Diadochen

Diadochen (griech. διάδοχοι, Nachfolger, eigentlich die etwas für einen anderen übernehmen) waren ehemalige Generäle Alexanders des Großen und deren Söhne (die Epigonen), die nach dessen unerwartetem Tod 323 v. Chr. das Alexanderreich unter sich aufteilten und sich mit wechselnden Bündnissen in insgesamt sechs Diadochenkriegen bekämpften. Danach hatte sich ein Staatensystem etabliert, das bis zum Eingreifen des Römischen Reiches im 2. Jahrhundert v. Chr. Bestand haben sollte und den Rahmen für die kulturelle Entfaltung des Hellenismus bot.

Geschichtlicher Hintergrund

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Büste Alexanders des Großen

Die Ausgangslage nach Alexanders Tod

Zeitleiste

  • 323 Alexander verstirbt in Babylon
  • 323/22 Lamischer Krieg
  • 322 Perdikkas erobert Kappadokien, Eumenes wird Satrap

Alexander der Große verstarb am 10. Juni des Jahres 323 v. Chr. in Babylon, nachdem er seinem Freund und General Perdikkas seinen Siegelring gegeben hatte und angeblich verlauten ließ, er werde dem Stärksten sein Reich übergeben. Selbst wenn diese und eine andere, sehr doppeldeutige Aussage (dass seine Freunde große Begräbnisspiele für ihn veranstalten werden, bezeugt bei Diodor 17, 117) so niemals getätigt worden sind, sie trafen doch den Kern der Frage, die sich jeder der kampferfahrenen Generäle stellen musste: Wer würde Alexander nachfolgen?

Perdikkas und andere Offiziere wollten abwarten, ob Roxane, die hochschwangere Frau Alexanders, einen Sohn zur Welt bringen würde. Die makedonische Heeresversammlung, der nach altem Recht die Wahl oblag, rief Alexanders schwachsinnigen Halbbruder Philipp III. Arrhidaios zum König aus. Perdikkas war ein Vertreter der Idee der Reichseinheit: Er wollte, dass Alexanders Sohn das Erbe seines Vaters antreten konnte, wobei er Unterstützung von der Reiterei des Heeres erhielt, in welcher der Anteil des Adels überwog. Dagegen erhob sich beim Fußvolk der Phalanx Widerstand, der bald gebrochen werden konnte. Als Roxane kurz darauf einem Sohn, Alexander IV. Aigos, das Leben schenkte, wurde er auf Druck von Perdikkas und den führenden Kommandeuren und im Einverständnis mit Philipp III. ebenfalls zum König ausgerufen.

Das Weltreich, das beim Zug Alexanders entstanden war und das er seinen Nachfolgern 323 v. Chr. hinterließ.

Perdikkas begann nun, die Satrapien neu zu besetzen, wobei er darauf bedacht war, die Generäle möglichst von Babylon fern zu halten. Antipater, der Einfluss auf Perdikkas gewann, sollte weiterhin in Makedonien und Griechenland herrschen. Krateros – der theoretisch Vorgesetzter Antipaters war – wurde zunächst übergangen, später aber zum „Repräsentanten“ beider Könige ernannt.

Ptolemaios erhielt Ägypten, Thrakien fiel an Lysimachos, das hellespontische Phrygien ging an Leonnatos, während Eumenes Kappadokien erhielt und Lykien, Pamphylien sowie Pisidien an Antigonos gingen. Die persische Landschaft Medien wurde zwischen Peithon und Perdikkas’ Schwiegervater Atropates geteilt. Lydien ging an Menandros, Karien an Asandros, während Laomedon, ein Freund Alexanders, Syrien erhielt und Seleukos Kommandeur der Elitekavallerie der Hetairen wurde.

Das Reich Alexanders wurde damit keineswegs aufgeteilt, sondern blieb eine Einheit, wobei Perdikkas weiterhin den wichtigen Posten eines Chiliarchen bekleidete. Einigen Generälen dürfte klar gewesen sein, dass dieser scheinbare Ausgleich nicht von langer Dauer sein würde. Zunächst musste für Ruhe gesorgt werden: ein Aufstand griechischer Soldaten in Baktrien wurde ebenso unterdrückt wie das Aufbegehren Athens in Griechenland (Lamischer Krieg). Die Niederlage Athens machte auch eines deutlich: Das Zeitalter der Polis war vorbei, die Zukunft sollte den Territorialstaaten und (in Griechenland) den Bundesstaaten gehören.

Zerfall des Alexanderreiches

Zeitleiste

  • 321 Konferenz von Triparadeisos und Neuordnung unter den verbliebenen Diadochen
  • 317 Polyperchon verkündet die „Freiheit der Griechen“, Ermordung von Philipp III. Arrhidaios
  • 310 Alexander IV. Aigos wird von Kassandros ermordet, Ende des alten makedonischen Königshauses
  • 306 Antigonos und sein Sohn Demetrios nehmen den Königstitel an
  • 301 Schlacht von Ipsos
  • 281 Schlacht von Kurupedion, Ende der Diadochenzeit

Bald nach der Verteilung der Satrapien durch Perdikkas traten die nur mühsam unterdrückten Konflikte offen zu Tage. Perdikkas stand einer Koalition bestehend aus Antipater, Krateros, Antigonos und Ptolemaios gegenüber, die sich mit seiner Vorherrschaft nicht abfinden wollten, zumal Ptolemaios wohl mehr als jeder andere bereits auf eine Abspaltung seines Herrschaftsbereichs vom Reich spekulierte. 321 v. Chr. griff der von Eumenes unterstützte Perdikkas Ägypten an, doch scheiterte er am Nilübergang und wurde daraufhin von seinen eigenen Offizieren (darunter Seleukos) ermordet. Seleukos erhielt für seine Verdienste auf der nachfolgenden Konferenz von Triparadeisos von Antipater, der zum Wächter des jungen Königs bestimmt wurde, die Satrapie Babylonien. Antigonos wurde zum General in Asien ernannt und damit beauftragt, Eumenes zu beseitigen, der Krateros besiegt und getötet hatte.

Antipater überging bei der Regelung seiner Nachfolge seinen Sohn Kassandros und hatte einen General namens Polyperchon eingesetzt. Kassandros schloss sich daraufhin der Allianz von Antigonos, Ptolemaios und Lysimachos an, die mit dem Arrangement unzufrieden waren. Die nachfolgenden Kämpfe, in deren Verlauf die beiden „königstreuen“ Generäle Polyperchon und Eumenes kooperierten, zogen sich über Jahre hin. Am Ende der ersten Phase der sehr wechselhaft verlaufenden Kampfhandlungen wurde 316 v. Chr. der Großteil der makedonischen Königsfamilie ausgelöscht und Kassandros eroberte Makedonien. 310 v. Chr. ließ Kassandros auch Alexander IV. töten:

Kassandros aber sah, daß Alexander, der Sohn der Roxane, heranwuchs und daß von einigen in Makedonien Reden verbreitet wurden, daß es richtig sei, den Jungen aus dem Gewahrsam zu entlassen und ihm das väterliche Königtum auszuhändigen. Er fürchtete (deshalb) für seine eigene Position und wies Glaukias, der die Wachen für den Jungen kommandierte, an, Roxane und den König zu ermorden und die Leichen zu verbergen, von dem Geschehenen aber keinem anderen etwas zu erzählen. Glaukias führte den Auftrag aus, und dies befreite Kassandros, Lysimachos, Ptolemaios und auch Antigonos von der vorgeblichen Angst um den König. Da es nämlich von jetzt an keinen mehr gab, der die Herrschaft hätte übernehmen können, hatte jeder, der über Völker oder Städte herrschte, Hoffnungen auf die Königsherrschaft und kontrollierte das Territorium unter seiner Herrschaft, als ob es ein Königreich sei, das mit dem Speer erworben war.
Diodor, 19, 105 (Übersetzung entnommen aus [1])

Auch Eumenes – neben Polyperchon einer der letzten Vertreter der Reichseinheit – konnte sich letztendlich nicht halten, obwohl er recht geschickt agierte. Als beispielsweise die Soldaten der Eliteeinheit der Silberschilde (Argyraspiden) zweifelten, ob der Kampf noch einen Sinn hatte, begegnete er diesem Problem mit der Erinnerung an Alexander:

Ihrem Ehrgeiz und ihrer Herrschsucht gegenüber [...] führte er die Religion (deisidaimonia) ins Spiel. Er behauptete, Alexander sei ihm im Traum erschienen und habe ihm ein königlich hergerichtetes Zelt und einen in ihm stehenden Thron gezeigt und dann gesagt, wenn sie dort Rat hielten und ihre Geschäfte führten, werde er selbst gegenwärtig sein und bei jeglichem Rat und jeglicher Tat mit zugreifen, die sie in seinem Namen begännen.
Plutarch, Eumenes, 13, 4-6 (Übersetzung entnommen aus [2])

Eumenes, der sich immer mehr zurückgezogen hatte, wurde dennoch später von den Silberschilden verraten und an Antigonos ausgeliefert, der ihn kurz darauf hinrichten ließ (316 v. Chr.). Das Schicksal des Eumenes verdeutlicht auch die neuen Verhältnisse: Aus der stehenden makedonischen Armee waren faktisch Söldnerverbände geworden, die nur durch den Eid an den Befehlshaber gebunden waren. Auch die Grenzen der jeweiligen Machtbereiche außerhalb Ägyptens waren noch im Fluss, sie sollten sich erst Jahrzehnte später verfestigen. Währenddessen hatte sich Polyperchon in Griechenland zum Befreier der Poleis aufgespielt, bald aber an Macht verloren. Er ist zu einem unbekannten Zeitpunkt verstorben (nach dem Friedensschluss zwischen Antigonos und den anderen Diadochen im Jahre 311 v. Chr., welcher freilich nicht lange Bestand hatte).

Antigonos strebte nun offen nach der Alleinherrschaft. Er sicherte seine Position in Asien und vertrieb 315 v. Chr. Seleukos, der zu Ptolemaios floh. 312 v. Chr. besiegten sie Antigonos bei Gaza, woraufhin Seleukos nach Babylon zurückkehrte und in den folgenden Jahren seine Machtbasis sicherte sowie im Osten des Reiches expansiv tätig wurde. Der Kriegsschauplatz der folgenden Kampfhandlungen zwischen den Diadochen erstreckte sich wieder über große Teile des nun auseinander brechenden Alexanderreiches, doch brachten sie keine wirkliche Entscheidung. Die Macht der Antigoniden wuchs derweil weiter an.

Die Diadochenreiche und ihre Nachbarn nach der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr.

Demetrios, der Sohn des Antigonos, erkämpfte sich durch die Vertreibung der Makedonen aus Athen, der Wiederherstellung der attischen Demokratie und der Vernichtung der ptolemäischen Flotte bei Salamis in Griechenland und Makedonien eine gute Machtstellung. 306 v. Chr. nahmen er und sein Vater den Königstitel von Makedonien an, womit ein eindeutiger Führungsanspruch auf das (theoretisch immer noch vorhandene) Gesamtreich verbunden war. Im Jahr darauf nahmen auch die anderen Diadochen jeweils ihre eigenen Königstitel an. Währenddessen bahnte sich noch eine ganz andere Entwicklung an, die bald zu einem typischen Merkmal hellenistischer Herrscherideologie werden sollte: In mehreren Poleis wurden Kulte zu Ehren der Monarchen errichtet, die später teils sogar zu Göttern erklärt wurden Vorlage:Lit.

Um seine Schlagkraft zu erhöhen, erneuerte Demetrios im Auftrag seines Vaters 302 v. Chr. den Korinthischen Bund und übernahm dessen Führung. Den beiden Antigoniden stand nun eine Koalition bestehend aus Kassandros, Lysimachos und Seleukos gegenüber, während Ptolemaios den Lauf der Dinge abwartete. Es kam erneut zu Kampfhandlungen, die mit der Schlacht von Ipsos im Jahr 301 v. Chr., bei der Antigonos fiel, endeten. Somit war faktisch auch die Idee der Reichseinheit zu Grabe getragen worden, da keiner der anderen Herrscher die Macht hatte, mit Gewalt das Reich zu einen.

In der darauffolgenden Zeit schien denn auch ein Status quo gefunden. Es folgte ein mehrjähriger, freilich labiler Frieden, der im Jahre 288 v. Chr. ein Ende fand. Demetrios versuchte weiterhin, die Machtstellung seines Vater zu erlangen. Lysimachos und Pyrrhos von Epirus drangen in Makedonien ein, zwangen Demetrios zur Flucht und teilten Makedonien unter sich auf, wobei Lysimachos sich bald als Alleinherrscher durchsetzen konnte. Demetrios starb später in seleukidischer Gefangenschaft.

Gegen das nun formierte Reich des Lysimachos (welches auch große Teile Kleinasiens umfasste), zog Seleukos 281 v. Chr. in den Krieg. Zwar konnte er sich in der Schlacht von Kurupedion gegen Lysimachos durchsetzen, doch wurde er kurz darauf von Ptolemaios Keraunos ermordet, der selbst die makedonische Königswürde anstrebte. Diese Ereignisse markieren das Ende des Zeitalters der Diadochen.

Als Ergebnis der Kämpfe hatten sich drei Nachfolgestaaten gebildet, die bis zum Einbruch Roms im 2. Jahrhundert v. Chr. Bestand haben sollten, das Ptolemäerreich in Ägypten, das Seleukidenreich in Asien und das Antigonidenreich in Griechenland.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema: Diadochenkriege

Ausblick

Zeitleiste

  • 256 Das Gräko-baktrische Reich wird gegründet
  • 221 Die Antigoniden werfen die letzte spartanische Erhebung nieder
  • 168 Die Römer zerschlagen Makedonien
  • 133 Attalos III. vermacht Pergamon testamentarisch den Römern
  • 64 Der römische General Pompeius erobert Syrien
  • 30 Ägypten wird römische Provinz

Makedonien konnte unter den Nachfahren des Antigonos Monophthalmos, die 276 v. Chr. dort wieder an die Macht kamen, die Hegemonie über Griechenland bewahren und griff zeitweise auch auf die Inseln der Ägäis aus. Die langjährige griechische Vormacht Athen wurde nach der Niederlage im Lamischen Krieg 322 im Chremonideischen Krieg 261 erneut besiegt. Athens Erzrivale Sparta unterlag 222 bei Sellasia den Antigoniden. Auch mit Unterstützung des Ptolemäerreiches konnten die griechischen Poleis ihre Unabhängigkeit nicht sichern. Makedonien blieb so, nicht zuletzt dank seines schlagkräftigen Heeres, trotz seiner verhältnismäßig geringen Fläche eine Großmacht. Im Inneren änderte sich dabei nur wenig.

Das reichste Diadochenreich war und blieb Ägypten unter den Ptolemäern. Das Reich des Ptolemaios galt als hellenistischer Musterstaat und ist durch die reichhaltigen Papyrusfunde am besten erforscht. Die Ptolemäer verfolgten wie die anderen großen hellenistischen Reiche das Ziel einer Hegemonie über das ehemalige Alexanderreich. Mit den Antigoniden stritten sie um Macht und Einfluss in Griechenland und der Ägäis, mit den Seleukiden um den Süden Kleinasiens, Zypern, Palästina und Syrien. Die letzte Ptolemäerkönigin, Kleopatra VII., wurde 30 v. Chr. von den Römern ihres Amtes enthoben.

Von einem Seleukidenreich im eigentlichen Sinne kann man ab der Niederlage des Antigonos in der Schlacht von Ipsos sprechen. Seleukos Nikator herrschte seitdem über das größte, aber auch uneinheitlichste Diadochenreich. Während die Seleukiden die syrische Tetrapolis Antiochia, Seleukia, Laodikeia und Apameia im Zentrum ihres Reiches recht gut unter Kontrolle hatten, begann in den Randbereichen kurz darauf ein Erosionsprozess. Bald schon machten sich Bithynien, Pontus und Pergamon in Kleinasien selbständig. Persien wurde um 250 von den Parthern erobert und der Osten des Reiches, der nun keine Landverbindung mehr zum seleukidischen Kernland besaß, formierte sich zum Gräko-baktrischen Reich.

Die Diadochenreiche vor Beginn der Kämpfe mit Rom um 200 v. Chr.

Keines der drei großen Diadochenreiche war mit seinen Hegemoniebestrebungen erfolgreich, weil sich die übrigen Staaten in rasch wechselnden Bündnissen jeweils gegen den Angreifer zusammenschlossen. Seit etwa 250 gewannen mehrere Kleinstaaten durch geschicktes Lavieren zwischen den drei Großmächten an Bedeutung, wodurch Rhodos zeitweilig zur größten Seemacht wurde. Bithynien und Pergamon wahrten mit geschickter Diplomatie lange ihre Selbständigkeit und gingen schließlich im römischen Reich auf. Aufgrund des besonderen Herrschaftsverständnisses der Diadochenreiche konnte der letzte König von Pergamon sogar sein Reich den Römern testamentarisch vermachen. Nach und nach fielen auch die meisten anderen Nachfolgestaaten des Alexanderreiches an die Römer.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema: Hellenismus

Die Diadochen

Hinweis: Eine Vorstellung aller Diadochen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Die hier vorgestellten vier sollen exemplarisch für alle stehen. Eine vollständige Aufzählung aller Diadochen findet sich in der Liste der Diadochenreiche.

Antigonos

Hauptartikel: Antigonos I. Monophthalmos

Antigonos (Ἀντίγονος) war ein Altersgenosse von Alexanders Vater Philipp II. Seine Machtbasis lag zunächst in Kleinasien, er konnte aber Eumenes ausschalten und so den Großteil des asiatischen Teils des Alexanderreiches unter seine Herrschaft bringen. In den Folgejahren wurden Ptolemaios und Seleukos seine Hauptgegner. Mit Ptolemaios kämpfte er um Syrien und die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer, mit Seleukos um Babylon und die östlichen Satrapien. Antigonos erhob sich und seinen Sohn Demetrios zu Königen, die übrigen Diadochen zogen nach. Damit war das Alexanderreich endgültig zerbrochen. Trotzdem gilt Antigonos als letzter Verfechter der Reichseinheit.

Die Machtfülle des Antigonos war so groß, dass die anderen Diadochen befürchteten, nacheinander von ihm unterworfen zu werden. Ptolemaios, Seleukos und Lysimachos verbündeten sich gegen ihn und konnten Antigonos 301 v. Chr. in der Entscheidungsschlacht bei Ipsos besiegen und töten. Trotz dieser Niederlage wurde Antigonos zum Stammvater der letzten makedonischen Königsdynastie, der Antigoniden. Sein Sohn Demetrios versuchte noch vergeblich, das makedonische Kernland unter seine Kontrolle zu bringen, sein Enkel Antigonos II. Gonatas konnte sich und seinen Nachfolgern schließlich den makedonischen Thron sichern.

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Lysimachos (Büste aus Selçuk)

Lysimachos

Hauptartikel: Lysimachos

Lysimachos (Λυσίμαχος) wurde noch von Alexander zum Statthalter von Thrakien ernannt. Nach dessen Tod 323 v. Chr. beteiligte er sich zunächst nicht an den Kämpfen unter den übrigen Diadochen, sondern sicherte seine Herrschaft über Thrakien. Wegen seiner brutalen Methoden wurde Lysimachos von vielen Zeitgenossen als barbarisch angesehen. Nach dem Tod des Eumenes griff Lysimachos nach Kleinasien und Makedonien aus und schloss sich der Koalition gegen Antigonos an. Nach dessen Ende in der Schlacht von Ipsos geriet Lysimachos mit seinem bisherigen Verbündeten Seleukos in Konflikt, dem er 281 v. Chr. bei Kurupedion unterlag. Lysimachos' Tod bei Kurupedion gilt als das Ende der Diadochenkriege.

Ptolemaios

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Ptolemaios I. (Silbermünze aus Coins of the Ancients)

Hauptartikel: Ptolemaios I.

Ptolemaios I. (Πτολεμαῖος) übernahm nach dem Tod Alexanders die Satrapie Ägypten, wohin er später zur Legitimierung seiner Macht den Leichnam Alexanders überführen ließ. Er beteiligte sich an den Diadochenkriegen, sicherte sich Ägypten und nahm 306 v. Chr. den Königstitel an. Er erweiterte sein Reich um Kyrene und Zypern und sicherte es nach außen durch eine kluge Heiratspolitik, nach innen durch eine gute Militär- und Verwaltungsorganisation. Zudem förderte Ptolemaios I. Wissenschaften und Künste. Unter anderem gründete er die berühmte Bibliothek von Alexandria. 285 v. Chr. dankte Ptolemaios zugunsten seines Sohnes Ptolemaios II. ab. Sein eigentlicher Thronfolger wäre sein ältester Sohn Ptolemaios Keraunos gewesen. Dieser floh zusammen mit seiner Mutter, die verstoßen worden war, an den Hof des Seleukos. Ptolemaios I. starb 282 v. Chr., kurz vor dem Ende der Diadochenkriege.

Seleukos

Hauptartikel: Seleukos I.

Seleukos I. Nikator (Büste aus dem Pariser Louvre)

Seleukos (Σέλευκος) war der Sohn eines Generals des makedonischen Königs Philipp II. Er begleitete Alexander den Großen auf dessen Asienfeldzug und zeichnete sich bei den Kämpfen in Indien 326 v. Chr. aus. Nach Alexanders Tod in Babylon erhielt er keine eigene Satrapie. 321 v. Chr. war er in die Ermordung des Regenten Perdikkas verwickelt und erhielt bei der zweiten Reichsteilung die Satrapie Babylonien. Nach Konflikten mit dem mächtigen Diadochen Antigonos konnte er mit der Unterstützung des Ptolemaios Babylonien 312 v. Chr. endgültig als Herrschaftsgebiet gewinnen.

305 v. Chr. nahm Seleukos wie die anderen Diadochen den Königstitel an. Zwei Jahre später schloss er, nachdem er den Osten des Irans unterworfen und bis in den Pandschab vorgestoßen war, mit dem indischen Herrscher Chandragupta Frieden. Er trat einen Teil seines Herrschaftsgebietes an diesen ab und erhielt dafür 500 Kriegselefanten, die in der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr. einen entscheidenden Vorteil bedeuteten. In dieser Schlacht besiegte er zusammen mit Lysimachos den Antigonos. 285 v. Chr. konnte er Demetrios, den Sohn des Antigonos, gefangennehmen. Vier Jahre später besiegte er Lysimachos in der Schlacht bei Kurupedion. Seleukos wollte nun Makedonien und Thrakien in Besitz nehmen, wurde aber kurz nach dem Übertritt nach Europa von Ptolemaios Keraunos ermordet. Seleukos hinterließ seinem Sohn Antiochos I. mit dem Seleukidenreich das größte, aber auch heterogenste Diadochenreich.

Gesellschaft und Kultur

Herrschaft und Verwaltung

Das Königtum der Diadochenherrscher stand auf zwei Säulen, der Alexandernachfolge (διαδοχή, diadochē) auf der einen und der Akklamation durch die Heere auf der anderen Seite. Die Staaten existierten dabei nicht unabhängig von ihrer Regierungsform, die Könige waren nicht Könige von Syrien, sondern Könige in Syrien. Das Königtum war kein staatliches Amt, sondern eine persönliche Würde, der Monarch sah den begrifflich davon nicht abgegrenzten Staat als seine Angelegenheit (vgl. Polybios 5, 41). Theoretisch war das ganze eroberte Land im Besitz des Königs, weshalb dieser es auch testamentarisch an eine fremde Macht wie die Römer übereignen konnte. Es gab also in den Diadochenreichen keine Trennung zwischen Souverän und Person.

Der Personenkult, der sich um Alexander entwickelt hatte, wurde von den Diadochen gefördert, um so ihre eigene Machtstellung zu legitimieren. Die kultische Verehrung der Diadochenherrscher selbst wurde aber wenigstens zunächst nicht von ihnen selbst gefördert, sondern von außen durch die „freien“ Poleis Griechenlands an sie herangetragen. Die Herrscher wurden aber vorerst nur „gottgleich“ genannt. Erst 304 v. Chr. bezeichneten die Rhodier Ptolemaios I. als Gott und nannten ihn σωτήρ (Sōtēr, „Retter“). Es bleibt festzuhalten, dass die Diadochen eher zögerlich solche auf sie selbst bezogenen Kulthandlungen annahmen, während die nachfolgenden hellenistischen Könige diesen Herrscherkult bewusst forcierten.

Die Diadochen und ihre Nachfolger regierten mit Hilfe schriftlicher Erlasse, die als Briefe (ἐπιστολή, epistolē) oder Verordnungen (πρόσταγμα, prostagma) formuliert wurden. Der für diese Erlasse zuständige Beamte hieß epistoliagraphos. Beraten wurde der Herrscher von einem Gremium aus Freunden (φίλοι, philoi) und Verwandten (συγγενεῖς, syngeneis). Verschiedene Hofämter insbesondere im fiskalischen Bereich hatten Eunuchen inne. Der wichtigste Mann neben dem König war der Hausverwalter (διοικητής, dioikētēs), der für Wirtschaft, Finanzen, Verwaltung, Heer und Außenpolitik verantwortlich war. Während man bereits zur Zeit der Diadochen von einem absolutistischen Staat sprechen kann, setzte der typisch hellenistische Herrscherkult erst unter ihren Nachfolgern ein. Entscheidenden Einfluss gewann die Herrschaftsform der Diadochen auf die jüngere griechische Tyrannis, die Karthager und das römische Kaisertum.

Die Nachwelt beeinflusst hat auch die Verwaltung der Diadochenreiche. Sie war zentralistisch organisiert und wurde von Berufsbeamten organisiert. Dieser Beamtenapparat war keine Erfindung der griechischen Poliskultur, sondern stand in der Tradition des achaimenidischen und des pharaonischen Reiches. Vergleichbares gab es im antiken Griechenland nur in der privatwirtschaftlichen Gutsverwaltung. Wie die Angestellten eines Gutes von dessen Besitzer, so waren die Beamten der Diadochen von ihrem Herrscher abhängig, der sie einsetzte, bezahlte, beförderte und entließ. Die Verwaltung der Diadochen legte den Grundstein für die feinziselierte und personalintensive Bürokratie der hellenistischen Zeit, wobei einheimische Beamte jedoch kaum zu höheren Ämtern zugelassen waren. Diese wurden in der Regel von Makedonen oder Griechen besetzt.

Die Territorialstruktur der Diadochenreiche geht noch auf Alexander den Großen selbst zurück. Das von Strategen und Satrapen regierte Königsland umfasste dabei den größten Teil des Alexanderreiches. Alexander hatte die militärischen Befugnisse der einheimischen Satrapen makedonischen Strategen übergeben, die nach seinem Tod nach und nach die gesamte Verwaltungsarbeit ihrer Gaue (νόμοι, nomoi) übernahmen. Die Strategen waren nun auch für das Siedlungswesen und die Justiz zuständig. Der König konnte Teile des in Bezirke (τόποι, topoi) und Dörfer (κώμαι, kōmai) untergliederten Königslandes oder die Einkünfte daraus als Lehen vergeben. Ihre endgültige Form fand die Gauverwaltung jedoch erst im Verlauf des dritten vorchristlichen Jahrhunderts.

Einen eigenen Territorialtypus bildeten die Außenbesitzungen, die nicht zum Königsland mit seiner Gaustruktur gehörten. Zu den Außenbesitzungen des Ptolemäerreiches gehörten Kyrene, Teile Syriens, Zypern und die Küsten des Roten und des Indischen Meeres. Sie unterstanden ebenfalls Strategen. Im Seleukidenreich waren die Außenbesitzungen etwas anders organisiert, sie wurden je nach Größe und politischem System als Völker (ἔθνη, ethnē), Städte (πόλεις, poleis) oder Königreiche (δυναστεία, dynasteia) bezeichnet. Diese Enklaven, die nicht unter direkter Verwaltung des Diadochenherrschers standen, blieben in dieser Form bis zum Ende des Hellenismus bestehen. Einige davon machten sich jedoch im Laufe der Zeit selbständig, insbesondere an der Peripherie des Seleukidenreiches.

Heer und Kriegführung

Hopliten spielten auch in den Armeen der Diadochen noch eine wichtige Rolle.
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Der Einsatz von Kriegselefanten aus Indien geht auf Seleukos zurück.
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Aus Penteren wie dieser wurden in der Diadochenzeit die sechzehnreihigen Hekkaidekeren entwickelt.

Von grundlegender Bedeutung für die Diadochenreiche war das Heer. Es lässt sich grundsätzlich in drei große Gruppen einteilen: die makedonische Garde (ἄγημα, agēma), die aus Hopliten und Reitern bestand, die griechisch-makedonische Phalanx aus Schwerbewaffneten und eine wachsende Anzahl von auswärtigen Söldnern. Neben der Landesverteidigung erfüllte es insbesondere vier von der makedonischen Heeresversammlung (ἐκκλησία πάνδημος, ekklēsia pandemos) übernommene Aufgaben: die Ausrufung oder Bestätigung eines Königs (Akklamation), die Bestellung von Vormündern für unmündige Könige, die Anerkennung königlicher Testamente und die Verurteilung politischer Gegner als Staatsverbrecher. In der Diadochenzeit ließ unter anderem Ptolemaios den Eumenes, Kassandros die Olympias und schließlich Antigonos I. den Kassander vom Heer verurteilen. Der zu dieser Zeit noch sehr große Einfluss des Heeres ging jedoch immer mehr zurück, nur noch die Garnisonen der Hauptstädte konnten später der politischen Führung ihren Willen aufzwingen. Dennoch blieb der militärische Oberbefehlshaber (χιλίαρχος, chiliarchos) der zweite Mann im Staat neben dem dioikētēs.

Eine Einschätzung der Größe dieser Heere ermöglicht unter anderem Appian, der berichtet, das Ptolemäerreich habe über 200.000 Fußsoldaten, 40.000 Reiter, 300 Kriegselefanten, 2.000 Streitwagen, 1.500 große und 2.000 kleine Kriegsschiffe verfügt. Allerdings sind die genauen Zahlen kaum zu ermitteln, da die antiken Historiker in dieser Hinsicht oft übertrieben haben. Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass die hellenistischen Heere, verglichen mit den Armeen der klassischen Zeit, gewaltig waren Vorlage:Lit. Die Zahlenangaben für die Schlachten von Ipsos (301 v. Chr.), Raphia (217 v.Chr.) und Magnesia (190 v.Chr.) dürften aber durchaus realistisch sein.

Der Einsatz von Kriegselefanten geht auf Seleukos zurück, der in Apameia 500 indische Elefanten hielt. Außerdem wurden Kamele, gepanzerte Reiter (κατάφρακτοι, kataphraktoi) und Belagerungsmaschinen eingesetzt, wobei die Belagerungstechnik gewaltigen Fortschritt machte.

Wichtige Impulse für die Kriegsmarine gab Demetrios Poliorketes, der Sohn des Antigonos, der riesige Großkampfschiffe mit bis zu sechzehn Reihen von Ruderern bauen ließ. Die ungewöhnliche Schnelligkeit des Größenwachstum der Kriegsschiffe in der Diadochenzeit wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die größten Schiffe der Euphratflotte Alexanders des Großen lediglich fünf Reihen besaßen. Bereits zur Zeit der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr. ließ Demetrios aber dreizehnreihige Schiffe bauen. Die sechzehnreihige Hekkaidekere (ἑκκαιδεκήρης) markierte dann den Höhepunkt der auf praktischen Nutzwert ausgerichteten Schiffsentwicklung. Die später von den Ptolemäern gebauten zwanzig-, dreißig- und vierzigreihigen Schiffe waren dagegen wohl reine Schaustücke, die nur in sehr kleinen Stückzahlen gebaut wurden.

Die Diadochen verfügten bereits über ein stehendes Heer, das mobil und ständig einsatzbereit war. Es wurde in Kriegszeiten durch eine große Anzahl von Militärsiedlern (κάτοικοι κληροῦχοι, katoikoi klēruchoi) ergänzt, die von Seleukos in Städten, von Ptolemaios in Dörfern angesiedelt wurden. Mit dem System der Militärsiedler schlugen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen konnte der Sold ganz oder teilweise mit den Erträgen des von den Soldaten im Frieden bebauten Landes abgegolten werden, zum anderen waren sie in dieser Zeit Landarbeiter und damit Steuerzahler, welche die stark ausgebaute Verwaltung und die ständigen Kriege mitfinanzierten. Die Militärsiedler waren meist griechische Einwanderer und bauten ihre neugegründeten Städte selbst. Allerdings wurden durchaus auch Söldner angeworben und, zunächst nur vereinzelt, in späterer Zeit regulär, einheimische Truppen in die Phalanx integriert.

Wirtschaft

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Alexandria war das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der hellenistischen Welt.

Die Diadochenreiche betrieben eine planmäßige Wirtschaftspolitik. Im Ptolemäerreich lassen Papyrusfunde auf eine echte staatliche Planwirtschaft schließen. Das Prinzip dieses auf die Pharaonen zurückgehenden Wirtschaftssystems bringt ein Papyrus aus Tebtunis auf den Punkt:

Niemand hat das Recht, zu tun, was er will, denn alles ist aufs Beste geregelt.
(zitiert nach Lit.: Demandt, Antike Staatsformen, S. 310)

Die Beseitigung von Korruption, wirtschaftlichem Leerlauf und oftmals chaotischen Privatinitiativen machte Ägypten zum reichsten Land und den Ptolemäerkönig zum reichsten Mann der antiken Welt. Er profitierte dabei nicht zuletzt von der Einbeziehung der reichen Tempelbezirke, die vorher eine Art Staat im Staate bildeten. Seine Hauptstadt Alexandria blieb bis in die Zeit des römischen Kaisers Augustus der größte Handelsplatz der damals bekannten Welt.

Die Grundlage der hellenistischen Wirtschaft war die bis ins Detail durchorganisierte Landwirtschaft. Durch Einführung moderner Anbaumethoden wurde Ägypten zur Kornkammer des östlichen Mittelmeerraumes, der König erhielt etwa ein Drittel der Erträge. Im seleukidischen Babylonien führten die Makedonen den Weinbau ein. Mehr Spielraum blieb privaten Unternehmern im Bereich des Gewerbes. Dieser wurde jedoch durch umfangreiche Monopolbestimmungen begrenzt. Grundnahrungsmittel wie Öl, Salz, Fisch, Bier, Honig und Datteln, die Herstellung von Papyrus, Textilien, Glas und Luxusartikeln sowie Transportwesen, Banken und Außenhandel waren Sache des Staates. Dieser schützte die eigene Wirtschaft durch Zölle von bis zu 50% und erreichte nicht zuletzt durch eine Erweiterung des Osthandels beträchtliche Außenhandelsüberschüsse.

Gesellschaft und Sozialstruktur

Die Diadochenreiche hatten für antike Verhältnisse eine recht große Bevölkerung: Die Einwohnerzahl des Seleukidenreiches wird auf dreißig, die des Ptolemäerreiches auf etwa acht Millionen geschätzt. Dabei waren die Staaten der Diadochen durch zwei große Gegensätze geprägt: die Trennung in soziale Schichten und die Aufteilung in Nationalitäten. Eine wesentlich geringere Rolle spielte der Adel. Die Griechen waren gerade erst eingewandert und konnten so kaum mit der Leistung ihrer Vorfahren prunken, der vor allem in Persien zunächst noch vorhandene einheimische Adel verlor schnell an Bedeutung. Dies lag auch im Interesse der Diadochenherrscher, deren Beamtenapparat darauf angewiesen war, dass Ämter nach Tüchtigkeit und nicht nach Geburt vergeben wurden. Deshalb waren vom König verliehene Ränge zunächst nicht erblich.

Auch die Sklaven waren weniger zahlreich und auch weniger bedeutend als in anderen antiken Staatswesen. Während ihre Anzahl im Seleukidenreich schwer zu ermitteln ist, kann für Ägypten mit einiger Sicherheit von einer geringen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung der Sklaverei ausgehen. Die Landarbeit wurde von Fellachen betrieben, die rein rechtlich nicht als Sklaven galten. Ehen zwischen Freien und Unfreien waren relativ häufig. Von den Tempelsklaven (ἱεροδοῦλοι, Hierodulen) abgesehen, gab es vor allem in den Privathaushalten reicher Griechen Sklaven, diese waren also kaum in der Produktion tätig. Sie galten als Luxusgut und unterlagen deswegen einer besonderen Steuer. Der Freikauf von Sklaven wurde erst um 200 üblich, Kriegsgefangene im Sklavenstatus kamen dagegen schon unter den Diadochen vor. Diese arbeiteten vor allem in königlichen Steinbrüchen und Bergwerken.

Das größte soziale Problem stellte der Gegensatz zwischen Griechen und Orientalen dar. Philon bezeugt die Existenz einer Zwei-Klassen-Gesellschaft: Ägypter wurden mit der Peitsche, Griechen lediglich mit dem Stock gezüchtigt. Dabei betrug der Anteil der Griechen an der Gesamtbevölkerung höchstens 1%. Die von Alexander geförderte Gleichberechtigung der beiden Gruppen ließ sich unter den Diadochen so nicht beibehalten, Ptolemaios und Seleukos führten bald eine Trennung zwischen einheimischen und griechischen Funktionsträgern durch. Während letzterer den einheimischen Satrapen den militärischen Oberbefehl zugunsten griechischer Strategen entzog, verzichtete ersterer beim Aufbau seines Verwaltungsapparates ganz auf Einheimische, die nur noch auf der Ebene der Dorfschulzen politische Verantwortung tragen durften. In dieses Bild einer Apartheidgesellschaft passt, dass Mischehen zumindest theoretisch verboten waren und jede Bevölkerungsgruppe einem eigenen Recht unterlag, die Griechen dem griechischen, die Ägypter dem ägyptischen und die Juden dem jüdischen. Prozesse zwischen Menschen verschiedener ethnischer Gruppen wurden vor besonderen Gerichten verhandelt. Der ethnische Gegensatz zwischen Einwanderern und Orientalen war also größer und bedeutender als der zwischen Sklaven und Freien.

Die Diadochen und ihre Nachfolger wollten das griechische Element in ihren Staaten stärken und begünstigten deshalb die Einwanderer, von denen im Laufe der Zeit Hunderttausende kamen. Griechen traten als Soldaten oder Beamte in den Königsdienst und ließen sich in den griechischen Städten des Ostens, in denen sie auch als Privatleute sofort das Bürgerrecht erhielten, als Händler, Gewerbetreibende oder Bauern nieder. Niedergelassene Einwanderer waren vom Militärdienst befreit. Allerdings spielte bei der Einwanderungspolitik vor allem auch die Tüchtigkeit der Immigranten eine Rolle. Auch Galater und Juden wurden ins Heer aufgenommen, die Städte nahmen auch Juden und Phöniker auf. Bei den eingewanderten Griechen nivellierten sich schon bald die Unterschiede, es entstand eine Art „Einheitsgrieche“, die lokalen Traditionen traten zurück, eine gesamtgriechische Verkehrssprache (κοινῆ, koinē) entwickelte sich. Die Bedeutung der koinē zeigt sich darin, dass das Alte Testament in diese Sprache übersetzt und das Neue sogar in ihr abgefasst wurde. Die Entwicklung einer griechischen Hochsprache in den Diadochenreiche legte so gleichsam den Grundstein für die spätere Verbreitung des Christentums.

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Pyrrhos

Am längsten blieben die Makedonen kulturell eigenständig. Die Bezeichnung „Makedone“ wurde jedoch schon bald zum Standesbegriff und wurde später selbst von Juden geführt. Insgesamt war der Wunsch nach Zugehörigkeit zur griechischen Kultur bei den Orientalen groß. So bezeichnete Manetho, der die Liste der Pharaonen aufstellte, die Stammväter von Griechen und Ägyptern als Brüder, König Pyrrhos von Epirus führte seine Herrschaft auf Achilles zurück. Selbst die Römer beriefen sich vor Seleukos auf eine angebliche Blutsverwandtschaft über ihre sagenhaften trojanischen Ahnen. Dabei galt allgemein das Wort des Philosophen Isokrates. Dieser hatte erklärt:

Grieche ist man nicht durch Geburt (γένος, genos) und Aussehen (φύσις, physis), sondern durch Vernunft (διάνοια, dianoia) und Bildung (παίδευσις, paideusis).
(zitiert nach Lit.: Demandt, Antike Staatsformen, S. 314)

Dadurch wurde trotz der rigiden Trennung der ethnischen Gruppen letzlich eine Vermischung von Griechen und Orientalen erleichtert. Im Niltal wurden die Griechen ägyptisiert und die Ägypter hellenisiert. Besonders entgegenkommend zeigte sich Ptolemaios gegenüber den Fellachen, wohl vor allem, um mögliche Aufstände zu verhindern. Jedenfalls nahm der Wohlstand der ägyptischen Bauern in der Diadochenzeit soweit zu, dass ein Fellache mehr verdiente als ein griechischer Arbeiter auf Delos.

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Arsinoë II. mit ihrem Bruder Ptolemaios II.

Verhältnismäßig gut war in den Diadochenreichen auch die Lage der Frauen. Sie gewannen das Recht, vor Gericht im eigenen Namen auszusagen und selbständig Unternehmen zu führen. Auch waren ihnen alle Stufen der Schulbildung zugänglich. Frauen besuchten das Gymnasion, betätigten sich als Dichterinnen oder Philosophinnen und organisierten sich in eigenen Vereinen. Inschriften aus Kleinasien, Sparta und Kyrene berichten von Frauen, die sich durch Stiftungen einen Namen machten und politische Ämter übernahmen. In Delphi und Priene amtierten Frauen als Archonten. Zudem hatten bedeutende Frauen Zugang zum Bürgerrecht auswärtiger Städte. Frauen aus dem Königshaus wie Arsinoë II., die Tochter des Ptolemaios, griffen sogar aktiv in die Politik ein. Allerdings wurden noch immer weit häufiger neugeborene Mädchen ausgesetzt als Jungen. Dieses Schicksal traf aber nur selten die Töchter von Sklavinnen, Unfreie waren allgemein als Luxusgüter begehrt.

Religion und Kult

Die Diadochen gestatteten ihren Untertanen die Verehrung einheimischer Götter. Während aber Seleukos deren Kultstätten einen eigenen rechtlichen Status zubilligte und ihnen eine durch Tempelversammlung (ἐκκλησία, ekklēsia) und Kultvereine organisierte Selbstverwaltung gestattete, versuchte Ptolemaios, die reichen Heiligtümer Ägyptens in seinen Verwaltungsapparat zu integrieren. Die Ptolemäer ließen sich als συννάοι θεοί, synnaoi theoi) in den Tempeln mitverehren und ernannten die Priester selbst. Griechische Kontrollbeamte übernahmen die Aufsicht über die Tempelwirtschaft, selbst griechische Priester kamen vor. Die Erträge der Tempel wurden besteuert und ihr Asylrecht eingeschränkt, der Kult selbst blieb jedoch weitgehend in seiner vorhellenistischen Form erhalten.

Nicht nur in Ägypten genossen auch die Diadochen selbst göttliche Ehren. Ein anlässlich der Befreiung Athens 307 verfasster Hymnus an Demetrios, den Sohn des Antigonos, bezeugt das Ausmaß der ihnen erwiesenen Ehrungen:

Freue dich, Sohn des mächtigen Gottes Poseidon (Anspielung auf seine oben genannte Flotte) und der Aphrodite (Schmeichelei gegenüber seiner Schönheit). Denn die anderen (d.h. die eigentlichen) Götter sind weit entfernt oder sie existieren überhaupt nicht, oder sie kümmern sich nicht um uns. Dich aber sehen wir gegenwärtig, nicht aus Holz oder Stein (wie die Kultbilder in den Tempeln), sondern wirklich.
(zitiert nach Lit.: Demandt, Antike Staatsformen, S. 303)

Neben diesen spontanen Herrscherkult seitens der Städte trat der vom Herrscher verordnete. Bereits Alexander befahl 324 die eigene Vergöttlichung. Die Diadochen setzten den Alexanderkult fort, dessen Zentrum Alexanders Grab (séma) in Alexandria bildete. Zudem förderten sie Legenden über ihre eigene göttliche Abstammung. Bald schon fand allgemeine Verbreitung, dass Herakles der Ahnherr der Ptolemäer und Apollon der Stammvater der Seleukiden sei. Während in Makedonien eine kultische Verehrung des Herrschers nicht stattfand, wurde sie in den anderen beiden Reichen bald schon im großen Stil praktiziert. Die Söhne der Diadochen ordneten die Verehrung ihrer Väter und die der eigenen Person an und bauten dafür eigene Tempel. In jedem Gau überwachte ein Oberpriester (ἀρχιερεύς, archiereus) den Herrscherkult, zu Ehren der Diadochenherrscher wurden regelmäßig Festspiele nach dem Vorbild der Olympischen Spiele abgehalten, die Gäste aus aller Welt anzogen.

Einen erstaunlichen Aufschwung nahm unter den Diadochen und ihren Nachfolgern das Judentum, dessen geistiges Zentrum nun nicht mehr Jerusalem, sondern Alexandria war. Dort siedelten im Deltabezirk ehemalige jüdische Kriegsgefangene, die sich unter einem Gemeindevorsteher selbst verwalteten. Gegen Ende der Diadochenzeit begann die Arbeit an der Septuaginta, der griechischen Fassung des Alten Testaments. Der älteste außerbiblische Bericht über den Exodus stammt aus der Aegyptiaca Hekataios von Abderas. In seinem am Hof des Ptolemaios verfassten Werk berichtet er, dass die Juden während einer Pest aus Ägypten vertrieben und von ihrem weisen Gesetzgeber (Moses?) nach Judäa geführt wurden. Die Schriften des Hekataios beeinflussten offenbar auch Manetho und Strabon, die in ähnlicher Weise über die Herkunft der Juden schrieben. Insgesamt waren die Juden einem Hellenisierungsprozess unterworfen, der auch dank der Unterstützung durch Seleukos und die ersten Seleukiden zu einer weitgehenden Gleichberechtigung mit den Griechen führte.

Neue orientalische Erlösungsreligionen wurden in den Diadochenreichen immer wichtiger. Die olympischen Götter der Griechen verloren an Bedeutung. Religion wurde Privatsache, lediglich der Herrscherkult blieb als verbindendes Element erhalten. Die daneben wohl folgenreichste religionspolitische Neuerung war die Einführung des synkretistischen Sarapiskults durch Ptolemaios. Sarapis war eine Verschmelzung aus den ägyptischen Göttern Osiris und Apis und dem griechischen Göttervater Zeus. Zudem wurden nach der Interpretatio Graeca vermehrt griechische und orientalische Götter gleichgesetzt, beispielsweise die Erntegöttin Demeter mit Isis, der Gattin des Osiris. Diese Entwicklung bereitete den Boden für die 300 Jahre später erfolgende Verbreitung einer weiteren östlichen Erlösungsreligion, des Christentums.

Wissenschaft und Kultur

Der Philosoph Epikur war ein Zeitgenosse der Diadochen.

Hinweis: Wissenschaft und Kultur des Hellenismus waren geprägt von einer großen Bandbreite, wobei die Diadochenzeit dafür den Grundstein legte. Im Folgenden kann diese Entwicklung freilich nur skizziert werden.

Die Diadochenzeit leitete den Aufschwung in Wissenschaft und Technik der hellenistischen Zeit ein, von dem noch die Neuzeit profitieren sollte. Bereits der Alexanderzug wurde von Vermessern begleitet, deren Aufzeichungen für die Geografie von großer Bedeutung waren. Im Hellenismus bildeten sich einige der bedeutendsten philosophischen Strömungen heraus (siehe beispielweise Stoa, Epikureismus und Peripatos), wobei aber auch die Mathematik, Kunst und Medizin sich in dieser produktiven Zeit weiter entfalten konnten.

Zum Mittelpunkt der griechischen Gelehrsamkeit wurde seit der Zeit der Diadochen Alexandria mit seinem Museion und der bekannten Bibliothek, wobei die Patronagepolitik der Ptolemäer eine große Rolle spielte Vorlage:Lit. Das im Palastbezirk der Stadt gelegene Museion lässt sich am ehesten mit einer heutigen Universität vergleichen. Mit seinem Vortragsraum, der zu philosophischen Gesprächen einladenden Wandelhalle und dem gemeinsamen Speisesaal der örtlichen Philologen bildete es ein Wissenschafts- und Kulturzentrum. Unter der Leitung eines Oberpriesters wurde neben Philosophie auch Naturwissenschaften und Medizin gelehrt. Die Ärzte Alexandrias wagten sich wohl als erste an eine umfassende Erforschung der menschlichen Anatomie und sezierten dafür Hingerichtete. Hier gelangte die geografische Mathematik zur vollen Entfaltung, ebenso entstanden bedeutende Beiträge zur Philosophie und Astronomie. Auch Eratosthenes wirkte hier. Ihm kam wie auch den anderen Wissenschaftlern, Literaten und Künstlern jener Zeit zugute, dass er seine Wirkungsstätte frei wählen konnte. So entstand eine internationale Schicht aus Gelehrten, die bald den Spott der Satiriker herausforderte. In Athenaios 22 D wurden sie mit Vögeln verglichen, die sich im Käfig des Museions mästeten und den König mit ihrem Gezänk belustigten.

Die an das Museion angeschlossene Bibliothek umfasste bis zu 700.000 Rollen. Vor allem Ptolemaios II., der Sohn und Nachfolger des Ptolemaios, machte sich um sie verdient. Er ließ die Schriften der Griechen, Chaldäer, Ägypter, Römer und Juden sammeln, erwarb die Bibliothek des zu Beginn der Diadochenkriege verstorbenen Philosophen Aristoteles und kaufte vor allem in Athen und Rhodos weitere Bücher zu. Kallimachos verfasste den ersten Bibliothekskatalog, der erste Bibliotheksvorsteher war Zenodot. Die große Bibliothek von Alexandria weckte den Ehrgeiz der Herrscher des sich gerade vom Seleukidenreich lösenden Pergamon. Auch sie begannen Bücher zu sammeln und kopieren zu lassen. Das von Ptolemaios II. verhängte Ausfuhrverbot für Papyrus (chartae) umgingen sie durch die Verwendung des neuartigen Pergaments. Marcus Antonius schenkte später Kleopatra VII., der letzten Ptolemäerin, 200.000 Rollen der pergamenischen Bibliothek, die so schließlich wieder nach Alexandria kamen.

Auch wenn die Hauptstadt der Ptolemäer von diesen planmäßig zum kulturellen Mittelpunkt der hellenistischen Welt ausgebaut wurde, so kamen doch die anderen Städte nicht zu kurz. Besonders das griechische Mutterland wurde immer wieder von den Diadochen mit Spenden bedacht. Seleukos gab die vom persischen Großkönig Xerxes 200 Jahre zuvor aus Athen entführte Bibliothek des Peisistratos wieder zurück. Um die griechische Öffentlichkeit in ihrem Sinne zu beeinflussen, unterstützten die Diadochen die Poleis finanziell durch Stiftung und durch Bauten wie das Olympieion in Athen. Dieser vordergründigen Unterstützung des kulturellen Lebens und der finanziellen Lage der Städte stand deren weitreichende politische Entmachtung gegenüber. Die städtische Selbstverwaltung blieb nur im Inneren erhalten. Außenpolitik, Militär und Steuern waren nun Sache der Diadochenherrscher, die die Städte aber trotz allem relativ behutsam behandelten. So konnten sich in ihnen in der hellenistischen Zeit Kultur und Wissenschaften in einer Weise entfalten, die aus dem Hellenismus die moderne Zeit des Altertums machte.

Die astronomischen Arbeiten des Eudoxos von Knidos († 352) wurden im 3. Jahrhundert von Aristarch († 230), der das heliozentrische Weltbild begründete und die Drehung der Erde erkannte, und Eratosthenes († 202), der ihren Umfang berechnete und das System der Längengrade schuf, fortgeführt. Schon zur Zeit Alexanders befuhr Pytheas die Nordsee und entdeckte Britannien. Ptolemaios II., der Sohn des Diadochen Ptolemaios, schickte Gesandte nach Indien und ließ das Innere Afrikas erforschen. Auch im Bereich der Technik wurden viele Fortschritte gemacht, die einige Jahrzehnte später Archimedes und Heron von Alexandria ihre bedeutenden Erfindungen ermöglichten. Bereits zur Diadochenzeit ließ Demetrios Poliorketes eine als Helepolis bekannte Belagerungsmaschine konstruieren, mit der er Rhodos angriff.

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Menander erneuerte die Komödie.

Aber auch die Literatur dieser Zeit war zum Teil bemerkenswert: Kallimachos, der bedeutendste alexandrinische Dichter, sowie seine Schüler, unter ihnen auch Apollonios von Rhodos, der sein berühmtes Werk zur Argonautensage verfasste (Argonautika). In hellenistischer Zeit entstand auch der romantisch verklärte Alexanderroman der sich bis in die Neuzeit größter Beliebtheit erfreuen konnte. Im Mittelalter war er sogar nach der Bibel das am weitesten verbreitete Buch und wurde von Europa bis Südostasien gelesen.

Generell kann konstatiert werden, dass sich die hellenistische Literatur zwar im Rahmen bereits bekannter Gattungen bewegte (Drama, Elegie, Epigramm, Epos, Hymnus, Lyrik etc.), diese aber weiterentwickelte und umgestaltete. Auf dem Gebiet der Komödie bedeutend war dabei vor allem Menander, der gemeinsam mit dem Philosophen Epikur in Athen als Ephebe diente.

Der Umgestaltungsprozess in der Literatur wurde durch eine neue Form der öffentlichen Bildung gefördert, wie öffentliche Schulen und vor allem das umfangreiche Bibliothekswesen der hellenistischen Zeit. Die oben erwähnten Bibliotheken ermöglichten den Wissenschaftlern und Schriftstellern zum ersten Mal auf breiter Basis, sich auf bereits analysiertes Material zu stützen und sich damit auseinander setzen zu können.

Bewertung

Von der Antike bis ins 19. Jahrhundert wurde die Zeit der Diadochen allgemein recht negativ gesehen. Für Plutarch endete die Freiheit mit dem Tod des Demosthenes 322 und damit zu Beginn dieser Zeit. Die Diadochenzeit markierte das Ende der griechischen Klassik und damit den Anfang des als Verfallsprozess empfundenen Hellenismus. Dabei wurde aber meist übersehen, dass die Kanonisierung der so genannten Klassik erst im Hellenismus erfolgte und der Begriff selbst erst in römischer Zeit entstand.

Die positive Würdigung der Zeit der Diadochenreiche geht vor allem auf den Historiker Johann Gustav Droysen im 19. Jahrhundert zurück, der den Hellenismus als moderne Zeit des Altertums bezeichnete. Droysen wandte sich gegen die Idealisierung der klassischen Zeit und meinte, dass die Diadochen den erfolgreichen Versuch unternahmen, das partikularistische Polissystem zu überwinden und große Länder durch zentrale Planung politisch und wirtschaftlich wirklich zu erfassen. Auf Droysen geht die Einschätzung der Diadochenstaaten als Teile einer vergleichsweise modernen, städtisch geprägten Weltzivilisation zurück, die durch einen wirtschaftlichen Aufschwung, technischen Fortschritt, Mobilität, Individualismus und die Begegnung verschiedener Kulturen geprägt war. Im 20. Jahrhundert fand diese Einschätzung allgemeine Anerkennung, so schrieb Gottfried Benn 1949:

Der griechische Kosmos schuf durch den Hellenismus die innere Lebensform für die halbe Erde.
(zitiert nach Lit.: Demandt, Antike Staatsformen, S. 295)

Generell bleibt festzuhalten, dass bis heute keine wirkliche Einigung erzielt wurde. Noch der amerikanische Historiker Peter Green kommt in seiner detaillierten und interessanten, aber auch problematischen Studie From Alexander to Actium zu einer eher negativen Beurteilung, anders etwa Graham Shipley oder Hans-Joachim Gehrke. Auch Demandt verficht Droysens Einschätzung und betont die Ähnlichkeiten zwischen Hellenismus und Moderne. Ihm zufolge steht die Zeit der Diadochenreiche in einem ähnlichen Verhältnis zu klassischer und archaischer Zeit wie die Neuzeit zu Mittelalter und Antike. Ähnlichkeiten sieht er bei der Erweiterung des Lebensraumes, der Errichtung von Kolonialregimes über technisch weniger entwickelte Völker, dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt, der Entstehung eines Weltmarktes und der Urbanisierung.

Weitgehend unbestritten ist die Bedeutung der Diadochenzeit im Bereich der Außenpolitik. In dieser Zeit entstand ein außenpolitisches Regelsystem, das zwischenstaatliche Beziehungen in feste Formen brachte. Ludwig Mitteis bemerkte 1900, dass dieses Regelsystem die Einheit des griechischen Rechts im gesamten Umfang des graecomacedonischen Hellenismus (zitiert nach Demandt, Antike Staatsformen, S. 318) verwirklichte. Einher mit dieser Regelung ging jedoch eine Labilität der Diadochenstaaten, die damit zusammenhing, dass fast jeder Diadoche ein großer Eroberer im Stil Alexanders des Großen werden wollte. Der armenische König Tiridates fasste das Selbstbild eines Diadochenherrschers so zusammen:

Ein Privatmann verdient Lob, wenn er sich um sein eigenes Haus kümmert, ein König aber, wenn er um die Güter anderer streitet.
(bezeugt bei Tacitus, Annalen XV 1; zitiert nach Lit.: Demandt, Antike Staatsformen, S. 318)

Während diese anderen sich in der Zeit um 300 v. Chr. jedoch vor allem jeweils in untereinander geschlossenen Bündnissen gegen einen Aggressor aus ihren Reihen wehrten, konnten sie sich später an die mittlerweile zur Vormacht im Mittelmeerraum gewordenen Römer wenden. Diese – und nicht die Diadochen – wurden schließlich zu den Testamentsvollstreckern des großen Alexander und errichteten das Weltreich, von dem die Diadochen nur träumen konnten.

Quellen

Poseidonios ist eine der Hauptquellen für die Zeit der Diadochen.
Plutarch verglich in seinen Viten bedeutende Griechen und Römer.

Der Hellenismus, dessen Anfang die Diadochenzeit bildet, gilt als die schreibfreudigste Zeit der griechischen Antike Vorlage:Lit. Bereits die Diadochen sammelten in ihren Bibliotheken in Alexandria, Antiochia und Pella die Werke zeitgenössischer Autoren. Dennoch sind kaum historische oder philosophische Schriften aus jener Zeit erhalten. Der Altertumsforscher Hermann Strasburger geht von einem Verhältnis zwischen verlorengegangenen und erhaltenen Werken von 40:1 aus. Die meisten dieser Bücher gingen offenbar in byzantinischer Zeit verloren, da sie dem damals verfochtenen klassizistischen Sprachideal nicht entsprachen. Auch die Zerstörung der großen Bibliothek von Alexandria trug sicher zu dieser schlechten Überlieferungssituation bei. Fragmentarisch erhalten sind die griechischen Autoren Timaios von Tauromenion (345-250 v. Chr.), ein Zeitgenosse der Diadochen, und Poseidonios von Apameia (135-51 v. Chr.).

Deutlich besser sieht es mit den römischen und anderen in römischer Zeit schreibenden Autoren aus. Diese sind jedoch alle keine Zeitgenossen der Diadochen. Dennoch sind etwa Diodor, der um die Zeitenwende schrieb und der vom 18. Buch seines Geschichtswerkes an die Diadochenzeit behandelt, der in einer Zusammenfassung des Justinus erhaltene Pompeius Trogus und Appian, der einen Überblick über die Seleukiden verfasst hat, wichtige antike Quellen. Ebenfalls in römischer Zeit schrieb der Grieche Plutarch, der unter anderem Viten von Eumenes, Demetrios und Pyrrhos verfasst hat. Eine auf den ersten Blick wenig naheliegende Quelle sind jüdische Texte in griechischer und aramäischer Sprache. Dazu zählen Flavius Josephus, der Geschichtsschreiber des Jüdischen Krieges, und das Buch Daniel des Alten Testaments.

Umfangreicher als die schriftlichen sind die dokumentarischen Zeugnisse jener Zeit. Neben den Inschriften sind insbesondere die ägyptischen Papyri, die Michael Rostovtzeff ausgewertet hat, und die Keilschrifturkunden aus dem Mesopotamien der ersten Seleukiden für die Historiographie bedeutsam. Wichtig für unser Bild von der Diadochenzeit ist auch der Abgleich der Quellen mit den archäologischen Befunden. Leider sind die Reste Alexandrias, Antiochias und Seleukias, der Hauptstädte der großen Diadochenreiche, eher kärglich, größere Funde wurden in Milet, Ephesos und Pergamon gemacht. Titel und Porträts der Diadochen sind uns vor allem von Münzbildern und Marmorbüsten bekannt.

Literatur

  • Richard A. Billows: Antigonos the One-Eyed and the creation of the hellenistic state. Univ. of California Press, Berkeley, Los Angeles 1990; Paperback 1997. ISBN 0-520-20880-3
    Grundlegend für Antigonos I.
  • Alexander Demandt: Die hellenistischen Monarchien. In: ders.: Antike Staatsformen. Akademie Verlag, Berlin 1995, S. 291-320. ISBN 3-05-002541-7
    Knapper Überblick über Geschichte und Gesellschaft der Diadochenreiche mit Bibliografie.
  • Malcolm Errington: Geschichte Makedoniens. Beck, München 1986. ISBN 3-406-31412-0
  • Hans-Joachim Gehrke: Geschichte des Hellenismus. 3. Auflage. Oldenbourg, München 2003. (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, 1A) ISBN 3-486-53053-4
    Knappe Darstellung mit Forschungsteil und umfassender Bibliografie.
  • Peter Green: Alexander to Actium. The historical evolution of the hellenistic age. Univ. of Californa Press, Berkeley; Thames and Hudson, London 1990. ISBN 0-520-05611-6
    Detaillierte Gesamtdarstellung, in der Bewertung der Epoche allerdings teils zu negativ.
  • Waldemar Heckel: The marshals of Alexander's empire. Routledge, London 1992. ISBN 0-415-05053-7
  • Günther Hölbl: Geschichte des Ptolemäerreiches. Politik, Ideologie und religiöse Kultur von Alexander dem Großen bis zur römischen Eroberung. Wiss. Buchges., Darmstadt 1994; Sonderausg. Theiss, Stuttgart 2004. ISBN 3-8062-1868-4
  • Klaus Rosen: Die Bündnisformen der Diadochen und der Zerfall des Alexanderreiches. In: Acta Classica 11 (1968), S. 182ff.
  • Hatto H. Schmitt und Ernst Vogt (Hrsg.): Kleines Lexikon des Hellenismus. 2. Auflage. Harrassowitz, Wiesbaden 1993; Studienausgabe 2003. ISBN 3-447-04727-5
    Relativ detaillierte Artikel mit umfassender Bibliografie.
  • Jakob Seibert: Das Zeitalter der Diadochen. Wiss. Buchges., Darmstadt 1983. (Erträge der Forschung, 185) ISBN 3-534-04657-9
    Forschungsbericht über die Diadochenzeit.
  • Susan Sherwin-White, Amelie Kuhrt: From Samarkhand to Sardis. A new approach to the Seleucid Empire. Univ. of California Press, Berkeley; Duckworth, London 1993. ISBN 0-7156-2413-X
  • Graham Shipley: The Greek world after Alexander, 323–30 BC. Routledge, London und New York 2000. ISBN 0-415-04618-1
    Hervorragende Gesamtdarstellung der Epoche der Diadochenreiche.
  • Edouard Will: Histoire politique du monde hellénistique (323- 30 av. J.-C.). 2 Bde., 2. Aufl. 1979–1982. Neuausgabe Éd. du Seuil, Paris 2003. ISBN 2-02-060387-X
    Beste moderne Darstellung der politischen Geschichte der Diadochenreiche.

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