„Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (Kapitaladäquanzverordnung)“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Rechtsakt (EU)
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| Typ = Verordnung
Die Capital Requirements Regulation (CRR) ist eine EU-Verordnung, Verordnung (EU) Nr. 575 /2013 vom 26.6.2013, über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Die CRR regelt als unmittelbar anzuwendendes Recht im Kern die Höhe und die Anforderungen an die aufsichtlich bereitzuhaltenden Eigenmittel bzw. die Eigenmittelunterlegung von bankaufsichtlich definierten und gewichteten Risiken sowie die Offenlegung dieser Eigenmittel und der Risiken im Rahmen der sogenannten Säule III. Weiter regelt die CRR in den Art. 387 ff. die neuen Großkreditregeln, in Art. 411 ff. die Liquiditätsvorschriften und in Art. 429 die - ungewichtete "leverage ratio". Anlass für den Erlass der CRR war die Finanzmarktkrise und damti im Zusammenhang die im Dezember 2010 veröffentlichte Empfehlung für Eigenkapital- und Liquiditätsstandards für international tätige Banken ([[Basel III]]).
| Jahr = 2013
| Nummer = 575
| Vertrag = EU
| EWR = ja
| Titel = Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012
| Bezeichnung = Kapitaladäquanzverordnung
| Rechtsmaterie = [[Finanzmarktrecht]]
| Grundlage = [[Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union|AEUV]], insbesondere {{CELEX|12012E114|Artikel 114}}
| DossierTyp = COD
| DossierJahr = 2011
| DossierNummer = 202
| Fundstelle = ABl. L 176, 27. Juni 2013, S. 1–337
| Anzuwenden = 1.&nbsp;Januar 2014 <small>(für Teile abweichendes Datum des Wirksamwerdens: 1. Januar 2014 (Art. 521.2), 31. Dezember 2014 (Art. 521.2.c), 1. Januar 2015 (Art. 521.2.a), 1. Januar 2016 (Art. 521.2.b))</small><ref name="VO-2013-575" />
| Gültig = anwendbar
}}
Die '''Kapitaladäquanzverordnung''' mit der Bezeichnung '''Verordnung (EU) Nr. 575/2013'''<ref name="VO-2013-575">{{EU-Verordnung|2013|575|abruf=2017-06-30}}. In: ''[[EUR-Lex]].''</ref> ist eine im [[Bankwesen]] geltende [[Verordnung (EU)|EU-Verordnung]], die im Rahmen von [[Basel III]] Vorgaben zur angemessenen [[Eigenmittel (Kreditinstitut)|Eigenmittelausstattung]] von [[CRR-Kreditinstitut|Instituten]], Institutsgruppen, [[Finanzholding-Gesellschaft|Finanzholding-Gruppen]] und gemischten Finanzholding-Gruppen enthält und die in der bisherigen [[Solvabilitätsverordnung]] umgesetzten Einzelvorschriften übernimmt.


Die weitverbreitete Abkürzung '''CRR''' ist von der englischen Bezeichnung ''{{lang|en|Capital Requirements Regulation}}'' abgeleitet. Der deutsche Gesetzgeber verwendet auch die Bezeichnung Kapitalanforderungsverordnung. Die Kapitaladäquanzverordnung ist seit dem 1. Januar 2014 in der [[Europäische Union|Europäischen Union]] in Kraft.
Die CRR wird ergänzt durch mehr als 100 technische Regulierungsstandards, technische Durchführungsstandards und Leitlinien, die von der EBA (European Banking Authority) erarbeitet und von der Europäischen Kommission als ebenfalls unmittelbar anwendbare EU-Verordnungen erlassen werden.


== Allgemeines ==
Basel III wurde auf europäischer Ebene durch zwei Rechtsakte umgesetzt. Einerseits mit der [[Richtlinie 2013/36/EU (Eigenkapitalrichtlinie)|Eigenkapitalrichtlinie]], der Richtlinie 2013/36/EU<ref>{{EU-Richtlinie|2013|36}}</ref> vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und [[Wertpapierfirma|Wertpapierfirmen]] (häufig mit der Abkürzung ''CRD IV'' von englisch ''{{lang|en|Capital Requirements Directive Number IV}}'' bezeichnet), andererseits mit der hier behandelten Verordnung Kapitaladäquanzverordnung, der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Die Eigenkapitalrichtlinie und die Kapitaladäquanzverordnung werden zusammengefasst auch als „CRD-IV-Paket“ bezeichnet.


Die Kapitaladäquanzverordnung ist unmittelbar in Deutschland geltendes Recht. Hierfür mussten sowohl im [[Kreditwesengesetz]] (KWG) als auch in weiteren Gesetzen und Rechtsverordnungen die der Kapitaladäquanzverordnung widersprechenden oder entgegenstehenden nationalen Vorschriften entfernt werden. Dies erfolgte durch das ''Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz)''. So erfolgte eine Neufassung der Solvabilitätsverordnung (SolvV) sowie der [[Großkredit- und Millionenkreditverordnung]] (GroMiKV). In {{§|64r|kredwg|juris}} KWG sind wichtige Übergangsvorschriften zur CRD-IV-Umsetzung enthalten.
Literatur: Beck/Samm/Kokemoor, Gesetz über das Kreditwesen, 170. Erg.lfg., März 2014


== Quellen ==
== Inhalt ==
Die Kapitaladäquanzverordnung richtet sich in erster Linie an die beaufsichtigten Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die in Artikel 4 definiert und unter dem Oberbegriff „Institute“ zusammengefasst werden. Außerhalb des Verordnungstextes wird auf diese Begriffsdefinitionen oft unter den Bezeichnungen „[[CRR-Kreditinstitut]]“, „[[CRR-Wertpapierfirma]]“ und „CRR-Institut“ Bezug genommen. In {{§|1|kredwg|juris}} Abs. 3d [[Kreditwesengesetz|KWG]] wurden diese Begriffe an Stelle von ''Einlagenkreditinstitut'' und ''Wertpapierhandelsunternehmen'' ab Januar 2014 übernommen. Zu den CRR-Kreditinstituten gehören alle [[Universalbank|Universal-]], [[Spezialbank|Spezial-]] sowie [[Großbank]]en und sonstigen Kreditinstitute wie [[Autobank|Auto-]], [[Teilzahlungsbank|Teilzahlungs-]] und [[Konzernbank]]en, sofern auf sie nicht das „Konzernprivileg“ des {{§|2|kredwg|juris}} Abs. 1 Nr. 7 KWG zutrifft. Für CRR-Wertpapierfirmen verweist Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 auf die Legaldefinition des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 {{EU-Richtlinie|2004|39}}. Sie sind keine Kreditinstitute im Rechtssinne. Auf sie sind einige Bestimmungen der Kapitaladäquanzverordnung nicht anwendbar.


Ebenfalls in Artikel 4 gibt die Kapitaladäquanzverordnung zahlreiche [[Legaldefinition]]en [[Bankrecht (Deutschland)|bankrechtlicher]] Begriffe (Artikel 4 Abs. 1), teilweise durch Verweis auf Legaldefinitionen in anderen EU-Verordnungen. Definiert wird unter anderem [[Kreditinstitut]] (Artikel 4 Abs. 1 Nr. 1), [[Finanzholding-Gesellschaft]] (Nr. 20), [[Gruppe verbundener Kunden]] (Nr. 39), [[Finanzinstrument]] (Nr. 50), [[operationelles Risiko]] (Nr. 52), [[Kreditsicherheit|Besicherung]] mit Sicherheitsleistung (Nr. 58), [[Verbriefung]] (Nr. 61), [[Beleihungswert]] (Nr. 74), [[Eigenmittel (Kreditinstitut)|Eigenmittel]] (Nr. 118) oder [[Institutssicherung der Sparkassen, Landesbanken und Landesbausparkassen|Haftungsverbund]] (Nr. 127). Der evolutive Charakter dieser Verordnung ermöglicht es Instituten, in Bezug auf das [[Kreditrisiko]] zwischen drei Ansätzen unterschiedlicher Komplexität zu wählen. Um insbesondere kleinen Instituten die Möglichkeit zu bieten, sich für den risikosensitiveren IRB-Ansatz zu entscheiden, sind die einschlägigen Bestimmungen so auszulegen, dass Forderungsklassen alle [[Risikoposition]]en einschließen, die ihnen in dieser Verordnung direkt oder indirekt zugeordnet werden.
* http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32013R0575:DE:NOT CRR (Verordnung (EU) Nr. 575/2013)

* http://ec.europa.eu/internal_market/bank/regcapital/legislation_in_force_de.htm (Mitteilung der EU-Kommission zum Inkrafttreten des Basel-III-Pakets)
Die Kapitaladäquanzverordnung regelt insbesondere die Höhe und die Anforderungen an die aufsichtsrechtlich bereitzuhaltenden Eigenmittel (Artikel 25–91), die Eigenmittelunterlegung von bankaufsichtlich definierten und gewichteten Risiken, die Offenlegung dieser Eigenmittel und der Risiken im Rahmen der so genannten [[Basel II#Säule 3: Erweiterte Offenlegung / Marktdisziplin|Säule III]], die eigenmittelbezogenen [[Kreditrisiko|Risikovorschriften]] (Artikel 107 ff.), die Berücksichtigung von [[Kreditsicherheit]]en (Artikel 194–217), die [[Großkredit]]&shy;vorschriften (Artikel 387 ff., 507), die [[Liquidität]]s&shy;vorschriften (Artikel 411 ff.), die [[Offenlegung (Marktdisziplin)|Offenlegungspflichten]] (Artikel 431 ff.), das [[operationelles Risiko|operationelle Risiko]] (Artikel 446) und enthält Vorgaben zur künftigen Ausgestaltung einer Verschuldungsquote ([[Leverage Ratio]]; Artikel 429, 430, 499, 511). Daneben lässt die Verordnung zur Abwehr makroprudenzieller Risiken (Risiken des gesamten Finanzsystems) die Verschärfung bestimmter Regelungen (Artikel 458, 459, 513) zu und enthält zahlreiche Übergangsvorschriften (Artikel 465 ff.), mit denen es den Instituten erleichtert wird, die neuen Eigenkapitalanforderungen nebst Abzugsregelungen zu erfüllen.<ref>[http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2013/10/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-1-meilenstein-im-bankenaufsichtsrecht.html#f13back Bundesfinanzministerium vom 21. Oktober 2013, ''Basel III – ein Meilenstein im Bankenaufsichtsrecht'']</ref>

Die Kapitaladäquanzverordnung lässt für verschiedene Regelungen einen Gestaltungsspielraum, den die alte [[Solvabilitätsverordnung]] vor allem für die internen Ansätze zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen ausgeschöpft hatte. Dies betrifft insbesondere die Ausführungsbestimmungen zu den Zulassungsverfahren für auf internen Ratings basierende Ansätze, [[Marktrisiko]]&shy;modelle, interne Modelle zur Berechnung der [[Kontrahentenrisiko|Kontrahentenrisiken]] sowie fortgeschrittene Messansätze für operationelle Risiken. Dabei wurden die Regelungen so gefasst, dass die bislang in der Solvabilitätsverordnung getroffenen nationalen Konkretisierungen zu den Vorgaben der aktuell noch geltenden CRD nach Möglichkeit beibehalten werden. Damit hält sich auch der Anpassungsaufwand der Institute für die Umsetzung der neuen Vorschriften in Grenzen.<ref>Deutsche Bundesbank: ''Die Umsetzung von Basel III in europäisches und nationales Recht'', Monatsbericht Juni 2013, S. 71 f.</ref>

Einen wesentlichen Regelungsinhalt der Kapitaladäquanzverordnung bilden die [[Mindesteigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken]]. Der durch Eigenmittel abzudeckende Gesamtforderungsbetrag aller [[Risikoposition]]en ist nach Art. 92 Abs. 1 weiterhin auf das 12,5-Fache des Eigenkapitals begrenzt, doch sind frühere Anrechnungserleichterungen entfallen oder wurden verschärft. Eine [[Rating]]&shy;pflicht ist für alle Risikopositionen vorgesehen, denn Artikel 144 Nr. 1a verlangt eine aussagekräftige Beurteilung jedes [[Schuldner]]s, wobei ein Ratingsystem den Risikomerkmalen von Schuldner und Geschäft Rechnung tragen muss (Artikel 170 Nr. 1) und bei [[Kreditentscheidung|Kreditgenehmigungen]] jedem Schuldner ein Rating zuzuordnen ist (Artikel 172 Nr. 1a). Der sich aus dem Rating ergebende [[Ratingcode]] bildet die Grundlage der Risikogewichtung einer Risikoposition. Je schlechter der Ratingcode, desto höher ist das Risikogewicht eines [[Finanzinstrument]]s; damit wird das höhere [[Kreditrisiko]] berücksichtigt. Die Kreditinstitute haben folgende drei [[Parameter (Mathematik)|Risikoparameter]] zur [[Messung]] der [[Kreditrisiko|Kreditrisiken]] zu berechnen:
* [[Ausfallwahrscheinlichkeit]] ({{enS|probability of default}}, abgekürzt PD) – Artikel 4 Abs. 1 Nr. 54
* [[Ausfallverlustquote]] (englisch ''{{lang|en|loss given default}}'', abgekürzt LGD) – Artikel 4 Abs. 1 Nr. 55
* [[Ausfallkredithöhe]] (englisch ''{{lang|en|exposure at default}}'', abgekürzt EaD) – Artikel 261 Abs.&nbsp;1.

Alle drei Parameter sind hypothetische Größen, die auf [[Stochastik|stochastischen]] [[Wahrscheinlichkeit]]en beruhen und den Banken sowie der Bankenaufsicht als [[Indikator (Wirtschaft)|Indikatoren]] zur Erkennung des Risikoniveaus dienen. Die Kapitaladäquanzverordnung führt diese drei Risikoparameter weiter fort, bringt jedoch restriktivere Kontingentierungen mit sich.

Die Kapitaladäquanzverordnung wird ergänzt durch mehr als 100 technische Regulierungsstandards, technische Durchführungsstandards und Leitlinien, die von der [[Europäische Bankenaufsichtsbehörde|Europäischen Bankenaufsichtsbehörde]] erarbeitet und von der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]] als ebenfalls unmittelbar anwendbare EU-Verordnungen erlassen werden.

== Geltung in Europa ==
Da die Kapitaladäquanzverordnung als [[Verordnung (EU)|EU-Verordnung]] erlassen wurde, gilt sie in allen [[EU-Mitgliedstaaten]]. Dies vermeidet [[Anreiz]]e für Kreditinstitute, sich in einem EU-Land mit weniger strikter Regulierung niederzulassen (''regulatorische Arbitrage'').<ref>{{Literatur |Autor=Detlef Hellenkamp |Online={{Google Buch |BuchID=jEbgCQAAQBAJ |Seite=82}} |Titel=Bankwirtschaft |Verlag=Springer |Datum=2015 |Seiten=82}}</ref>

== Siehe auch ==
* [[Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (Marktinfrastrukturverordnung)]]

== Literatur ==
* Beck, Samm, Kokemoor: ''Gesetz über das Kreditwesen''. 170. Erg.lfg., März 2014
* Leo W. Chini, Martin Oppitz: ''BWG, CRR. Band II: EU-Bankenaufsichtsverordnung.'' [[Linde Verlag]], 2. Auflage 2018. ISBN 978-3-7073-3799-0.

== Weblinks ==
* {{EU-Verordnung|2013|575|titel=über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 |abruf=2018-12-21}}. In: ''[[EUR-Lex]].''
* [http://ec.europa.eu/finance/bank/regcapital/legislation-in-force/index_de.htm Mitteilung der EU-Kommission zum Inkrafttreten des Basel-III-Pakets]

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=w|GND=1069555282|LCCN=|NDL=|VIAF=}}

{{Rechtshinweis}}

[[Kategorie:Verordnung (EU)]]
[[Kategorie:Rechtsquelle (21. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Bankwesen]]
[[Kategorie:Risikomanagement (Bank)]]

Aktuelle Version vom 2. August 2021, 20:08 Uhr

Flagge der Europäischen Union

Verordnung (EU) Nr. 575/2013

Titel: Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
Kapitaladäquanzverordnung
Geltungsbereich: EWR
Rechtsmaterie: Finanzmarktrecht
Grundlage: AEUV, insbesondere Artikel 114
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Anzuwenden ab: 1. Januar 2014 (für Teile abweichendes Datum des Wirksamwerdens: 1. Januar 2014 (Art. 521.2), 31. Dezember 2014 (Art. 521.2.c), 1. Januar 2015 (Art. 521.2.a), 1. Januar 2016 (Art. 521.2.b))[1]
Fundstelle: ABl. L 176, 27. Juni 2013, S. 1–337
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung ist in Kraft getreten und anwendbar.
Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union

Die Kapitaladäquanzverordnung mit der Bezeichnung Verordnung (EU) Nr. 575/2013[1] ist eine im Bankwesen geltende EU-Verordnung, die im Rahmen von Basel III Vorgaben zur angemessenen Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen, Finanzholding-Gruppen und gemischten Finanzholding-Gruppen enthält und die in der bisherigen Solvabilitätsverordnung umgesetzten Einzelvorschriften übernimmt.

Die weitverbreitete Abkürzung CRR ist von der englischen Bezeichnung Capital Requirements Regulation abgeleitet. Der deutsche Gesetzgeber verwendet auch die Bezeichnung Kapitalanforderungsverordnung. Die Kapitaladäquanzverordnung ist seit dem 1. Januar 2014 in der Europäischen Union in Kraft.

Allgemeines

Basel III wurde auf europäischer Ebene durch zwei Rechtsakte umgesetzt. Einerseits mit der Eigenkapitalrichtlinie, der Richtlinie 2013/36/EU[2] vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (häufig mit der Abkürzung CRD IV von englisch Capital Requirements Directive Number IV bezeichnet), andererseits mit der hier behandelten Verordnung Kapitaladäquanzverordnung, der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Die Eigenkapitalrichtlinie und die Kapitaladäquanzverordnung werden zusammengefasst auch als „CRD-IV-Paket“ bezeichnet.

Die Kapitaladäquanzverordnung ist unmittelbar in Deutschland geltendes Recht. Hierfür mussten sowohl im Kreditwesengesetz (KWG) als auch in weiteren Gesetzen und Rechtsverordnungen die der Kapitaladäquanzverordnung widersprechenden oder entgegenstehenden nationalen Vorschriften entfernt werden. Dies erfolgte durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz). So erfolgte eine Neufassung der Solvabilitätsverordnung (SolvV) sowie der Großkredit- und Millionenkreditverordnung (GroMiKV). In § 64r KWG sind wichtige Übergangsvorschriften zur CRD-IV-Umsetzung enthalten.

Inhalt

Die Kapitaladäquanzverordnung richtet sich in erster Linie an die beaufsichtigten Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die in Artikel 4 definiert und unter dem Oberbegriff „Institute“ zusammengefasst werden. Außerhalb des Verordnungstextes wird auf diese Begriffsdefinitionen oft unter den Bezeichnungen „CRR-Kreditinstitut“, „CRR-Wertpapierfirma“ und „CRR-Institut“ Bezug genommen. In § 1 Abs. 3d KWG wurden diese Begriffe an Stelle von Einlagenkreditinstitut und Wertpapierhandelsunternehmen ab Januar 2014 übernommen. Zu den CRR-Kreditinstituten gehören alle Universal-, Spezial- sowie Großbanken und sonstigen Kreditinstitute wie Auto-, Teilzahlungs- und Konzernbanken, sofern auf sie nicht das „Konzernprivileg“ des § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG zutrifft. Für CRR-Wertpapierfirmen verweist Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 auf die Legaldefinition des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 Richtlinie 2004/39/EG. Sie sind keine Kreditinstitute im Rechtssinne. Auf sie sind einige Bestimmungen der Kapitaladäquanzverordnung nicht anwendbar.

Ebenfalls in Artikel 4 gibt die Kapitaladäquanzverordnung zahlreiche Legaldefinitionen bankrechtlicher Begriffe (Artikel 4 Abs. 1), teilweise durch Verweis auf Legaldefinitionen in anderen EU-Verordnungen. Definiert wird unter anderem Kreditinstitut (Artikel 4 Abs. 1 Nr. 1), Finanzholding-Gesellschaft (Nr. 20), Gruppe verbundener Kunden (Nr. 39), Finanzinstrument (Nr. 50), operationelles Risiko (Nr. 52), Besicherung mit Sicherheitsleistung (Nr. 58), Verbriefung (Nr. 61), Beleihungswert (Nr. 74), Eigenmittel (Nr. 118) oder Haftungsverbund (Nr. 127). Der evolutive Charakter dieser Verordnung ermöglicht es Instituten, in Bezug auf das Kreditrisiko zwischen drei Ansätzen unterschiedlicher Komplexität zu wählen. Um insbesondere kleinen Instituten die Möglichkeit zu bieten, sich für den risikosensitiveren IRB-Ansatz zu entscheiden, sind die einschlägigen Bestimmungen so auszulegen, dass Forderungsklassen alle Risikopositionen einschließen, die ihnen in dieser Verordnung direkt oder indirekt zugeordnet werden.

Die Kapitaladäquanzverordnung regelt insbesondere die Höhe und die Anforderungen an die aufsichtsrechtlich bereitzuhaltenden Eigenmittel (Artikel 25–91), die Eigenmittelunterlegung von bankaufsichtlich definierten und gewichteten Risiken, die Offenlegung dieser Eigenmittel und der Risiken im Rahmen der so genannten Säule III, die eigenmittelbezogenen Risikovorschriften (Artikel 107 ff.), die Berücksichtigung von Kreditsicherheiten (Artikel 194–217), die Großkredit­vorschriften (Artikel 387 ff., 507), die Liquiditäts­vorschriften (Artikel 411 ff.), die Offenlegungspflichten (Artikel 431 ff.), das operationelle Risiko (Artikel 446) und enthält Vorgaben zur künftigen Ausgestaltung einer Verschuldungsquote (Leverage Ratio; Artikel 429, 430, 499, 511). Daneben lässt die Verordnung zur Abwehr makroprudenzieller Risiken (Risiken des gesamten Finanzsystems) die Verschärfung bestimmter Regelungen (Artikel 458, 459, 513) zu und enthält zahlreiche Übergangsvorschriften (Artikel 465 ff.), mit denen es den Instituten erleichtert wird, die neuen Eigenkapitalanforderungen nebst Abzugsregelungen zu erfüllen.[3]

Die Kapitaladäquanzverordnung lässt für verschiedene Regelungen einen Gestaltungsspielraum, den die alte Solvabilitätsverordnung vor allem für die internen Ansätze zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen ausgeschöpft hatte. Dies betrifft insbesondere die Ausführungsbestimmungen zu den Zulassungsverfahren für auf internen Ratings basierende Ansätze, Marktrisiko­modelle, interne Modelle zur Berechnung der Kontrahentenrisiken sowie fortgeschrittene Messansätze für operationelle Risiken. Dabei wurden die Regelungen so gefasst, dass die bislang in der Solvabilitätsverordnung getroffenen nationalen Konkretisierungen zu den Vorgaben der aktuell noch geltenden CRD nach Möglichkeit beibehalten werden. Damit hält sich auch der Anpassungsaufwand der Institute für die Umsetzung der neuen Vorschriften in Grenzen.[4]

Einen wesentlichen Regelungsinhalt der Kapitaladäquanzverordnung bilden die Mindesteigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken. Der durch Eigenmittel abzudeckende Gesamtforderungsbetrag aller Risikopositionen ist nach Art. 92 Abs. 1 weiterhin auf das 12,5-Fache des Eigenkapitals begrenzt, doch sind frühere Anrechnungserleichterungen entfallen oder wurden verschärft. Eine Rating­pflicht ist für alle Risikopositionen vorgesehen, denn Artikel 144 Nr. 1a verlangt eine aussagekräftige Beurteilung jedes Schuldners, wobei ein Ratingsystem den Risikomerkmalen von Schuldner und Geschäft Rechnung tragen muss (Artikel 170 Nr. 1) und bei Kreditgenehmigungen jedem Schuldner ein Rating zuzuordnen ist (Artikel 172 Nr. 1a). Der sich aus dem Rating ergebende Ratingcode bildet die Grundlage der Risikogewichtung einer Risikoposition. Je schlechter der Ratingcode, desto höher ist das Risikogewicht eines Finanzinstruments; damit wird das höhere Kreditrisiko berücksichtigt. Die Kreditinstitute haben folgende drei Risikoparameter zur Messung der Kreditrisiken zu berechnen:

Alle drei Parameter sind hypothetische Größen, die auf stochastischen Wahrscheinlichkeiten beruhen und den Banken sowie der Bankenaufsicht als Indikatoren zur Erkennung des Risikoniveaus dienen. Die Kapitaladäquanzverordnung führt diese drei Risikoparameter weiter fort, bringt jedoch restriktivere Kontingentierungen mit sich.

Die Kapitaladäquanzverordnung wird ergänzt durch mehr als 100 technische Regulierungsstandards, technische Durchführungsstandards und Leitlinien, die von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde erarbeitet und von der Europäischen Kommission als ebenfalls unmittelbar anwendbare EU-Verordnungen erlassen werden.

Geltung in Europa

Da die Kapitaladäquanzverordnung als EU-Verordnung erlassen wurde, gilt sie in allen EU-Mitgliedstaaten. Dies vermeidet Anreize für Kreditinstitute, sich in einem EU-Land mit weniger strikter Regulierung niederzulassen (regulatorische Arbitrage).[5]

Siehe auch

Literatur

  • Beck, Samm, Kokemoor: Gesetz über das Kreditwesen. 170. Erg.lfg., März 2014
  • Leo W. Chini, Martin Oppitz: BWG, CRR. Band II: EU-Bankenaufsichtsverordnung. Linde Verlag, 2. Auflage 2018. ISBN 978-3-7073-3799-0.

Einzelnachweise

  1. a b Verordnung (EU) Nr. 575/2013, abgerufen am 30. Juni 2017. In: EUR-Lex.
  2. Richtlinie 2013/36/EU
  3. Bundesfinanzministerium vom 21. Oktober 2013, Basel III – ein Meilenstein im Bankenaufsichtsrecht
  4. Deutsche Bundesbank: Die Umsetzung von Basel III in europäisches und nationales Recht, Monatsbericht Juni 2013, S. 71 f.
  5. Detlef Hellenkamp: Bankwirtschaft. Springer, 2015, S. 82 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).