„Amtssprache“ – Versionsunterschied

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Die '''Amtssprache''' ist die im [[Sprachenrecht]] verbindlich geregelte [[Sprache]] eines Landes oder Staates, die für die Regierung und alle staatlichen Stellen untereinander und gegenüber den [[Bürger]]n gilt. In der Amtssprache werden [[Verwaltungsakt]]e und [[Normung|Normen]] verfasst, Auskünfte an Bürger erteilt, [[Verhandlung]]en geführt und protokolliert. In ihr müssen auch [[Schriftsatz (Recht)|Schriftsätze]] vor Gericht und [[Antrag|Anträge]] eingereicht werden.
Die '''Amtssprache''' ist die im [[Sprachenrecht]] verbindlich geregelte [[Sprache]] eines Landes oder Staates, die für die Regierung und alle staatlichen Stellen untereinander und gegenüber den [[Bürger]]n gilt. In der Amtssprache werden Verwaltungsakte und [[Normung|Normen]] verfasst, Auskünfte an Bürger erteilt, [[Verhandlung]]en geführt und protokolliert. In ihr müssen auch [[Schriftsatz (Recht)|Schriftsätze]] vor Gericht und [[Antrag|Anträge]] eingereicht werden.


Innerhalb eines Landes oder eines Gebietes kann es gleichzeitig mehrere Amtssprachen geben. Staaten mit mehreren Amtssprachen gebrauchen oft zur internen Verständigung aus Vereinfachungsgründen eine gesonderte [[Arbeitssprache]]. Amtssprachen und Arbeitssprachen sind auch bei internationalen Behörden wie der [[Vereinte Nationen|UNO]] und dem [[Europäisches Patentamt|Europäischen Patentamt]] verbreitet.
Innerhalb eines Landes oder eines Gebietes kann es gleichzeitig mehrere Amtssprachen geben. Staaten mit mehreren Amtssprachen gebrauchen oft zur internen Verständigung aus Vereinfachungsgründen eine gesonderte [[Arbeitssprache]]. Amtssprachen und Arbeitssprachen sind auch bei internationalen Behörden wie der [[Vereinte Nationen|UNO]] und dem [[Europäisches Patentamt|Europäischen Patentamt]] verbreitet.
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Die Amtssprache ist im engeren Sinne die Sprache, in der [[Behörde]]n und [[Regierung]]en kommunizieren.
Die Amtssprache ist im engeren Sinne die Sprache, in der [[Behörde]]n und [[Regierung]]en kommunizieren.


Während in Deutschland Deutsch die alleinige Amtssprache ist, gibt es auch Länder mit mehreren Amtssprachen. So hat die Schweiz vier Amtssprachen, neben Französisch, Italienisch und Deutsch auch [[:Bündnerromanisch]].
Während in Deutschland Deutsch die alleinige Amtssprache ist, gibt es auch Länder mit mehreren Amtssprachen. So hat die Schweiz vier Amtssprachen, neben Französisch, Italienisch und Deutsch auch [[Bündnerromanisch]].


In Deutschland und fick dich ins Knie sind neben der Amtssprache Deutsch weitere Sprachen als amtliche [[Regionalsprache]]n anerkannt (siehe [[Amtssprachen innerhalb Deutschlands]], [[Minderheitensprachen in Österreich]]).
In Deutschland und Österreich sind neben der Amtssprache Deutsch weitere Sprachen als amtliche [[Regionalsprache]]n anerkannt (siehe [[Amtssprachen innerhalb Deutschlands]], [[Minderheitensprachen in Österreich]]).


Vergleichbare Begriffe, die aber nicht immer gleichbedeutend mit „Amtssprache“ sind, sind
Vergleichbare Begriffe, die aber nicht immer gleichbedeutend mit „Amtssprache“ sind, sind
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* '''Verhandlungssprache''', die Sprache, in der beispielsweise ein [[Parlament]] die Sitzungen abhält
* '''Verhandlungssprache''', die Sprache, in der beispielsweise ein [[Parlament]] die Sitzungen abhält
* '''[[Schulsprache]]''', die im Schulunterricht verwendete Sprache
* '''[[Schulsprache]]''', die im Schulunterricht verwendete Sprache
* '''Staatssprache''', die „offizielle Sprache eines Staates“ (Duden),<ref>Duden online: [http://www.duden.de/rechtschreibung/Staatssprache ''Staatssprache'']</ref> z.&nbsp;B. ist Deutsch laut der [[Bundesverfassung (Österreich)|österreichischen Verfassung]] die Staatssprache [[Österreich]]s
* '''Staatssprache''', die „offizielle Sprache eines Staates“ (Duden),<ref>Duden online: [https://www.duden.de/rechtschreibung/Staatssprache ''Staatssprache'']</ref> z.&nbsp;B. ist Deutsch laut der [[Bundesverfassung (Österreich)|österreichischen Verfassung]] die Staatssprache [[Österreich]]s
Wenn allerdings in einem Land eine Sprache dominiert, ist sie oft zugleich Amtssprache, Gerichtssprache, Verhandlungssprache und Schulsprache. Umgangssprachlich steht das Wort „Amtssprache“ auch für die typische [[Verwaltungssprache]], deren Stil und Wortschatz für Ämter und Behörden kennzeichnend ist. Man spricht in diesem Sinne auch von „Amtsdeutsch“, „Behördendeutsch“ oder „Beamtendeutsch“.
Wenn allerdings in einem Land eine Sprache dominiert, ist sie oft zugleich Amtssprache, Gerichtssprache, Verhandlungssprache und Schulsprache. Umgangssprachlich steht das Wort „Amtssprache“ auch für die typische [[Verwaltungssprache]], deren Stil und Wortschatz für Ämter und Behörden kennzeichnend ist. Man spricht in diesem Sinne auch von „Amtsdeutsch“, „Behördendeutsch“ oder „Beamtendeutsch“.


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Sprachen, die [[eingeborene]] [[nationale Minderheit]]en zu sprechen pflegen, sind gelegentlich als örtliche Amtssprachen anerkannt (zum Beispiel [[Hawaiisch]] auf [[Hawaii]] für etwa 1000 Sprecher). Die Sprachen, die Einwanderer in ihre Zielländer mitbringen, sind in aller Regel nicht Amtssprache im Einwanderungsland (falls doch, kann dies ein die Einwanderung begünstigender Faktor sein; siehe z.&nbsp;B. [[Deutsche in der Schweiz]]).
Sprachen, die [[eingeborene]] [[nationale Minderheit]]en zu sprechen pflegen, sind gelegentlich als örtliche Amtssprachen anerkannt (zum Beispiel [[Hawaiisch]] auf [[Hawaii]] für etwa 1000 Sprecher). Die Sprachen, die Einwanderer in ihre Zielländer mitbringen, sind in aller Regel nicht Amtssprache im Einwanderungsland (falls doch, kann dies ein die Einwanderung begünstigender Faktor sein; siehe z.&nbsp;B. [[Deutsche in der Schweiz]]).


Nur in wenigen Fällen ([[Schweiz]] mit vier, [[Südafrika]] mit elf und [[Bolivien]] mit 36 Amtssprachen) sind „alle“ Landessprachen auch Amtssprachen. In den meisten Staaten gilt dagegen, ungeachtet des Vorkommens weiterer einheimischer Sprachen, nur eine einzige Sprache als Amtssprache, was mit der Notwendigkeit der staatlichen Einheit und dem verwaltungsmäßigen Mehraufwand (Ausbildung aller Beamten und Ausdruck aller Formulare in mehreren Sprachen) begründet wird, aber auch zu einer Abwertung der Sprecher von Nicht-Amtssprachen und längerfristig zum Aussterben der [[Minderheitensprache]]n führen kann. Die Anerkennung einer Sprache als Amtssprache hat in der Regel einen spracherhaltenden Effekt.<ref>Heinz KIoss: ''Grundfragen der Ethnopolitik.'' 1969, S. 549.</ref>
Nur in wenigen Fällen ([[Schweiz]] mit vier, [[Südafrika]] mit zwölf und [[Bolivien]] mit 36 Amtssprachen) sind „alle“ Landessprachen auch Amtssprachen. In den meisten Staaten gilt dagegen, ungeachtet des Vorkommens weiterer einheimischer Sprachen, nur eine einzige Sprache als Amtssprache, was mit der Notwendigkeit der staatlichen Einheit und dem verwaltungsmäßigen Mehraufwand (Ausbildung aller Beamten und Ausdruck aller Formulare in mehreren Sprachen) begründet wird, aber auch zu einer Abwertung der Sprecher von Nicht-Amtssprachen und längerfristig zum Aussterben der [[Minderheitensprache]]n führen kann. Die Anerkennung einer Sprache als Amtssprache hat in der Regel einen spracherhaltenden Effekt.<ref>Heinz KIoss: ''Grundfragen der Ethnopolitik.'' 1969, S. 549.</ref>


Ein Kompromiss ist, einer Minderheitensprache auf regionaler Ebene den Status einer Amtssprache zu geben. Beispiele sind die [[deutsche Sprache]] in [[Südtirol]] und die [[sorbische Sprache]] in der [[Lausitz]]. In einzelnen Staaten, wie in [[Norwegen]] und der [[Schweiz]], werden Amtssprachen auch auf Gemeindeebene festgelegt.<!-- Quelle fehlt -->
Ein Kompromiss ist, einer Minderheitensprache auf regionaler Ebene den Status einer Amtssprache zu geben. Beispiele sind die [[deutsche Sprache]] in [[Südtirol]] und die [[sorbische Sprache]] in der [[Lausitz]]. In einzelnen Staaten, wie in [[Norwegen]] und der [[Schweiz]], werden Amtssprachen auch auf Gemeindeebene festgelegt.<!-- Quelle fehlt -->


Bei den [[Gebärdensprache]]n ist bis heute als einzige die [[neuseeländische Gebärdensprache]] als gesamtstaatliche Amtssprache definiert worden. Auch in Österreich hat eine [[Österreichische Gebärdensprache|Gebärdensprache]] die Funktion einer Amtssprache übernommen und kann zumindest vor Gericht verwendet werden.
Bei den [[Gebärdensprache]]n sind bis heute als einzige die [[neuseeländische Gebärdensprache|neuseeländische]] sowie die südafrikanische Gebärdensprache als gesamtstaatliche Amtssprachen definiert worden. Auch in Österreich hat eine [[Österreichische Gebärdensprache|Gebärdensprache]] die Funktion einer Amtssprache übernommen und kann zumindest vor Gericht verwendet werden.


== Konflikte ==
== Konflikte ==
Nach der [[Annexion]] von Gebieten mit fremdsprachiger Bevölkerung stellt sich die Frage nach der Amtssprache. Zum Beispiel kamen nach dem [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg 1870/71]] auch französischsprachige Teile des Elsass und Lothringens als [[Reichsland Elsaß-Lothringen]] zum [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreich]]. Die Gerichtssprache wurde aufgrund des Gesetzes vom 14.&nbsp;Juni 1871 deutsch. Da das Reichsland zwar weitaus überwiegend deutschsprachig war, es aber eine starke französischsprachige Minderheit gab, wurde mit Verordnung vom 17.&nbsp;Dezember 1874 für eine Reihe von französischsprachigen Gemeinden die Gerichtssprache abweichend mit Französisch festgelegt.<ref>Freiherr Maximilian du Prel: ''Die Deutsche Verwaltung für Elsaß-Lothringen 1870-1879.'' Denkschrift, 1. Lieferung, Seite 114.</ref>
Nach der [[Annexion]] von Gebieten mit fremdsprachiger Bevölkerung stellt sich die Frage nach der Amtssprache. Zum Beispiel kamen nach dem [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg 1870/71]] auch französischsprachige Teile des Elsass und Lothringens als [[Reichsland Elsaß-Lothringen]] zum [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreich]]. Die Gerichtssprache wurde aufgrund des Gesetzes vom 14.&nbsp;Juni 1871 deutsch. Da das Reichsland zwar weitaus überwiegend deutschsprachig war, es aber eine starke französischsprachige Minderheit gab, wurde mit Verordnung vom 17.&nbsp;Dezember 1874 für eine Reihe von französischsprachigen Gemeinden die Gerichtssprache abweichend mit Französisch festgelegt.<ref>Freiherr Maximilian du Prel: ''Die Deutsche Verwaltung für Elsaß-Lothringen 1870–1879.'' Denkschrift, 1. Lieferung, Seite 114.</ref>


Manchmal versuchten Länder bzw. Regierungen, durch Aufzwingen einer einzigen Amtssprache ein annektiertes Gebiet zu [[Assimilation (Soziologie)|assimilieren]].
Manchmal versuchten Länder bzw. Regierungen, durch Aufzwingen einer einzigen Amtssprache ein annektiertes Gebiet zu [[Assimilation (Soziologie)|assimilieren]].


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In [[Vielvölkerstaat]]en kam es nicht selten zu Konflikten um die Amtssprache(n). In [[Cisleithanien]], der westlichen Hälfte [[Österreich-Ungarn]]s (1867–1918), kam es 1897 / 1898 zu einer tiefen innenpolitischen Krise, die die [[Kasimir Felix Graf Badeni#Badenische Sprachenverordnung|Badenische Sprachenverordnung]] in [[Böhmen]] und [[Mähren]] ausgelöst hatte. Mit dieser Verordnung sollte die Gleichberechtigung der [[Tschechische Sprache|tschechischen]] Amtssprache mit der deutschen gesichert werden, was die Deutschen nicht hinnehmen wollten. [[K.k.]] Ministerpräsident [[Paul Gautsch von Frankenthurn|Gautsch]] scheiterte mit dem Versuch, eine pragmatische Lösung des Konflikts durch Lockerung der Verordnung zu finden. Sein Vorschlag, jeder Beamte müsse die im Dienst notwendigen Sprachen beherrschen, ließ zu viele Interpretationen offen. Unter der Regierung [[Manfred von Clary-Aldringen|Clary-Aldringen]] wurden die Sprachverordnungen schließlich aufgehoben,<ref>[[Jiří Kořalka]]: ''Die Herausbildung des Wirtschaftsbürgertums in den böhmischen Ländern im 19. Jahrhundert''. In: Peter Heumos (Hrsg.): ''Polen und die böhmischen Länder im 19. und 20. Jahrhundert. Politik und Gesellschaft im Vergleich. Vorträge der Tagung des Collegium Carolinum in Bad Wiessee vom 15. bis 17. November 1991''. Verlag Oldenbourg, München 1997, ISBN 3-486-56021-2, S.&nbsp;57-80, hier: S.&nbsp;71.</ref> der Konflikt blieb bis 1918, als die [[Tschechoslowakei]] gegründet wurde, ungelöst.
In [[Vielvölkerstaat]]en kam es nicht selten zu Konflikten um die Amtssprache(n). In [[Cisleithanien]], der westlichen Hälfte [[Österreich-Ungarn]]s (1867–1918), kam es 1897/1898 zu einer tiefen innenpolitischen Krise, die die [[Kasimir Felix Graf Badeni#Badenische Sprachenverordnung|Badenische Sprachenverordnung]] in [[Böhmen]] und [[Mähren]] ausgelöst hatte. Mit dieser Verordnung sollte die Gleichberechtigung der [[Tschechische Sprache|tschechischen]] Amtssprache mit der deutschen gesichert werden, was die Deutschen nicht hinnehmen wollten. [[K.k.]] Ministerpräsident [[Paul Gautsch von Frankenthurn]] scheiterte mit dem Versuch, eine pragmatische Lösung des Konflikts durch Lockerung der Verordnung zu finden. Sein Vorschlag, jeder Beamte müsse die im Dienst notwendigen Sprachen beherrschen, ließ zu viele Interpretationen offen. Unter der Regierung [[Manfred von Clary-Aldringen|Clary-Aldringen]] wurden die Sprachverordnungen schließlich aufgehoben,<ref>[[Jiří Kořalka]]: ''Die Herausbildung des Wirtschaftsbürgertums in den böhmischen Ländern im 19. Jahrhundert''. In: Peter Heumos (Hrsg.): ''Polen und die böhmischen Länder im 19. und 20. Jahrhundert. Politik und Gesellschaft im Vergleich. Vorträge der Tagung des Collegium Carolinum in Bad Wiessee vom 15. bis 17. November 1991''. Verlag Oldenbourg, München 1997, ISBN 3-486-56021-2, S.&nbsp;57–80, hier: S.&nbsp;71.</ref> der Konflikt blieb bis 1918, als die [[Tschechoslowakei]] gegründet wurde, ungelöst.


Bei Staaten, die keine einheitliche Nation bilden oder bildeten, kann die Festlegung bzw. Änderung einer Amtssprache zu Konflikten führen. Darunter fallen zum Beispiel die [[Nachfolgestaat]]en der ehemaligen europäischen [[Kolonie]]n in Afrika, deren Grenzziehung oftmals willkürlich ohne Berücksichtigung von [[Sprachgrenze]]n und Völkergrenzen erfolgte (siehe [[Ethnische Minderheit]]en). In [[Afrika]] sind meist [[Kolonialsprache]]n Amtssprache, so [[Französische Sprache|Französisch]] in der [[Demokratische Republik Kongo|Demokratischen Republik Kongo]], in der [[Elfenbeinküste]] oder [[Mali]], [[Englische Sprache|Englisch]] in [[Sambia]], [[Kenia]] oder [[Südafrika]], [[Portugiesische Sprache|Portugiesisch]] in [[Mosambik]] oder [[Angola]]. Diese [[Sprachpolitik]] begünstigt oft die herrschende Elite, die im Gegensatz zum gemeinen Volk die Amtssprache beherrscht.
Bei Staaten, die keine einheitliche Nation bilden oder bildeten, kann die Festlegung bzw. Änderung einer Amtssprache zu Konflikten führen. Darunter fallen zum Beispiel die [[Nachfolgestaat]]en der ehemaligen europäischen [[Kolonie]]n in Afrika, deren Grenzziehung oftmals willkürlich ohne Berücksichtigung von [[Sprachgrenze]]n und Völkergrenzen erfolgte (siehe [[Ethnische Minderheit]]en). In [[Afrika]] sind meist [[Kolonialsprache]]n Amtssprache, so [[Französische Sprache|Französisch]] in der [[Demokratische Republik Kongo|Demokratischen Republik Kongo]], in der [[Elfenbeinküste]] oder [[Mali]], [[Englische Sprache|Englisch]] in [[Sambia]], [[Kenia]] oder [[Südafrika]], [[Portugiesische Sprache|Portugiesisch]] in [[Mosambik]] oder [[Angola]]. Diese [[Sprachpolitik]] begünstigt oft die herrschende Elite, die im Gegensatz zum gemeinen Volk die Amtssprache beherrscht.


In den Nachfolgestaaten der ehemaligen [[Kolonie]]n in [[Amerika]] ist die Situation gänzlich anders. Dort sind die [[Indianersprachen]] und [[Eskimo-Aleutisch|Eskimosprachen]] der Ureinwohner völlig in den Hintergrund gedrängt worden. Trotz der verschiedenen Muttersprachen der europäischen Einwanderer und der afrikanischen Sklaven hat sich die Sprache der jeweiligen Kolonialherren praktisch vollständig durchgesetzt. In großen Teilen Süd- und Mittelamerikas ist [[Spanische Sprache|Spanisch]] Amtssprache; in [[Brasilien]] ist die Amtssprache Portugiesisch.
In den Nachfolgestaaten der ehemaligen [[Kolonie]]n in [[Amerika]] ist die Situation gänzlich anders. Dort sind die [[Indianersprachen]] und [[Eskimo-Aleutisch|Eskimosprachen]] der Ureinwohner völlig in den Hintergrund gedrängt worden. Trotz der verschiedenen Muttersprachen der europäischen Einwanderer und der afrikanischen Sklaven hat sich die Sprache der jeweiligen Kolonialherren praktisch vollständig durchgesetzt. In großen Teilen Süd- und Mittelamerikas ist [[Spanische Sprache|Spanisch]] Amtssprache; in [[Brasilien]] ist die Amtssprache Portugiesisch.
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== Weblinks ==
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* {{§|23|vwvfg|juris}} Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
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Aktuelle Version vom 22. Mai 2024, 02:11 Uhr

Die Amtssprache ist die im Sprachenrecht verbindlich geregelte Sprache eines Landes oder Staates, die für die Regierung und alle staatlichen Stellen untereinander und gegenüber den Bürgern gilt. In der Amtssprache werden Verwaltungsakte und Normen verfasst, Auskünfte an Bürger erteilt, Verhandlungen geführt und protokolliert. In ihr müssen auch Schriftsätze vor Gericht und Anträge eingereicht werden.

Innerhalb eines Landes oder eines Gebietes kann es gleichzeitig mehrere Amtssprachen geben. Staaten mit mehreren Amtssprachen gebrauchen oft zur internen Verständigung aus Vereinfachungsgründen eine gesonderte Arbeitssprache. Amtssprachen und Arbeitssprachen sind auch bei internationalen Behörden wie der UNO und dem Europäischen Patentamt verbreitet.

Begriffe

Die Amtssprache ist im engeren Sinne die Sprache, in der Behörden und Regierungen kommunizieren.

Während in Deutschland Deutsch die alleinige Amtssprache ist, gibt es auch Länder mit mehreren Amtssprachen. So hat die Schweiz vier Amtssprachen, neben Französisch, Italienisch und Deutsch auch Bündnerromanisch.

In Deutschland und Österreich sind neben der Amtssprache Deutsch weitere Sprachen als amtliche Regionalsprachen anerkannt (siehe Amtssprachen innerhalb Deutschlands, Minderheitensprachen in Österreich).

Vergleichbare Begriffe, die aber nicht immer gleichbedeutend mit „Amtssprache“ sind, sind

Wenn allerdings in einem Land eine Sprache dominiert, ist sie oft zugleich Amtssprache, Gerichtssprache, Verhandlungssprache und Schulsprache. Umgangssprachlich steht das Wort „Amtssprache“ auch für die typische Verwaltungssprache, deren Stil und Wortschatz für Ämter und Behörden kennzeichnend ist. Man spricht in diesem Sinne auch von „Amtsdeutsch“, „Behördendeutsch“ oder „Beamtendeutsch“.

Festlegung einer Amtssprache

Nicht immer spiegeln die Amtssprachen die tatsächlichen Muttersprachen der Bewohner eines Landes wider.

In Nationalstaaten ist regelmäßig die überlieferte Sprache einer landesweiten Sprachgemeinschaft Amtssprache (siehe auch Nation). Sprachen, die eingeborene nationale Minderheiten zu sprechen pflegen, sind gelegentlich als örtliche Amtssprachen anerkannt (zum Beispiel Hawaiisch auf Hawaii für etwa 1000 Sprecher). Die Sprachen, die Einwanderer in ihre Zielländer mitbringen, sind in aller Regel nicht Amtssprache im Einwanderungsland (falls doch, kann dies ein die Einwanderung begünstigender Faktor sein; siehe z. B. Deutsche in der Schweiz).

Nur in wenigen Fällen (Schweiz mit vier, Südafrika mit zwölf und Bolivien mit 36 Amtssprachen) sind „alle“ Landessprachen auch Amtssprachen. In den meisten Staaten gilt dagegen, ungeachtet des Vorkommens weiterer einheimischer Sprachen, nur eine einzige Sprache als Amtssprache, was mit der Notwendigkeit der staatlichen Einheit und dem verwaltungsmäßigen Mehraufwand (Ausbildung aller Beamten und Ausdruck aller Formulare in mehreren Sprachen) begründet wird, aber auch zu einer Abwertung der Sprecher von Nicht-Amtssprachen und längerfristig zum Aussterben der Minderheitensprachen führen kann. Die Anerkennung einer Sprache als Amtssprache hat in der Regel einen spracherhaltenden Effekt.[2]

Ein Kompromiss ist, einer Minderheitensprache auf regionaler Ebene den Status einer Amtssprache zu geben. Beispiele sind die deutsche Sprache in Südtirol und die sorbische Sprache in der Lausitz. In einzelnen Staaten, wie in Norwegen und der Schweiz, werden Amtssprachen auch auf Gemeindeebene festgelegt.

Bei den Gebärdensprachen sind bis heute als einzige die neuseeländische sowie die südafrikanische Gebärdensprache als gesamtstaatliche Amtssprachen definiert worden. Auch in Österreich hat eine Gebärdensprache die Funktion einer Amtssprache übernommen und kann zumindest vor Gericht verwendet werden.

Konflikte

Nach der Annexion von Gebieten mit fremdsprachiger Bevölkerung stellt sich die Frage nach der Amtssprache. Zum Beispiel kamen nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 auch französischsprachige Teile des Elsass und Lothringens als Reichsland Elsaß-Lothringen zum Deutschen Kaiserreich. Die Gerichtssprache wurde aufgrund des Gesetzes vom 14. Juni 1871 deutsch. Da das Reichsland zwar weitaus überwiegend deutschsprachig war, es aber eine starke französischsprachige Minderheit gab, wurde mit Verordnung vom 17. Dezember 1874 für eine Reihe von französischsprachigen Gemeinden die Gerichtssprache abweichend mit Französisch festgelegt.[3]

Manchmal versuchten Länder bzw. Regierungen, durch Aufzwingen einer einzigen Amtssprache ein annektiertes Gebiet zu assimilieren.

Amtssprachen in Afrika
  • Afrikaans
  • Arabisch
  • Englisch
  • Französisch
  • Portugiesisch
  • Spanisch
  • Swahili
  • andere afrikanische Sprachen
  • In Vielvölkerstaaten kam es nicht selten zu Konflikten um die Amtssprache(n). In Cisleithanien, der westlichen Hälfte Österreich-Ungarns (1867–1918), kam es 1897/1898 zu einer tiefen innenpolitischen Krise, die die Badenische Sprachenverordnung in Böhmen und Mähren ausgelöst hatte. Mit dieser Verordnung sollte die Gleichberechtigung der tschechischen Amtssprache mit der deutschen gesichert werden, was die Deutschen nicht hinnehmen wollten. K.k. Ministerpräsident Paul Gautsch von Frankenthurn scheiterte mit dem Versuch, eine pragmatische Lösung des Konflikts durch Lockerung der Verordnung zu finden. Sein Vorschlag, jeder Beamte müsse die im Dienst notwendigen Sprachen beherrschen, ließ zu viele Interpretationen offen. Unter der Regierung Clary-Aldringen wurden die Sprachverordnungen schließlich aufgehoben,[4] der Konflikt blieb bis 1918, als die Tschechoslowakei gegründet wurde, ungelöst.

    Bei Staaten, die keine einheitliche Nation bilden oder bildeten, kann die Festlegung bzw. Änderung einer Amtssprache zu Konflikten führen. Darunter fallen zum Beispiel die Nachfolgestaaten der ehemaligen europäischen Kolonien in Afrika, deren Grenzziehung oftmals willkürlich ohne Berücksichtigung von Sprachgrenzen und Völkergrenzen erfolgte (siehe Ethnische Minderheiten). In Afrika sind meist Kolonialsprachen Amtssprache, so Französisch in der Demokratischen Republik Kongo, in der Elfenbeinküste oder Mali, Englisch in Sambia, Kenia oder Südafrika, Portugiesisch in Mosambik oder Angola. Diese Sprachpolitik begünstigt oft die herrschende Elite, die im Gegensatz zum gemeinen Volk die Amtssprache beherrscht.

    In den Nachfolgestaaten der ehemaligen Kolonien in Amerika ist die Situation gänzlich anders. Dort sind die Indianersprachen und Eskimosprachen der Ureinwohner völlig in den Hintergrund gedrängt worden. Trotz der verschiedenen Muttersprachen der europäischen Einwanderer und der afrikanischen Sklaven hat sich die Sprache der jeweiligen Kolonialherren praktisch vollständig durchgesetzt. In großen Teilen Süd- und Mittelamerikas ist Spanisch Amtssprache; in Brasilien ist die Amtssprache Portugiesisch.

    Amtssprachen innerhalb Deutschlands

    Wichtig für Deutschland sind einzelne vorzunehmende Differenzierungen. Dazu gehört die Unterscheidung zwischen grundsätzlicher Zuständigkeit der 16 einzelnen Länder in Deutschland, ihre Sprachen und damit auch unter anderem die Amtssprachen aufgrund ihrer originären eigenstaatlichen Kulturhoheit zu bestimmen und der nur auf Bundesaufgaben (Regelungsbedarf in eigenen Angelegenheiten) beschränkten Regelungskompetenz des Bundes, die rein quantitativ überwiegt. Wichtig in Deutschland (wie in vielen anderen Ländern) ist ebenfalls die rechtliche Abgrenzung des Begriffs Amtssprache von Begriffen wie Gesetzessprache oder Gerichtssprache, die nicht identisch sind.

    Insgesamt existiert in Deutschland ein ganzes Bündel von Sprachen, die ganz oder zumindest regional oder sachlich partiell Amts-, Gesetzes-, Gerichts- oder Parlamentssprachen sind. Neben „Deutsch“, das normiert auf Bundesebene vor allem nach § 23 Abs. 1 VwVfG als Amtssprache im engen Sinne und nach § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes als Gerichtssprache bezeichnet wird, sind es unter weiteren Dänisch, Niederdeutsch, Friesisch, Sorbisch, Englisch, Französisch. Über europäisches Recht, sofern es greift, kann sogar jede Amts- bzw. Gerichtssprache jedes Mitgliedslands der Europäischen Union in einem Teilsegment zur partiellen Gerichtssprache werden (Anträge und Schriftstücke sind auch in diesen Sprachen vor deutschen Gerichten möglich). „Deutsch“ wird vielfach juristisch (in einzelnen Bereichen streitig) als Oberbegriff für Hochdeutsch, Plattdeutsch und alle Mundarten gleichermaßen interpretiert.

    Innerhalb Deutschlands ist keine Staatssprache definiert, weder auf Bundesebene noch auf der Ebene der 16 Länder.[5] Eine entsprechende Grundgesetzergänzung wird seit den 2000er Jahren diskutiert.[6]

    Amtssprachen in einzelnen Ländern

    Informationen zu den Amtssprachen in einzelnen Ländern findet man in den Länderartikeln (oben in der Infobox und im Fließtext). Gegebenenfalls wird das Thema zusätzlich in Spezialartikeln über die Sprachen des Landes behandelt, zum Beispiel:

    Siehe außerdem:

    Siehe auch

    Wiktionary: Amtssprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

    Einzelnachweise

    1. Duden online: Staatssprache
    2. Heinz KIoss: Grundfragen der Ethnopolitik. 1969, S. 549.
    3. Freiherr Maximilian du Prel: Die Deutsche Verwaltung für Elsaß-Lothringen 1870–1879. Denkschrift, 1. Lieferung, Seite 114.
    4. Jiří Kořalka: Die Herausbildung des Wirtschaftsbürgertums in den böhmischen Ländern im 19. Jahrhundert. In: Peter Heumos (Hrsg.): Polen und die böhmischen Länder im 19. und 20. Jahrhundert. Politik und Gesellschaft im Vergleich. Vorträge der Tagung des Collegium Carolinum in Bad Wiessee vom 15. bis 17. November 1991. Verlag Oldenbourg, München 1997, ISBN 3-486-56021-2, S. 57–80, hier: S. 71.
    5. Referenzen zu diesem Abschnitt im Hauptartikel Amtssprachen innerhalb Deutschlands
    6. Siehe auch: Referenzen zu dem Artikel Debatte über die Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz