GASAG

GASAG AG

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1847
Sitz Berlin, Deutschland
Leitung
  • Michael Kamsteeg, Vorstand
  • Matthias Trunk, Vorstand
Mitarbeiterzahl 1.708 (2019)
Umsatz 1,3 Mrd. (2019)[1]
Branche Energieversorgung
Website www.gasag.de

Die GASAG AG ist ein Berliner Energieunternehmen und einer der größten regionalen Energieversorger. Mit ihren Tochterunternehmen beliefert die GASAG über 700.000 Haushalts- und Gewerbekunden mit Erdgas, Bio-Erdgas und Ökostrom, sie ist aber auch Netzbetreiber und Produzent von erneuerbaren Energien sowie Energiedienstleister. Die Geschichte der GASAG begann 1847, als die ersten beiden städtischen Gaswerke in Berlin begannen, Stadtgas zu produzieren. In den 1990er Jahren wurde die GASAG in mehreren Schritten vollständig privatisiert. Seit 1999 gründete die GASAG verschiedene Tochtergesellschaften aus und entwickelte sich durch Beteiligung an weiteren Energieversorgungs- und Dienstleistungsunternehmen zu der GASAG-Gruppe. Die Gruppe beschäftigt heute über 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Geschichte

Die erste Gaserleuchtungs-Anstalt (1825–1844)

Lageplan der ersten englischen Gasbeleuchtungsanstalt, 1826

Die in London gegründete Imperial Continental Gas Association (ICGA) hatte es sich zur Aufgabe gemacht, in den größeren Städten Kontinentaleuropas eine Gasversorgung aufzubauen. Am 25. April 1825 schloss sie für 31.000 Thaler im Jahr einen Vertrag mit dem Preußischen Ministerium des Innern und der Polizei über die Gasbeleuchtung der Straßen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 21 Jahren und enthielt das Recht, auch private Brennstellen („Privatflammen“) zu versorgen.

Bereits fünf Tage nach Vertragsabschluss erfolgte die Grundsteinlegung für eine „Gaserleuchtungs-Anstalt“ auf einem Gelände (heutiges Sommerbad Kreuzberg) zwischen der Communication am Halleschen Tor (heutige Gitschiner Straße) und dem Floßgraben, der ab 1845 zum Landwehrkanal ausgebaut wurde. Am 21. September 1826 meldete die Vossische Zeitung das Brennen der Gaslaternen in der Straße Unter den Linden bis zur Schloßbrücke.

Die ICGA baute die Länge des Rohrnetzes bis 1846 auf 100 Kilometer aus und versorgte 1019 öffentliche Laternen und 9772 „Privatflammen“. Zwischen der Stadt und der ICGA kam es wegen unverhältnismäßig hoher Gaspreise und nicht durchsetzbarer Forderungen der Behörden nach einem weiteren Ausbau des Gasnetzes zum jahrelangen Streit. In der Folge erhielt die Stadt am 25. August 1844 per königlicher Kabinettsorder die Genehmigung, ab dem 1. Januar 1847 die öffentliche Beleuchtung zu übernehmen.[2]

Die Stadt errichtet eigene Gaswerke (1844–1914)

Gasanstalt III Müllerstraße, um 1897

Rudolf Sigismund Blochmann, der in Dresden und Leipzig bereits Gasanstalten gebaut hatte, wurde 1842 mit der Planung zur Gaslieferung an zirka 25.000 Abnahmestellen beauftragt. Vorausschauend hatte die Stadt in unmittelbarer Nähe der englischen Gasanstalten Grundstücke für den Bau der geplanten Gaswerke erworben. Am 1. Juli 1845 war der Baubeginn der beiden ersten städtischen Gaserleuchtungsanstalten. Im nordöstlichen Teil entstand unter der Bauleitung des Sohnes Georg Moritz Sigismund Blochmann die I. Städtische Gasanstalt südlich der Schillingbrücke zwischen Stralauer Platz und der Spree sowie im Südwesten die II. Städtische Gasanstalt (Gaswerk Hellweg) östlich der Prinzenstraße (heute: Böcklerpark) zwischen der Gitschiner Straße und dem damals im Ausbau befindlichen Landwehrkanal. Am 1. Januar 1847 begannen beide Gaswerke mit dem Betrieb und 2055 stadteigene öffentliche Gaslaternen erleuchteten die Innenstadt.

I. Städtische Gasanstalt am Stralauer Platz, um 1900
GASAG-Geschäftshaus, das ehemalige Verwaltungsgebäude in der Littenstraße

Die städtischen Gasanstalten, geleitet durch ein „Curatorium für das städtische Erleuchtungswesen“, hatten keine Gewinne zum Ziel, sondern „den Kostenbeitrag für die öffentliche Beleuchtung in mäßiger Weise zu sichern“. Bedingt durch einen Preiswettbewerb mit der ICGA, die zunehmende Verbreitung von Gasherden und die wachsende Bevölkerung stieg die Zahl der Gasanschlüsse schnell an. Die Gasanstalten versorgten Ende 1847 3.350 öffentliche Gasflammen, 2.164 königliche Gasflammen und 15.114 Privatflammen. Die Gasproduktion steigt von rund fünf Millionen Kubikmeter in 1850 auf 149 Millionen m³ im Jahr 1890 an. Vier Gaswerke versorgten 1890 insgesamt 27.900 öffentliche Leuchten und 1,5 Millionen Privatflammen. Neu gebaut und mehrfach erweitert wurde die Gasanstalt III an der Müllerstraße (Sellerstraße) am Nordhafen sowie Nr. IV an der Danziger/Greifswalder Straße. Das Gaswerk V an der Forckenbeckstraße im Ortsteil Schmargendorf folgte 1892 (Stilllegung: 1924) und das Großgaswerk (Nr. VI) in Tegel wurde 1905 eröffnet.[3]

Die Städtischen Gaswerke hatten sich zum größten Gasversorger Europas entwickelt. Aufgrund der umfangreichen Verwaltungsarbeiten, zum Beispiel der Erstellung von rund 1,2 Millionen Rechnungen pro Jahr, wurde am 26. Oktober 1910 in der Neuen Friedrichstraße 109 (heute: Littenstraße) ein zentrales Verwaltungsgebäude bezogen. Das von Ludwig Hoffmann geplante, denkmalgeschützte Gebäude im Neorenaissance-Stil blieb bis 2002 in Nutzung des GASAG-Konzerns. Es wurde nachfolgend Sitz der privaten BEST-Sabel-Fachhochschule Berlin.

Erster Weltkrieg (1914–1918)

In den ersten beiden Jahren des Ersten Weltkriegs stieg die Gasabgabe von 304 auf fast 330 Millionen m³, weil die Bevölkerung auf Grund des Kohlenmangels auf Gas auswich. Darüber hinaus wurden kriegswichtige Betriebe neu mit Gas versorgt. Schwere Arbeiten, zum Beispiel Erdarbeiten oder Kohletransporte, wurden 1915/1916 durch Kriegsgefangene oder Auslandsarbeiter in großer Zahl durchgeführt. Kriegsbedingt wurde ab 1917 die Gasentnahme kontingentiert und im Jahr 1919 sogar Sperrstunden für die Entnahme eingeführt.[4]

Infolge des Krieges mit England wurde im Juli 1916 die englische Gasgesellschaft ICGA liquidiert. Die Auflösung der ICGA leitete eine grundlegende Umstrukturierung der Gaswirtschaft im Berliner Raum ein. Zwischen der Stadt Berlin, den Kommunen des Umlandes und den staatlichen Behörden kam es zu schweren Konflikten. Die Stadt Berlin war an einer Vereinheitlichung interessiert, während die Regierungsstellen versuchten, die Bestrebungen Berlins zu einem kommunalpolitischen Zusammenschluss in Richtung eines künftigen Groß-Berlins zu unterbinden. Das Angebot des Liquidators einer Minderheitsbeteiligung Berlins wurde durch den Magistrat von Berlin als Affront abgelehnt. Im April 1918 erhielten deshalb die Landkreise Teltow und Niederbarnim den Zuschlag für die gesamte Liquidationsmasse.[5]

Umverteilung der Gaspotentiale (1919–1929)

Reservoirturm des ehemaligen Gaswerks Charlottenburg II, Gaußstraße 11

Am 27. April 1920 verabschiedete die Preußische Landesversammlung das Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin (Groß-Berlin-Gesetz). Durch den Zusammenschluss von acht Städten, 59 Gemeinden und 27 Gutsbezirken entstand für die Städtischen Gaswerke eine völlig neue Situation. Sie besaß jetzt 16 Gaswerke und Anteile an den Gasgesellschaften der ehemaligen Randgebiete, der Deutschen Gasgesellschaft AG für den Kreis Teltow und der Gasgesellschaft Niederbarnim mbH. Nach Übergangsregelungen wurden durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 26. Oktober 1923 drei gleichartige Aktiengesellschaften für die Städtischen Werke (Gas, Wasser, Elektrizität) gebildet, bei denen die Stadt 100 % der Aktien besaß. Die neue Firmenbezeichnung lautete Städtische Gaswerke AG. Als Abkürzung bürgerte sich der Begriff Gasag ein.[6]

Die kleinen, sehr teuer produzierenden Gemeindegaswerke und die auf 11.375 Mitarbeiter gestiegene Beschäftigungszahl (bei einer Produktionsleistung von 2,172 Millionen m³ pro Tag und einer Rohrnetzlänge von 4148 Kilometern) zwang die Gasag zur Rationalisierung. 1921 wurden die Gaswerke in Wittenau und Tegel geschlossen, 1922 die Gaswerke Gitschiner Straße, Lichtenberg I und Heiligensee, 1923 Friedrichshagen und Rahnsdorf, 1924 Schmargendorf und Hermsdorf sowie 1925 Köpenick. Zur Vereinheitlichung der Berliner Gasversorgung gingen die Gaswerke Oberschöneweide und Weißensee I und II sowie die von ihnen versorgten Gebiete am 1. April 1925 an die Gasag über. Dafür überließ Berlin die versorgten Gebiete im Kreis Niederbarnim dem Kreis kostenlos zur alleinigen Versorgung. Mit dem Anschluss von Falkensee und Staaken in 1927, Gatow/Kladow in 1927/28, Hennigsdorf in 1928 und Wannsee in 1929 war die Ausgestaltung des Fernversorgungsnetzes aus heutiger Sicht im Wesentlichen abgeschlossen.[7]

Gas im Berlin der 1930er Jahre (1929–1939)

Die Weltwirtschaftskrise von 1929 erfasste auch Berlin. Die Gasabnahme von Haushalten und Industrie ging von Jahr zu Jahr zurück und erreichte 1934 mit 390.000 Kubikmeter Jahreserzeugung ihren Tiefpunkt. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren so schlecht, dass im Jahr 1931 versucht wurde, die Gasag zu verkaufen. Es fand sich jedoch kein Käufer.

Die Gaubehörde der NSDAP empfahl der Stadt 1934, im Laufe der nächsten zehn Jahre mit Investitionen von rund 50 Millionen Mark alle Gaswerke auf modernen Kokereibetrieb umzurüsten. Als erste Maßnahme wurde 1935/1936 das Gaswerk Lichtenberg zur Gaskokerei ausgebaut. Die von den Nationalsozialisten herausgegebene Direktive zur stärkeren Nutzung heimischer Rohstoffe führte 1935 zur Inbetriebnahme einer Gastankstelle für Busse der Berliner Verkehrsbetriebe und zum Bau von Anlagen zur Benzolherstellung in den Werken Lichtenberg, Neukölln und Charlottenburg.

Im Januar 1937 erfolgte die Umwandlung der Städtischen Gaswerke AG in einen Eigenbetrieb der Stadt unter der Bezeichnung Berliner Städtische Gaswerke (Gasag). Infolge der verbesserten Finanzlage war die Stadt Berlin 1939 in der Lage, dem Kreis Teltow alle Aktien der Deutschen Gesellschaft abzukaufen. Damit vergrößerte sich das städtische Gasversorgungsnetz um 2231 Kilometer auf insgesamt 6971 Kilometer Länge. Als äußeres Zeichen der nunmehr einheitlichen Besitzverhältnisse im Berliner Raum wurde der Name des Eigenbetriebes auf Berliner Gaswerke geändert.[8]

Krieg und Nachkriegszeit (1939–1949)

Gas-Tankstelle am Gaswerk Dimitroffstraße, 1948

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs stieg der Gasbedarf durch die Anforderungen der Rüstungsindustrie bis zum Jahr 1942 auf die Rekordabgabe von 871 Millionen Kubikmeter pro Jahr. 93 % der 1,48 Millionen Berliner Haushalte kochten mit Gas, mit 86.000 Gaslaternen erreichte die Gasbeleuchtung ihren Höchststand und auf Grund der Benzinknappheit fuhren bis 1944 mehr als 2.500 Nutzfahrzeuge mit Gas.

Trotz der Luftangriffe der Alliierten und der kriegsbedingten Schäden blieb die städtische Gasversorgung bis zum Beginn der unmittelbaren Kampfhandlungen im April 1945 voll in Funktion. Nach der Schlacht um Berlin und dem Kriegsende lag Berlin in Schutt und Asche. Von den 38 großen Gasbehältern war einer unbeschädigt und nur ein Prozent des 7000 Kilometer langen Rohrnetzes betriebsfähig.

Kohleanlieferung Gaswerk Greifswalder Straße, 1948

Die kriegsbedingten Schäden am Rohrnetz konnten bis zum Jahresende 1945 provisorisch repariert werden. Nicht zu lösen war der Kohlemangel und die schnelle Reparatur der Gasbehälter. Die Alliierte Kommandantur ordnete die Einstellung der Gasproduktion in drei Gaswerken ab September 1945 an, jeweils ein Werk im sowjetischen, amerikanischen und britischen Sektor. Trotzdem gelang es bis zum Jahresende 1945 in 15 der 20 Bezirke Berlins eine halbwegs funktionierende Gasversorgung sicherzustellen. Ende 1946 waren wieder 44 % der Vorkriegskapazitäten der Gasproduktion, 88 Prozent des Rohrnetzes und 11.000 öffentliche Gaslaternen in Betrieb.[9]

Als politische Antwort auf die Währungsreform der Westmächte veranlasste die Sowjetunion die Sperrung aller Land- und Wasserwege zwischen den Westzonen und Berlin. Die Berlin-Blockade führte zur Einrichtung der Berliner Luftbrücke ab dem 26. Juni 1948. Das lebenswichtigste Transportgut war neben Lebensmitteln Kohle, vor allem für die Aufrechterhaltung der Gas- und Stromversorgung. Am 26. Juni 1948 ordnete die amerikanische Militärregierung die Abtrennung der Gasversorgung West-Berlins an. Mit der Gründung der Berliner Gaswerke (Gasag) am 26. März 1949 im Westsektor erfolgte die organisatorische und rechtliche Trennung der Gasversorgungsbetriebe, die mehrere Jahrzehnte andauern sollte.[10]

Hinweise, dass GASAG in der Zeit des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeiter eingesetzt hat, liegen nicht vor.[11] Rheinmetall-Borsig hatte auf dem Gelände der GASAG in der Bernauer Straße 96 ein großes Lager mit Namen „Wohnheim West“ errichtet.[12] Im Jahr 2000 zahlte GASAG zusammen mit anderen ehemals öffentlichen Versorgungsunternehmen in Berlin vier Millionen Mark in die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ der deutschen Wirtschaft ein.[13]

Gasversorgung im Ostteil der Stadt (1949–1990)

Bau Gasbehälter in Lichtenberg, 1960

Der Ost-Teil der Berliner Gaswerke wurde am 1. Januar 1956 in den Volkseigenen Betrieb (VEB) Gasversorgung Berlin umgewandelt. Die Zuständigkeit für den Betrieb wechselte vom Magistrat zum DDR-Ministerium für Kohle und Energie (und im April 1958 wieder zurück). Bereits Mitte der 1950er Jahre fiel die Entscheidung, einen Scheibengasbehälter in Lichtenberg zu bauen und Ost-Berlin an das Stadtgas-Verbundnetz der DDR anzuschließen. Der Gasbehälter wurde im Oktober 1961 übergeben, die Ferngasleitung und die Übernahmestation erst Ende 1962. Die Eigenproduktion sank nach 1964 über die Jahre und betrug 1973/1974 noch 40 %, 1978 knapp 15 % des Gesamtbedarfs in Ost-Berlin.

Das Politbüro des ZK der SED fasste im Januar 1977 den Beschluss, die Gasversorgung der Hauptstadt bis 1985 auf Erdgas umzustellen. Die vollständige Umstellung wurde nach zwölf Jahren im Oktober 1990 erreicht. Die VEB Gasversorgung Berlin wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1979 mit dem VEB Energieversorgung zum VEB Energiekombinat Berlin (Elektrizitäts-, Fernwärme- und Gasversorgung) vereinigt.

Gasversorgung im Westteil der Stadt (1949–1990)

Lok 8 (Typ Henschel DHG 700 C) im Bahnhof Marienfelde, 1986

Der West-Teil der Berliner Gaswerke, seit 1964 Berliner Gaswerke (GASAG) geschrieben, wurde wie in der Vorkriegszeit als städtischer Eigenbetrieb geführt. Die Gasag war somit als Sondervermögen aus der allgemeinen Verwaltung der Stadt herausgelöst und wirtschaftete eigenständig.

Die Anfangsjahre bis 1952 waren von Aufbauarbeiten bestimmt. Durch den Verbleib der einstigen Hauptverwaltung im Ost-Teil der Stadt existierten keinerlei Arbeitsunterlagen und Rohrnetzpläne. Die Insellage West-Berlins zwang die Gasag zur Forcierung der Eigenerzeugung von Gas. Das Gaswerk Mariendorf wurde ab 1952 mit Hilfe von Mitteln des European Recovery Programs (Marshallplan) in vier Ausbaustufen modernisiert.

Die Modernisierungsmaßnahmen wurden 1959 im Gaswerk Charlottenburg fortgesetzt. Hierbei stand die Schaffung von Speicherraum zur Sicherstellung der Versorgung in den abnahmestarken Wintermonaten im Vordergrund. Im Jahr 1965 ging in Charlottenburg die erste Leichtbenzin­spaltanlage zur Gaserzeugung in Betrieb. Der Anteil des aus Kohle gewonnenen Gases in West-Berlin sank kontinuierlich, bis im April 1980 die letzte, in Mariendorf eingesetzte Anlage zur Kohlevergasung abgeschaltet wurde. Der Ausbau der Werke Mariendorf und Charlottenburg machte es möglich, 1953 das stark kriegsbeschädigte Gaswerk Tegel und 1966 Neukölln außer Betrieb zu nehmen.[14]

Neben der Eigenproduktion von Gas aus Kohle und Mineralölprodukten wurde seit den 1960er Jahren zusätzlich der Bezug von Erdgas erörtert. Dagegen sprach die damit zusammenhängende größere Abhängigkeit, die im Krisenfall die Versorgung West-Berlins gefährdet hätte. Durch die Entspannung in der Ostpolitik konnte 1983 ein Vertrag zwischen der Ruhrgas AG und der sowjetischen Außenhandelsgesellschaft V/O Sojuzgasexport unterzeichnet werden, der West-Berlin in sowjetische Erdgaslieferungen einbezog. Infolgedessen wurde eine Ferngasleitung über die Tschechoslowakei eingerichtet und am 1. Oktober 1985 das erste sowjetische Erdgas in das West-Berliner Netz eingespeist. Die westliche Stadthälfte folgte damit dem Ostteil der Stadt, der bereits seit 1979 mit Erdgas versorgt wurde.[15]

Wiedervereinigung und Privatisierung (1991–1998)

Logos der fusionierten Unternehmen GASAG und BEAG

Das VEB Energiekombinat wurde nach dem Mauerfall von der Treuhandanstalt am 1. Mai 1990 in die Energieversorgung Berlin AG (Strom- und Wärmeversorgung) und die BEAG Berliner Erdgas AG umgewandelt. Um die betriebliche Vereinigung von GASAG und BEAG voranzutreiben, kaufte das Land Berlin, vertreten durch die GASAG, am 7. November 1991 von der Treuhandanstalt 51 % der Anteile der BEAG. Die GASAG erhielt auf der Grundlage des Kommunalvermögensgesetzes zugleich die restlichen 49 % Anteile. Damit bestanden zwar weiterhin zwei Gasversorgungsbetriebe in Berlin, aber die gleiche personelle Besetzung der Unternehmensleitungen sorgte für eine einheitliche Geschäftspolitik.

Nach schwierigen Verhandlungen mit den Betriebsräten und Gewerkschaften wird am 25. Juni 1992 der städtische Eigenbetrieb GASAG in die GASAG Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft umgewandelt. Das von einer Unternehmensberatung erstellte Konzept „GASAG 2000“ wird im Oktober 1992 den Führungskräften und Belegschaftsvertretern beider Häuser präsentiert. Es geht von einer Fusion und dem Aufbau einer „kundenorientierten, flexiblen und ergebnisorientierten Organisationsstruktur“ mit sechs eigenständigen Niederlassungen als dezentrale Einheiten aus. Am 11. Juni 1993 verschmilzt die BEAG durch Aufnahme mit der GASAG. Die neue GASAG wurde das größte kommunale Gasversorgungsunternehmen Westeuropas mit rund 835.000 Gasabnehmern, einem Rohrnetz von rund 6685 Kilometern Länge und 3800 Mitarbeitern.[16]

Wegen der drastischen Minimierung der jahrzehntelang gewährten Zuschüsse des Bundes für das Land Berlin, hatte sich der Berliner Senat im Sommer 1993 zum Verkauf von GASAG-Aktien entschlossen. Die Privatisierung der GASAG erfolgte in zwei Phasen: In der ersten Phase wurden Aktienanteile von jeweils 11,95 % an die Ruhrgas AG und die RWE Energie AG (April 1994), die Bewag (Juni 1994) sowie 12,95 % an die VEBA Energiebeteiligungs-GmbH verkauft (Juni 1995). Das Land Berlin konnte mit 51,2 % verbleibendem Eigenanteil weiterhin als Mehrheitsaktionär agieren. Die chronische Finanznot des Landes Berlin führte in der zweiten Phase zur vollständigen Privatisierung der GASAG. Nach einem intensiven Bieterwettbewerb erhielten am 6. Februar 1998 die Gaz de France 38,16 % und die Bewag 13,04 % der GASAG-Anteile. Damit endete die Geschichte der städtischen Gasversorgung im 151. Jahr nach ihrem Beginn.[17]

Im Frühjahr 1991 begann die Umstellung des Westteils Berlin auf Erdgas, die im Jahr 1996 vorfristig beendet wurde. Ab Februar 1993 wurden die Stadtgas-Erzeugungsanlagen schrittweise stillgelegt und im Mai 1995 beziehungsweise Mai 1996 die Gaswerke Charlottenburg und Mariendorf außer Betrieb genommen. Die Sanierung der Rohrnetze und die systematische Beseitigung von Leckstellen bildeten im Westteil bis 2000 und im Ostteil bis 2003 den Schwerpunkt der weiteren technischen Arbeiten.

Umgestaltung des Unternehmens (1999–2006)

Vor dem Hintergrund millionenschwerer Verluste der letzten Jahre kam es 1999 zu einem tiefgreifenden Sanierungsprogramm, das nicht nur bis zum Jahr 2003 die Anzahl der Konzernbeschäftigten von 2450 halbieren sollte, sondern auch zu einer kompletten Neugliederung der Unternehmensstruktur führte.[18] Nach harten Debatten schlossen Vorstand und Betriebsrat im April 1999 eine Vereinbarung zum Interessenausgleich und zum Sozialplan ab, in der betriebsbedingte Kündigungen nicht generell ausgeschlossen wurden. Die zusätzlich ausgelobte Sonderprämie für das freiwillige, schnellentschlossene Ausscheiden („Goldener Handschlag“) wurde von rund 450 Mitarbeitern angenommen.

In den Jahren 1999 bis 2001 gründete die GASAG vier Tochtergesellschaften aus, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und am Drittmarkt neue Leistungen anzubieten. Den Anfang bildet am 1. September 1999 die Tochtergesellschaft BAS Berliner Abrechnungs- und Servicegesellschaft (heute BAS Kundenservice) für Kundenservice- und Abrechnungsdienstleistungen.[19] Die unternehmenseigene Informationsverarbeitung wurde 2000 in die mit dem Berliner Stromversorger Bewag (später Vattenfall Europe) neu gegründete Tochter BerlinDat Gesellschaft für Informationsverarbeitung und Systemtechnik (heute: Vattenfall Europe Information Services) ausgelagert.[20] Im Frühjahr 2001 gliederte die GASAG ihr Wärmegeschäft in die GASAG WärmeService (später: GASAG Contracting) aus, um zukünftig neben Erdgas mehr aus Erdgas gewonnene Wärme abzusetzen. Idee war es, neben Industrie- und Gewerbekunden auch Privatkunden Anlagen- und Betriebsführungscontracting anzubieten. Der vierte ausgelagerte Unternehmensbereich war 2001 die BEGA.tec Berliner Gasanlagen und Messtechnik für technische Dienstleistungen.

Mit der Übertragung eines 80 %-Anteils an den Regionalversorger Erdgas Mark Brandenburg GmbH (EMB) in Potsdam 2001 von der Gaz de France betätigte sich die GASAG zum ersten Mal außerhalb von Berlin. Die EMB, die neben 116.000 Endkunden sieben Stadtwerke und einen Regionalversorger im Land Brandenburg beliefert, erwarb in den Jahren 2003 bis 2006 Minderheitsbeteiligungen an den HSW Havelländische Stadtwerke in Werder (Havel), der Gasversorgung Zehdenick, der EVO Erdgasversorgung Oranienburg und den Stadtwerken Brandenburg. Die HSW wurde zum 1. Oktober 2012 auf die EMB verschmolzen.

Im Januar 2006 gründeten GASAG und EMB die Konzerntochter NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg. Die NBB ist als unabhängiger Netzbetreiber für das Leitungsnetz der GASAG, EMB und HSW zuständig und bietet Dienstleistungen bundesweit an.

Entwicklung seit 2007

Die GASAG hat im Jahr 2008 das Strategieprogramm GASAG 2015 aufgesetzt. Das Unternehmen will sich strategisch auf Wachstum im Wettbewerb ausrichten und ein führender, deutschlandweiter Partner für Energiedienstleistungen und Energieeffizienz werden. Im Jahr 2010 wurden die ursprünglich sieben Ziele (Speicherausbau, Vertrieb in Fremdmärkten, Trading, Erneuerbare Energien, Contracting, Smart Metering und Netze)[21] überprüft und in vier strategische Themenfelder[22] zusammengefasst:

  • Erhalt und Ausbau des Netzgeschäftes, insbesondere die erfolgreiche Bewerbung um den am 31. Dezember 2013 auslaufenden Konzessionsvertrag für das Berliner Gasnetz
  • Erneuerbare Energien: Erzeugung und Vermarktung von Biogas
  • Energielösungen: Ausbau des Contractinggeschäftes sowie Dienstleistungen im Bereich Smart Metering
  • Nachhaltiger Vertrieb: Direkter Vertrieb von Strom in der Entwicklung zu einem Mehrspartenunternehmen

Im Rahmen des Strategieprojektes Zukunft GASAG 2023 wurde die Strategie 2013 erneut angepasst. Im Mittelpunkt steht der Anspruch, zu dem „Energiemanager für Berlin und Brandenburg“ zu werden. Im potenziellen Markt für ganzheitliche Energielösungen sind die Ziele der Marktaktivitäten die Planung, der Bau und der Betrieb von Energiesystemen. Im Heimatmarkt Berlin hat GASAG seit Oktober 2006 mehr als 100.000 Kunden an Wettbewerber verloren. Der Marktanteil bei Heizgas liegt bei rund 78 %. Zur Kompensation der Verluste sollten nach Planungen aus dem Jahr 2008 bis 2013 25 Prozent des Gasabsatzes (etwa fünf Milliarden kWh) außerhalb des Heimmarktes und 25 % des Umsatzes außerhalb des bisherigen Kerngeschäftes Erdgasvertrieb realisiert werden.[23] Diese Ziele wurden nicht erreicht. Der Fokus liegt nach aktueller Strategie auf den Gebieten Berlin und Brandenburg. Seit Dezember 2013 bietet GASAG in Berlin Strom an, auch in Konkurrenz zum Aktionär Vattenfall.

Im Rahmen der Wachstumsziele hat GASAG Anfang 2008 zur Erweiterung des Kerngeschäftes 74,9 % der Anteile an der Stadtwerke Forst, einem Querverbundsunternehmen mit den Sparten Gas, Strom, Wärme und Wasser erworben. Die Direktvermarktung von Produkten wurde 2008 in der Tochtergesellschaft DSE Direkt-Service Energie gebündelt.

Die zum 1. Oktober 2007 erworbene Gesellschaft NGT Neue Gebäudetechnik wurde 2008 in die NGT Contracting und die NGT Service getrennt. Mit der 2001 von GASAG ausgegründeten BEGA.tec (Berliner Gasanlagen) gehörten zwei Unternehmen zur GASAG-Gruppe, die Dienstleistungen zur Installation, Wartung und Instandhaltung für Energieversorgungsunternehmen erbringen. Zur Konzentration der Kapazitäten im Konzern und zur Erschließung von Synergien in der Geschäftstätigkeit wurde die NGT Service im Juli 2011 auf die BEGA.tec verschmolzen.

Die GASAG hat zum 1. April 2012 ihre Geschäftsaktivitäten im Bereich Erdgasspeicherung auf die neu gegründete Tochter BES Berliner Erdgasspeicher GmbH und Co. KG übertragen. Mit diesem Schritt erfüllt die GASAG die Anforderungen des Energiewirtschaftsgesetzes zur Entflechtung des Betriebs von Speicheranlagen von den übrigen Aktivitäten des Energieversorgungsunternehmens und bündelt den Bau, den Betrieb und die Vermarktung von Speicherkapazitäten in der neuen Gesellschaft. Zum 1. April 2013 wurden die beiden im Contracting-Geschäft tätigen Töchter GASAG WärmeService und NGT Contracting unter dem neuen Firmennamen GASAG Contracting zusammengeführt, aus der 2017 die GASAG Solution Plus hervorging.

In einem weiteren Schritt der Konzernentwicklung hat die GASAG die Konzernbereiche Technische Dienstleistungen und Messstellenbetrieb neu aufgestellt. Um die Marktchancen des technischen Dienstleisters BEGA.tec im Wettbewerb zu verbessern, hat die GASAG zum 1. Januar 2014 insgesamt 81 % ihrer Unternehmensanteile an die Dahmen Rohrleitungsbau GmbH & Co. KG verkauft. Die GASAG hält weiter 19 % der Anteile an der BEGA.tec. Der Geschäftsbereich NGT Service wurde im Zuge des Verkaufs abgewickelt. Die Standorte Essen und Erfurt mit 26 Mitarbeitern wurden zum 31. Mai 2014 geschlossen.

Konzessionsverfahren Berlin

Das Land Berlin hat den Konzessionsvertrag für das Gasversorgungsnetz in Berlin zum 31. Dezember 2013 beendet, wobei der bestehende Vertrag bis zur Neuvergabe vom GASAG-Konzern fortgesetzt wird. Unter Federführung der Senatsverwaltung für Finanzen läuft seit Dezember 2012 ein dreistufiges Vergabeverfahren.[24] Im März 2014 haben zwei verbleibende Anbieter ihre finalen Angebote abgegeben: Zum einen die GASAG mit ihrer Tochtergesellschaft NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg, zum anderen der Landesbetrieb Berlin Energie. Berlin Energie ist ein seit März 2012 rechtlich unselbstständiger, abgesonderter Teil der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

Nach Information des Finanzsenators Ulrich Nußbaum sollte die Konzession für zehn Jahre an Berlin Energie vergeben werden.[25]

Für den GASAG-Konzern war die Neuvergabe von erheblicher strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Er hat eine Klage beim Landgericht Berlin und eine Beschwerde beim Bundeskartellamt gegen die geplante Neuvergabe eingelegt, der zwischenzeitlich stattgegeben wurde.

Daraufhin hatte der Senat entschieden, 51 % an der Unternehmensanteile der Gasag zu übernehmen und einen industriellen Partner an Bord zu holen. Im April 2016 verkündete das Land, mit dem Energiekonzern E.ON sei eine enge Kooperation vereinbart worden. Der Düsseldorfer Konzern ist mit knapp 37 % größter Anteilseigner der Gasag. Die kooperierenden Unternehmen Vattenfall und Engie, die jeweils rund 31,6 % halten, haben den Verkauf ihrer Anteile abgelehnt.

Die Berliner Grünen forderten daraufhin, dass Berlin einen Rückzieher macht, der Gasag das Gasnetz lässt und statt teuer Unternehmensanteile zu kaufen, die Millionen besser in erneuerbare Energien steckt.

Wirtschaftliche Entwicklung (seit 1990)

GASAG AG (nach HGB) 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Umsatzerlöse in Mio. € 383 463 499 456 431 411 499 654 611 660 649 731 965 787 925 918 945 921 1053 1044 899
Gasabsatz in TWh 10,9 12,8 15,7 14,5 14,3 14,8 15,0 17,0 17,8 17,9 18,2 17,8 17,5 15,9 16,1 17,4 21,8 19,2 21,8 22,8 20,8
Jahresüberschuss in Mio. € −69 −54 −22 −50 −46 −45 27 55 57 60 54 50 49 49 34 55 58 36 33 48 39
Bilanzsumme in Mio. € k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. 874 915 907 902 922 983 1075 1631 1600 1782 1732 1589 1568 1536
Eigenkapital in Mio. € k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. 471 513 516 513 509 505 504 490 510 514 550 551 568 549
Eigenkapitalquote in % 42 k. A. k. A. k. A. 35 k. A. k. A. 54 56 57 57 55 51 47 30 32 29 32 35 36 36
Cashflow lfd. Tätigkeit in Mio. € k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. 47 65 72 62 46 106 −0,1 58 241 −27 147 96 110 169

Die GASAG hatte nach der Verschmelzung von Alt-GASAG und BEAG eine Reihe von strukturellen Problemen: Die alte GASAG wurde jahrzehntelang als kommunaler Betrieb geführt und erheblich subventioniert. Auf Grund der Insellage Berlins musste die seit den 1960er Jahren steigende Heizgasnachfrage durch eine eigene, teure Gasproduktion gedeckt werden. Die Kosten wurden aus politischen Gründen nicht an den Verbraucher weitergegeben. Zudem entstanden dem Eigenbetrieb wegen des Speicherbaus in den 1980er Jahren Finanzverbindlichkeiten, die auf die GASAG übertragen wurden. Zu diesen westlichen Altlasten kam der teilweise sehr schlechte technische Zustand des Gasnetzes im Ostteil der Stadt, der entsprechend hohe Aufwände für die Sanierung und Leckstellenbeseitigung nach sich zog. Im Kern war das Unternehmen auf Grund der Größe und der jahrzehntelang geprägten Mentalität schwerfällig bis unbeweglich.

GASAG-Konzern (nach IFRS) 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Umsatzerlöse in Mio. € 910 1035 1181 1004 1178 1141 1162 1165 1346 1300 1099 1055 1167
Gasabsatz in TWh 26,1 25,5 24,8 22,5 21,8 22,1 24,97 22,96 26,19 25,16 20,37
Jahresüberschuss in Mio. € 54 50 49 78 93 91 77 57 −46 61 32 44 57
Bilanzsumme in Mio. € 2893 2873 2451 2466 2391 2368 2411 2481 2230 2303 2205 2092 2074
Eigenkapital in Mio. € 625 624 647 678 702 760 789 828 733 777 704 695 757
Eigenkapitalquote in % 22 22 26 27 29 32 33 33 33 34 32 33 36
Cashflow lfd. Tätigkeit in Mio. € 144 106 224 96 145 321 34 212 80 160 194
Return on Capital Employed in % k. A. k. A. k. A. 10,6 12,1 11,8 10,5 7,6 −0,5 7,9 6,6

Das Unternehmen wies bis 1999 jährlich hohe Jahresfehlbeträge aus. Die hohen Aufwendungen für die Sanierung des Niederdrucknetzes, die beschleunigte Erdgasumstellung im westlichen Versorgungsgebiet und die Bildung von Rückstellungen für den Rückbau von Stadtgaserzeugungsanlagen führten 1994 zu einem Jahresfehlbetrag von 134,7 Millionen Mark. Obwohl im Jahr 1995 erheblich mehr Gas verkauft wurde, lag der Fehlbetrag bei 105,9 Millionen Mark. Der hohe Fremdkapitalbedarf und die hohen Bankverbindlichkeiten führten 1996 zu einem negativen Zinsergebnis von knapp 90 Millionen Mark. Die Darlehenslast war so hoch, dass für die weitere Entwicklung des Unternehmens wenig Spielraum blieb. Um den stetig wachsenden Schuldenberg teilweise abtragen zu können, setzte die GASAG den Erdgasspeicher in einem Sale-Lease-Back-Geschäft ein. Dabei floss dem Unternehmen Liquidität zu, ohne auf den Speicher verzichten zu müssen. Die Bankschulden konnten um 439 auf 856 Millionen Mark gesenkt werden. Trotzdem belastete weiterhin der hohe Fremdkapitalanteil zur Finanzierung der Investitionen den Zinsaufwand.[26]

Die Eigenkapitalquote sank von 52 % im Jahr 1992 bis auf 35 % im Jahr 1998. Zerwürfnisse innerhalb des Vorstands und zwischen Aufsichtsrat und Vorstand führten 1998 zu einem Umbau des Vorstands.[27] Vor dem Hintergrund einer extrem angespannten wirtschaftlichen Situation und einer drohenden Insolvenz kam es 1999 zu einem tiefgreifenden Sanierungsprogramm und dem Beginn einer grundlegenden Veränderung der Konzernstruktur.

Entwicklung Mitarbeiterzahl im GASAG-Konzern 1997–2009

GASAG und BEAG hatten im Jahr 1991 zusammen 4216 Mitarbeiter und zum Zeitpunkt der Fusion noch knapp 3800 Mitarbeiter. Die Zahl sank durch Vorruhestandsregelungen bis 1998 auf 2450 ab. Durch die Umsetzung der 1999 am „Runden Tisch“ zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern getroffenen Entscheidungen und den Umbau der GASAG konnten die Kosten deutlich reduziert werden. Ein weiterer, wesentlicher Schritt der wirtschaftlichen Gesundung war ein Ende 2000 durchgeführtes Sale-and-lease-back-Geschäft, bei dem das Gasnetz veräußert und anschließend wieder zurückgemietet wurde. Erstmals im Jahr 2000 konnte GASAG einen Jahresüberschuss ausweisen und 2001 Dividenden an die Anteilseigner ausschütten. Aus dem ehemaligen Eigenbetrieb des Landes und Gaserzeuger hatte sich ein zunehmend agiler Erdgasendverteiler entwickelt, der über seine Tochtergesellschaften Dienstleistungen anbot und in neue Geschäftsfelder investierte.

In den Jahren 2003 und 2004 war die Unternehmensentwicklung weiter stabil. Der Gasabsatz und der Anteil am Wärmemarkt wurde sukzessive gesteigert. Das Jahresergebnis 2005 und teilweise auch 2004 wurde durch den Erdgasspeicherunfall erheblich belastet. Im Zuge des intensiver gewordenen Gas-zu-Gas-Wettbewerbes hat GASAG in der Zeit von der Liberalisierung des Energiemarktes 2006 bis 2012 rund 22 Prozent des Heizgasmarktes an Wettbewerber verloren (2011: 19 %, 2010: 17 %, 2009: 13 %, 2008: 11 %). Gleichzeitig wurden bis 2011 rund 11 Prozent des Erdgasabsatzes der GASAG-Gruppe im Vertrieb außerhalb Berlins realisiert.

Das Geschäftsjahr des GASAG-Konzerns 2012 war gekennzeichnet durch eine außerplanmäßige Abschreibung auf den Berliner Erdgasspeicher in Höhe von 144,9 Millionen Euro und einen resultierenden Jahresfehlbetrag von 46 Millionen Euro. Das Ergebnis hat sich 2013 mit 61 Millionen Euro wieder normalisiert. Der Gasabsatz des Konzerns 2013 sank gegenüber 2012 um 3,8 % auf 25,2 Millionen kWh, der Umsatzerlös sank um 3,5 % auf 1300 Millionen Euro.

Die Personalkosten stiegen 2015 auf 106 Mio. Euro; davon entfielen 1,3 Mio. Euro auf die drei Vorstandsmitglieder.[28]

Konzernstruktur

Die Unternehmen der GASAG-Gruppe

(Stand: 31. Oktober 2019)
  • BAS Kundenservice GmbH & Co. KG
  • BEGA.tec GmbH
  • CG Netz-Werk GmbH
  • BES Berliner Erdgasspeicher GmbH
  • DSE Direct-Service Energie GmbH
  • EMB Energie Mark Brandenburg GmbH
  • G2Plus GmbH
  • GASAG AG
  • GASAG Bio-Erdgas Schwedt GmbH
  • GASAG Solution Plus GmbH
  • GASAG Windpark Verwaltungs GmbH
  • Geo-En Energy Technologies GmbH
  • infreSt – infrastruktur eStrasse GmbH
  • KKI Kompetenzzentrum Kritische Infrastrukturen GmbH
  • NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG
  • SpreeGas Gesellschaft für Gasversorgung und Energiedienstleistung mbH
  • Stadtwerke Forst GmbH
Quelle: Gasag AG[29]

Tochtergesellschaften

Durch die Gründung von Tochtergesellschaften sowie durch den Erwerb von Beteiligungen reagierte die GASAG auf den zunehmenden Wettbewerb im Energiemarkt. Zu den Konzerntöchtern gehören:[30]

vollkonsolidierte Unternehmen:

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anteil
BAS Kundenservice Beteiligungs-GmbH, Berlin 100 %
BAS Kundenservice GmbH & Co. KG, Berlin Kundenservice- und Abrechnungsdienstleistungen 100 %
Berliner Erdgasspeicher GmbH & Co. KG Errichtung und Betrieb von Erdgasspeichern; Vermarktung von Speicherdienstleistungen 100 %
Berliner Erdgasspeicher Verwaltungs-GmbH, Berlin 100 %
BEGA.tec GmbH, Berlin Wartung und Instandsetzung energietechnischer Anlagen; Zählermanagement 100 %
Bio-Erdgas Neudorf GmbH, Groß Pankow (Prignitz) Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Biogas, Wärme, Strom 74,9 %
DSE Direkt-Service Energie GmbH, Berlin Verkauf von Produkten und Dienstleistungen der Energiewirtschaft und Haustechnik 100 %
EMB Beteiligungsgesellschaft mbH, Potsdam 100 %
EMB Energie Mark Brandenburg GmbH, Potsdam Vertrieb und Handel mit Energie 73,30 %
GASAG Bio-Erdgas Schwedt GmbH, Schwedt/Oder Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Biogas, Wärme, Strom 100 %
GASAG Solution Plus, Berlin
(seit 1. April 2017 Zusammenschluss aus umetriq und GASAG Contracting)
Planung, Errichtung und Betrieb von Energie- und Wärmeversorgungsanlagen sowie Messstellenbetrieb 100 %
Geo-EN Energy Technologies GmbH Anbieter von Energiesystemen für Wärme und Kälte aus regenerativen Quellen 100 %
infrest – Infrastruktur eStrasse GmbH, Berlin Leitungsauskunftsportal zum Versenden von Leitungsanfragen, Baustellenatlas zur Baustellenkoordinierung 67,36 %
KKI – Kompetenzzentrum Kritische Infrastrukturen GmbH, Berlin 74,9 %
NBB Netz-Beteiligungs-GmbH, Berlin 100 %
NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH & Co. KG, Berlin Betrieb Netze, Dienstleistungen 100 %
Netzgesellschaft Forst (Lausitz) mbH & Co. KG, Forst (Lausitz) 100 %
Solar Project 19 GmbH & Co. KG, Cottbus 100 %
SpreeGas Gesellschaft für Gasversorgung und Energiedienstleistung mbH, Cottbus Erdgasversorgung, Energiedienstleistung 66,34 %
Stadtwerke Forst GmbH, Forst (Lausitz) Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Fernwärme 74,9 %
VR-Leasing Solidus Siebte GmbH & Co. Immobilien KG, Eschborn 100 %
Windpark Dahme-Wahlsdorf GmbH & Co.KG, Zossen 100 %

at equity bilanzierte Unternehmen:

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anteil
ARGE Wärmelieferung, Cottbus 50 %
Berliner Energieagentur GmbH, Berlin 25 %
Gas- und Versorgungsbetriebe Cottbus GmbH, Cottbus 37 %
Gasversorgung Zehdenick GmbH, Zehdenick 25,1 %
GreenGas Produktionsanlage Rathenow GmbH & Co. KG, Rathenow 49 %
GreenGas Rathenow Verwaltungs GmbH, Rathenow 49 %
Rathenower Netz GmbH, Rathenow 35 %
Tevaro GmbH, Berlin 33,33 %
NGK Netzgesellschaft Kyritz GmbH, Kyritz 49 %
Netzgesellschaft Hennigsdorf Gas mbH, Hennigsdorf 50 %
Netzgesellschaft Hohen Neuendorf Gas GmbH & Co. KG, Hohen Neuendorf 49 %
WGI GmbH, Dortmund 49 %

andere Anteile:

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anteil
local energy GmbH, Greifswald 19,8 %
Partner für Berlin – Gesellschaft für Hauptstadt-Marketing mbH, Berlin < 1 %
Stadtwerke Brandenburg an der Havel GmbH, Brandenburg an der Havel 12,25 %
Stadtwerke Premnitz GmbH, Premnitz 10 %

In der Vergangenheit gehörten darüber hinaus folgende Gesellschaften zum GASAG-Konzern:

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anteil
Mitarbeiter
HSW Havelländische Stadtwerke GmbH, Werder (Havel)
(am 1. Oktober 2012 in EMB Energie Mark Brandenburg aufgegangen)
Vertrieb und Handel mit Energie 91,155 % 15
NGT Contracting GmbH, Essen
(am 1. April 2013 in GASAG Contracting aufgegangen)
Energie-Contracting 100 % 16
NGT Service GmbH, Erfurt
(am 1. Juli 2011 in BEGA.tec aufgegangen)
Anpassung Gasgeräten, Hausanschluss- und Zählerservice 100 % 11

Anteilseigner

Anteil Anteilseigner
36,85 % E.ON Beteiligungen GmbH
31,575 % Engie Beteiligungs GmbH
31,575 % Vattenfall GmbH

Die Anteilseigner der seit 1998 vollständig privatisierten GASAG sind die zum E.ON-Konzern gehörende E.ON Beteiligungen GmbH (früherer: E.ON Energy Sales GmbH), die Beteiligungsgesellschaft des international tätigen Energieversorgungskonzerns Engie sowie die deutsche Tochtergesellschaft Vattenfall GmbH des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall.

Unternehmensführung

Der Vorstand der GASAG besteht aus drei Mitgliedern. Der Vorstandsvorsitzende Gerhard Holtmeier hat seit April 2018 den Vorstandsvorsitz der GASAG inne. Bis zu seinem Einstieg bei der GASAG war er von 2010 bis Ende 2017 Mitglied des Vorstands der Thüga AG. Dort verantwortete er die Ressorts Energiewirtschaft, Allgemeines Recht, Gesellschaftsrecht, Steuern und Unternehmensentwicklung (M&A). Zudem war er in diversen Aufsichtsgremien von kommunalen und regionalen Energieversorgern der Thüga-Gruppe tätig. Er hat sich darüber hinaus sowohl auf deutscher wie auf europäische Ebene verbandsseitig engagiert, u. a. BDEW, VKU und Zukunft Erdgas sowie Eurogas und NGVA Europe (Brüssel).

Der zweite Geschäftsbereich ist zuständig für die Bereiche Handel, Vertrieb und Erneuerbare Energien. Diese Vorstandsposition wird seit September 2016 von Matthias Trunk besetzt (vorher: SWN Stadtwerke Neumünster) besetzt. Drittes Vorstandsmitglied ist seit 2017 Michael Kamsteeg und in dieser Position zuständig für den Bereich Finanzen (zuvor: E.ON).

Der Aufsichtsrat besteht neben dem Vorsitzenden Michael Hegel aus 20 weiteren Mitgliedern:[31]

  • als Vertreter der Anteilseigner: jeweils drei Vertreter für ENGIE, Vattenfall und E.ON Ruhrgas sowie ein unternehmensunabhängiger Vertreter der Aktionäre
  • als Vertreter der Arbeitnehmer: Stellvertretender Vorsitzender Andreas Otte, acht Angestellte des Konzerns und ein unternehmensunabhängiger Vertreter der Gewerkschaft

Engagement im Bereich Umwelt

Die GASAG unterstützt das Ziel des Senats, bis 2020 die CO2-Emissionen in Berlin gegenüber dem Stand von 1990 um 40 Prozent zu vermindern. Die Hauptstadt produzierte im Jahr 2009 20,2 Millionen Tonnen CO2 gegenüber 29,3 Millionen Tonnen im Jahr 1990 (minus 31 Prozent).[32]

Das Land Berlin und die GASAG haben seit 1998 vier Kooperationsverträge zum Engagement für eine effiziente und umweltschonende Energieversorgung geschlossen. In der Laufzeit der ersten drei Verträge (1998–2010) konnten die CO2-Emissionen insgesamt um 1,11 Millionen Tonnen reduziert werden.[33] In dem im Mai 2006 geschlossenen 3. Kooperationsvertrag „Klimaschutz und Luftreinhaltung“ (2006–2010) hatte sich GASAG verpflichtet den jährlichen CO2-Ausstoß um 52.000 Tonnen zu reduzieren. Laut Abschlussbericht über die Umsetzung des Vertrages wurde das Einsparziel übertroffen.[34] Im aktuellen, vierten Kooperationsvertrag (2011–2020) plant GASAG bis 2020 eine weitere Reduzierung der CO2-Emissionen um 900.000 Tonnen auf dann zwei Millionen Tonnen gegenüber dem Beginn des ersten Kooperationsvertrags im Jahr 1998.[35]

Die GASAG ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch (ASUE), ein Interessenverband zur Verbreitung und Weiterentwicklung von umweltschonenden Erdgas-Anwendungen.

Dezentrale Energieversorgung

Die GASAG fördert den Ausbau dezentraler Blockheizkraftwerke, die sich in verschiedene Größenklassen unterscheiden lassen. Im oberen Leistungssegment werden Blockheizkraftwerke etwa für die Versorgung von Siedlungen und Großverbrauchern eingesetzt. Das Tochterunternehmen GASAG Solution Plus bietet der Wohnungswirtschaft sowie Industrie- und Gewerbebekunden dazu Contracting-Modelle an.

Im mittleren Segment fördert GASAG seit 2004 die Einführung von Mini-Blockheizkraftwerke (Mini-Kraft-Wärme-Kopplung). Dies sind Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) mit einer Anschlussleistung von 0 bis 50 kWel. Im Gegensatz zu thermischen Wärmekraftwerken, die nur auf Stromproduktion ausgelegt sind, wird bei KWK-Anlagen durch die gleichzeitige Abgabe von Strom und Wärme ein sehr viel höherer Nutzungsgrad erreicht. Durch KWK kann somit Brennstoff eingespart werden.

Im unteren Leistungssegment, den Mikro-KWK-Anlagen, liefern „stromerzeugende Heizungen“ in Ein- und Zweifamilienhäuser sowie im Kleingewerbe Strom und Wärme. Mit dem so genannten „WhisperGen“ ging im Juli 2006 die erste für ein Einfamilienhaus entwickelte Mikro-KWK-Anlage Berlins in Betrieb. Mit Stand August 2009 waren rund 30 Anlagen im Feldtest. Nach dem Beginn der WhisperGen-Serienproduktion wollte GASAG ab Anfang 2010 über ihre Tochter DSE Direkt-Service Energie die Anlagen in hoher Stückzahl vertreiben. Nach Insolvenz des Mini-BHKW-Herstellers EHE im Dezember 2012 wurde der Verkauf der Whispergen-Stirlingmotoren aber vorläufig ausgesetzt.[36]

Regenerative Energien

Die GASAG-Gruppe betreibt drei Biogasanlagen in Brandenburg. Die neun Millionen Euro teure Anlage in Rathenow speist seit September 2009 pro Jahr etwa 44 Millionen kWh Biomethan in das Erdgasnetz und etwa 2315 MWh Elektroenergie aus einem Blockheizkraftwerk in das öffentliche Stromnetz ein. Die Anlage arbeitet auf Basis nachwachsender Rohstoffe, die von Landwirten in der Region als Mais-, Gras- und Roggenganzpflanzensilage angebaut werden. Die Anlage trägt zu einer CO2-Emissionsminderung von 15.000 Tonnen pro Jahr bei. Seit November 2011 werden in einer weiteren Anlage in Schwedt/Oder jährlich rund 60 Millionen kWh Biomethan produziert. Die zwölf Millionen Euro Anlage verarbeitet pro Jahr 65.000 Tonnen Silage und deckt damit den Heizwärme- und Warmwasserbedarf von rund 3000 Haushalten. Eine dritte Anlage ist im Sommer 2012 in Neudorf (Gemeinde Groß Pankow) in Betrieb genommen worden. Das ursprüngliche Ziel, bis zum Jahr 2015 insgesamt 15 Biogasanlagen zu errichten, kann auf Grund der Marktlage (ordnungspolitisches Umfeld, Energiepreisen) nach Einschätzung der GASAG nicht erreicht werden.

Die GASAG fördert seit 2007 im Rahmen der Solarthermie-Kampagne „Erdgas+Solar XXL“ die Installation großer Solarkollektoranlagen (über 20 Quadratmeter Kollektorfläche) an gasversorgten Bestandsgebäuden oder Neubauten.[37]

Die GASAG betreibt seit 2009 auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerks Mariendorf eine eigene Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 100 Kilowatt. Mit einem Investitionsvolumen von rund 4,3 Millionen Euro wurde diese 2011 zu Berlins größter Photovoltaikanlage ausgebaut. 7756 Solarmodule erzeugen eine Leistung von 1,8 Megawatt, mit der rund 2000 Haushalte versorgt werden können.[38]

Auf dem Gelände des Europäischen Energieforums (EUREF) rund um den Schöneberger Gasometer soll ein Geothermie-Pilotprojekt zur regenerativen Energieversorgung entstehen. Dazu hat GASAG 2009 mit Erkundungsarbeiten zur Nutzung von Erdwärme begonnen. Im Frühjahr 2010 vereinbarte GASAG eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Geothermiezentrum am Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum. Im März 2011 wurden die Aufsuchungsarbeiten für Erdwärme mit der Durchführung einer seismischen Messkampagne auf dem Tempelhofer Feld fortgesetzt. Unter dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg befinden sich unterirdische Heißwasserreservoire in verschiedenen Tiefen. Die erwarteten Temperaturspannen reichen von 25 Grad Celsius im oberflächennahen Nutzhorizont bis zu 150 Grad Celsius im tiefsten Horizont in rund 4000 Meter Tiefe.[39] Unter heutigen Rahmenbedingungen kann nach Einschätzung der GASAG die tiefe Geothermie in Berlin nur schwer wirtschaftlich genutzt werden. Eine geothermische Erschließung ist nicht geplant.

Innovative Technologien

Die GASAG-Gruppe förderte 2011 die Umrüstung und den Neukauf von Erdgasfahrzeugen in 197 Fällen. Der Einsatz von Erdgas als Kraftstoff hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich entwickelt. Ende 2011 fuhren in Berlin etwa 4200 Erdgasfahrzeuge (Ende 2008: 2850, Ende 2003: 732). Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden 2011 in Berlin 406 neue Erdgasfahrzeuge zugelassen. Im Fahrzeugbestand des GASAG-Konzerns befanden sich 2012 161 Erdgasfahrzeuge.[40]

Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) setzte im Jahr 2012 rund 100 gasbetriebene Müllwagen ein. Die Betankung erfolgte bisher mit von der GASAG bezogenem Erdgas. 2013 wurde eine neue Biogasanlage der BSR in Ruhleben in Betrieb genommen und das dort produzierte Biogas wird in das Netz der NBB eingespeist. An drei BSR-Betriebshöfen mit jeweils bis zu 50 Müllwagen soll damit pro Jahr rund 2,5 Millionen Liter Diesel eingespart werden.[41]

Die GASAG mischt seit Herbst 2009 an ihren zwölf Erdgastankstellen dem Kraftstoff pro Jahr rund 23 Millionen kWh Biomethan bei. Das entspricht rund einem Drittel des Absatzes von über 70 Millionen kWh. Durch die Beimischung erfüllt GASAG vorfristig die Anforderungen aus der Selbstverpflichtung der deutschen Gaswirtschaft, ab dem Jahr 2020 dem Kraftstoff Erdgas bis zu 20 Prozent Biogas beizumischen.

Die mit Erdgas betriebene Wärmepumpe ist eine weitere CO2-reduzierende Technologie. In einem zweijährigen, bundesweiten Feldtest bis 2008 wurden mit insgesamt 22 Gaswärmepumpen Erfahrungen im Praxisbetrieb gesammelt. Die GASAG erprobte in Berlin acht Geräte, die im Vergleich zur Brennwerttechnik eine Energieeinsparung um rund 20 Prozent ergaben. Ab 2011 bis Ende 2012 beteiligte sich GASAG wieder in der Initiative Gaswärmepumpe aktiv in Form von Feldtests an der Entwicklung von Gaswärmepumpen für Ein- und Zweifamilienhäuser.

Berliner Einrichtungen mit Bezug zur GASAG

Erdgasspeicher

Die GASAG verfügt in der Glockenturmstraße im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf über einen Untergrundspeicher, der für rund 1,1 Milliarden m³ Erdgas zugelassen ist. Der Aquiferspeicher befindet sich etwa 800 Meter tief unter einem Gebiet, das westlich des Berliner Olympiastadions beginnt und sich bis in den Grunewald und die anliegenden Gewässer erstreckt.[42]

Der Speicher wurde auf Verlangen der westlichen Alliierten gebaut, bevor West-Berlin, das bis dato sein Gas auf dem Stadtgebiet selbst herstellte, russisches Erdgas über Ferngasleitungen beziehen durfte. Der Speicher war für den Verbrauch West-Berlins eines Jahres bemessen und wurde ab September 1992 genutzt. Heute dient der Speicher, zu dem Bohrungen aus vier unterschiedlichen Standorten niedergebracht sind, zur Abdeckung des saisonalen Bedarfs. Sein Volumen sichert etwa ein Fünftel des heutigen jährlichen Gasverbrauchs in Berlin. Im Zusammenhang mit der bis 2015 geplanten Erweiterung des Speichers auf seine zulässige Gesamtkapazität von 1,085 Mrd. m³ wurden 2009 zwei Tiefbohrungen durchgeführt.[43] Die Stilllegung des Berliner Erdgasspeichers wurde 2016 beschlossen.[44]

Gaslaternen-Freilichtmuseum

Informationstafel Freilichtmuseum

Im Jahr 1978 wurde von der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr in Zusammenarbeit mit der GASAG das Gaslaternen-Freilichtmuseum eröffnet. Die Ausstellung befindet sich in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofs Tiergarten und ist mit 90 historischen Exponate aus 25 deutschen und elf weiteren europäischen Städten die größte ihrer Art in Europa.

Abbau der Berliner Gasbeleuchtung

Beispiel einer Schinkelleuchte

Die vorher von der GASAG durchgeführten Dienstleistungen Betrieb, Wartung und Reparatur der Gasleuchten wurden im Januar 2001 privatisiert und auf die Firma AT.Lux übertragen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung plant, den Großteil der wesentlich im Westteil der Stadt stehenden etwa 44.000 Gaslaternen[45] durch elektrische Leuchten zu ersetzen. Grund dafür sind geplante Einsparungen in Millionenhöhe bei Verbrauch und Wartung. Erhalten bleiben sollen die Schinkelleuchten, von denen rund 5.600 überwiegend in touristischen Bereichen stehen. In einem ersten Schritt sollen bis 2013 mit einem Aufwand von 25 Millionen Euro rund 8.400 Peitschenleuchten ausgetauscht werden. In einem zweiten Schritt ab 2014 ist der Abbau von weiteren 30.000 Gasleuchten geplant.[46] Mit ProGaslicht e. V., Gaslicht-Kultur e. V. und Denk mal an Berlin e. V. setzen sich drei Vereine für den Erhalt der Gasleuchten ein.[47]

Das Shell-Haus

GASAG im Shell-Haus

Die vorher an sechs Standorten über Berlin verteilten Abteilungen der GASAG zogen im April 2000 in die neue Hauptverwaltung im Shell-Haus. Das Shell-Haus ist ein unter Denkmalschutz stehendes Bauwerk am Reichpietschufer. Es entstand von 1930 bis 1932 nach einem Entwurf des Architekten Emil Fahrenkamp. Der fünf- bis zehngeschossige Bau ist eines der ersten Stahlskelett-Hochhäuser Berlins und gilt als eines der bedeutendsten Bürohäuser der Weimarer Republik.

Mitte März 2011 verabschiedete sich das Unternehmen vom Shell-Haus und ist in ein neues Hauptgebäude im Hackeschen Quartier gezogen. Der neue, gemietete Unternehmenssitz am Henriette-Herz-Platz 4 ist ein energieeffizientes Gebäude. Größter Mieter mit insgesamt 8.500 m² ist die GASAG AG mit verschiedenen Tochtergesellschaften und dem Kundenzentrum. Die Tochtergesellschaft NBB hat zusätzlich 5.000 m² gemietet.[48]

Gasometer Schöneberg

Gasometer

Der Gasometer Schöneberg ist die Bezeichnung für einen bis Januar 1995 genutzten, denkmalgeschützten Niedrigdruckgasbehälter im Ortsteil Schöneberg. Auf dem von GASAG 2007 verkauften Gelände entsteht das „Europäische Energieforum“ (EUREF), eine interdisziplinäre Plattform rund um das Thema Energie.[49] Kernstück des Vorhabens ist die Errichtung einer Energieuniversität. Ab dem Wintersemester 2012/13 bietet die Technische Universität Berlin auf dem neuen TU-Campus EUREF drei disziplinübergreifende Masterstudiengänge rund um den Themenkomplex „Stadt und Energie“ an.[50]

Öffentliche Wahrnehmungen

Positive Wahrnehmungen

Als traditionsreiches Unternehmen Berlins sieht sich GASAG in einer gesellschaftlichen Verantwortung und fördert in zahlreichen Initiativen Kultur, Sport, Umwelt, Bildung und Wissenschaft in der Hauptstadt. Im Fokus des Engagements stehen vor allem Projekte, die sich der Nachwuchsförderung widmen.

So wurde der GASAG-Kunstpreis mit der Universität der Künste Berlin entwickelt und war von 1998 bis 2001 ein Preis zur Förderung von Meisterschülern. Nach einer fünfjährigen Zusammenarbeit mit der Universität wurde die Kooperation Ende 2001 beendet. Mit dem neuen Partner Kunstfabrik am Flutgraben e. V. wird der Kunstpreis seit 2002 jährlich als Nachwuchsförderpreis verliehen.[51] Seit 2010 wird der GASAG-Kunstpreis in Kooperation mit der Berlinischen Galerie alle zwei Jahre verliehen.

Unter dem Titel „Kunst im Bau“ wurden im Shell-Haus von 2002 bis 2007 die Flure, Treppenhäuser und Verkehrsflächen auf insgesamt sechs Etagen künstlerisch gestaltet. Auf diese Weise entstand eine Sammlung mit aktuellen Werken zeitgenössischer Kunst. Da GASAG die Sammlung am heutigen Standort im Hackeschen Quartier nicht zeigen kann, übergab sie die Sammlung – bis auf die Wand- und Dacharbeiten – im Frühjahr 2010 als Dauerleihgabe an die Berlinische Galerie.[52]

Im Jahr 2017 unterstützte die GASAG erstmals die Berlin Art Week. Darüber hinaus unterhält das Unternehmen mit dem GASAG Kunstraum einen eigenen Ausstellungsraum am Hackeschen Quartier. In ihm werden jährlich drei Ausstellungen zeitgenössischer Berliner Künstlerinnen und Künstler gezeigt. Der Eintritt ist frei.

Präsentation des Deutschen Eishockeymeisters und -pokalsiegers 2008

Die Neuköllner Oper führt alle zwei Jahre den von der GASAG gestifteten Kompositionswettbewerb Berliner Opernpreis durch. Der Opernpreis würdigt junge Komponisten und Kollektive für überzeugende kompositorische und musiktheatralische Gestaltungen.

Gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendtheater GRIPS vergibt GASAG jährlich in einem Nachwuchs-Autorenwettbewerb für das zeitgenössische Kindertheater den Berliner Kindertheaterpreis. Für das 2003 initiierte Sozialsponsoringprojekt ACADEMY, eine Bühnenkunstschule für Berliner Jugendliche, erhielt die GASAG im Jahr 2007 den Deutschen Kulturförderpreis.[53]

Die GASAG ist seit 1995 Hauptsponsor des Eishockey-Clubs Eisbären Berlin im Profi- und Juniorenbereich. Das Team spielt in der im September 2008 eröffneten Mercedes-Benz-Arena, bei der GASAG Energielieferant ist.

GASAG engagiert sich weiterhin für die Umweltbildung in der Hauptstadt. So initiierte das Unternehmen gemeinsam mit den Berliner Senatsverwaltungen für Bildung, Jugend und Familie sowie Umwelt, Verkehr und Klimaschutz den Schülerwettbewerb Berliner Klimaschule und fördert seit 2009 das Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin am Teufelssee im Grunewald.

GASAG wurde seit 2008 jedes Jahr vom TÜV Süd für hervorragende Servicequalität zertifiziert.

Negative Wahrnehmungen

Gasunglücke

Am 8. Dezember 1995 entfernte ein betrunkener Wohnungsinhaber den Verschluss zu einer Gasleitung. Es kam in der Glienicker Straße in Köpenick zur Explosion und sieben Verletzten.[54] Das schwerste Gasunglück in der Nachkriegsgeschichte Berlins ereignete sich im August 1998 in Steglitz. Bei der Explosion eines Mietshauses kamen sieben Menschen ums Leben. Tatverdächtig war ein 13-jähriger Junge, dem seine Schuld nie zweifelsfrei bewiesen werden konnte.[55] Die Staatsanwaltschaft ermittelte im August 2000 gegen Unbekannt wegen versuchten Mordes. Die Gasleitung im Keller eines Hauses in Charlottenburg wurde manipuliert und neun Menschen zum Teil schwer verletzt.[56] Ein Selbstmörder manipulierte im Januar 2005 eine Gasleitung in einem Haus in Oberschöneweide. Die Explosion zerstörte das viergeschossige Haus und führte zu zwei Verletzten.[57]

Bei Reinigungs- und Wartungsarbeiten kam es am 23. April 2004 auf dem Sondenplatz des GASAG-Erdgasspeichers zu einer Explosion mit Folgebrand. Drei Personen erlitten schwere Verletzungen. Nach einem von der Berliner Staatsanwaltschaft beauftragten Gutachten wurde die Explosion durch den Einsatz von Wasserstoffperoxid zur Reinigung an einem in 900 Meter Tiefe gelegenen verstopften Filter ausgelöst. Aus dem Wasserstoffperoxid hat sich im Bohrloch Sauerstoff abgespalten, der sich mit dem Erdgas zu einem zündfähigen Gemisch vereinigte.[58] Rund zweieinhalb Jahre nach der Explosion hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Geldauflagen abgeschlossen. Den Verantwortlichen sei zwar vorzuwerfen, dass sie die Gefahr einer Explosion falsch eingeschätzt hätten. Sie hätten sich aber ernsthaft bemüht, das Gefahrenpotenzial zutreffend zu bewerten und Unfälle zu vermeiden.[59] Der Speicherbetrieb wurde wieder aufgenommen, weil die Explosionsursache auf einen technischen Fehler hinweist, nicht aber die Sicherheit des Speichers in Frage stellt.

Preispolitik

Die GASAG ist auf Grund von zwei Preiserhöhungen im Jahr 2006 stark in die Kritik geraten. Nach GASAG-Angaben gingen 41.000 Beschwerdebriefe ein. Fast alle diese Kunden erklärten, ihre Rechnung nur unter Vorbehalt zu zahlen. 3000 Kunden kürzten ihren Rechnungsbetrag.[60] Die Verbraucherzentrale Berlin strengte wegen unbilliger Preiserhöhungen eine Sammelklage beim Berliner Landgericht an. Das Landgericht hat im Juni 2006 entschieden, dass die GASAG-Preiserhöhung zum 1. Oktober 2005 unrechtmäßig und damit unwirksam war.[61] Dieses Urteil wurde vom Kammergericht am 28. Oktober 2008 bestätigt[62] Die Revision der GASAG gegen das Urteil des Kammergerichts hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 26. Oktober 2010 zurückgewiesen.[63]

In einem anderen Fall entschied der BGH am 15. Juli 2009 über die Gültigkeit einer Preisanpassungsklausel, die die GASAG von Mai 2005 bis Ende 2006 in fast allen Verträgen mit ihren Heizgaskunden verwendet hat. In dieser Zeit erhöhte die GASAG zwei Mal die Gaspreise. Der BGH vermisste in der Formulierung die ausdrückliche Pflicht, den Preis gegebenenfalls auch nach unten zu korrigieren und erklärte die Klausel für unwirksam.[64] Kunden, die nur unter Vorbehalt die erhöhten Preise gezahlt hätten, können nach Meinung der Berliner Verbraucherzentrale eine Erstattung der zu viel gezahlten Gaspreise verlangen. Die Verbraucherzentrale erwartet von der GASAG darüber hinaus, dass die Rückzahlung für alle Kunden gilt. Die GASAG entgegnet, dass Rückforderungsansprüche seitens der Kunden nicht bestehen. Der BHG habe keine Entscheidung getroffen, ob dem klagenden Einzelkunden Rückforderungsansprüche zustehen und ob sein Gaspreis angemessen war. Die Angemessenheit der Preiserhöhungen sei allerdings in einer Vielzahl von Gerichtsverfahren vor Berliner Gerichten bestätigt worden. Die GASAG habe Preiserhöhungen immer nur in dem Umfang vorgenommen, in dem die Vorlieferanten ihr gegenüber den Gaspreis erhöht hätten. Dies sei für jede Erhöhung von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer begutachtet worden. Hätte die GASAG eine vom BGH unbeanstandete Preisanpassungsklausel verwandt, hätten ihre Kunden zu keiner Zeit einen anderen Preis bezahlt.[65] Eine Beschwerde der GASAG über das BGH-Urteil wegen Verletzung des Grundrechts auf freie Berufsausübung wies das Bundesverfassungsgericht im September 2010 zurück.[66]

Das Bundeskartellamt hat ein im Jahr 2008 durchgeführtes Preismissbrauchsverfahren gegen GASAG in Bezug auf das Jahr 2007 eingestellt, da ein Preismissbrauch für diesen Zeitraum nicht festgestellt werden konnte. Die GASAG hat laut Bundeskartellamt in beträchtlichem Umfang eigene gestiegene Gasbezugskosten nicht an die Endkunden weitergegeben. Die Ermittlungen in Bezug auf das Jahr 2008 wurden aufgrund der Besonderheiten des Berliner Gasmarktes sowie der von GASAG angebotenen wettbewerbsfördernden Maßnahmen und der Zusage, eine Preissenkung bereits auf den 1. Februar 2009 vorzuziehen, ebenfalls eingestellt.

Vorwurf der Bildung eines wettbewerbswidrigen Quotenkartells

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte im April 2012 über die mögliche illegale Bildung eines Quotenkartells der GASAG-Miteigentümer und Gaslieferanten E.ON und GDF Suez berichtet.[67] Zum Hintergrund: Am 29. September 1999 einigten sich E.ON, Vattenfall und GDF Suez als Aktionäre der GASAG in einem „Basic Agreement“ über eine langfristige „Aufteilung“ des Gasbedarfs der GASAG. In den Verträgen wurde der Gaspreis für die Dauer von 20 Jahren an den Ölpreis gekoppelt. Laut Vertrag sollte die GDF Suez rund 200 Millionen Kubikmeter Gas jährlich liefern. Den Rest teilten der Energieversorger VNG – Verbundnetz Gas und E.ON untereinander auf. Da GDF wegen fehlender Fernleitung kein Gas nach Berlin liefern konnte, lieferte E.ON das Gas an die GASAG. Im Gegenzug soll GDF zugesichert haben, E.ON Gaslieferungen nach Frankreich zu ermöglichen. Die Mengen sollen an der Grenze verrechnet worden sein. Das wäre ein Verstoß gegen das Kartellrecht. E.ON und GDF Suez bestreiten, wettbewerbswidrige Absprachen getroffen zu haben.

Aufgrund des seit 2009 zu verzeichnenden Angebotsüberhangs von Erdgas hat sich die Gaspreisentwicklung an den europäischen Gashandelsplätzen vom Ölpreis entkoppelt. An den Handelsmärkten ist Erdgas seitdem deutlich unterhalb der vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle amtlich notierten Importpreise erhältlich. Nach Angabe der GASAG leidet die eigene Wettbewerbsfähigkeit „unter den hohen, nicht marktgerechten ölpreisindizierten Gasbezugskosten, die in langfristigen Lieferverträgen festgeschrieben sind“.[68] Durch den intensiven Wettbewerb auf dem Berliner Markt hätte die GASAG in erheblichem Maße Kunden verloren und das Handelsergebnis der GASAG sei seit 2009 gesunken. Der Schaden für GASAG soll sich zwischen 2008 und 2011 auf rund 110 Millionen Euro belaufen.

Die GASAG hat ab 2009 mit den Vorlieferanten über die ölbasierten Preise verhandelt. Nachdem die Verhandlungen Anfang 2011 ergebnislos gescheitert waren, reichte GASAG im April 2011 beim Landgericht Berlin eine Klage gegen GDF Suez ein. Sämtliche Verträge mit E.ON und GDF Suez seien nichtig, argumentieren die GASAG-Juristen, weil sie auf dem 1999 gegründeten, mutmaßlich wettbewerbswidrigen Quotenkartell basierten. Gegen E.ON Ruhrgas wurde eine Schiedsklage erhoben. Im Oktober 2011 wurde in parallel geführten Verhandlungen ein Vergleich zwischen GASAG und GDF Suez abgeschlossen, dem der Aufsichtsrat der GASAG zugestimmt hat. Gegen diesen Beschluss des Aufsichtsrats hat der bis 31. Dezember 2011 amtierende Vorsitzende des Aufsichtsrats, Karl Kauermann, eine Nichtigkeitsklage eingereicht. Aus Kauermanns Sicht handelte es sich bei dem Vergleich um ein einseitiges Entgegenkommen des Vorstandes zu Lasten der GASAG. Das Landgericht hat die Klage im Juli 2012 abgewiesen.

Mit E.ON Ruhrgas und VNG schloss GASAG im Mai und Oktober 2012 einvernehmliche Vereinbarungen zur Beendigung der ölpreisgebundenen, langfristigen Gasbezugsverträge und neue Gaslieferverträge zu wettbewerblich bestimmten Konditionen ab.

Literatur

  • Hilmar Bärthel: Die Geschichte der Gasversorgung in Berlin. GASAG (Hrsg.), Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1997, ISBN 978-3-87584-630-0.
  • GASAG: Geschäftsbericht 2011, ISSN 1439-6114, (PDF; 1,6 MB).
  • Brigitte Jacob: Emil Fahrenkamp: Bauten und Projekte für Berlin. Jovis Verlag, Berlin, ISBN 978-3-939633-31-0.
  • Landesarchiv Berlin: Öffentliches Findbuch für das Jahr 2006, B Rep. 155, Berliner Gaswerke (GASAG). Landesarchiv, Berlin 2006
  • Landesarchiv Berlin: Öffentliches Findbuch, A Rep. 259, Gasversorgungsunternehmen in Berlin (PDF; 2,6 MB).
  • Ulrike Schuster: Chronik der Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft 1994-2005. GASAG (Hrsg.), Trurnit & Partner Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-9806986-7-2.
Commons: Gasag – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. Bärthel, S. 16 ff.
  3. Bärthel, S. 24 ff.
  4. Bärthel, S. 78
  5. Bärthel, S. 79
  6. Bärthel, S. 80/81
  7. Bärthel, S. 81–89
  8. Bärthel, S. 90–96
  9. Bärthel, S. 97–106
  10. Bärthel, S. 107–109
  11. Bernhard Bremberger: Forschung zur Zwangsarbeit in Deutschland. (abgerufen 20. Juli 2014)
  12. Klaus Neitmann (Hrsg.): Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands. Ab Band 45. Zeitschrift für vergleichende und preussische Landesgeschichte. Bd. 53; ISBN 978-3-598-23202-2, Verlag K G Saur, S. 227/279.
  13. BSR, BVG und Bewag zahlen NS-Entschädigung. In: Berliner Zeitung, 19. Dezember 2000, abgerufen am 20. Juli 2014
  14. Bärthel, S. 136–151
  15. Landesarchiv: Findbuch S. 5
  16. Bärthel, S. 161–163
  17. Schuster: S. 17/18 und 75–78
  18. Gasag-Vorstand plant den Abbau von mehr als 1000 Arbeitsplätzen. In: Berliner Zeitung, 23. März 1999
  19. Gasag gliedert ihren Abrechnungs-Service aus. In: Die Welt, 1. Juli 1999, abgerufen 20. Juli 2014
  20. Schuster, S. 106–110
  21. GASAG: Geschäftsbericht 2008, S. 4, 35/36
  22. Strategieprogramm GASAG 2015. (Memento vom 17. Mai 2014 im Internet Archive) GASAG; abgerufen 31. März 2013
  23. GASAG: Geschäftsbericht 2008, S. 4
  24. Senatsverwaltung für Finanzen: Neuvergabe des Konzessionsvertrages Gas (abgerufen am 20. Juli 2014)
  25. Konzession für Berlin Energie – sagt Nußbaum. In: Der Tagesspiegel, 4. Juni 2014, abgerufen am 20. Juli 2014
  26. Gaspreise sinken in Westberlin. In: Berliner Zeitung, 17. Juni 1997, abgerufen am 20. Juli 2014
  27. Warmer Winter verhagelt erste Gasag-Bilanz nach Privatisierung. In: Der Tagesspiegel, 20. März 1998, abgerufen am 20. Juli 2014
  28. https://www.gasag.de/-/media/files/berichte/gasag-geschaeftsbericht-2015.ashx S. 104
  29. Die Unternehmen der GASAG-Gruppe. GASAG AG, abgerufen am 10. April 2019.
  30. GASAG Geschäftsbericht 2014 (Memento vom 19. November 2015 im Internet Archive), S. 57
  31. GASAG: Übersicht der Aufsichtsratsmitglieder (Memento vom 10. Oktober 2015 im Internet Archive)
  32. Statistischer Bericht E IV 4–j/09, Energie- und CO2-Bilanz in Berlin 2009. (PDF; 254 kB) Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, S. 33
  33. Anlage 1 zur Klimaschutzvereinbarung 2011-2020, 8. Dezember 2010. (Memento vom 5. Mai 2014 im Internet Archive) (PDF; 69 kB) Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
  34. Abschlussbericht über die Umsetzung des Kooperationsvertrages 2006–2010. (PDF; 205 kB) Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, November 2012
  35. Klimaschutzvereinbarung 2011–2020 „Berlin verpflichtet“ (Memento vom 5. Mai 2014 im Internet Archive) (PDF; 144 kB) Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
  36. Verkauf von Whispergen-Stirlingmotoren wegen Insolvenz vorläufig eingestellt. PresseBox, 3. Dezember 2012 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  37. Erdgas + Solar XXL Praxisleitfaden. (Memento vom 25. Juli 2014 im Internet Archive) (PDF; 1,5 MB; abgerufen 20. Juli 2014) GASAG
  38. GASAG nimmt größte PV-Anlage Berlins in Betrieb. (Memento vom 13. Juli 2014 im Internet Archive) GASAG, 30. März 2011 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  39. Tiefe Geothermie – eine neue Energie für Berlin? Erste Projekterfahrungen der GASAG, 23. Mai 2012 (Memento vom 17. Mai 2014 im Internet Archive) (PDF; 6,7 MB; abgerufen am 20. Juli 2014) GASAG
  40. GASAG: Nachhaltigkeitsbericht 2012, S. 65 (Memento vom 13. Juli 2014 im Internet Archive) (PDF; 6,1 MB; abgerufen am 20. Juli 2014)
  41. Das Bioerdgas-Projekt der BSR. (PDF 6,6 MB; abgerufen 20. Juli 2014) BSR
  42. Aquiferspeicher GASAG. Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (mit Speicherbild) (abgerufen am 20. Juli 2014)
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  44. [2]
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  52. Kunst im Bau. (Memento vom 9. Mai 2013 im Internet Archive) GASAG (abgerufen am 20. Juli 2014)
  53. http://www.kulturkreis.eu/images/stories/downloads/pb_deutscher_kulturfoerderpreis/gewinner2007.pdf (Link nicht abrufbar)
  54. Bewohner hatten Glück im Unglück. In: Berliner Zeitung, 8. Dezember 1995 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  55. Die Wunden der Lepsiusstraße. In: Der Tagesspiegel, 4. August 1998 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  56. Gasexplosion: Ermittler vermuten Anschlag. In: Die Welt, 15. August 2000 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  57. 45-Jähriger wollte sterben: Er sprengte ein Haus in die Luft. In: Berliner Zeitung, 25. Januar 2005 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  58. Explosion durch falsche Chemikalie. In: Berliner Zeitung, 3. August 2004 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  59. Nach der Gasspeicher-Explosion in Spandau: Kein Prozess. In: Die Welt, 14. November 2006 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  60. Gasag wächst bis nach Sachsen. In: Der Tagesspiegel, 26. April 2006 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  61. Landgericht Berlin, Az.: 34 O 611/05, 19. Juni 2006 (PDF; 448 kB)
  62. http://www.energieverbraucher.de/files_db/1247043110_2927__12.pdf (Link nicht abrufbar)
  63. Bundesgerichtshof, Az.: VIII ZR 312/08, 26. Januar 2010
  64. Bundesgerichtshof: Unwirksame Preisanpassungsklausel in Gasversorgungssondervertrag, 15. Juli 2009
  65. Gasag enttäuscht 300.000 Kunden. In: Der Tagesspiegel, 25. August 2009 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  66. Urteil stärkt Rechte der Gasag-Kunden. In: Der Tagesspiegel, 15. September 2009 (abgerufen am 20. Juli 2014)
  67. Frank Dohmen, Martin Hesse: Festgezurrte Preise. In: Der Spiegel. Nr. 14, 2012, S. 74–76 (online).
  68. Geschäftsbericht 2011. (Memento vom 17. Mai 2014 im Internet Archive) (PDF 1,6 MB) GASAG, S. 41

Koordinaten: 52° 31′ 20,1″ N, 13° 24′ 8,4″ O