Energiestandard

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Bauthermografie: schlecht gedämmte Außenwand

Der Energiestandard eines Gebäudes legt fest, wie hoch der Energiebedarf des bewerteten Hauses pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr sein darf.

Generell wird ein bestimmter Energiestandard durch bauliche Maßnahmen und Haustechnik erreicht. Das Nutzerverhalten hat keinen Einfluss auf den Standard, beeinflusst aber den wirklichen Verbrauch.

Energiestandards für Deutschland

In der Bauwirtschaft gibt es eine Vielzahl von Energiestandards und Bezeichnungen. Diese sind teilweise durch Verordnungen und Normen festgelegt. Viele Standards sind inzwischen mittels Zertifizierungs- und Qualitätssicherungsangeboten dokumentiert; einige übliche und allgemein anerkannte Standards bezeichnen Förderstufen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)[1].

Niedrigenergiehaus

Um den Standard Niedrigenergiehaus zu erreichen, dürfen nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) in der Fassung vom 1. Februar 2002, 70 kWh/(m²a) Heizwärmebedarf nicht überschritten werden. Diese Verordnung wurde seitdem mehrfach überholt, die derzeitige Fassung vom 29. April 2009 mit deutlich verschärften Anforderungen trat am 1. Oktober 2009 in Kraft.

Passivhaus

Der Standard Passivhaus legt einen Heizwärmebedarf von maximal 15 kWh/(m²a) sowie einen Primärenergiebedarf, einschließlich des Haushaltstroms, von unter 120 kWh/(m²a) fest. Der Flächenbezugswert ist die beheizte Wohnfläche nach Wohnflächenverordnung (WoFlVO).

Nullenergiehaus

Der Nullenergiehaus-Standard kommt im Jahresmittel ohne Netto-Energiebezug von außen aus.

Plusenergiehaus

Beim Plusenergiehaus-Standard erfolgt im Jahresmittel eine Netto-Energielieferung nach außen. Ein solches Haus ist dazu mit zahlreichen Solarzellen zur Stromerzeugung ausgestattet; weitere Anlagen sind Sonnenkollektoren, Wärmerückgewinnung und Erdwärmeübertrager. Ein erster Prototyp von Rolf Disch, das „Heliotrop“, wurde 1994 in Freiburg im Breisgau errichtet. Seit 2000 plante und realisierte Disch darüber hinaus eine Siedlung mit 59 Plusenergiehäusern in der sogenannten Solarsiedlung des Freiburger Stadtteils Vauban. Das aktuellste Beispiel ist das Plus-Energie-Haus des BMWI und BMVBS, welches von 2009 bis 2010 durch Deutschland als Beispiel für Nachhaltige Architektur mit Stationen in München, Berlin, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf reist. Es ist die Weiterentwicklung der Entwurfsidee von Studenten der Technischen Universität Darmstadt, welche unter der Leitung von Prof. Manfred Hegger den international anerkannten Solar-Decathlon-Wettbewerb in Washington D. C. 2007 gewann.[2]

KfW-40-Haus (EnEV 2004)

Der Jahres-Primärenergiebedarf ist auf maximal 40 kWh/m² Gebäudenutzfläche (AN nach EnEV) pro Jahr beschränkt.

KfW-60-Haus (EnEV 2004)

Der Jahres-Primärenergiebedarf ist auf maximal 60 kWh/m² Gebäudenutzfläche (AN nach EnEV) pro Jahr beschränkt.

KfW-Effizienzhaus 55 (EnEV 2007)

Der Jahres-Primärenergiebedarf und die Transmissionswärmeverluste dürfen maximal 55 % der nach EnEV 2007 zulässigen Werte erreichen. Der Jahres-Primärenergiebedarf ist auf maximal 40 kWh/m² Gebäudenutzfläche beschränkt. Auch Passivhäuser werden gefördert, wenn der Jahres-Primärenergiebedarf maximal 40 kWh/m² Gebäudenutzfläche (AN nach EnEV) und der Jahres-Heizwärmebedarf maximal 15 kWh/m² Wohnfläche (nach WoFlVO) beträgt.

KfW-Effizienzhaus 70 (EnEV 2007)

Der Jahres-Primärenergiebedarf und der Transmissionswärmeverlust dürfen maximal 70 % der nach EnEV 2007 zulässigen Werte erreichen. Der Jahres-Primärenergiebedarf ist auf maximal 60 kWh/m² Gebäudenutzfläche beschränkt.

KfW-Effizienzhaus 40 (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 40 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 55 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen. Dies ist momentan der Förderstandard mit den höchsten Anforderungen. Der Tilgungszuschuss beträgt für Neubauten aktuell 10 % der Darlehenssumme (Stand: 1. Juli 2010).

KfW-Effizienzhaus 55 und Passivhaus (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 55 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 70 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen. Passivhäuser werden gefördert, wenn folgende Bedingungen erfüllt werden: Sowohl der Jahres-Primärenergiebedarf (Qp) als auch der Jahres-Heizwärmebedarf (Qh) müssen nach dem Passivhaus Projektierungspaket (PHPP) durch einen Sachverständigen nachgewiesen werden. Grundsätzliche Voraussetzung für eine Förderung ist, dass der Jahres-Primärenergiebedarf (Qp) nicht mehr als 40 kWh pro m² Gebäudenutzfläche (AN) und der Jahres-Heizwärmebedarf (Qh) nach PHPP nicht mehr als 15 kWh pro m² Wohnfläche betragen. KfW-Effizienzhäuser 55, nach EnEV 2009, können ab dem 1. Juli 2010 beantragt werden. Dies ist momentan der höchste Förderstandard für Sanierungen mit einem Tilgungszuschuss von aktuell 15 % der Darlehenssumme (Stand: 1. Juli 2010).

KfW-Effizienzhaus 70 (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 70 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 85 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen. Die Förderung der Passivhäuser besteht weiterhin. KfW-Effizienzhäuser nach EnEV 2009 dürfen seit 1. Oktober 2009 beantragt werden.

KfW-Effizienzhaus 85 (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 85 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 100 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen. Die Förderung des KfW-Effizienzhaus-85-Standards, nach EnEV 2009, wird ab Juli 2010 für Neubauten eingestellt (gilt weiterhin für Sanierungen).

X-Liter-Häuser

Hier wird der Heizenergiebedarf in Litern Heizöläquivalent definiert. Eine sehr konkrete und plakative, allerdings auch unpräzise Bezeichnung. Oft wird für Niedrigenergiehäuser als 3-Liter-Haus geworben, dieser Wert ist aber nur mit sorgfältiger Planung und umfangreichen Maßnahmen zu erreichen. Zum Vergleich: Ein Passivhaus kommt im Jahr mit weniger als 1,5 l Heizöläquivalent/m² Wohnfläche für die Heizung aus.

Aktuelle Situation in Deutschland

Wohnhäuser aus den 1960er und 1970er Jahren benötigen etwa 300 kWh/(m²a). Der Heizwärmebedarf der deutschen Wohnhäuser lag 2002 durchschnittlich bei etwa 160 kWh/(m²a). [3] Die bis 31. Januar 2002 geltende Wärmeschutzverordnung (WSVO 95) Deutschlands schrieb für Neubauten einen Heizwärmebedarf von 54 bis 100 kWh/(m²a) vor. Die Sanierung eines Altbaus mit Passivhaus-Komponenten kann mit wirtschaftlichem Aufwand einen Heizwärmebedarf von 30 kWh/(m² a) erreichen (sog. Umbau zum "3-Liter-Haus"). Im Rahmen des ersten Konjunkturpakets der Bundesregierung hat die KfW Förderbank ihre Programme für energieeffizientes Bauen und Sanieren seit Januar 2009 deutlich ausgeweitet.

Österreich

Kategorien für den Energieausweis

Für Österreich[4] sind die Energiestandards – konform mit der EU-Gebäuderichtline – nach Bauvorschrift ÖNORM H 5055 Energieausweis für Gebäude folgendermaßen nach Kategorien geregelt:

Kategorien A++ bis G, Heizwärmebedarf (HWB) von Gebäuden
HWB in kWh/(m2a)⁠(a) Kategorie HWB (l Heizöläquivalent)(b)
≤ 10 A++ Passivhaus 200–300
≤ 15 A+ Niedrigstenergiehaus 400–700
≤ 25 A
≤ 50 B Niedrigenergiehaus 1000–1500
≤ 100 C Zielwert nach Bauvorschrift 1500–2500(a)
≤ 150 D alte, unsanierte Gebäude  > 3000(a)
≤ 200 E
≤ 250 F
≤ 300 G

(a) 
in den technischen Bauvorschriften 2008 wurde neugeregelt, dass der Grenzwert nicht fest, sondern von der Gebäudeform und Gebäudegröße abhängt - die Werte sind Richtwerte

(b) 
Bezogen auf ein Einfamilienhaus mit 150 m² und Vier-Personen-Haushalt (ohne Warmwasser)

Diese Bewertungsskala wird für jedes Haus individuelle ermittelt, und in den Energieausweis, der für jedes Gebäude Österreichs Pflicht ist (derzeit in Einführung: Baubewilligung für Errichtung oder bei Sanierung ab einer gewissen Grundfläche, für Förderungen, usw.), eingetragen. Diese Bewertung ist zwar Ländersache, aber für Österreich weitgehend konform.

klima:aktiv haus

Logo klima:aktiv-Initiative des BMVIT

Neben den im Energieausweis-Vorlage-Gesetz und der ÖNORM H 5055 definierten Energiestandards gibt es den neueren klima:aktiv Gebäudestandard. Er setzt auf dem PPHP-Standard des Passivhaus Instituts Darmstadt auf, geht aber über einen reinen Energiestandard hinaus.[5]

Schweizer Minergiestandard

Logo des Vereins und Standards Minenergie

Für neue Wohnbauten gilt in der Schweiz der Minergiestandard. Dieser schreibt ein Maximum von 38 kWh/(m²a) Heizwärmebedarf vor. Als Energiebezugsfläche gilt die Bruttogeschossfläche.

Der Schweizer Minergie-P-Standard für Passivhäuser weicht leicht von den deutschen Anforderungen des Passivhauses ab.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. KfW Privatkundenbank - Bauen, Wohnen, Energie sparen
  2. http://www.goethe.de/kue/arc/oba/de5755384.htm Auf der Sonnenseite – das Plusenergiehaus der Universität Darmstadt
  3. Bine - Fachinformationszentrum Karlsruhe
  4. Energie Tirol (Hrsg.): Energieausweis. Energiebilanz ziehen ! Wie viel Heizenergie verbraucht ein Gebäude? Innsbruck 2009, S. 3, 5 (pdf [abgerufen am 23. Dezember 2009] Aktion Tirol A++ – Eine Initiative von Land Tirol und Energie Tirol).
  5. www.klimaaktiv.at - Österreich hat mit dem klima:aktiv Haus einen neuen Standard