„Antifaschistische Literatur“ – Versionsunterschied

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Der Begriff '''Antifaschistische Literatur''' fasst parallele literarische Bestrebungen zusammen, deren gemeinsames Merkmal in der [[Antifaschismus|Frontstellung gegen den Faschismus]], bzw. [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|gegen den Nationalsozialismus]] liegt. Die Bezeichnung ''Antifaschistische Literatur'' soll nicht die Differenzen zwischen den Schriftstellern unterschieAlicher Provenienz verwischen.<ref>Vgl. Christian Fritsch/Lutz Winckler: Probleme und Perspektiven. In: Lutz Winckler Hrsg. in Zusammenarbeit mit Christian Fritsch: Antifaschistische Literatur Bd. 3. Königstein im Taunus 1979, S. 7-18, S. 9.</ref> Der Begriff ''Antifaschistische Literatur'' wurde von [[Lutz Winckler]] in die Literaturwissenschaft eingeführt.
Der Begriff '''Antifaschistische Literatur''' fasst parallele literarische Bestrebungen zusammen, deren gemeinsames Merkmal in der [[Antifaschismus|Frontstellung gegen den Faschismus]], bzw. [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|gegen den Nationalsozialismus]] liegt. Die Bezeichnung ''Antifaschistische Literatur'' soll nicht die Differenzen zwischen den Schriftstellern unterschiedlicher Provenienz verwischen.<ref>Vgl. Christian Fritsch/Lutz Winckler: Probleme und Perspektiven. In: Lutz Winckler Hrsg. in Zusammenarbeit mit Christian Fritsch: Antifaschistische Literatur Bd. 3. Königstein im Taunus 1979, S. 7-18, S. 9.</ref> Der Begriff ''Antifaschistische Literatur'' wurde von [[Lutz Winckler]] in die Literaturwissenschaft eingeführt.


Der Schriftsteller [[Johannes R. Becher]] brachte den kämpferischen Elan der Antifaschistischen Literatur wie folgt zum Audruck: „Als 1933 Hitler an die Macht geriet, war es ''unsere'' Literatur, die im Namen alles dessen, was Deutschland an Gutem und Schönem hervorgebracht hatte, den Nazibarbaren den unversöhnlichen Kampf ansagte und führend allen deutschen Dichtern und Künstlern guten Willens voranging.“ Johannes R. Becher, 1956
Der Schriftsteller [[Johannes R. Becher]] brachte den kämpferischen Elan der antifaschistischen Literatur wie folgt zum Audruck: „Als 1933 Hitler an die Macht geriet, war es ''unsere'' Literatur, die im Namen alles dessen, was Deutschland an Gutem und Schönem hervorgebracht hatte, den Nazibarbaren den unversöhnlichen Kampf ansagte und führend allen deutschen Dichtern und Künstlern guten Willens voranging.“ Johannes R. Becher, 1956


== Exilliteratur in der Zeit des Nationalsozialismus ==
== Exilliteratur in der Zeit des Nationalsozialismus ==

Version vom 7. April 2021, 10:24 Uhr

Der Begriff Antifaschistische Literatur fasst parallele literarische Bestrebungen zusammen, deren gemeinsames Merkmal in der Frontstellung gegen den Faschismus, bzw. gegen den Nationalsozialismus liegt. Die Bezeichnung Antifaschistische Literatur soll nicht die Differenzen zwischen den Schriftstellern unterschiedlicher Provenienz verwischen.[1] Der Begriff Antifaschistische Literatur wurde von Lutz Winckler in die Literaturwissenschaft eingeführt.

Der Schriftsteller Johannes R. Becher brachte den kämpferischen Elan der antifaschistischen Literatur wie folgt zum Audruck: „Als 1933 Hitler an die Macht geriet, war es unsere Literatur, die im Namen alles dessen, was Deutschland an Gutem und Schönem hervorgebracht hatte, den Nazibarbaren den unversöhnlichen Kampf ansagte und führend allen deutschen Dichtern und Künstlern guten Willens voranging.“ Johannes R. Becher, 1956

Exilliteratur in der Zeit des Nationalsozialismus

Heinrich Mann in seiner Grußbotschaft an den Unionskongreß der Sowjetschriftsteller:

„Die antifaschistische Literatur ist in Wirklichkeit die einzige deutsche Literatur: vor allem, weil nur sie die Gedanken- und Gewissensfreiheit behalten hat, dann aber auch kraft des Leidens.“

Heinrich Mann

Nicht eine bestimmte Richtung, sondern das intellektuelle Engagement überhaupt, das die Redlichkeit eines Schriftstellers verbürge, bildete für Heinrich Mann das Kriterium für die Güte schriftstellerischer Werke:

„Sie werden in der Mehrzahl sozialistisch denken; die Hauptsache bleibt, daß sie überhaupt denken wollen. Die antifaschistische Literatur ist nicht notwendig absichtsvoll antifaschistisch: sie ist es schon dadurch, daß sie auf der Gewissensfreiheit besteht.“

Heinrich Mann

Antifaschistische Literatur in der SBZ/DDR

Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde auf den kommunistischen Widerstand, der verherrlichend und oft auch geschichtsverfälschend dargestellt wurde, eingeengt.[2] Der antifaschistische Widerstand fungierte als das zentrale identitätsstiftende Konzept der SBZ und DDR. Der ideologischen Einseitigkeit korrespondierte eine literaturästhetische Einfachheit in der Darstellung des antifaschistischen Widerstandes in der Kinder- und Jugendliteratur. Diese wurde damit zu einer „Erfüllungsliteratur“[3], um das offizielle Geschichtsbild zu festigen. Der Parteiauftrag, das Faschismusverständnis der SED ästhetisch umzusetzen, schuf eine gleichförmige Widerstandsliteratur, welche dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus in seiner Bandbreite nicht gerecht wurde. Noch 1986 lehnte der Kinderbuchverlag den Vorschlag, ein Buch über den christlichen Widerstand zu schreiben, aus ideologischen Gründen ab.[4]

In den Lesebüchern aller Klassenstufen sind kleine Geschichten über den antifaschistischen Widerstand zu finden. Insbesondere in den unteren Klassen tauchen Erzählungen auf, welche mittels der Darstellung des Schicksals von Tieren oder Kindern die Grausamkeit der nationalsozialistischen Diktatur vermitteln. Anschauliches Beispiel dafür ist die „Kiki - Die Geschichte eines Hundes” von Friedrich Wolf. Wolf verfasste diese Geschichte 1941 auf der Krim, 1947 wurde sie in der SBZ erstmals als Einzelausgabe in Deutschland publiziert. Ab 1952 taucht Kiki in den Lehrplänen für das 5.-8. Schuljahr auf. Ab 1958 findet sich Kiki im Lesebuch der 7. Klasse und ab 1967 bis zum Ende der DDR (1990) in allen Lesebuchausgaben der 6. Klasse. Faschismus wird darin weder als Begriff, noch als Phänomen eingeführt. Nichtsdestoweniger ist die Geschichte eindeutig politisch und parteilich ausgerichtet.[5] [6]

Auch Bechers Ballade „Kinderschuhe aus Lublin” zum Thema Konzentrationslager gehörte zur Schullektüre der DDR. Entstanden ist dieses Gedicht nach der Lektüre eines Berichts von Konstantin Simonow, der den Fund von zigtausend Kinderschuhen im KZ Majdanek dokumentierte. Becher ließ die Schuhe in einer fiktiven Gerichtsverhandlung auftreten.[7]

Zu den antifaschistischen Erzählungen gehören auch Abenteuergeschichten. In den Jahren 1960 und 1963 erschien der Roman Die Abenteuer des Werner Holt von Dieter Noll, ein Klassiker des Genres. Basierend auf dem ersten Teil wurde der Roman 1965 filmiert. In der Polytechnischen Oberschule gehörte der erste Band zum Lehrplan. Ein weiterer Klassiker war Peters Lehrjahre (1976) von Willi Bredel. Zur antifaschistischen Abenteuerliteratur gehören auch Der erste Schuß (1959) von Kurt David, Im Garten der Königin (1957) von Horst Beseler, Leuchtfeuer (1975) von Heinrich W. Bräuer und Pianke (1981) von Peter Abraham.

Gegenwart

Die Welle

Lernziel Antifaschismus: "Die Welle" in deutschen Schulen

Antifaschistische Literatur (1933-1945)

AutorTitelJahrKommentar
Johannes R. BecherDas Dritte Reich1934
Johannes R. BecherKinderschuhe aus Lublin (Gedicht)
Bertolt BrechtDie Gewehre der Frau Carrar1937
Bertolt BrechtFurcht und Elend des Dritten Reiches1938
Bertolt BrechtDer aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui1941
Willi BredelDie Prüfung[8]
Ilja EhrenburgDer Fall von Paris1942
Lion FeuchtwangerDer falsche Nero1936
Lion FeuchtwangerExil1940
Wolfgang LanghoffDie Moorsoldaten1935
Heinrich MannLidice1942
Klaus MannMephisto1936
Klaus MannDer Vulkan. Roman unter Emigranten1939
Jean Paul SartreDie Mauer1937
Anna SeghersDas siebte Kreuz1942
Anna SeghersDer Ausflug der toten Mädchen1943
Anna SeghersTransit1944
Upton SinclairDrei Freiwillige1937
Ernst WiechertDer weiße Büffel oder von der großen Gerechtigkeit1937
Friedrich WolfProfessor Mamlock1933

Literatur

  • Simone Barck: Antifa-Geschichte(n). Eine literarische Spurensuche in der DDR der 1950er und 1960er Jahre. Köln, Weimar u.a.: Böhlau 2003
  • Wolfgang Beutin u. a.: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 8. Auflage, Stuttgart, Weimar: Metzler, S. 469ff.
  • Wolfgang Brekle: Das antifaschistische schriftstellerische Schaffen deutscher Erzähler 1933–1945 in Deutschland, Berlin-Ost 1967 (Diss.)
  • Wolfgang Brekle: Die antifaschistische Literatur in Deutschland (1933-1945). In: Weimarer Beiträge 16 (1970) H. 6. S. 67-128.
  • Christian Fritsch/Lutz Winckler: Kunstkrise, Gesellschaftskrise. Zum Stellenwert der Deutschlandthematik und Faschismuskritik im Exilroman. In: Christian Fritsch, Lutz Winckler (Hg.), Faschismuskritik und Deutschlandbild im Exilroman, Argument: Berlin, 1981, S. 5-15.
  • Leonore Krenzlin: Zur ästhetischen Wertung der antifaschistischen Literatur. In: Weimarer Beiträge 21 (1975), H. 4, S. 130-147.
  • Uwe Neumann (Hg.): Sammlung. Jahrbuch für antifaschistische Literatur und Kunst, Frankfurt am Main 1978-1982 (Bd. 1-5).
  • Rüdiger Steinlein, Heidi Strobel, Thomas Kramer (Hg.): Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur SBZ/DDR. Von 1945 bis 1990, Stuttgart, Weimar: Metzler 2006, S. 324f.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Christian Fritsch/Lutz Winckler: Probleme und Perspektiven. In: Lutz Winckler Hrsg. in Zusammenarbeit mit Christian Fritsch: Antifaschistische Literatur Bd. 3. Königstein im Taunus 1979, S. 7-18, S. 9.
  2. Rüdiger Steinlein: Antifaschistische Literatur. In: Rüdiger Steinlein, Heidi Strobel, Thomas Kramer (Hg.): Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur SBZ/DDR. Von 1945 bis 1990, Stuttgart, Weimar: Metzler 2006, Sp. 323-388, Sp. 325.
  3. Karin Wieckhorst: Die Darstellung des antifaschistischen Widerstandes' in der Kinder- und Jugendliteratur der SBZ/DDR, Frankfurt a.M. 2000, S. 15, S. 101.
  4. Karin Wieckhorst: Die Darstellung des antifaschistischen Widerstandes' in der Kinder- und Jugendliteratur der SBZ/DDR, Frankfurt a.M. 2000, S. 104.
  5. Raina Zimmering: Mythen in der Politik der DDR. Ein Beitrag zur Erforschung politischer Mythen, Opladen: Leske und Budrich 2000, S. 60.
  6. Rüdiger Steinlein, Heidi Strobel, Thomas Kramer (Hrsg.): Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur SBZ/DDR. Von 1945 bis 1990, Stuttgart, Weimar: Metzler 2006, S. 357.
  7. Marianne Schwarz-Scherer: Strategien fiktionalen Erzählens — Sozialistische Gattungspoetik in den Exil-Balladen in der SBZ 1945—1949. In: Nobert Otto Eke (Hg.): „Nach der Mauer der Abgrund“? (Wieder-)Annäherungen an die DDR-Literatur, Amsterdam, New York 2013 (=Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik), S. 121-132, S. 125f.
  8. Katrin Pallowski: Überfälliger Hinweis auf eine antifaschistische Arbeiterliteratur. Willi Bredels Roman Die Prüfung, in: Lutz Winckler in Zusammenarbeit mit Christian Fritsch (Hg.), Antifaschistische Literatur Bd. 3, Königsstein/Ts. 1979, S. 19-33.