„JJ1“ – Versionsunterschied

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'''JJ1 (Bruno)''' (* [[2004]] in [[Südtirol]]; † [[26. Juni]] [[2006]] in [[Schliersee (Ort)|Schliersee]]) war ein [[Braunbär]], der im [[Mai 2006]] von [[Südtirol]], [[Italien]] über [[Tirol]], [[Österreich]] nach [[Bayern]], [[Deutschland]] eingewandert war.
'''JJ1 (Bruno)''' (* [[2004]] in [[Südtirol]]; † [[26. Juni]] [[2006]] in [[Schliersee (Ort)|Schliersee]]) war ein [[Braunbär]], der im [[Mai 2006]] von [[Südtirol]], [[Italien]] über [[Tirol]], [[Österreich]] nach [[Bayern]], [[Deutschland]] eingewandert war.


Bekannt wurde er zunächst deshalb, weil er der erste freilebende Bär war, der nach über 170 Jahren wieder in Bayern gesichtet wurde. Der noch relativ junge und unerfahrene Bär wurde jedoch rasch zum so genannten „''Problembären''“ erklärt, da er sich auf seinem Weg in der Nähe menschlicher Siedlungen mit Nahrung versorgte. Er plünderte dort Fischteiche, Hühnerställe, Bienenstöcke und riss ungewöhnlich viele Schafe. Daher wurde er von einigen Behörden auch als für den Menschen bedrohlich eingestuft. Auf sein Auftreten und die Fangversuche wurden sogar Wetten abgeschlossen. International berichtete beispielsweise die [[The New York Times|New York Times]] <ref>The New York Times: ''[http://www.nytimes.com/2006/06/16/world/europe/16bear.html?ex=1308110400&en=5c989449e6351939&ei=5090&partner=rssuserland&emc=rssHerr Bruno Is Having a Picnic, but He's No Teddy Bear]'', 16. Juni 2006</ref> über die verschiedenen Sichtungen des Bären. Nachdem zuvor mit hohem Aufwand erfolglos versucht worden war, JJ1 zu fangen, wurde er in der Nacht zum 26. Juni 2006 um 4:50 Uhr auf einer 1500 m hohen Almwiese in der Nähe der [[Rotwand (Bayern)|Rotwand]] im [[Spitzingsee]]gebiet, einem Ortsteil von [[Schliersee (Ort)|Schliersee]] bei [[Bayrischzell]] im Landkreis [[Miesbach]] aus 150 Metern Entfernung von einem Jagdbeauftragten getötet <ref>[[Bayerischer Rundfunk]]: ''[http://www.br-online.de/umwelt-gesundheit/thema/baer-in-bayern/baer-bayern-tirol.xml Abschuss: Jäger töten Braunbär „JJ1“]'', 26. Juni 2006</ref>.
Bekannt wurde er zunächst deshalb, weil er der erste freilebende Bär war, der nach über 170 Jahren wieder in Bayern gesichtet wurde. Der noch relativ junge und unerfahrene Bär wurde jedoch rasch zum so genannten „''Problembären''“ erklärt, da er sich auf seinem Weg in der Nähe menschlicher Siedlungen mit Nahrung versorgte. Er plünderte dort Fischteiche, Hühnerställe, Bienenstöcke und riss ungewöhnlich viele Schafe. Daher wurde er von einigen Behörden auch als für den Menschen bedrohlich eingestuft. Auf sein Auftreten und die Fangversuche wurden sogar Wetten abgeschlossen. International berichtete beispielsweise die [[The New York Times|New York Times]] <ref>The New York Times: ''[http://www.nytimes.com/2006/06/16/world/europe/16bear.html?ex=1308110400&en=5c989449e6351939&ei=5090&partner=rssuserland&emc=rssHerr Bruno Is Having a Picnic, but He's No Teddy Bear]'', 16. Juni 2006</ref> über die verschiedenen Sichtungen des Bären. Nachdem zuvor mit hohem Aufwand erfolglos versucht worden war, JJ1 zu fangen, wurde er in der Nacht zum 26. Juni 2006 in der Nähe der [[Rotwand (Bayern)|Rotwand]] im [[Spitzingsee]]gebiet erschossen.


== Name und Herkunft des Bären ==
== Name und Herkunft des Bären ==
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Weitere Beobachtungen erfolgten nahe dem [[Spitzingsee]] [23], sowie am 24. Juni 2006, als der Bär den [[Soinsee]] [24] im Landkreis [[Miesbach]] durchschwamm. Am selben Abend wurde er in der Nähe einer Bergwachthütte im [[Rotwand (Bayern)|Rotwandgebiet]] [25] beim Aufstieg beobachtet.
Weitere Beobachtungen erfolgten nahe dem [[Spitzingsee]] [23], sowie am 24. Juni 2006, als der Bär den [[Soinsee]] [24] im Landkreis [[Miesbach]] durchschwamm. Am selben Abend wurde er in der Nähe einer Bergwachthütte im [[Rotwand (Bayern)|Rotwandgebiet]] [25] beim Aufstieg beobachtet.


Am 26. Juni 2006 wurde JJ1 um 04:50 Uhr auf der Kümpflalm in der Nähe der [[Rotwand (Bayern)|Rotwand]] [26] im [[Spitzingsee]]gebiet, einem Ortsteil von [[Schliersee (Ort)|Schliersee]] bei [[Bayrischzell]] im Landkreis [[Miesbach]] geschossen. Von Seiten des Bayerischen Umweltministeriums heißt es, der Abschuss sei von „jagdkundigen Personen“ vorgenommen worden<ref>Bayerischer Rundfunk: ''[http://www.br-online.de/umwelt-gesundheit/thema/baer-in-bayern/baer-bayern-tirol.xml Online-Berichterstattung des Bayerischen Rundfunks]''</ref>.
Am 26. Juni 2006 wurde JJ1 um 04:50 Uhr auf der Kümpflalm in der Nähe der [[Rotwand (Bayern)|Rotwand]] [26] im [[Spitzingsee]]gebiet, einem Ortsteil von [[Schliersee (Ort)|Schliersee]] bei [[Bayrischzell]] im Landkreis [[Miesbach]] geschossen.
Hierbei handelt es sich um zwei ortsansässige Jäger und einen Polizisten, die das Tier mit einem Lungenschuss aus 150 Metern töteten.


== Abschussgenehmigung ==
== Abschussgenehmigung ==
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Das löst allerdings nicht das Problem, dass JJ1 sich u.&nbsp;a. auch Beute in Annäherung an menschliche Behausungen holt. Für viele stellt nach dem Einfangen von JJ1 eine Einlieferung in ein Gehege bei Poing ein moralisches Problem dar. Man könne nicht alles wegsperren, was unliebsam erscheint: Aufgrund des nachlassenden Bevölkerungsdrucks im Alpenraum beanspruchen nun dort bereits vor dem Menschen angestammte Tierarten durch natürliche Einwanderung wieder ihr Lebensrecht. Ein Rücktransport von JJ1 in das Naturreservat Brenta-Adamello stellt wohl ebenso wenig eine dauerhafte Antwort dar, da es nur eine Frage der Zeit sein kann, bis JJ1 sich auf der Suche nach einem Bärenweibchen wieder auf Wanderschaft begibt oder, wo auch immer, ebenfalls u.U. anders konditionierten Nachwuchs zeugt. Aus wildbiologischer Sicht wäre einzig dessen Umerziehung von dauerhaftem Erfolg gekrönt – und das voraussichtlich bereits nach wenigen Monaten: Nach seinem Einfangen sollte JJ1 mit einem Sender versehen werden, der es jederzeit ermöglicht, ihn bereits bei erstmaliger Annäherung an menschliche Siedlungen mit Gummigeschossen oder Ähnlichem zu vergrämen. Daraufhin würde er sich dauerhaft in die Natur zurückziehen und könnte auch in den Bergwäldern Bayerns ungestört leben.
Das löst allerdings nicht das Problem, dass JJ1 sich u.&nbsp;a. auch Beute in Annäherung an menschliche Behausungen holt. Für viele stellt nach dem Einfangen von JJ1 eine Einlieferung in ein Gehege bei Poing ein moralisches Problem dar. Man könne nicht alles wegsperren, was unliebsam erscheint: Aufgrund des nachlassenden Bevölkerungsdrucks im Alpenraum beanspruchen nun dort bereits vor dem Menschen angestammte Tierarten durch natürliche Einwanderung wieder ihr Lebensrecht. Ein Rücktransport von JJ1 in das Naturreservat Brenta-Adamello stellt wohl ebenso wenig eine dauerhafte Antwort dar, da es nur eine Frage der Zeit sein kann, bis JJ1 sich auf der Suche nach einem Bärenweibchen wieder auf Wanderschaft begibt oder, wo auch immer, ebenfalls u.U. anders konditionierten Nachwuchs zeugt. Aus wildbiologischer Sicht wäre einzig dessen Umerziehung von dauerhaftem Erfolg gekrönt – und das voraussichtlich bereits nach wenigen Monaten: Nach seinem Einfangen sollte JJ1 mit einem Sender versehen werden, der es jederzeit ermöglicht, ihn bereits bei erstmaliger Annäherung an menschliche Siedlungen mit Gummigeschossen oder Ähnlichem zu vergrämen. Daraufhin würde er sich dauerhaft in die Natur zurückziehen und könnte auch in den Bergwäldern Bayerns ungestört leben.

== Tötung ==

Nachdem zuvor mit hohem Aufwand erfolglos versucht worden war, JJ1 zu fangen, wurde er am 26. Juni 2006 um 4:50 Uhr morgends auf der 1500 m hohen Kümpflalm, einer Almwiese in der Nähe der [[Rotwand (Bayern)|Rotwand]] im [[Spitzingsee]]gebiet, einem Ortsteil von [[Schliersee (Ort)|Schliersee]] bei [[Bayrischzell]] im Landkreis [[Miesbach]] aus 150 Metern Entfernung von einem Jagdbeauftragten getötet <ref>[[Bayerischer Rundfunk]]: ''[http://www.br-online.de/umwelt-gesundheit/thema/baer-in-bayern/baer-bayern-tirol.xml Abschuss: Jäger töten Braunbär „JJ1“]'', 26. Juni 2006</ref>.

Von Seiten des Bayerischen Umweltministeriums heißt es, der Abschuss sei von „jagdkundigen Personen“ vorgenommen worden. <ref>Bayerischer Rundfunk: ''[http://www.br-online.de/umwelt-gesundheit/thema/baer-in-bayern/baer-bayern-tirol.xml Online-Berichterstattung des Bayerischen Rundfunks]''</ref>

Hierbei handelt es sich um zwei ortsansässige Jäger und einen Polizisten, die das Tier mit einem Lungenschuss aus 150 Metern töteten.


== Reaktionen auf die Tötung ==
== Reaktionen auf die Tötung ==

Version vom 27. Juni 2006, 15:38 Uhr

Vorlage:Neuigkeiten

JJ1 (Bruno) (* 2004 in Südtirol; † 26. Juni 2006 in Schliersee) war ein Braunbär, der im Mai 2006 von Südtirol, Italien über Tirol, Österreich nach Bayern, Deutschland eingewandert war.

Bekannt wurde er zunächst deshalb, weil er der erste freilebende Bär war, der nach über 170 Jahren wieder in Bayern gesichtet wurde. Der noch relativ junge und unerfahrene Bär wurde jedoch rasch zum so genannten „Problembären“ erklärt, da er sich auf seinem Weg in der Nähe menschlicher Siedlungen mit Nahrung versorgte. Er plünderte dort Fischteiche, Hühnerställe, Bienenstöcke und riss ungewöhnlich viele Schafe. Daher wurde er von einigen Behörden auch als für den Menschen bedrohlich eingestuft. Auf sein Auftreten und die Fangversuche wurden sogar Wetten abgeschlossen. International berichtete beispielsweise die New York Times [1] über die verschiedenen Sichtungen des Bären. Nachdem zuvor mit hohem Aufwand erfolglos versucht worden war, JJ1 zu fangen, wurde er in der Nacht zum 26. Juni 2006 in der Nähe der Rotwand im Spitzingseegebiet erschossen.

Name und Herkunft des Bären

Der etwa zwei Meter große und über 100 Kilogramm schwere Bär konnte durch DNA-Analysen von Fellresten identifiziert werden [2]. Er kam 2004 in dem Naturreservat Adamello-Brenta bei Trient (Trentino/Norditalien) auf die Welt [3]. Im Reservat wurden seinerzeit insgesamt zehn Bären aus Slowenien freigelassen und seitdem elf Junge geboren. Derzeit schätzt man den aktuellen Bestand auf etwa 18 bis 20 Bären. Seine Eltern sind Vater Joze (*1994) und Mutter Jurka (*1998). Als Erstgeborener erhielt er aus deren Anfangsbuchstaben den Namen JJ1. JJ1 erhielt den Spitznamen Bruno, die Augsburger Allgemeine nannte ihn hingegen Beppo.

Sein jüngerer Bruder, JJ2, war 2005 im Engadin in der Schweiz und in Nauders in Tirol unterwegs, gilt aber seit Herbst 2005 als verschwunden. Es wird vermutet, dass er gewildert wurde[4].

Beutezug und Sichtungen des Bären

Die Route des Bären.

Anfang Mai 2006 verließ JJ1 Südtirol [1] (Eckige Klammern siehe Karte!) und betrat am 4. Mai zum ersten Mal Nordtiroler Boden. Kurz darauf wanderte er nach Vorarlberg [2], wo er am 10. Mai im Montafon [3] zwei Schafe riss. Das erstemal wurde er nachts beim Wechsel von Vorarlberg übers Zeinisjoch ins Tirol von Jägern gesichtet. Danach durchstreifte er das Tiroler Oberland, wo er im Paznauntal von einem Bauern gesehen wurde und einen Hühnerstall ausräumte. Später zog er weiter ins Außerfern [4], wo er am 17. Mai kurz vor der deutschen Grenze gesichtet wurde und am 19. Mai einen Bienenstock plünderte.

Anschließend wanderte er nach Oberbayern. Um den 20.–22. Mai erreichte er Grainau [5] bei Garmisch-Partenkirchen, wo auch ein Foto entstand. Kurz darauf führte seine Spur zurück nach Österreich, wo er am 25. Mai im Rofangebirge, in der Nähe vom Achensee [6], von einem Jäger gesichtet wurde. Dann zog er ins Zillertal [7], wo er am 27. Mai einen Bienenstock plünderte. Um den 29. Mai wurde er bei der Überquerung der Inntalautobahn bei Jenbach [8] gesichtet und zog weiter zum Achensee.

Anfang Juni 2006 überquerte er wieder die deutsche Grenze und tötete am 2. Juni zwei weitere Schafe. Am 4. Juni riss das Tier in der oberbayerischen Gemeinde Klais [9] abermals drei Schafe und verletzte drei weitere sowie ein Ziegenkitz. Schon einen Tag später – am Pfingstmontag – fiel er am Lautersee bei Mittenwald [10] wieder über drei Schafe her und tötete sie. Dabei lief er mitten durch eine kleine Siedlung am Seeufer, wie Tatzenspuren belegen. Am Tag sichtete eine Autofahrerin den Bären beim Tiroler Grenzort Ehrwald[11].

In der Nacht zum 6. Juni plünderte JJ1 einen Hasenstall im österreichischen Weidach und kam auf einer Straße bei Leutasch [12] in die Nähe mehrerer Jugendlicher. Ob er dort abermals Schafe riss, ist noch unbekannt.

Am Abend zum 8. Juni soll das Tier in der Nähe des Solsteinhauses im Gemeindegebiet von Zirl [13] gesichtet worden sein. Bei einer Suchaktion, die von einem Tross Jäger in der Nacht zum 9. Juni durchgeführt wurde, konnten in dieser Gegend einige Bärenspuren, sowie ein totes und ein verletztes Schaf gefunden werden. Ob die Schafe aber von einem Bären angegriffen wurden, ist jedoch noch nicht gesichert. Am 9. Juni ist ein Wildhase ohne Kopf zwischen den Gemeinden Roppen und Sautens [14] im Bezirk Imst gefunden worden.

Am 11. Juni wurden Spuren des Tieres im Gemeindegebiet von Terfens [15] im Bezirk Schwaz gefunden. Die Suche der darauf angesetzten Bärenhundestaffel brachte keinen Erfolg.

Tags darauf wurde der Bär, der in kurzer Zeit sehr große Distanzen zurücklegte, wieder im Achental [16] gesichtet. Der wiederum angesetzte Suchtrupp gab jedoch nach stundenlanger Suche auf.

Am 14. Juni wurde JJ1 um 12.50 von einem Mountainbiker im Bereich der Gan-Alm im Vomper Loch gesichtet. Einem Studenten gelang es, ein weiteres Foto des Tieres zu machen.

In der Nacht zum Donnerstag, dem 15. Juni, wurde der Bär im Bereich des Sylvensteinspeichers (südlich von Bad Tölz) [17] in Oberbayern von einem österreichischen Autofahrer angefahren. Da der Bär nur gestreift wurde und am Unfallort weder Fell- noch Blutspuren zu finden waren, wird davon ausgegangen, dass er unverletzt blieb. Der Bär flüchtete über eine Böschung hinab in Richtung eines Sees. Noch in der Nacht setzten die Bärenfänger die Hunde auf die Fährte des vierbeinigen Räubers, doch verlor sich seine Spur bis zum Vormittag wieder. Die Seilbahn am 1556m hohen Brauneck wurde kurzzeitig angehalten, nachdem der Bär dort am 15. Juni tagsüber gesichtet wurde.

In der Nacht zum Freitag, dem 16. Juni, wurde der Bär gegen 01:00 Uhr bei Lenggries [18] in Bayern erstmals „gestellt“ und die Bärenfänger konnten sich ihm auf 600 Meter nähern, das Brauneck-Gebiet wurde vorher gesperrt und eine Seilbahn angehalten. Die Dunkelheit, das unübersichtliche Gelände sowie ein starkes Gewitter verhinderten aber einen Abschuss oder eine Betäubung. Als die Fänger gegen 04:30 Uhr erneut zur Stelle der letzten Sichtung aufbrachen, fand man nur mehr ein gerissenes und zum größten Teil bereits vom Bären gefressenes Schaf vor. Die sodann aufgenommene Verfolgung musste gegen 08:00 Uhr abgebrochen werden, weil die Hunde keine Spur mehr hatten aufnehmen können [5].

Am 17. Juni wurde der Bär in Kochel am See [19] gesichtet. In der Nacht brach das Tier dann inmitten des Orts einen Hasenstall auf und tötete Kaninchen sowie ein Meerschweinchen. Gäste eines Cafés wollen ihn direkt gegenüber einer Polizeistation gesehen haben. Das bayerische Umweltministerium wertete dies als neuen Grad der Unverfrorenheit [6].

Der Bär ist am 18. Juni angeblich auf einer Alm im Gemeindegebiet der Tiroler Gemeinde Achenkirch [20] im Bezirk Schwaz aufgetaucht. Es wurde ein Zaun zerstört und es wurde vom Almhirten beobachtet, dass die Kühe brüllend herumliefen. Der Bär selbst ist jedoch nicht gesichtet worden, und Spuren wurden keine gefunden.

Am 19. Juni frühmorgens wurde er in Wildbad Kreuth [21] gesehen. Erneut sind zwei Schafe gerissen worden [7]. Nach behördlichen Angaben sind die fünf finnischen Bärenjäger mit ihren sechs speziell ausgebildeten Jagdhunden bereits auf der Fährte des Braunbären Bruno.

Am 20. Juni traf der Bär nachts gegen 01:00 Uhr in Maurach auf einen Fußgänger und wurde an der dortigen Polizeiwache beobachtet.

Am Abend des 21. Juni konnte der Bär zwar von den finnischen Spezialisten und ihren Hunden an einer Klamm bei Brandenberg [22] in der Nähe des Achensees im Bezirk Kufstein gestellt werden, ihm gelang jedoch wieder die Flucht.

Ein Wanderer beobachtete am 22. Juni 2006 nachmittags den Bären im Rofangebirge [22], bevor er am 23. Juni 2006 bei Thiersee (nahe Kufstein) ein Schaf riss.

Am 23. Juni 2006 gaben die finnischen Bärenjäger die Jagd auf [8].

Weitere Beobachtungen erfolgten nahe dem Spitzingsee [23], sowie am 24. Juni 2006, als der Bär den Soinsee [24] im Landkreis Miesbach durchschwamm. Am selben Abend wurde er in der Nähe einer Bergwachthütte im Rotwandgebiet [25] beim Aufstieg beobachtet.

Am 26. Juni 2006 wurde JJ1 um 04:50 Uhr auf der Kümpflalm in der Nähe der Rotwand [26] im Spitzingseegebiet, einem Ortsteil von Schliersee bei Bayrischzell im Landkreis Miesbach geschossen.

Abschussgenehmigung

Wegen seines Verhaltens, die Nähe menschlicher Ansiedlungen nicht zu meiden, und der damit mutmaßlichen Gefährdung erließ die Bayerische Staatsregierung Ende Mai eine Abschussgenehmigung, an der sich ein öffentlicher Streit entzündete. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz stufte das Verhalten des Bären als – so wörtlich – „abnormal“ ein, Umweltminister Werner Schnappauf verkündete darüber hinaus, der Bär sei ganz offensichtlich außer Rand und Band. Angaben des Sprechers des bayerischen Umweltministeriums Roland Eichhorn zufolge, ist bereits die Bärenmutter Jurka bei sogenannten Vergrämungs-Versuchen, bei denen sie mittels Gummigeschossen von menschlichen Ansiedlungen ferngehalten werden sollte, „falsch gepolt“ worden. Sie und somit auch ihre Jungen JJ1 und JJ2 wurden gemäß dieser Theorie dadurch dazu konditioniert, die Stellen, wo sie ein Tier reißen, zu verlassen und nicht mehr so schnell zurückzukehren, was die Suche nach dem Streuner JJ1 erschwert [9].

JJ1 habe es offensichtlich auf Schafe abgesehen, denn allein vom 2. bis 5. Juni tötete er mindestens acht, ließ sie aber meist liegen. Durchschnittlich reißt ein Bär nur zwei bis drei Schafe pro Jahr. Solche Schäden sind typisch und normalerweise durch Versicherungen gedeckt. Problematisch ist jedenfalls die offenkundige Nähe der menschlichen Siedlungen zum Bärenrevier.

Vertreter von Naturschutzverbänden stimmten dem zwar prinzipiell zu, wandten jedoch ein, dass es noch zu keiner direkten Konfrontation mit Menschen gekommen sei und Bären außerdem derartige Zusammentreffen üblicherweise mieden. Sie kritisierten ausdrücklich die heftige Reaktion.

In der Folgezeit entwickelte sich eine öffentliche Diskussion um die Behandlung freilebender Bären und deren Bedrohungspotenzial für den Menschen wie auch umgekehrt. Der WWF forderte die Erarbeitung von Verhaltensregeln, um die Öffentlichkeit in Zukunft an das Zusammenleben mit Wildtieren zu gewöhnen.

Auch im Land Tirol wurde Ende Mai eine Schießgenehmigung für den Bezirk Außerfern erteilt und eine Ausweitung auf das ganze Bundesland diskutiert. Aufgrund der oben angeführten Diskussion, die allerdings in Österreich weniger heftig ausfiel, da es hier seit Jahren eine stabile Bärenpopulation gibt, wurde sie jedoch am 2. Juni sowohl in Bayern als auch in Österreich widerrufen, um die an den Versuchen den Bären lebend zu fangen Beteiligten nicht zu gefährden, was von den Vertretern vieler internationaler Tierschutzorganisationen begrüßt wurde [10].

Kritisiert wurde insbesondere, dass Schnappauf eine Abschussgenehmigung niemals gutheißen hätte dürfen, zumal der Bär entsprechend dem bayerischen Jagdgesetz kein jagbares Wild ist und somit eine Kompetenzüberschreitung wenn nicht gar die Anstiftung zum Wildfrevel vorliege.

Nachdem mehrere Versuche der finnischen Bärenjäger JJ1 zu stellen und zu betäuben, fehlschlugen und deren Einsatz bis Montagabend, den 26. Juni 2006 befristet war, sollte nach Angaben des Sprechers des bayerischen Umweltministeriums, Roland Eichhorn, die Abschussgenehmigung wieder in Kraft gesetzt werden[11]. Auch der Landeshauptmann von Tirol, ist für den Abschuss.

Während man in Tirol die gesetzlichen Grundlagen für einen Abschuss des Bären schuf[12], entbrannte in Bayern ein Streit darüber, wer dafür zuständig sein könnte: Der Landesjagdverband wollte sich keinesfalls aktiv an einer Hatz auf JJ1 beteiligen, da der Bär in der Öffentlichkeit inzwischen sehr populär sei und man einen Imageschaden befürchtete. Daher schob man der Polizei die Aufgabe zu. Das Innenministerium verwies aber darauf, dass die Polizei lediglich unterstützend, z. B. mit Hubschraubern und Personal, tätig werden könne, für die Jagd auf Großwild fehle jedoch die Kompetenz.

Die Neuerteilung der Abschussgenehmigung stieß dabei immer noch auf vehementen Protest von Experten und Tierschützern[13]. Unklar ist weiterhin, ab wann die neue Abschussgenehmigung gültig war. Hier kursieren sowohl der 26. als auch der 27. Juni in den Medien, das Ministerium nennt den 25. Juni. Zuständig für das Wieder-Inkraftsetzen der entsprechenden Allgemeinverfügung wäre die Regierung von Oberbayern gewesen.

Fangversuche

Um den Bären umsiedeln und so vor dem Abschuss bewahren zu können, versuchten Naturschützer, ihn mittels einer speziellen Röhren-Falle (Culvert-Trap) einzufangen. Diese Versuche blieben jedoch erfolglos. Eine Suchaktion, die in der Nacht auf den 9. Juni 2006 im Gemeindegebiet durchgeführt wurde, verlief ebenfalls erfolglos. Man konnte nur ein paar Bärenspuren sowie ein totes und ein verletztes Schaf finden.

Daraufhin wurde ein finnisches Team von vier Bärenjägern mit schwedischen und norwegischen Elchhunden angefordert, um das Tier aufzuspüren. Am Sonntag den 19. Juni traf ein weiterer Bärenjäger mit dem laut bayerischen Umweltministerium besten finnischen Bärenhund ein [1]. Dabei handelt es sich um spezielle Hunde, die überwiegend gegen wehrhaftes Wild eingesetzt werden und speziell ausgebildet sind, um Bären und Elche zu stellen. Außerdem sind sie mit leuchtend orangen Westen ausgestattet, die GPS-Sender enthalten, um sie jederzeit wieder orten zu können [14].Vor ihrem Einsatz in den Alpen wurde ihnen das Fell kürzer geschoren um sie vor der sommerlichen Hitze zu schützen. Ihre Aufgabe besteht darin Großwild aufzuspüren, zu verfolgen und beim Stellen vom Menschen abzulenken. Das Team wurde auch von einem österreichischen Betäubungsexperten, dem Wiener Professor für Wildtiermedizin und Artenschutz Chris Walzer, begleitet. Da man mit Blasrohren oder normalen Betäubungsgewehren zu nah an den Bären heran gemusst hätte, war ein Spezialgewehr erforderlich, das auf eine Entfernung von 80 Metern Betäubungspfeile verschießen konnte. Bären haben eine außerordentlich dicke Fettschicht, darum versagen konventionelle Betäubungmethoden.

Der sofortige Einsatz der Jäger scheiterte zunächst an bürokratischen Hürden, da geprüft werden musste, ob finnische Jäger grenzüberschreitend in Deutschland und Österreich bewaffnet eingreifen dürfen. Nach einer Einigung der Länder Tirol und Bayern gab es dann für die finnischen Sucher grünes Licht, am darauffolgenden Wochenende mit der Suche zu beginnen. Den Bärenfänger wurde zwei Wochen Zeit eingeräumt, den Bären aufzuspüren.

Am Sonntag, dem 11. Juni, begann die inzwischen eingetroffene Bärenhundestaffel im Bezirk Schwaz mit der organisierten Suche. Diese musste jedoch unterbrochen werden, weil ein Pächter sich weigerte, den Suchtrupp auf sein Jagdgebiet zu lassen, was wiederum darin begründet lag, dass die Bärenfänger keine Genehmigung vorweisen konnten. Erst ein Machtwort des zuständigen Landesrates konnte diesbezüglich Klarheit schaffen. Weil jedoch schon wieder ein Tag vergangen war, musste man auf die nächste Spur des Bären warten.

Als dieser tags darauf im Karwendelgebirge beim Achensee gesichtet wurde, nahm die Hundestaffel erstmals am 13. Juni morgens die Fährte des Bären auf. Sie mussten jedoch die Jagd nach achtstündiger Suche abbrechen. Die Hunde waren erschöpft und den finnischen Jägern waren die Berge zu steil. Sowohl die Hunde als auch die Jäger hatten offenbar auch Probleme mit der ungewohnten Hitze. Aufgrund der ständig warmen Witterung, blieben zudem die Duftspuren des Bären nicht lange erhalten, weshalb die Hundestaffel diese immer wieder verlor.

Am 21. Juni 2006 konnte der Bär zwar erneut gestellt, aber wieder nicht betäubt werden. Als ihm die Flucht gelang, konnte einer der Hunde ihn zwar verfolgen, aber nicht mehr stellen. Da die Hunde erschöpft waren, wurde auch kein weiterer Fangversuch mehr gestartet.

Am 23. Juni wurde der Einsatz der fünf finnischen Spezialisten endgültig abgebrochen.

Alternativ schlug Dieter Kraml, ein Bärenexperte und Bärenpfleger, vor, JJ1 mit seiner eigenen Bärin Nora anzulocken, um ihn in die Nähe des Betäubungsspezialisten zu bringen. Der Erfolg war aber fraglich, da JJ1 noch nicht geschlechtsreif war. Eine weitere Möglichkeit wäre es gewesen, so Kraml, dass JJ1 sie als eine Art Mutterersatz akzeptiert hätte – zumindest sei davon auszugehen gewesen, dass JJ1 Kontakt zu anderen Bären suchte.

Die Kosten, JJ1 bis zu seinem Tod einzufangen, wurden mit ca. 100.000 Euro beziffert. Zwei Drittel davon entfielen auf den österreichischen WWF, der auch ein Projekt zur Wiederansiedlung und zum Schutz von Braunbären in Österreich unterhält und einen eigenen Spurensucher beauftragt hat. Der vergebliche Versuch, JJ1 von fünf finnischen Bärenspezialisten und ihren Hunden stellen zu lassen, kosteten 30.000 Euro, die sich Bayern und Tirol teilten.[15] Die eigens in Montana hergestellte Röhrenfalle kostete 4000 Dollar.[16]

Der Begriff „Problembär“

Aufgrund ähnlicher Zwischenfälle mit Bären in Niederösterreich und der Steiermark wurde in der österreichischen Medienberichterstattung schon vor Jahren dieser Begriff geprägt. Der ehemalige Moderator der ORF-Fernsehsendung "Inlandsreport", Helmut Brandstätter, hatte das Wort „Problembär“ damals scherzhaft sogar zum „Wort des Jahres“ erklärt.

Besonders populär und zu einem das Tagesgeschehen mitbestimmenden Wort wurde dieser Ausdruck jedoch vor allem durch eine Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber Ende Mai 2006, der im Rahmen einer Pressekonferenz die Abschussgenehmigung rechtfertigte. Stoiber erkannte zwar die Bedeutung des Bären als Zeichen gelungenen Naturschutzes an, verwies aber auf die bestehende Problematik der mangelnden Scheu dieses Bären vor dem Menschen. Hierbei unterschied Stoiber in wissenschaftlich fragwürdiger Weise zwischen „Normalbären“ mit erwartungsgemäßem Verhalten, weiter sogenannten „Schadbären“ (einem Begriff, der in der Staatskanzlei breite Verwendung fand) sowie schließlich den „Problembären“, zu denen er auch JJ1 zählte. Diese Einteilung sorgte in der Öffentlichkeit für weiteres Aufsehen und gab Anlass für teils heitere und teils kritische Kommentare in den Medien. Sie wurde ferner in Radiospots sowie im Internet in Form von Parodien mehrfach kabarettistisch aufbereitet. In den deutschen Medien und der deutschen Öffentlichkeit etablierte sich dann überwiegend der Begriff Problembär. Durch Stoibers Wortgeplänkel mutierte er zum „Stoibär“ und zum „Schlaubär“.

Aufgrund der ständig fehlschlagenden Fangversuche und der immer massiveren Schäden, wurde JJ1 inzwischen als Risikobär bezeichnet.

Es ist nicht ausgeschlossen dass mit dem Begriff „Problembär“ eine stehende Redewendung Einzug in die Alltagssprache hält (vgl. auch die ähnliche Entwicklung bei der Figur Erklärbär aus der Sat.1-Wochenshow). So verglich der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Rainer Brüderle, kürzlich den gegenwärtigen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit dem Bären JJ1: „Manche sehen in Michael Glos ja schon den Problembären der Regierung, so eine Art Bruno der deutschen Volkswirtschaft.“ [17]

Debattierter Hintergrund des Problemverhaltens

JJ1 sei von seiner Mutter „falsch gepolt“ worden, sagte Roland Eichhorn, der Sprecher des Bayerischen Umweltministeriums. „Der Bär kann praktisch gar nichts dafür.“ Wiederholt sei versucht worden, der Bärin Jurka, Mutter von JJ1, das Herannahen an menschliche Siedlungen im norditalienischen Naturreservat Brenta-Adamello durch sogenannte Vergrämung – unter anderem mit Beschuss durch Gummikugeln – auszutreiben. „Die Mutter hat quasi ein langes Vorstrafenregister.“

Bei der Bewertung des Verhaltens des „Problembären JJ1“ ist es unumgänglich, einen Blick auf die Ursachen zu werfen: Auf die Mutter Jurka im Brenta-Adamello-Gebiet Norditaliens. Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten von JJ1 durchaus logisch und erklärbar: Normalerweise sucht ein Bär den Platz der zurückgelassenen Beute wieder auf, um diese vollends aufzufressen, sollte dies nicht bereits beim ersten Mal geschehen sein.

Als die Bärin Jurka die Erfahrung machte, dass beim zweiten Mal stets Menschen anwesend waren, zeitigte dies den Lerneffekt, dass sie das Zurückkehren zum Platz der Beute für das zweite Mal unterließ. Dies ist ein Beweis für die Lernfähigkeit von Bären. Im Umkehrschluss bedeutet dies für die Konditionierung des Bärenverhaltens, dass „es beim ersten Mal gutgeht“ und leichte Beute auf Weiden wartet. Nach Ansicht des Sektionschefs Jagd, Wildtiere und Wildbiodiversität des Schweizer Bundesamtes für Umwelt (BAFU) lassen sich Weiden vor Großraubtieren durch einen Elektrozaun und die menschliche Anwesenheit in Form eines Hirten schützen. Dies würden Praxiserfahrungen der Schweizer mit dem Luchs bestätigen.

Überdies beweisen das Auftauchen des Menschen und die Vergrämungen bei Mutter Jurka, die jedes Mal zu deren unmittelbarer Flucht und alsbald zur beschriebenen Verhaltensänderung führten, dass die Scheu des Bären vor dem Menschen nach wie vor gegeben ist. Ansonsten würde die Bärin ein zweites Mal – trotz menschlicher Anwesenheit – den Platz der zurückgelassenen Beute aufsuchen.

Als sich JJ1 als Jungbär noch bei seiner Mutter aufhielt, wurde er von ihr dahingehend konditioniert, dass er niemals an eine Stelle zurückkehre, an der er ein Beutetier gerissen hat. Dies machte es auch so schwer, den Bären in Tirol in eine Falle zu locken und einzufangen.

Die Scheu vor dem Menschen war übrigens ebenfalls bei JJ1 nach wie vor „intakt“: Alle seine Annäherungen an menschliche Siedlungen wie Hütten oder zuletzt dessen Auftauchen im bayerischen Ferienort Kochel am See fanden – ebenso wie die Schafrisse in der Vergangenheit – nachts statt ohne jede – aus Bärensicht vorhersehbare – Anwesenheit des Menschen. Sobald jedoch, für den Bären gleichsam überraschend, ein Mensch auftauchte – sei es am Berg Brauneck in der oberbayerischen Gemeinde Lenggries oder nachts darauf im Ferienort Kochel am See der Spaziergänger, ergriff der Bär unvermittelt die Flucht. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass durch Menschen überraschte Bären selbst bei einer Distanz von nur einigen Metern flüchten, bestand auch weiterhin wenig Gefahr für Leib und Leben des Menschen.

Zum Problem der „falschen“ Konditionierung von Mutter Jurka und deren erzieherischer Übertragung der neu erworbenen Erfahrungen auf JJ1 sei angemerkt, dass nicht der Bär falsch konditioniert ist. Der Bär ist richtig konditioniert, da sein Verhalten die richtige Antwort auf das Einwirken des Menschen auf ihn darstellt. Ursache für das gezeitigte Bärenverhalten war der „Lehrplan“ des Menschen für den Bären.

Das löst allerdings nicht das Problem, dass JJ1 sich u. a. auch Beute in Annäherung an menschliche Behausungen holt. Für viele stellt nach dem Einfangen von JJ1 eine Einlieferung in ein Gehege bei Poing ein moralisches Problem dar. Man könne nicht alles wegsperren, was unliebsam erscheint: Aufgrund des nachlassenden Bevölkerungsdrucks im Alpenraum beanspruchen nun dort bereits vor dem Menschen angestammte Tierarten durch natürliche Einwanderung wieder ihr Lebensrecht. Ein Rücktransport von JJ1 in das Naturreservat Brenta-Adamello stellt wohl ebenso wenig eine dauerhafte Antwort dar, da es nur eine Frage der Zeit sein kann, bis JJ1 sich auf der Suche nach einem Bärenweibchen wieder auf Wanderschaft begibt oder, wo auch immer, ebenfalls u.U. anders konditionierten Nachwuchs zeugt. Aus wildbiologischer Sicht wäre einzig dessen Umerziehung von dauerhaftem Erfolg gekrönt – und das voraussichtlich bereits nach wenigen Monaten: Nach seinem Einfangen sollte JJ1 mit einem Sender versehen werden, der es jederzeit ermöglicht, ihn bereits bei erstmaliger Annäherung an menschliche Siedlungen mit Gummigeschossen oder Ähnlichem zu vergrämen. Daraufhin würde er sich dauerhaft in die Natur zurückziehen und könnte auch in den Bergwäldern Bayerns ungestört leben.

Tötung

Nachdem zuvor mit hohem Aufwand erfolglos versucht worden war, JJ1 zu fangen, wurde er am 26. Juni 2006 um 4:50 Uhr morgends auf der 1500 m hohen Kümpflalm, einer Almwiese in der Nähe der Rotwand im Spitzingseegebiet, einem Ortsteil von Schliersee bei Bayrischzell im Landkreis Miesbach aus 150 Metern Entfernung von einem Jagdbeauftragten getötet [18].

Von Seiten des Bayerischen Umweltministeriums heißt es, der Abschuss sei von „jagdkundigen Personen“ vorgenommen worden. [19]

Hierbei handelt es sich um zwei ortsansässige Jäger und einen Polizisten, die das Tier mit einem Lungenschuss aus 150 Metern töteten.

Reaktionen auf die Tötung

Henning Wiesner, Direktor des Tierparks Hellabrunn, empörte sich darüber, dass der Bär nicht betäubt und mit einem GPS-Halsband versehen wurde, das die Ortung des Bären mit einer Genauigkeit von ca. 5 m ermöglicht hätte, so dass man jederzeit Gegenmaßnahmen bei Annäherungen an menschliche Wohngebiete hätte einleiten können. Am Wochenende noch habe sich gezeigt, wie leicht sich Menschen dem Bären hätten nähern können (auf ca. 10–15 m), so dass der Einsatz von Betäubungsgewehr (ca. 30 m Reichweite) oder Blasrohr (ca. 10 m Reichweite) möglich gewesen wäre.

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) bedauerte, dass 170 Jahre nach der Ausrottung des Bären in Bayern durch den Menschen das erste wiederkehrende Tier bereits nach wenigen Wochen getötet wurde[20].

Der Deutsche Tierschutzbund prüft rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen [21].

Der WWF bedauerte den Abschuss, wies jedoch darauf hin, dass es sich um ein verhaltensauffälliges Tier handelte[22].

Die SPD-Landtagsfraktion Bayern forderte den Rücktritt von Umweltminister Werner Schnappauf[23].

Umweltstaatsekretär Otmar Bernhard bezeichnete den Abschuss von JJ1 als äußerst bedauerlich, aber objektiv unvermeidbar[24]. Des Weiteren erklärte Bernhard, dass die Identität des Schützen nicht preisgegeben werden solle. Fragen nach Beteiligung eines Polizisten an der Abschussaktion ließ er unbeantwortet. „Es sind Jagdkundige, und dabei bleibt es“, sagte Ministeriumssprecher Roland Eichhorn zu den Fragen nach den Bärenjägern[25]. Bereits wenige Stunden nach der Tötung trafen Morddrohungen gegen den Todesschützen bei dem örtlichen Jagdverein ein.

In einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung sprachen sich 86% der Befragten gegen das Vorgehen im Fall Bruno aus. In einem Kondolenz-Blog im Internet verliehen tausende Internetnutzer aus Deutschland und anderen Ländern ihrer Trauer und ihrem Ärger über den Abschuss Ausdruck.

Sonstiges

Ein Internet-Wettbüro fragte, was wohl zuerst passieren würde: "Fliegt Deutschland bei der WM hinaus oder wird Bruno gefangen?" Nach den damaligen Quoten war Deutschlands Ausscheiden leichter Favorit [2].

Der Biologe und Großtierbeauftragte des bayerischen Umweltministeriums Manfred Wölfl ist zum „Bärenbeauftragten“ ernannt worden.[26]

Unter dem Namen „Bruno der Bär“ wird ein im Stil des Moorhuhn gehaltenes Online-Flash-Spiel kostenlos angeboten.

Ein Tiertrainer aus Hannover hatte vorgeschlagen, JJ1 mittels einer brünftigen Bärin anzulocken, um ihn dann einzufangen.[27] Expertenangaben zufolge war der zweijährige Bär jedoch noch nicht geschlechtsreif, womit sich dieser Vorschlag erübrigte.

Im Zusammenhang mit der Sichtung des Bären am 24. Juni 2006 hat der bayerische Bärenbeauftragte Wölfl die Bevölkerung darauf hingewiesen, den Bären nicht zu verfolgen. Man solle sich im Fall des Falles ruhig verhalten, dem Bären den Weg freigeben und ihm durch Sprechen signalisieren, dass er Menschen vor sich habe. Anschließend seien die Behörden zu informieren. [28]

Wegen der erneuten Freigabe zum Abschuss wollten ab Dienstag, den 27. Juni Aktivisten der Jugendorganisation JBN des „Bund Naturschutz“ in „täuschend realistischen“ Bärenkostümen durch den Wald streifen, um die Jäger zu verunsichern und den Abschuss zu verhindern.

Der tote Bär soll untersucht und präpariert werden und dann dem Naturkundemuseum "Mensch und Natur" im Schloss Nymphenburg in München übereignet werden [29]. Hier ist bereits der letzte freilebende Bär ausgestellt, der vor 170 Jahren erschossen wurde.

Quellen

  1. The New York Times: Bruno Is Having a Picnic, but He's No Teddy Bear, 16. Juni 2006
  2. WWF - Österreich: WWF bestätigt: Tiroler Bär ist JJ1, 30. Mai 2006
  3. Naturpark Brenta Adamello - Homepage: Life Ursus (englisch)
  4. Liechtensteiner Vaterland: "Schweizer Braunbär" seit neun Monaten spurlos verschwunden, 22. Juni 2006
  5. Frankfurter Rundschau: "Bruno" narrt Jäger erneut, 22. Juni 2006
  6. www.lycos.de: «bruno» taucht am Tegernsee auf, 19. Juni 2006
  7. Südwest Presse: «Bruno» taucht am Tegernsee auf, 16. Juni 2006
  8. JJ1 ist Bärenjägern neuerlich entwischt
  9. Mitteldeutsche Zeitung: Streunender Braunbär ist kein Unbekannter mehr, 19. Juni 2006
  10. www.nachrichten.ch: Finnische Bärenfänger suchen «Bruno», 9. Juni 2006
  11. Berliner Zeitung: Schonfrist für Braunbär JJ1 läuft am Montag ab, 23. Juni 2006
  12. Kurier: Jagd auf JJ1 beendet, 23. Juni 2006
  13. Netzeitung: Ab Montag droht Bruno der Abschuss, 23. Juni 2006
  14. Fünf finnische Elchhunde sollen Braunbär aufspüren in de.news.yahoo.com am 12.06.2006
  15. Abendblatt: Mountainbiker verfolgten "Bruno" – von heute an zum Abschuß frei, 26. Juni 2006
  16. Süddeutsche Zeitung: Bruno, der ABM-Bär, 8. Juni 2006
  17. Spiegel Online:Kanzlerin rettet "Problembär" Glos
  18. Bayerischer Rundfunk: Abschuss: Jäger töten Braunbär „JJ1“, 26. Juni 2006
  19. Bayerischer Rundfunk: Online-Berichterstattung des Bayerischen Rundfunks
  20. Bund Naturschutz in Bayern e.V.: Pressemitteilung, 26. Juni 2006
  21. Deutscher Tierschutzbund: Pressemitteilung, 26. Juni 2006
  22. WWF: Pressemitteilung, 26. Juni 2006
  23. SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag: Bärentöter Schnappauf muss seinen Hut nehmen
  24. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz: Pressemitteilung, 26. Juni 2006
  25. n-tv: Meldung, 26. Juni 2006
  26. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Die Bürokratisierung des Bruno, 12. Juni 2006, S. 9
  27. Der Standard: Bär soll mit brünftiger Bärin angelockt werden, 21. Juni 2006
  28. Berliner Morgenpost: "Bruno" trifft Mountainbiker, 26. Juni 2006
  29. Mitteilung zum 26.6.2006, 13.00 Uhr, in: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz

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