„Geldbuße“ – Versionsunterschied

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* Göhler, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 16. Auflage, München 2012
* Göhler, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 16. Auflage, München 2012
* Karlsruher Kommentar, Ordnungswidrigkeitengesetz, 4. Auflage, München 2014
* Karlsruher Kommentar, Ordnungswidrigkeitengesetz, 4. Auflage, München 2014
* Caracas, Verantwortlichkeit in internationalen Konzernstrukturen nach § 130 OWiG - Am Beispiel der im Ausland straflosen Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Nomos Verlag, Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8487-0992-2



== Schweiz ==
== Schweiz ==

Version vom 29. März 2016, 12:02 Uhr

Rechtslage in Deutschland

Begriffsklärung

Der Begriff Geldbuße wird in mehrerlei Bedeutungen verwendet, nämlich

Scharf zu trennen von alledem ist die Geldstrafe. Sie wird wegen einer Straftat im strafrechtlichen Verfahren verhängt. Ihre Art und Berechnung ist anders, sie wird auch anders vollstreckt. Gemein hat sie mit allen Obengenannten, dass jemand wegen eines Gesetzesverstoßes einen Geldbetrag zahlen muss.

Ordnungswidrigkeiten

Das Recht der Ordnungswidrigkeit wird umgangssprachlich auch „Bußgeldrecht“ genannt.

Eine Ordnungswidrigkeit ist in der Regel bei weniger schweren Verstößen gegeben. Bei gravierenderen Verstößen greift das Strafrecht, das durch die „ordentliche Justiz“, also Staatsanwaltschaften und (Straf-) Gerichte durchgesetzt wird.

Grundlage ist das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Für das Verhängen einer Geldbuße muss in der Regel ein Bußgeldverfahren durchgeführt werden; es gibt aber auch die Verhängung von Geldbußen nach dem OWiG im Strafverfahren.

Die Geldbuße (umgangssprachlich auch Bußgeld) ist die häufigste der (meistens) verwaltungsrechtlichen Sanktionen. Der Sprachgebrauch der §§ 65, 66 OWiG ist eindeutig: es heißt Bußgeldbescheid aber Geldbuße.

Davon zu unterscheiden ist das Verwarnungsgeld in §§ 56 ff. OWiG.

Höhe der Geldbuße

Nach § 17 Abs. 1 OWiG beträgt die Geldbuße mindestens 5 € und, „wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt“, höchstens 1000 €, sog. „Regelrahmen“.

Eine höhere Höchstgeldbuße ist häufig:

  • Von höchster Bedeutung sind in der Praxis § 24 a Straßenverkehrsgesetz (StVG)(„0,5 ‰ - Gesetz“) mit 3000 € und § 24 StVG („Verkehrsordnungswidrigkeiten“, im Besonderen nach der StVO) mit 2000 €.
  • § 17 Abs. 4 OWiG lautet: „Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.“ Damit ist die Höhe der Geldbuße in einem solchen Fall nach oben offen.
  • Das OWiG sieht auch sonst höhere Höchstgeldbußen vor, nämlich in § 30 OWiG(„Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen“): 10 Millionen € und in § 130 OWiG(„Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen“) 1 Million €.
  • Von sonstigen Gesetzen seien erwähnt: § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB (Kartellrecht): 1 Million € und § 69 Abs. 6 BNatSchG (Naturschutz): 50.000 € gegen natürliche und 1 Million € gegen juristische Personen.

Diese genannten Höchstgeldbußen gelten aber nur, wenn die Tat vorsätzlich begangen wurde, bei Fahrlässigkeit beträgt die Obergrenze die Hälfte (§ 17 Abs. 2 OWiG).

Zur Höhe der Geldbuße im Einzelfall sagt § 17 Abs. 3 OWiG: „Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.“ Die Geldbuße muss also für jeden Fall und jeden Täter individuell zugemessen werden, es gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Strafzumessung.

Für die bei weitem häufigsten Ordnungswidrigkeiten, nämlich die im Straßenverkehr, gilt der Bußgeldkatalog, der für Verwaltungsbehörden und Gerichte verbindlich ist. Daneben gibt es in anderen Rechtsgebieten andere verwaltungsinterne Kataloge, die wohl für die Behörden, nicht aber für Gerichte verbindlich sind.

Zur Bemessung der Geldbußen gibt es, vor allem bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, eine kaum übersehbare, ausufernde Rechtsprechung, vgl. hierzu die beiden unter „Literatur“ aufgeführten Kommentare, jeweils zu § 17 OWiG.

Zur Vollstreckung der Geldbuße siehe Erzwingungshaft.

Bußgeldempfänger

Empfänger der Geldbußen ist die öffentliche Hand, und zwar die allgemeine Finanzkasse. Als Regel kann dienen: das Geld bekommt die staatliche Institution, der die Behörde angehört, die den Bußgeldbescheid erlassen hat.

Das heißt also: hat eine Behörde des Bundes den Bescheid erlassen (dies ist nicht sehr häufig), geht das Geld an den Bund, bei einer Landesbehörde an die Landeskasse usw. Besonders zu erwähnen sind die sonstigen Gebietskörperschaften, z.B. Gemeinden, Landkreise, Kommunalverbände usw.

Wichtig ist, dass das Geld nicht der Behörde selbst zufließt, die den Bußgeldbescheid erlassen hat.

Davon zu unterscheiden ist, bei welcher Kasse die Geldbuße einzuzahlen ist. Wird eine Buße z.B. bei einer Gerichtskasse eingezahlt, so fließt sie weiter an den eigentlichen Bußgeldempfänger, also hier an die (allgemeine) Landeskasse.

Im Einzelnen sind die Regelungen kompliziert und für jedes Bundesland verschieden[1].

Nichtzahlung einer Buße

Wird eine Geldbuße nach dem OWiG nicht bezahlt, kann die Verwaltungsbehörde beim zuständigen Gericht Erzwingungshaft nach den §§ 89 ff., i.b. 96 f. OWiG beantragen. Die Erzwingungshaft kann nur einmal für jede verwirkte Buße angeordnet werden und darf maximal sechs Wochen dauern. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist. Bei Zahlungsunfähigkeit ruht die Vollstreckung.

Bei Jugendlichen und Heranwachsenden können bei Nichtzahlung einer Buße Maßnahmen nur durch den zuständigen Jugendrichter verhängt werden. Als Ersatzmaßnahme kann eine Arbeitsleistung, die Wiedergutmachung des Schadens nach besten Kräften, die Teilnahme am Verkehrsunterricht bei Verkehrsdelikten oder die Leistungserbringung in anderer Art und Weise angeordnet werden. Kommt der Jugendliche oder Heranwachsende dieser Anordnung nicht nach und zahlt auch die Geldbuße nicht, kann der Jugendrichter Jugendarrest bis zu einer Woche verhängen.

Eine Geldbuße wird nicht vererbt. Stirbt der Schuldner, darf nicht in den Nachlass vollstreckt werden. (§ 101 OWiG)

Strafrecht

Umgangssprachlich wird im (Erwachsenen-) Strafrecht als „Geldbuße“ das bezeichnet, was genau eigentlich „Geldauflage“ genannt werden müsste.

Dabei sind zwei verschiedene Sachverhalte zu unterscheiden:

  • Einstellung nach § 153a Strafprozessordnung (StPO). Hier kann Staatsanwaltschaft oder Gericht das Verfahren einstellen und dem Beschuldigten auferlegen, „einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen“. Die Zahlung soll also eine Bestrafung (und, oft viel wichtiger, eine Eintragung im Strafregister) verhindern.
  • Erteilung einer Bewährungsauflage nach § 56 b Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB). Hier wird der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung (für eine bestimmte Zeit, meistens 2 oder 3 Jahre) zur Bewährung ausgesetzt wird, d.h. der Verurteilte muss nicht ins „Gefängnis“. Gleichzeitig kann ihm auferlegt werden, einen bestimmten Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder zugunsten der Staatskasse zu zahlen. Die Zahlung soll also die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hindern. Es gibt daneben noch andere Auflagen und auch Weisungen vgl. auch § 56 c StGB.

Gleiches gilt für Jugendliche im Jugendrecht in Bezug auf die Bewährungsaussetzung der Jugendstrafe, vgl. §§ 21, 23 Jugendgerichtsgesetz JGG.

Den Empfänger der Geldauflage bestimmt entweder die Staatsanwaltschaft oder das erkennende Gericht, dieses in richterlicher Unabhängigkeit.

Probleme bei Geldzuweisungen nach StPO und StGB

Soweit die Staatskasse oder unter öffentlicher Kontrolle (insbesondere der der Presse) stehende Institutionen (z. B. Rotes Kreuz, Naturschutz u.ä.) Geldempfänger sind, ist dies im Ansatz unproblematisch.

Erhebliche Probleme (von der Bedenklichkeit bis zur offenen Korruption) können entstehen, wenn die Amtsperson(en), die die Geldauflage verhängen – seien es Staatsanwälte oder Richter - ein eigenes Interesse am Geldempfänger haben.

Dies kann durchaus ein gleichzeitiges (teil-) öffentliches sein, z.B. bei einem „Verein zur Förderung der Nächstenliebe“ (erfundenes Beispiel), wenn die Amtsperson in keiner Weise mit dem Verein zu tun hat und nur persönlich dessen Ziel für förderungswürdig hält.

Ist die Amtsperson Vorstand oder Mitglied des Vereins, beginnt es fraglich zu werden. Erhält die Amtsperson (oder jemand, der ihr nahesteht) Zahlungen, sei es Aufwandsentschädigung oder Lohn, so ist die Grenze zur Korruption überschritten, erst recht dann, wenn der Verein für Vorstand oder Mitglieder z.B. kostenlose Reisen gleich unter welchem Vorwand anbietet oder für Vorträge der Amtsperson erhebliche Vergütungen zahlt.

Da diese Korruption mühelos zu verschleiern ist (Gründer, Mitglieder, Vorstände des Vereins sind nur vorgeschoben, namensverschiedene Angehörige u.ä.) und es sich um bedeutende Summen dreht, nämlich jährlich rund 100 Millionen € laut Report Mainz vom März 2014[2], wäre eine sehr enge und genaue Prüfung von Zuwendungsempfängern geboten. In der Vergangenheit ist dies nicht oder jedenfalls nicht ausreichend geschehen.

Report Mainz berichtet, gemäß einer Verordnung sollten gemeinnützige Vereine, wie die Opferhilfe für Opfer von Straftaten, Kinder- und Jugendhilfe, Bewährungshilfe oder Suchthilfe mit Spenden berücksichtigt werden. Informationen aus 9 Bundesländern zufolge sollen aber auch andere Organisationen Geld bekommen, wie zB. der Fastnachtsverein 'Schwarze Husaren' aus Mainz (12.000 €), der Verein der Westerwälder Eisenbahnfreunde, ein Zoo in Nordrhein-Westfalen, ein Katzenverein im Saarland und ein Reitverein in Würzburg (über 20.000 € in vier Jahren). Im letztgenannten Fall soll die Ehefrau des Richters die Schatzmeisterin des Vereins und deren Tochter Geschäftsführerin gewesen sein[2]. Das Bayerische Justizministerium hat wegen Anschein von Parteilichkeit oder Vetternwirtschaft gegen den verantwortlichen Richter ein dienstaufsichtsrechtliches Verfahren eingeleitet[3]. Auch Werbeagenturen sollen von Bußgeldern profitieren, indem sie bei Richtern und Staatsanwälten für richterlich gegründete Vereine werben.

Der bislang größte Bußgeldskandal war die Hamburger Bußgeldaffäre von 1968-1972, in der ein von Richtern gegründeter Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr als Nebeneinkunftsquelle missbraucht wurde. Der Verein existiert weiterhin; laut Peter Gerhard, dem Präsidenten, bekommt der Verein zwischen 1,2 und 1,4 Millionen €[2].

Disziplinarrecht

Die Geldbuße ist im deutschen Disziplinarrecht eine Disziplinarmaßnahme gegen Beamte und Richter, vgl. bei Bundesbeamten § 7 Bundesdisziplinargesetz, dies gilt für Bundesrichter gem. § 46 des Deutschen Richtergesetzes entsprechend. Hinsichtlich der Beamten und Richter im Dienst der Bundesländer und sonstiger Körperschaften gelten weitestgehend inhaltsgleiche Landesgesetze.

Für Soldaten wird die vergleichbare Maßnahme nach § 24 Wehrdisziplinarordnung als „Disziplinarbuße“ bezeichnet.

Jugendstrafrecht

Im Jugendstrafrecht kann nach § 15 Abs. 1 Ziff. 4 JGG als „Zuchtmittel“ dem Beschuldigten auferlegt werden, einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen. Auch dies wird umgangssprachlich als Geldbuße bezeichnet.

Literatur

  • Göhler, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 16. Auflage, München 2012
  • Karlsruher Kommentar, Ordnungswidrigkeitengesetz, 4. Auflage, München 2014
  • Caracas, Verantwortlichkeit in internationalen Konzernstrukturen nach § 130 OWiG - Am Beispiel der im Ausland straflosen Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Nomos Verlag, Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8487-0992-2


Schweiz

Bussen können in der Schweiz von Straf- oder Verwaltungsbehörden als Sanktion für Übertretungen (der geringfügigsten Art von Delikten), oder gestützt auf eine gesetzliche Grundlage als Sanktion für die Übertretung von Vorschriften des öffentlichen Rechts ausgesprochen werden. Im Unterschied zur Geldstrafe werden Bussen in der Regel ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Täters bemessen.

Die Ordnungsbusse ist eine im Strassenverkehrsrecht für verschiedene leichte Fälle von Verkehrsregelverletzungen vorgesehene Form der Busse. Ordnungsbussen unterscheiden sich von der normalen strafrechtlichen Busse dadurch, dass sie von der Polizei ausgefällt werden. Werden sie widerspruchslos bezahlt, erfolgt kein ordentliches Strafverfahren und erhält der Täter keinen Eintrag im Strafregister.

EU

Das EU-Rekordbußgeld in Höhe von 1,06 Milliarden Euro wurde im Mai 2009 gegen Intel, den weltgrößten Chiphersteller, wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung entgegen Artikel 82 EGV (heute: Artikel 102 AEUV), nämlich illegaler Zahlungen und Rabatte in der Computerbranche verhängt.[4][5]

Es gilt der EU-Rahmenbeschluss zur gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Geldsanktionen.

Siehe auch

Wiktionary: Buße – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Bußgeld – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vgl. Randnummer 36 zu § 90 OWiG in: Göhler, Kommentar zum OWiG, 16. A. München 2012
  2. a b c Monika Anthes, Mirko Drotschmann, Edgar Verheyen: Geldsegen aus der Justizkasse. In: Report Mainz. 4. März 2014, abgerufen am 31. März 2014.
  3. Olaf Przybilla: Verdacht der Vetternwirtschaft. In: Süddeutsche Zeitung GmbH. 5. März 2014, abgerufen am 31. März 2014.
  4. Intel: Höchstes Bußgeld aller Zeiten. Sueddeutsche.de vom 13. Mai 2009 . Abgerufen am 9. Juli 2011.
  5. Entscheidung der Kommission gegen Intel (COMP/37.990 Intel), online verfügbar als PDF auf der Internetseite der Europäischen Kommission (englisch)