten Königswürde (Du sagst es, Mk 15,2) und sein folgendes Schweigen (Mk 15,5) habe Pilatus nach geltendem römischem Gesetz als Geständnis werten müssen, das sein Todesurteil erzwungen habe. Für die Urchristen war dies jedoch ein Unrechtsurteil, da Jesus keinen bewaffneten Aufstand geplant habe (Lk 22,38). Für sie stellte der Kreuzestitel kein angebliches Verbrechen fest, sondern bestätigte Jesu Würde als des Kyrios Christus, des Herrschers aller Herren (Offb 19,16).

Kreuzigung

Michelangelo – „Kreuzigung“, 1540

Mit der öffentlichen Geißelung begann die römische Hinrichtungsprozedur (Mk 15,15–19). Diese Folter war integraler Bestandteil einer römischen Kreuzigung und wurde oft so brutal durchgeführt, dass der Verurteilte bereits daran starb.[104] Die Verhöhnung durch die römischen Soldaten wird oft als „Verspottungsritual“ verstanden, das von Jesu Verurteilung als „König der Juden“ veranlasst und zum „Spott über die Juden und ihre messianische Hoffnung“ vollzogen wurde.[105]

Danach zwang man Jesus, sein Kreuz zum Richtplatz vor die Stadtmauer zu tragen. Nach Mk 15,21 wurde ein zufällig von der Feldarbeit vorbeikommender Jude genötigt, ihm die Last abzunehmen. Sein Name, „Simon von Kyrene“ aus der nordafrikanischen Exilgemeinde Kyrene, war den Urchristen noch Jahrzehnte später mitsamt den Namen seiner Söhne bekannt: Dies wird als Solidarität zwischen Urchristen und Diasporajuden gedeutet. – Nach Mk 15,27 wurde Jesus zusammen mit zwei „Räubern” auf dem Hügel Golgota („Schädelstätte“) vor der damaligen Jerusalemer Stadtmauer gekreuzigt, nach Lk 23,39ff begleitet von Hohn und Spott der Anwesenden.

Die Kreuzigung war im römischen Kaiserreich die grausamste Hinrichtungsmethode, meist angewandt gegen Aufständische, entlaufene Sklaven und Einwohner ohne römisches Bürgerrecht. Sie sollte jüdische Augenzeugen demütigen und von der Teilnahme an Aufruhr abschrecken. Juden galt sie als Verfluchtsein durch Gott (Dtn 21,23; Gal 3,13). Der Todeskampf konnte je nach Ausführung tagelang dauern, bis der Gekreuzigte verdurstete, am eigenen Körpergewicht erstickte oder an Kreislaufversagen starb.[106] Der vormarkinische Passionsbericht nennt dazu keine Details und gibt nur an, dass Jesus „um die dritte Stunde” gekreuzigt wurde und „um die neunte Stunde” starb. Mit einer Anspielung auf Ps 69,22 erwähnt Mk 15,23 und 15,36, dass die Soldaten Jesus „Myrrhe in Wein” (nach Mt 27,34 „Wein…mit Galle”) vor der Kreuzigung anboten. Während er diesen Trank aus der Hand seiner Henker ablehnte, habe er aus jüdischer Hand einen mit Weinessig (Posca) getränkten Schwamm kurz vor seinem Tod angenommen.

Nach Mt 27,46 und Mk 15,34 rief der sterbende Jesus auf Aramäisch die Worte des Ps 22,2 EU:

„Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“

Die wiederholten Anspielungen auf Psalmen (Mt 27,35.43), auf das Lied des Gottesknechts in Jes 53,1–12 (Mk 15,5; 15,28) und auf Ps 35,19 (Joh 15,25) stellen Jesus in die Reihe der zu Unrecht verfolgten, von der Gewalt aller Feinde umringten und an Gottes Gerechtigkeit appellierenden Leidenden.[107]

Grablegung

Römer ließen gekreuzigte Leichen oft zur Abschreckung und Demütigung der Anhänger und Angehörigen Tage und Wochen hängen, bis sie verwest, zerfallen oder von Vögeln gefressen worden waren. Für Juden verstieß diese Praxis gegen das Toragebot Dtn 21,22f., wonach an ein Holz Gehängter noch vor Ablauf seines Todestages beerdigt werden sollte.

Nach Mk 15,42ff. war Jesus vor Anbruch der Nacht gestorben. Daher habe Josef von Arimathäa Pilatus darum gebeten, ihn vom Kreuz abnehmen und bestatten zu dürfen. Darauf habe Pilatus sich Jesu Tod vom römischen Aufseher der Hinrichtung bestätigen lassen und seinen Leichnam dann zur Bestattung freigegegen. Diese für Römer ungewöhnliche Freigabe wird als Rücksicht auf Gefühle und Religion der Juden gedeutet, um beim Pessachfest keine Unruhe auszulösen. Eine römische Bestattungserlaubnis für gekreuzigte Juden setzte auch Josephus voraus (Bellum Judaicum 4,317).[108]

Nach Mk 15,46 ließ dieser „angesehene Ratsherr” Jesu Leichnam noch am selben Abend nach jüdischem Brauch einbalsamieren und in ein neues Felsengrab legen. Die gesetzmäßige Grablegung eines Verurteilten gehörte für einige Exegeten zu den Zuständigkeiten des Sanhedrin.[109] Jesu Grab wurde mit einem schweren Stein verschlossen, wie es damals in Jerusalem für fromme Juden üblich war (Eduard Schweizer). Zwei Frauen aus Galiläa, die Jesus bis zu seinem Tod begleitet hatten, wurden nach Mk 15,47 Zeugen dieses Vorgangs.

Siehe auch

Literatur

Quellen

Umfeld und Entstehung des NT

  • Hartmut Stegemann: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus. Herder Spektrum 4128, Freiburg 1994, ISBN 3-451-04128-6
  • Peter Stuhlmacher, Gerhard Friedrich, Paul Althaus: Das Neue Testament deutsch. Teilband 1: Die Entstehung und der Wortlaut des Neuen Testaments. Vandenhoeck & Ruprecht, 10. Auflage, Göttingen 1963

Historische Darstellungen

Jüdische Darstellungen

Einzelthemen

Prozess

  • Otto Betz: Probleme des Prozesses Jesu., in: ANRW II.25.1, S. 566–647
  • Joseph Blinzler: Der Prozess Jesu. 4. erweiterte Auflage, Pustet, Regensburg 1969.
  • Chaim Cohn: Der Prozess und Tod Jesu aus jüdischer Sicht. Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-633-54141-1
  • Peter Egger: Crucifixus sub Pontio Pilato. Aschendorff, Münster 1997, ISBN 3-402-04780-2
  • David Flusser: Die letzten Tage Jesu in Jerusalem. Das Passionsgeschehen aus jüdischer Sicht. Calwer Verlag, Stuttgart 1982, ISBN 3-7668-0676-9
  • Werner Koch: Der Prozess Jesu. Versuch eines Tatsachenberichts. dtv, München 1968.
  • Pinchas Lapide: Wer war Schuld an Jesu Tod? Gütersloher Verlagshaus Mohn, Gütersloh 1987, ISBN 3-579-01419-6
  • Simon Legasse: The Trial of Jesus. SCM Press, London 1997, ISBN 0-334-02679-2 (englisch)
  • Rudolf Pesch: Der Prozess Jesu geht weiter. Herder, Freiburg im Breisgau 1988, ISBN 3-451-08507-0
  • Wolfgang Reinbold: Der Prozess Jesu, Göttingen 2006, ISBN 978-3-525-61591-1. Online-Auszug
  • August Strobel: Die Stunde der Wahrheit: Untersuchungen zum Strafverfahren gegen Jesus. Mohr Siebeck, Tübingen 1980, ISBN 3-16-143041-7
  • Geza Vermes: Die Passion. Die wahre Geschichte der letzten Tage im Leben Jesu, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-89678-291-5
  • Paul Winter: On the Trial of Jesus, (1. Auflage 1961) Studia Judaica, Band 1, de Gruyter, revidierte Auflage Berlin 1974.

Populäre Literatur

Commons: Jesus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Allgemeine Grundinformationen

Jüngere Forschung

Einzelthemen

Einzelnachweise

  1. Bibelstellen werden nachfolgend nach der Einheitsübersetzung zitiert und den Loccumer Richtlinien gemäß abgekürzt.
  2. Perseus-Projekt (englisch): Tacitus, Annales 15,44
  3. Perseus-Projekt (englisch): Claudius, Kapitel 25,4
  4. James H. Charlesworth: The Historical Jesus, An Essential Guide. Nashville 2008, S. 41
  5. Richard Bauckham: Jesus and the Eyewitnesses. The Gospels as Eyewitness Testimony. William B. Eerdman Company, 2006, ISBN 0802831621
  6. Gerd Theißen, Annette Merz: Der historische Jesus, S. 44f
  7. Wolfgang Stegemann: Jesus und seine Zeit, Stuttgart 2010, S. 148f.
  8. so z.B. Ulrich Wilckens: Auferstehung. Das biblische Auferstehungszeugnis historisch untersucht und erklärt. (1. Auflage 1970)
  9. Hans Conzelmann: Historie und Theologie in den synoptischen Passionsberichten. In: F. Viering (Hrsg.): Zur Bedeutung des Todes Jesu Gütersloh 1967, S. 37f.
  10. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 394; Wolfgang Reinbold: Der Prozess Jesu, Göttingen 2006, S. 49; Wolfgang Stegemann: Jesus und seine Zeit, Stuttgart 2010, S. 362
  11. Martin Karrer: Jesus Christus im Neuen Testament, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998, S. 46f
  12. Mark Lidzbarski: Ginza. Der Schatz oder Das große Buch der Mandäer. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1925 (Neudruck 1978), ISBN 3-525-54123-6
  13. Wolfgang Wiefel: Das Evangelium nach Matthäus. In: Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament Bd. 1, Evangelische Verlagsanstalt 1998, ISBN 3-374-01639-1, S. 49
  14. Hans Conzelmann: Geschichte des Urchristentums, Göttingen 1978, S. 18
  15. Jens Schröter: Jesus von Nazaret, S. 71, Fußnote 71
  16. Leonard Goppelt: Zur Chronologie Jesu, in: Theologie des Neuen Testaments, Göttingen 1978, S. 71
  17. Michael Theobald: Das Herrenmahl im Neuen Testament, in: Theologische Quartalsschrift 183 (2003), S. 261: verweist u.a. auf Johannes P. Meier, Jürgen Becker, Gerd Theißen/Anette Merz, Wolfgang Schrage, Martin Dibelius
  18. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 152ff; Leonard Goppelt: Theologie des Neuen Testaments, S. 71
  19. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 150
  20. Jens Schröter: Jesus von Nazaret, Leipzig 2006, S. 72f.
  21. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 42ff
  22. James F. Strange: Nazareth, ABD 4, S. 1050f; Jens Schröter: Jesus von Nazaret, S. 76; Israel News, 23. Dezember 2009: House from Jesus' time excavated
  23. dazu Peter Schäfer: Jesus im Talmud, Mohr/Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 3161494628
  24. Gerd Lüdemann: Jungfrauengeburt? Die Geschichte von Maria und ihrem Sohn Jesus, Verlag zu Klampen, 2008, ISBN 9783866740280
  25. James H. Charlesworth: The Historical Jesus, An Essential Guide, Abingdon, Nashville 2008, S. 70
  26. Diese Deutung sollte das in der römisch-katholischen und den orthodoxen Kirchen vertretene Dogma der „immerwährenden Jungfräulichkeit Marias“ stützen, siehe Lorenz Oberlinner: Historische Überlieferung und christologische Aussage. Zur Frage der Brüder Jesu in der Synopse, Stuttgart 1975; zurückgewiesen von Rudolf Pesch: Das Markusevangelium, Bd. 1, HThK NT II/1, Herder, Freiburg et al. 1976, S. 323; Joachim Gnilka: Das Evangelium nach Markus, Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament II/1, Neuenkirchener Verlag, ISBN 3-7887-0576-0, Neukichen-Vluyn 1978, S. 234
  27. Harry Jungbauer: „Ehre Vater und Mutter“, Der Weg des Elterngebots in der biblischen Tradition, Mohr/Siebeck, Tübingen 2002, S. 80ff.; Cornelis Houtman: Das Bundesbuch: ein Kommentar, Brill, Leiden 1997, S. 131ff.
  28. Joachim Gnilka: Das Matthäusevangelium, HThK NT I/1, Herder, Freiburg u.a. 1986, S. 396
  29. Rudolf Pesch: Das Markusevangelium, Bd. 1, HThK NT II/1, Herder, Freiburg u.a. 1976, S. 223
  30. Rudolf Pesch: Das Markusevangelium, Bd. 1, Freiburg u.a. 1976, S. 374f.
  31. Hans Conzelmann: Geschichte des Urchristentums, Göttingen 1978, S. 150
  32. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 318f
  33. Jens Schröter: Jesus von Nazaret, S. 77, Fußnote 82
  34. Pinchas Lapide: Er predigte in ihren Synagogen. Jüdische Evangelienauslegung. Gütersloher Verlagshaus 1980, ISBN 3-579-01400-5
  35. Willibald Bösen: Galiläa als Lebensraum und Wirkungsfeld Jesu, S. 74f
  36. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 184–191
  37. H. H. Schader: Nasiraios, in: Gerhard Kittel (Hrsg.): Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament Bd. IV, Sp. 879–884
  38. Josef Ernst: Johannes der Täufer: Interpretation, Geschichte, Wirkungsgeschichte, Walter de Gruyter, Berlin 1989, S. 156ff.
  39. Martin Karrer: Jesus Christus im Neuen Testament, S. 267
  40. James H. Charlesworth: The Historical Jesus, An Essential Guide. Nashville 2008, S. 78
  41. Jürgen Becker: Jesus von Nazaret, Berlin 1996, S. 99
  42. Geza Vermes, Gerd Theißen, E.P. Sanders u. a.
  43. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 160f; Jürgen Becker: Jesus, München 2000, S. 64f
  44. Hans Conzelmann, Andreas Lindemann: Arbeitsbuch zum Neuen Testament, S. 353ff; Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 221
  45. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 224 und 230ff
  46. Auslegungen bei Wolfgang Wiefel: Das Evangelium nach Matthäus, S. 214
  47. zusammengefasst bei Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 223–226; Luise Schottroff, Wolfgang Stegemann: Jesus von Nazareth – Hoffnung der Armen, S. 26ff
  48. Martin Karrer: Jesus Christus im Neuen Testament, S. 266
  49. Adolf Holl: Jesus in schlechter Gesellschaft
  50. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 275
  51. H. D. Betz: Studien zur Bergpredigt, Tübingen 1985 (zitiert nach Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 46)
  52. Pinchas Lapide: Entfeindung leben?
  53. Renee Girard: Das Ende der Gewalt, S. 203–210
  54. Renee Girard: Des choses cachées depuis la fondation du monde, Livre III, cap.5
  55. Ulrich Becker: Jesus und die Ehebrecherin. Untersuchungen zur Text- und Überlieferungsgeschichte von Johannes 7,53–8,11. (1. Auflage 1963) ISBN 3-11-005593-7, S. 8–43
  56. zur Nachfolge der Urchristen insgesamt: Martin Hengel: Nachfolge und Charisma, Berlin 1968
  57. Luise Schottroff, Dorothee Sölle: Jesus von Nazaret. dtv, München 2001, ISBN 3-423-31026-X
  58. Geza Vermes: Jesus der Jude, S. 5 und S. 85–88
  59. Oda Wischmeyer, ThLZ 121, Darmstadt 1996, S. 1125–1128 (Rezension von Luise Schrottroff, Silvia Schroer, Marie-Theres Wacker: Feministische Exegese. Forschungserträge zur Bibel aus der Perspektive von Frauen)
  60. Babylonischer Talmud, Mischna Joma 8,6 u.a.
  61. Klaus Berger: Jesus als Pharisäer und frühe Christen als Pharisäer, NT30 (1988), S. 231–262, zitiert in Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 138; Wolfgang Reinbold: Der Prozess Jesu, Göttingen 2006, S. 110
  62. Jens Schröter: Von der Historizität der Evangelien, in: Jens Schröter, Ralph Brucker (Hrsg.): Der historische Jesus. Tendenzen und Perspektiven der gegenwärtigen Forschung, Berlin/New York 2002, S. 197; Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 177
  63. Günther Baumbach: Herodes/Herodeshaus, in: Theologische Realenzyklopädie Band 15, Berlin/New York 1986, S. 159ff
  64. Sean Freyne: Galilee and Gospel, S. 139f
  65. Joachim Jeremias: Der Opfertod Jesu Christi, in: Bertold Klappert: Diskussion um Kreuz und Auferstehung, Aussaat Verlag, Wuppertal 1967, ISBN 3-7615-4661-0, S. 179f.; Jens Schröter: Jesus von Nazaret, S. 272f.
  66. Wolfgang Stegemann: Jesus und seine Zeit, Stuttgart 2010, S. 359
  67. Peter Egger: „Crucifixus Sub Pontio Pilato“. Das „Crimen“ Jesu von Nazareth im Spannungsfeld römischer und jüdischer Verwaltungs- und Rechtsstrukturen, Münster 1997, S. 202; Strömungen des Judentums (judentum-projekt.de)
  68. Martin Noth: Geschichte Israels. Göttingen 1976, S. 386f
  69. Der Messias, JBTh Band 8, 1993; Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 125–220, weitere Literatur dort
  70. Rudolf Bultmann: Das Verhältnis der urchristlichen Glaubensbotschaft zum historischen Jesus, 1960
  71. Martin Hengel: Die Zeloten, 1961; War Jesus revolutionär?, 1970; Samuel George Frederick Brandon: Jesus and the Zealots, 1967; Oscar Cullmann: Jesus und die Revolutionäre seiner Zeit, 1970 u. a.
  72. Martin Karrer: Jesus Christus im Neuen Testament, S. 275
  73. Gerd Theißen: Die politische Dimension des Wirkens Jesu. In: ders. u. a. (Hrsg.): Jesus in neuen Kontexten, S. 118ff
  74. Jürgen Moltmann: Der gekreuzigte Gott. München 1972, S. 132
  75. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 167
  76. Oscar Cullmann, zitiert nach Jürgen Moltmann: Der gekreuzigte Gott, S. 133
  77. Martin Karrer: Jesus Christus im Neuen Testament, S. 268
  78. Martin Ebner: Jesus von Nazaret in seiner Zeit, Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart 2003, S. 195
  79. Klaus Berger: Wer war Jesus wirklich? Quell Verlag, 3. Auflage, Stuttgart 1996, S. 172
  80. Martin Ebner: Jesus von Nazaret in seiner Zeit, a.a.O., S. 197
  81. Gerd Theißen: Jesus als historische Gestalt. Beiträge zur Jesusforschung, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, S. 130
  82. John Dominic Crossan: Jesus. Ein revolutionäres Leben, C.H. Beck, München 1996, S. 170
  83. Jürgen Becker: Jesus von Nazaret, Berlin/New York 1996, S. 415; Jürgen Roloff: Jesus, München 2000, S. 106; Ulrich Luz: Warum zog Jesus nach Jerusalem?, in: Jens Schröter, Ralph Brucker (Hrsg.): Der historische Jesus. Tendenzen und Perspektiven der gegenwärtigen Forschung. Berlin/New York 2002, S. 415ff.
  84. Matthias Kreplin: Das Selbstverständnis Jesu. Mohr/Siebeck, Tübingen 2001, S. 128
  85. Peter Dschulnigg: Das Markusevangelium, Theologischer Kommentar zum Neuen Testament, Bd. 2, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 334
  86. Joachim Jeremias: Jerusalem zur Zeit Jesu
  87. Jostein Adna: Jesu Stellung zum Tempel: Die Tempelaktion und das Tempelwort als Ausdruck seiner messianischen Sendung, Mohr/Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 3-16-146974-7, S. 252f. und S. 437
  88. Peter Stuhlmacher: Charakteristische Formen der Verkündigung Jesu, in: Biblische Theologie des Neuen Testaments Band 1: Grundlegung: Von Jesus zu Paulus, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-53595-3, S. 84
  89. Jens Schröter: Jesus von Nazaret, 2006, S. 278–280 und 282f.
  90. Jostein Adna: Jesu Stellung zum Tempel, a.a.O., S. 425–430 und 440
  91. Leonhard Goppelt: Theologie des Neuen Testaments, Göttingen 1978, S. 147
  92. Paul Winter: On the Trial of Jesus (1961), S. 16–19
  93. Jens Schröter: Jesus von Nazaret, S. 276ff.
  94. Paul Winter: On the Trial of Jesus, S. 44–48 und S. 136ff
  95. z.B. Joseph Blinzler: Der Prozeß Jesu; August Strobel: Die Stunde der Wahrheit; Rudolf Pesch: Der Prozess Jesu geht weiter u. a.
  96. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 408ff
  97. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 405
  98. Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 409; G. Jossa: Gesù messia?, S. 103 und 118
  99. z. B. Bertold Klappert: Die Auferweckung des Gekreuzigten, § 7: Die Subjektsfrage im Kontext des Menschensohnproblems, Neukirchener Verlag, 2. Auflage, Neukirchen-Vluyn 1974, S. 119–123
  100. so z. B. Hans Lietzmann, Rudolf Bultmann, Andreas Lindemann. Literatur bei Gerd Theißen, Anette Merz: Der historische Jesus, S. 406
  101. H. K. McArthur: Mark XIV.62, in: New Testament Studies 4, 1957–58, S. 156ff; zitiert nach G. Jossa: Gesù messia?, S. 119)
  102. Paul Winter: On the Trial of Jesus, S. 67, Anmerkung 2
  103. Paul Winter: On the Trial of Jesus, S. 51–61 und dort zitierte Literatur
  104. Paul Winter: On the Trial of Jesus, S. 56, Anmerkung 21
  105. Wolfgang Wiefel: Das Evangelium nach Matthäus, S. 475
  106. Raymond Schmittlein: Umstände und Ursache von Jesu Tod, Mainz 1951; William D. Edwards et al. On the Physical Death of Jesus Christ , JAMA, 21. März 1986, Vol 255, No. 11; Lee Strobel, Der Fall Jesus, 1997, S. 217-227
  107. Renee Girard: Das Ende der Gewalt: Analyse des Menschheitsverhängnisses. Herder, Freiburg 1983, ISBN 3-451-19017-6, S. 172–176 und 240ff.
  108. Wolfgang Reinbold: Der Prozess Jesu, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 98
  109. Paul Winter: On the Trial of Jesus, S. 57, Anmerkung 24