Holotropes Atmen

Holotropes Atmen (oder: holotrope Atemarbeit) ist eine spezielle Atemtechnik durch die man in Erfahrungsbereiche (engl: nonordinary states of conciousness) eintreten kann, die dem Bewusstsein im Allgemeinen so nicht zugänglich sind Vorlage:Ref. Das Ziel dieser Technik ist die Bearbeitung und Integration bislang unzureichend integrierter Persönlichkeitsanteile und eine Hinbewegung auf Ganzheit, was durch den Begriff holotrop zum Ausdruck gebracht werden soll. Die Technik wurde von Stanislav Grof entwickelt, der für diese Technik den Begriff "holotrop" prägte, was soviel wie "auf Ganzheit ausgerichtet" bedeutet (vom griechischen holos "ganz" und trepein "sich richten auf" oder "sich begeben").

Vorgehensweise

Die Technik der holotropen Atemarbeit besteht aus mehreren Elementen:

  • beschleunigtes und vertieftes Atmen (gewollte Hyperventilation)
  • evozierende Musik (z.B. Instrumental- oder spezielle Filmmusiken)
  • Körperarbeit (z.B. Druckmassage falls angezeigt)

im Anschluss:

Der Prozess, der zwischen 1,5 und 3 Stunden dauert, wird durch passend ausgewählte Musik unterstützt. Er hat Phasen, erreicht einen Höhepunkt und klingt dann wieder ab. Die Klienten liegen dabei auf einer Matratze und werden von einem Therapeuten begleitet. Im Laufe des Prozesses kann es zu starken emotionalen Ausbrüchen kommen (Katharsis), die der Therapeut unterstützend (z.B. durch Körperarbeit) begleitet.

Holotropes Atmen wird auch oft in Gruppenform durchgeführt. Dabei bilden die Klienten Zweiergruppen und unterstützen sich dabei unter Anleitung des Seminarleiters untereinander - einer arbeitet und ein weiterer begleitet. Ein oder mehrere Therapeuten unterstützen, wo Hilfe nötig ist.

Ähnlichkeiten bestehen zu den Methoden Bioenergetik von Alexander Lowen und Rebirthing.

Historische Entwicklung

Stanislav Grof experimentierte viele Jahre mit LSD in der Psychotherapie. Dabei machte er die Erfahrung, dass aufgrund der veränderten Bewusstseinszustände die Klienten sehr schnell mit Bewusstseinsregionen in Kontakt kamen, die für Therapie wichtig sind, die aber normal durch viele Abwehrmechanismen verborgen bleiben.

Da die LSD-Therapie umstritten und in vielen Ländern auch gesetzlich nicht zulässig ist, forschte er nach anderen Formen, diese Zustände zu erreichen. Er entdeckte, dass durch kräftiges tiefes Atmen ähnliche Bewusstseinszustände erreichbar sind. Die erhöhte Durchlüftung führt kaum zu einer Mehraufnahme von Sauerstoff im Körper, da die Aufnahmefähigkeit des Blutes für Sauerstoff schon bei normaler Atmung meist voll gedeckt wird, allerdings kommt es zur vermehrten Abatmung des im Körper entstehenden Kohlendioxid, daraus folgt eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Kohlensäure (der gelösten Form von Kohlendioxid) und Calcium im Blut. Der so entstehende relative Calcium-Mangel kann zu Krämpfen und zu Kribbeln, besonders um den Mund herum, führen. Zudem verschiebt sich der Säure-Basen-Haushalt des Betroffenen in Richtung basisch, der pH-Wert des Blutes steigt.

Erfahrungsbereiche

Während der Übung des holotropen Atmens können die dabei gemachten Erfahrungen wie folgt kategorisiert werden:

  • sensorische Barriere: visuelle Wahrnehmungen von Formen und Farben
  • Verstärkung psychosomatischer Affekte
  • Wiedererleben biographischer Sequenzen
  • Erfahrungen perinataler (geburtstraumatischer) Muster (Perinataler Matrizen)
  • transpersonale Erfahrungen


Holotropic Breathwork© ist eine Disziplin der Transpersonalen Psychologie. Weltweit sind mehr als 500 Certified Holotropic Breathwork Practitioner ausgebildet Vorlage:Ref. Für die genannten Erfahrungsbereiche liegen weltweit mehrere tausend bis zehntausend fach gemachte Erfahrungen (auch einzelne Erfahrungsberichte, siehe Literatur) aus Workshops mit ausgebildeten holotropic Breathwork Pratitionern vor. Zum Personenkreis, die die Ausbildungsgänge durlaufen haben, zählen insbesondere auch aprobierte, kassenzugelassene Psychologen, Psychotherapeuten, die diese Technik als privatärztliche Zusatzleistung anbieten.

Kontroverse Sichtweisen

Außerhalb eines durch ausgebildete Atemtherapeuten angeleiteten Rahmens kann Hyperventilation auch spontan und unbeabsichtigt d.h. als Symptom auftreten und ist in diesem Rahmen von den Betroffenen zumeist unerwünscht, da es von starken psychosomatischen Symptomen bis hin zur Panik begleitet sein kann. Bei Hyperventilation (der gewollten und der spontanen) kann es zu Muskelverkrampfungen, typischer Pfötchenstellung der Hände, zu Kribbeln und zu Taubheitsgefühl (besonders um den Mund herum) und zu Schwindel kommen. In der klassisch schulmedizinischen Sichtweise wird das spontane Hyperventilieren als Symptom angesehen, das mit geeigneten Mitteln eingedämmt und zum Verschwinden gebracht werden sollte. Aus der Sicht des holotropen Atmens werden die auftretenden Symptome in diesem Rahmen als Begleitumstände eines Transformationsprozesses angesehen. Erfahrungsgemäß verändert sich die Symptomatik mit fortgesetzem holotropen Atmen bis zum vollständigen, dauerhaften Verschwinden des Symptoms. Während beim spontanen Hyperventilieren Streß als Ursache und die Hyperventilation das Symptom ist, ist es bei der gewollten Hyperventilation so, daß die damit einhergehenden Streßfaktoren (Psychosomatik und Erleben) Begleiterscheinungen sind, die ansonsten unterschwellig vorhanden sind und auf diese Weise deutlicher sichtbar gemacht, bearbeitet und abgelöst werden können. Dabei haben die Teilnehmer zu jeder Zeit die Wahlmöglichkeit, die gewollte Hyperventilation abzuschwächen oder abzubrechen und die Wirkung abklingen zu lassen bestimmen damit das genaue Maß ihrer Konfrontation und Bewältigung mit noch ungelösten Streßfaktoren zu bestimmen. Ein Unterbinden der Hyperventilation bedeutet aus Sicht des holotropen Atmens ein Unterbrechen der Transformation. Ein Fortsetzung Begleitung eines solchen Erfahrungsprozesses setzt allerdings dafür speziell ausgebildete Therapeuten voraus.

Kritische Stimmen

  • Kritische Stimmen behaupten, es würde nur behauptet, dass mit der Technik des holoptropen Atmens ein erweiterter Bewusstseinsraum zugänglich sei.
  • Kritische Stimmen bestreiten, dass die auftretenden Effekte und Phänomene mit den Mitteln der Psychologie behandelt, betrachtet oder erklärt werden könnten oder sollten.
  • Kritische Stimmen behaupten, die Angabe der Anzahl der weltweit durchgeführten Sitzungen in holotroper Atemarbeit sei vermutlich in die Höhe getrieben um den finanziellen Gewinn zu maximieren Vorlage:Ref

Literatur

  • Stanislav Grof; Geburt, Tod und Transzendenz - neue Dimensionen in der Psychologie; Kösel Verlag; vgl. holonome Integration, z.B. S. 40;
  • Stanislav Grof; Das Abenteuer der Selbstentdeckung; Kösel Verlag; siehe Glossar, Register: holotrope(s) Atmen; /2/

siehe auch

Ausbildung

Workshops

Quellenangaben

  1. Vorlage:Fußnote
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