„1776-Kommission“ – Versionsunterschied

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Version vom 29. Januar 2021, 14:37 Uhr

Titelblatt des Berichts

Die 1776 Kommission ist ein 18-köpfiges Gremium, das U.S. Präsident Donald Trump im September 2020 beauftragt hat, einen Bericht über die US-amerikanische Geschichte zu erstellen, um damit die patriotische Gesinnung bei Schüler und Studenten zu fördern.[1] Zwei Tage vor dem Ende von Trumps Präsidentschaft hat die Kommission einen 45-seitigen Bericht der Öffentlichkeit übergeben. Das Ergebnis wird von Historikern heftig kritisiert.[1][2] Die Kommission wurde von Präsident Joe Biden am 20. Januar 2021 aufgelöst.[3]

Vorgeschichte

Von der Absicht, eine „patriotische Erziehung“ in den Schulen einzurichten, sprach Trump erstmals am 31. August 2020 bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.[4] Ein Bezug zum im Vorjahr gestarteten „1619 Project“ der Journalistin Nikole Hannah-Jones in der New York Times ist unverkennbar. Im Jahr 1619 trafen die ersten afrikanischen Sklaven an der Küste Virginias ein. Dieses Projekt besteht aus einer Vielzahl von Events und Veröffentlichungen, es soll den Einfluss der Sklaverei und den gesellschaftlichen Beitrag der afroamerikanischen Mitbürger auf die US-amerikanische Geschichte herausstellen.[5] Trump reagierte mit seinem Vorstoß auch auf die Black Lives Matter Bewegung. Er sagte, dass Chaos und Ausschreitungen von links-gerichteten Personen die Folge jahrzehntelanger linker Indoktrination an den Schulen sei.[6]

Trumps Rede am 17. September 2020

Gründung

Die Gründung einer „1776 Kommission“ erwähnte Trump erstmals bei einer Rede am 17. September 2020 aus Anlass des amerikanischen Constitution Day's. Die Zahl „1776“ bezieht sich auf das Jahr der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung. Nach seiner Auffassung bringe man derzeit den Schülern ein verworrenes Netz aus Lügen über Rassismus bei, das sei eine Form der Kindesmisshandlung – so seine Worte („child abuse“).[7] Den Schülern würde beigebracht, sich für die Geschichte des Landes zu schämen.[5] Die Kommission wurde von Trump per Dekret am 2. November 2020 gegründet.[8][9]

Die Mitglieder der Kommission wurden von Trump persönlich ernannt.[10] Es handelt sich um ihm politisch nahestehende, konservative Politiker und Führungskräfte aus Wissenschaft und Bildung. Allgemein anerkannte Historiker waren in dem Gremium nicht vertreten.[1] Zum Vorsitzenden wurde Larry Arnn ernannt, Philanthrop und Präsident des konservativen Hillsdale College in Michigan. Seine Stellvertreterin war Carol Swain, eine ehemalige Professorin für Recht und Politikwissenschaft an der Vanderbilt Universität in Tennessee. Am 5. Januar 2021 kam das Gremium erstmals zusammen.[11]

Inhalt

Im Dekret vom 2. November 2020 werden die Ziele des Berichts genannt.[8] Demnach soll der radikalisierte Blick auf die Geschichte der USA, der die Staatsgründer verunglimpfe, beendet werden. Es soll eine patriotische Erziehung mit entsprechenden Lehrplänen geschaffen werden. Weitere Maßnahmen werden erwähnt, wie z. B. die Vergabe von Stipendien.

Der in der kurzen Frist bis zum Ende von Trumps Präsidentschaft erstellte 45-seitige Bericht besteht aus einem Hauptteil und ab Seite 21 aus vier Anhängen. Der Hauptteil enthält im Wesentlichen eine Huldigung an die Gründer der Vereinigten Staaten und der damit verbundenen Werte. Der Anhang I enthält den Text der Unabhängigkeitserklärung. In den weiteren Anhängen werden mehrere Thesen vertreten. In Anhang II wird behauptet, dass religiöser Glaube und demokratische Regierung untrennbar zusammengehören. Glaube sei der Schlüssel zu einem guten Charakter wie auch zu einer guten Bürgerschaft. Im Anhang III wird diskutiert, dass die Gleichheitsthese der Verfassung („all men are created equal“) von bestimmten Gruppierungen im Zuge einer Identitätspolitik infrage gestellt wird. Eine Rasse oder eine sexuelle Identität sei nach deren Auffassung wichtiger als der gemeinsame Status als Individuum, allein das Gefühl gesellschaftlich unterdrückt zu werden, rechtfertige einen moralischen Anspruch gegenüber dem Rest der Gruppe. Im Anhang IV wird mit Bedauern der Niedergang des amerikanischen Erziehungswesens durch progressive Lehrer festgestellt und es werden Vorschläge für eine verbesserte Staatsbürgerkunde gemacht. Es wird empfohlen, verstärkt positive Geschichten und Bilder über die Gründer der Vereinigten Staaten in den Schulen zu verbreiten.[12][6]

Rezeption

Die 14.000 Mitglieder umfassende, angesehene American Historical Association (AHA) hat den Bericht in einer zweiseitigen Erklärung scharf kritisiert, 42 weitere Fachverbände haben sich der Kritik angeschlossen. Außerdem weist der Verband darauf hin, dass der Bericht ohne Konsultation mit einem professionellen Geschichtswissenschaftler der Vereinigten Staaten erstellt worden ist.[13] Die 18 Autoren würden eine Form der staatlichen Indoktrination bei Schülern und Studenten fordern. Wichtige Aspekte der Geschichte, wie Sklaverei, Unterdrückung der indigenen Bevölkerung, Rechte von Frauen, werden nicht oder unzureichend behandelt. Progressive Reformer werden mit Mussolini und anderen europäischen Faschisten verglichen. Andererseits werden die Gründer der Nation als gottähnliche Männer dargestellt. Insgesamt sei der Bericht voller Unwahrheiten, Ungenauigkeiten, Auslassungen und irreführenden Behauptungen.[13]

Selbst Historiker, die dem 1619 Projekt kritisch gegenüber stehen, wie Sean Wilentz von der Princeton University, haben den Bericht der Kommission kritisiert. Es sei im Wesentlichen ein politisches Dokument und reduziere Geschichte auf Heldenverehrung.[2] Jan Wiele in der FAZ weist daraufhin, dass sowohl der 1776 Bericht als auch das 1619 Projekt ideologisch motivierte Versuche zur Beeinflussung der Geschichtsschreibung sind. Der große Unterschied sei jedoch, dass die Initiative im einen Fall von Journalisten und im anderen Fall von der Staatsregierung ausgegangen ist.[14]

Beendigung

Am 20.Januar 2021 nur Stunden nach der Amtseinführung von Trumps Nachfolger hat der neue Präsident Joe Biden ein Dekret zur Auflösung der 1776 Kommission erlassen.[15] Noch am selben Tag wurde der Bericht von der Website des Weißen Hauses entfernt und im Nationalarchiv abgelegt.[16]

siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Michael Crowley, Jennifer Schuessler: Trump's 1776 Commission Critiques Liberalism in Report Derided by Historians In: The New York Times, 19. Januar 2021 (englisch). 
  2. a b 'A hack job,' 'outright lies': Trump commission’s ‘1776 Report’ outrages historians In: The Washington Post, 19. Januar 2021. Abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch). 
  3. Executive Order On Advancing Racial Equity and Support for Underserved Communities Through the Federal Government. In: The White House. 20. Januar 2021, abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch).
  4. Trump pushes for 'patriotic education' in schools, WCMH-TV, September 2, 2020 (englisch). 
  5. a b Alana Wise: Trump Announces 'Patriotic Education' Commission, A Largely Political Move. In: NPR. 17. September 2020, abgerufen am 27. Januar 2021 (englisch).
  6. a b Maegan Vazquez: Trump administration issues racist school curriculum report on MLK day. In: CNN. 18. Januar 2021, abgerufen am 18. Januar 2021 (englisch).
  7. Remarks by President Trump at the White House Conference on American History. In: The American Mind. 30. September 2020, abgerufen am 28. Januar 2021 (englisch).
  8. a b Donald J. Trump: Executive Order on Establishing the President’s Advisory 1776 Commission. whitehouse.gov, 2. November 2020, archiviert vom Original am 25. November 2020; (englisch).
  9. Trump will "patriotische Bildung" fördern. In: tagesschau.de. 18. September 2020, abgerufen am 27. Januar 2021.
  10. President Donald J. Trump Announces Intent to Appoint Individuals to Key Administration Posts. In: The White House. 18. Dezember 2020, archiviert vom Original am 18. Dezember 2020; (englisch).
  11. Rob Crilly: Trump's 1776 Commission hears plea to make Judeo-Christian principles central to American story. In: Washington Examiner. 5. Januar 2021, abgerufen am 27. Januar 2021 (englisch).
  12. Jack Brewster: Trump's 1776 Commission—Created To Challenge Controversial 1619 Project— Releases Report On MLK Day. In: Forbes. 18. Januar 2021, abgerufen am 27. Januar 2021 (englisch).
  13. a b AHA Condemns Report of Advisory 1776 Commission. In: American Historical Association. 20. Januar 2021, abgerufen am 28. Januar 2021 (englisch).
  14. Jan Wiele: Great again, jetzt auch in der Erinnerungspolitik. In: FAZ.NET. 20. Januar 2021, abgerufen am 28. Januar 2021.
  15. Kelly, Caroline: Biden rescinds 1776 commission via executive order. CNN, 20. Januar 2021, archiviert vom Original am 20. Januar 2021; (englisch).
  16. Collin Binkley: Biden revokes Trump report promoting 'patriotic education'. In: Associated Press. 21. Januar 2021, abgerufen am 28. Januar 2021 (englisch).