„Schwinge (Fahrzeugtechnik)“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Motorrad von BMW R26V.JPG|mini|hochkant=1.4|Schwingen (gelb markiert) zur Aufhängung beider Räder an einem Motorrad]]
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[[File:Fendt Fahrrad 8786.jpg|miniatur|Gabel-Schwinge am Hinterrad eines [[Fahrrad]]s, <br />
drehbar in der [[Tretkurbel]]achse, <br />
sekundäre Besonderheit: [[Kardanwelle]] im rechten Schwingen-Arm]]


Die '''Schwinge''' ist in der [[Fahrwerkstechnik]] von [[Motorrad|Motorrädern]] seit den 1960er-Jahren die häufigste Bauart der Hinter[[radaufhängung]], kommt jedoch auch an Vorderrädern vor. Sie dreht um ein [[Drehgelenk]], dessen Achse quer zur [[Fahrtrichtung]] verläuft, am [[Motorradrahmen|Rahmen]] auf und ab. An der Schwinge greifen die [[Feder]] und der [[Stoßdämpfer]] an.
Eine '''Schwinge''' ist ein technisches [[Bauteil (Technik)|Bauteil]]. Es handelt sich in der Regel um einen geraden Stab, der an einem seiner Enden an einem [[Maschinengestell|Gestell]] [[Rotation (Physik)|drehbar]] [[Lager (Maschinenelement)|gelager]]t ist. Die Drehung ist meistens eine Schwingung (→ "Schwinge") in einen kleinen Winkelbereich (< 360°). In einem [[Koppelgetriebe]] kann die Schwinge auch umlaufendes angetriebenes Getriebeglied sein: ''Umlaufende Kurbelschwinge'' als Bauform des Koppelgetriebes.


Unterschieden werden:
In der [[Radaufhängung]] bei [[Fahrzeug]]en verwendete Schwingen drehen in einer senkrechten, die [[Fahrtrichtung]] enthaltenden Ebene.
* gezogene Schwingen: der [[Drehpunkt]] (das [[Lager (Maschinenelement)|Lager]]) ist – in Fahrtrichtung gesehen – ''vor'' der [[Radachse]]
Am freien Ende ist der [[Radträger]] befestigt. Die Drehachsen der Schwinge und des Rades befinden sich ungefähr auf gleicher Höhe. Bei Motorrädern ist das Hinterrad fast ausschließlich mit Hilfe einer Schwinge (“Gabelschwinge”) am Rahmen [[Führungselemente (Technik)|geführt]].
* geschobene Schwingen: der Drehpunkt (das Lager) ist – in Fahrtrichtung gesehen – ''hinter'' der Radachse.


In [[Sachbuch|Sachbüchern]] zur Fahrzeugtechnik wird der Begriff Schwinge auch bei Radaufhängungen von&nbsp;[[PKW]] verwendet, wenn der [[Radträger]] unmittelbar durch ein Drehgelenk mit dem Fahrzeugkörper verbunden ist. In der [[Fachliteratur]] zur Fahrwerkstechnik bezieht sich der Begriff jedoch nur auf Radaufhängungen von Motorrädern.
Bei zweispurigen Fahrzeugen sind die Schwingen von den sowohl längs (→ "[[Längslenker]]") als auch quer (→ "[[Querlenker]]") eingebauten Lenkern mit je einem Drehgelenk an beiden Enden zu unterscheiden.


== Schwingen beim Motorrad ==
Ein '''Lenker''' ist wie die Schwinge ein nicht nur in Fahrzeugen vorkommendes, sondern ein allgemeines technisches Bauteil. Im Koppelgetriebe ist es das dieses kennzeichnende Getriebeglied mit der verallgemeinerten Bezeichnung “Koppel”.
[[Datei:Vespa 150 Sprint V, Radaufhängung (Sp b).JPG|mini|hochkant=0.8|Vorderradschwinge der Vespa]]
[[Datei:NSU Supermax, Bj. 1957, Hinterradschwinge (2011-09-24 Mayen).JPG|mini|hochkant=0.8|Hinterradschwinge der NSU Supermax]]
=== Am Vorderrad ===
Zur [[Vorderradaufhängung (Kraftrad)|Vorderradaufhängung]] gab es früher sowohl gezogene als auch geschobene Schwingen. Sie sind an der [[Vorderradaufhängung_(Kraftrad) #Vordergabel|Gabel]] gelagert und machen die Lenkbewegung mit.

Motorräder mit [[Langarmschwinge]] am Vorderrad sind äußerlich meist am Schwingenträger erkennbar, der um den [[Kotflügel]] herumgeführt ist.

Ein bekanntes Beispiel für [[Kurzschwinge]] am Vorderrad ist die [[Vespa]].

Von den Schwingen am Vorderrad hat nur die geschobene Langarmschwinge bei [[Motorradgespann]]en überdauert.

Am [[Fahrgestell]] gelagerte Schwingen für das Vorderrad in Verbindung mit einer [[Achsschenkellenkung]] sind an Motorrädern selten verwirklicht worden, etwa bei der [[Ner-a-Car]] (1918).

=== Am Hinterrad ===
{{Hauptartikel|Hinterradschwinge (Motorrad)}}
[[Hinterradschwinge]]n von [[Zweirad|Zweirädern]] sind gezogene Langarmschwingen. Dabei überwiegen zweiarmige Schwingen, die das Rad beidseitig [[Führungselement|führen]].

=== Bremsmomentabstützung ===
<!--[[Datei:Ducati750Sport.jpg|miniatur|Bremsmomentabstützung an der Hinterradschwinge einer [[Ducati]] 750 Sport]] sehen tut man nix davon-->
Wenn die Halterung der [[Bremsklotz|Bremsklötze]], zum Beispiel der [[Bremssattel]], wie üblich an der Hinterradschwinge befestigt ist, bewirkt die gegen die Drehung des Rads gerichtete Kraft der Bremse ein [[Drehmoment]] an der Schwinge. Dieses Drehmoment ist gegen die [[Federung]] gerichtet, so dass das Rad beim Bremsen kurzzeitig entlastet wird.

Dieser Effekt kann durch eine Bremsmomentabstützung verringert werden, bei der der Bremssattel drehbar auf der Radachse gelagert und mit einem beidseitig drehbar gelagerten [[Lenker (Fahrzeugtechnik)|Lenker]] am Rahmen befestigt ist.<ref>{{Literatur|Autor=Wolfgang Matschinsky|Titel=Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion|Verlag=Springer|Datum=|Auflage=2|ISBN=978-3-662-09653-6|Seiten=336,337|Online={{Google Buch|BuchID=N8exBgAAQBAJ|Seite=336}} }}</ref>

=== Lagerung ===
Zur Lagerung von Schwingen kommen [[Gleitlager]], [[Kegelrollenlager]], [[Nadellager]] und bei leichten Fahrzeugen [[Silentblock|Silentblöcke]] in Betracht.<ref>Lexikon der Motorradtechnik (Beilage der Zeitschrift ''Motorrad''.) Um 1980. S. 140</ref>

== Schwingen beim Automobil ==
[[Datei:Train arr.JPG|mini| Längslenker (Schwinge) am Hinterrad eines [[Renault 4]]]]
[[Längslenkerachse]]n gibt es bei Automobilen seit den 1930er-Jahren, so etwa beim [[Stoewer Greif V8]] an der [[Hinterachse]] und bei Dreirädern wie [[Goliath Goli]] oder [[Reliant]] vorn. Da diese Art der Radaufhängung den bei Motorrädern anzutreffenden Radaufhängungen mit Schwingen gleicht, werden sie häufig auch so bezeichnet.

Eine Lösung für die Radführung, die ebenfalls der Motorradtechnik entspricht, ist das [[Dubonnet-Federung|„Dubonnet-Federknie“]]. Wie bei der geschobenen „Kurzschwinge“ am Vorderrad des Motorrads wird der Kurbelarm beim Lenken um eine aufbaufeste Drehachse geschwenkt. In den 1930er Jahren waren Modelle von [[Opel]] außer [[Opel P4|P4]], [[Opel Kapitän|Kapitän]] und [[Opel Admiral|Admiral]], das sind [[Opel 1,3&nbsp;Liter]] und [[Opel&nbsp;6]], [[Opel Olympia|Olympia]], [[Opel Kadett (1936)|Kadett]] (außer der „Normal-Limousine“) mit dieser Konstruktion ausgestattet, sie lief dort unter der Werbebezeichnung „[[Synchron-Federung]]“. Aber auch [[Fiat]] verwendete die Dubonnet-Federung vor dem Zweiten Weltkrieg in einigen Modellen.

Da es im PKW nicht wie beim Motorrad nur quer zum Chassis liegende Drehachsen gibt, sollten die entsprechenden Radaufhängungen mit der spezifischen Bezeichnung als Längslenker-, Schräglenker- oder Pendelachsen bezeichnet werden.

== Siehe auch ==
* [[Christie-Laufwerk]] (Laufrollen an Schwingen bei Kettenlaufwerken)

== Literatur ==
* {{Literatur
|Autor=Wolfgang Matschinsky
|Titel=Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion
|Verlag=Springer
|Datum=
|Auflage=2
|ISBN=978-3-662-09653-6
|Seiten=331,337 }}

* {{Literatur
|Autor=Rüdiger Bellersheim, Hans-Georg Delius, Michael Gressmann, Frank Löwe, Peter Ryf
|Titel=Fachkunde Motorradtechnik
|Auflage=2
|Verlag=Europa-Lehrmittel
|Ort=
|Datum=2013
|ISBN=978-3-8085-2232-5
|Seiten=415}}
* {{Literatur
|Autor=Jörnsen Reimpell
|Titel=Fahrwerktechnik: Radaufhängungen
|Verlag=Vogel Business Media
|Ort=Würzburg
|Datum=1988
|ISBN=978-3-8343-3227-1
|Seiten=376}}
* {{Literatur
|Autor= Alfred Böge, Rainer Ahrberg, Klaus-Dieter Arndt, Werner Bahmann, Lutz Barfels, Jürgen Bauer, Ulrich Borutzki, Gert Böge, Wolfgang Böge, Berthold Heinrich, Arnfried Kemnitz, Peter Kurzweil, Susanna Labisch, Petra Linke, Manfred Ristau, Werner Roddeck, Johannes Sebulke, [[Dominik Surek]], Werner Thrun, Jürgen Voss, Frank Weidermann, Wolfgang Weißbach, Heinz Wittig
|Titel=Handbuch Maschinenbau: Grundlagen und Anwendungen der Maschinenbau-Technik
|Auflage=21
|Verlag=Springer Vieweg
|Ort=
|Datum=2012
|ISBN=978-3-8348-2478-3
|Seiten=1500}}

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Fahrwerkstechnik]]
[[Kategorie:Betätigungsgestänge]]

Aktuelle Version vom 7. Oktober 2023, 07:41 Uhr

Schwingen (gelb markiert) zur Aufhängung beider Räder an einem Motorrad

Die Schwinge ist in der Fahrwerkstechnik von Motorrädern seit den 1960er-Jahren die häufigste Bauart der Hinterradaufhängung, kommt jedoch auch an Vorderrädern vor. Sie dreht um ein Drehgelenk, dessen Achse quer zur Fahrtrichtung verläuft, am Rahmen auf und ab. An der Schwinge greifen die Feder und der Stoßdämpfer an.

Unterschieden werden:

  • gezogene Schwingen: der Drehpunkt (das Lager) ist – in Fahrtrichtung gesehen – vor der Radachse
  • geschobene Schwingen: der Drehpunkt (das Lager) ist – in Fahrtrichtung gesehen – hinter der Radachse.

In Sachbüchern zur Fahrzeugtechnik wird der Begriff Schwinge auch bei Radaufhängungen von PKW verwendet, wenn der Radträger unmittelbar durch ein Drehgelenk mit dem Fahrzeugkörper verbunden ist. In der Fachliteratur zur Fahrwerkstechnik bezieht sich der Begriff jedoch nur auf Radaufhängungen von Motorrädern.

Schwingen beim Motorrad

Vorderradschwinge der Vespa
Hinterradschwinge der NSU Supermax

Am Vorderrad

Zur Vorderradaufhängung gab es früher sowohl gezogene als auch geschobene Schwingen. Sie sind an der Gabel gelagert und machen die Lenkbewegung mit.

Motorräder mit Langarmschwinge am Vorderrad sind äußerlich meist am Schwingenträger erkennbar, der um den Kotflügel herumgeführt ist.

Ein bekanntes Beispiel für Kurzschwinge am Vorderrad ist die Vespa.

Von den Schwingen am Vorderrad hat nur die geschobene Langarmschwinge bei Motorradgespannen überdauert.

Am Fahrgestell gelagerte Schwingen für das Vorderrad in Verbindung mit einer Achsschenkellenkung sind an Motorrädern selten verwirklicht worden, etwa bei der Ner-a-Car (1918).

Am Hinterrad

Hinterradschwingen von Zweirädern sind gezogene Langarmschwingen. Dabei überwiegen zweiarmige Schwingen, die das Rad beidseitig führen.

Bremsmomentabstützung

Wenn die Halterung der Bremsklötze, zum Beispiel der Bremssattel, wie üblich an der Hinterradschwinge befestigt ist, bewirkt die gegen die Drehung des Rads gerichtete Kraft der Bremse ein Drehmoment an der Schwinge. Dieses Drehmoment ist gegen die Federung gerichtet, so dass das Rad beim Bremsen kurzzeitig entlastet wird.

Dieser Effekt kann durch eine Bremsmomentabstützung verringert werden, bei der der Bremssattel drehbar auf der Radachse gelagert und mit einem beidseitig drehbar gelagerten Lenker am Rahmen befestigt ist.[1]

Lagerung

Zur Lagerung von Schwingen kommen Gleitlager, Kegelrollenlager, Nadellager und bei leichten Fahrzeugen Silentblöcke in Betracht.[2]

Schwingen beim Automobil

Längslenker (Schwinge) am Hinterrad eines Renault 4

Längslenkerachsen gibt es bei Automobilen seit den 1930er-Jahren, so etwa beim Stoewer Greif V8 an der Hinterachse und bei Dreirädern wie Goliath Goli oder Reliant vorn. Da diese Art der Radaufhängung den bei Motorrädern anzutreffenden Radaufhängungen mit Schwingen gleicht, werden sie häufig auch so bezeichnet.

Eine Lösung für die Radführung, die ebenfalls der Motorradtechnik entspricht, ist das „Dubonnet-Federknie“. Wie bei der geschobenen „Kurzschwinge“ am Vorderrad des Motorrads wird der Kurbelarm beim Lenken um eine aufbaufeste Drehachse geschwenkt. In den 1930er Jahren waren Modelle von Opel außer P4, Kapitän und Admiral, das sind Opel 1,3 Liter und Opel 6, Olympia, Kadett (außer der „Normal-Limousine“) mit dieser Konstruktion ausgestattet, sie lief dort unter der Werbebezeichnung „Synchron-Federung“. Aber auch Fiat verwendete die Dubonnet-Federung vor dem Zweiten Weltkrieg in einigen Modellen.

Da es im PKW nicht wie beim Motorrad nur quer zum Chassis liegende Drehachsen gibt, sollten die entsprechenden Radaufhängungen mit der spezifischen Bezeichnung als Längslenker-, Schräglenker- oder Pendelachsen bezeichnet werden.

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion. 2. Auflage. Springer, ISBN 978-3-662-09653-6, S. 331,337.
  • Rüdiger Bellersheim, Hans-Georg Delius, Michael Gressmann, Frank Löwe, Peter Ryf: Fachkunde Motorradtechnik. 2. Auflage. Europa-Lehrmittel, 2013, ISBN 978-3-8085-2232-5, S. 415.
  • Jörnsen Reimpell: Fahrwerktechnik: Radaufhängungen. Vogel Business Media, Würzburg 1988, ISBN 978-3-8343-3227-1, S. 376.
  • Alfred Böge, Rainer Ahrberg, Klaus-Dieter Arndt, Werner Bahmann, Lutz Barfels, Jürgen Bauer, Ulrich Borutzki, Gert Böge, Wolfgang Böge, Berthold Heinrich, Arnfried Kemnitz, Peter Kurzweil, Susanna Labisch, Petra Linke, Manfred Ristau, Werner Roddeck, Johannes Sebulke, Dominik Surek, Werner Thrun, Jürgen Voss, Frank Weidermann, Wolfgang Weißbach, Heinz Wittig: Handbuch Maschinenbau: Grundlagen und Anwendungen der Maschinenbau-Technik. 21. Auflage. Springer Vieweg, 2012, ISBN 978-3-8348-2478-3, S. 1500.

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion. 2. Auflage. Springer, ISBN 978-3-662-09653-6, S. 336,337 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Lexikon der Motorradtechnik (Beilage der Zeitschrift Motorrad.) Um 1980. S. 140