Gleitschirmfliegen

Gleitschirm im Flug
Über dem Stubaital

Die Luftsportart Gleitschirmfliegen bezeichnet das Gleitsegeln mit einem Gleitschirm. Die oft synonym verwendeten Begriffe Gleitsegeln, Gleitsegelfliegen oder Paragleiten sind in der Definition weniger genau.

Geschichte

Das Gleitschirmfliegen begann 1965 mit dem Sailwing von David Barish. Dieser bezeichnete diese neue Sportart als Slope Soaring stieß damit aber nur auf geringe Resonanz (siehe dazu auch Gleitsegeln).

Die Entwicklung des Gleitsegelns brach damit aber nicht ab, sondern setzte sich nun unter Verwendung von geeigneten Flächenfallschirmen vorübergehend eben nur als Spezialdisziplin des Fallschirmsports fort. Entscheidenden Anteil daran haben nicht zuletzt die bekannteren Veröffentlichungen von Dan Poynter anfangs der 1970er Jahre, in denen er auch Slope Soaring und Paragliding beschrieb und 1974 schließlich Parasailing sogar in einem Lehrbuch propagierte. Eine echte Schlüsselrolle kommt speziell diesem Buch allerdings nicht mehr zu, denn bereits spätestens ab 1972 war die Idee des Gleitsegelns in Deutschland und Österreich vertreten und die ersten entsprechenden Flüge fanden auch in Europa bereits vor 1974 statt.

Bei diesem sogenannten Bergfliegen erfolgten Starts wegen der geringen Gleitleistung der verwendeten Flächenfallschirme vornehmlich in steilem Gelände, so etwa von der Skiabfahrt in Kitzbühel, vom Tegelberg, vom Säntis und an ähnlich steilen Bergen. Die damaligen Flüge waren im wesentlichen auf schnelles Hinabfliegen ins Tal begrenzt. „Kontrollierte Abstürze“, wie es häufig benannt wurde, waren diese Flüge jedoch nicht. Die verwendeten Flächenfallschirme waren zum damaligen Zeitpunkt bereits weitgehend ausgereifte und gut steuerbare Systeme. Von der Verarbeitung und von ihren grundsätzlichen flugtechnischen Eigenschaften her, zumindest unter Sicherheitsaspekten den folgend ab anfangs der 1980er Jahre erneut speziell entwickelten „Gleitschirmen“, waren sie sogar noch eine ganze Weile überlegen. Starts waren mit den ersten Gleitschirmen noch eine „Herausforderung“ und sowohl Gleitzahlen, wie Sinkraten bergfliegender Fallschirme und erster Gleitschirme waren durchaus vergleichbar (Gleitverhältnis ca. 1:3, Sinkraten ca. 3 Meter pro Sekunde).

Erst mit der erfolgreichen technischen Weiterentwicklung der speziell auf die Verwendung des Gleitsegelns zugeschnitten Gleitschirme setzte sich das Gleitschirmfliegen schließlich als eigene Sportart durch - fast so, wie es sich Barish schon 1965 unter seinem Begriff Slope Soaring vorgestellt hatte.

Zum weiteren geschichtlicher Hintergrund siehe die Artikel Gleitsegel und Gleitsegeln.

Ausrüstung

Der Gleitschirm

Schematischer Aufbau eines Gleitschirms

Hauptartikel: Gleitschirm

Zur Ausrüstung eines Gleitschirmpiloten gehört natürlich in erster Linie der Gleitschirm. Dieser besteht aus einer sog. Kappe, die durch Leinen mit dem Gurtzeug verbunden ist.

Die Kappe besteht aus einer zweilagigen Tragfläche (Ober- und Untersegel) aus Nylon-Stoff in Ripstop-Technik, das für eine bessere Luftundurchlässigkeit zusätzlich beschichtet ist, häufig auf Silikonbasis. Dies schützt das Material gegen mechanische Beanspruchung und UV-Licht-bedingte Alterung. Zur besseren Formgebung ist die Kappe durch Profilteile in viele Kammern unterteilt, welche in Flugrichtung angeordnet und an der Hinterkante verschlossen sind. Dies verleiht den Gleitschirmen zusammen mit der von vorne einströmenden Luft das notwendige Flügelprofil.

Von der Segelunterseite führen Fangleinen in mehreren Ebenen herab zu den Tragegurten. Eingesetzt werden hierfür zumeist dünne, mit Nylon ummantelte Aramid- oder Dyneema-Fasern mit einer hohen Reißfestigkeit.

Das Gurtzeug

Hauptartikel: Gurtzeug

Das Gurtzeug ist der Sitz, mit dem der Pilot mit dem Gleitschirn verbunden ist. Mittels Karabinerhaken werden die Tragegurte des Schirms angehängt. Hinter und unter dem Sitz verbirgt sich ein Protektor in Form eines Schaumstoffkissens oder Airbag, der unsanftes Aufsetzen auf dem Boden mildert und Verletzungen vorbeugt. Im Weiteren besteht die Ausrüstung aus einem Rettungsfallschirm, der als Rettungsgerät bei nicht mehr fliegbarem Hauptschirm fungiert. Dieser ist meist im Rückenteil des Gurtzeugs oder an der Seite angebracht.

Technische Hilfsmittel

Viele Gleitschirmpiloten haben als technische Hilfsmittel ein Vario zur Höhenkontrolle dabei, einige nutzen auch ein GPS zur Positionsbestimmung. Inzwischen haben sich auf dem Markt Kombinationsgeräte etabliert, die beide Funktionen vereinen.

Manche Piloten führen zusätzlich ein Funkgerät mit. Dieses dient meist der privaten Kommunikation, Flugfunk ist bei dieser Art von Fliegerei nicht vorgeschrieben.

Bekleidung

Zur Bekleidung werden gerne warme, winddichte Textilien (z. B. Gore-Tex) verwendet, da es mit zunehmender Flughöhe kälter wird. Schuhe mit hohem Schaft als Knöchelschutz und ein obligatorischer Helm gehören ebenso zur Ausrüstung, wie ein Paar Handschuhe zum Schutz der Finger beim Hantieren mit den Leinen.

Starten, Fliegen und Aufdrehen

Rückwärtsstart in Fiesch

Starten

Gestartet werden Gleitschirme von Bergen oder Hügeln oder durch Windenschlepps. Dafür gibt es zwei verschiedene Starttechniken:

Vorwärtsstart (auch Alpinstart genannt)
Der Pilot steht entgegen der Windrichtung, den Gleitschirm hinter sich und läuft langsam los. Durch den Zug an den vorderen Tragegurten über die Leinen wird das Segel mit Luft gefüllt, der Gleitschirm formt sich zu einem Flügel mit aerodynamischem Profil und steigt über den Piloten. Ein Kontrollblick zeigt ihm, ob die Kappe sauber über ihm steht und keine Leinen verheddert sind. Nun beschleunigt der Pilot weiter durch Vorwärtslaufen. Ab einer Geschwindigkeit (gegenüber der Luft) von ca. 15 km/h fängt der Schirm an zu tragen und hebt den Piloten in die Luft.

Rückwärtsstart
Hier steht der Pilot mit dem Gesicht zum Gleitschirm, den Aufwind im Rücken. Durch einen Zug an den vorderen Leinen beginnt die Gleitschirmkappe nun wie beim Vorwärtsstart über den Piloten zu steigen. Hat die Kappe den Scheitelpunkt erreicht, muss der Pilot sich ausdrehen, damit er gegen den Wind loslaufen und abheben kann.

Bei dieser Startmethode ist es für den Piloten einfacher, das Steigen der Kappe zu kontrollieren und Korrekturen durchzuführen. Dadurch empfiehlt sich diese Technik insbesondere bei stärkeren Windverhältnissen. Dagegen würde bei schwachem Wind genügend Gegenwind zum Füllen der Kappe fehlen - der Pilot müsste dies durch Rückwärtslaufen kompensieren.

Steuern

Gesteuert wird der Gleitschirm durch eine rechte und linke Steuerleine (auch Bremsleinen genannt), die über fächerförmige Verzweigungen mit der Hinterkante des Gleitsegels verbunden sind. Zieht der Pilot an einer dieser Steuerleinen, wird der Gleitschirm einseitg angebremst und lenkt in Richtung der angebremsten Seite in eine Kurve. Eine Verlagerung des Gewichts zur kurveninneren Seite unterstützt das Einleiten einer Kurve zusätzlich.

Bremsen

Ein beidseitiges Ziehen dieser Steuerleinen bewirkt ein Abbremsen des Fluggerätes. Dies wird insbesondere beim Starten und Landen sowie zum Erreichen des geringsten Sinkens eingesetzt. Ein weiterer positiver Effekt beim Anbremsen ist die höhere Stabilität der Gleitschirmkappe. Daher wird bei turbulenten Verhältnissen der Schirm meistens leicht angebremst geflogen.

Ein Gleitschirm kann aber nicht beliebig langsam geflogen werden. Ein zu starkes Anbremsen des Schirmes führt zu einem Strömungsabriss an der Tragfläche, einem sogenannten Stall.

Beschleunigen

Durch ein fußgesteuertes Seilzugsystem, den Beschleuniger oder mit den Händen bediente Trimmer, kann der Pilot den Anstellwinkel des Gleitschirms beeinflussen. Durch das Betätigen dieser Vorrichtung wird die „Nase“ nach unten gezogen. Der kleinere Anstellwinkel zur anströmenden Luft bewirkt neben der erhöhten Vorwärtsgeschwindigkeit ein stärkeres Sinken sowie eine erhöhte Dynamik des Schirms bei Luftturbulenzen.

Der Beschleuniger wird eingesetzt, um Gebiete mit sinkenden Luftmassen schnell durchqueren zu können (Beispielsweise bei Fallwinden), um bei starkem Gegenwind nicht nach hinten abgetrieben zu werden, oder um Talquerungen schneller absolvieren zu können. Weiter hilft die erhöhte Vorwärtsgeschwindigkeit, ein Gebiet schneller nach Aufwinden absuchen zu können.

Aufdrehen

Wie bei Segelflugzeugen können diese Fluggeräte unter Ausnutzung von Thermik (in der Pilotensprache Schlauch oder Bart) Höhe gewinnen. Mit dieser kann nun ein weiterer Bart im Gleitwinkelbereich, sprich im Umkreis von 1 - 3 km angeflogen werden. Die mögliche Flugdistanz ist abhängig von der Windstärke, der Höhe der umliegenden Berge und der Gleitleistung des Fluggeräts. Diese Flugart bezeichnet man als Thermikfliegen.

Eine weitere Spielart wird Soaren genannt. Hierbei werden dynamische Aufwinde, die durch Winde an Hindernissen wie Bergflanken oder Steilküsten entstehen, zum Höhengewinn ausgenutzt.

Bei geeigneter Anwendung und Kombination dieser Techniken können größere Strecken (siehe Rekorde) zurückgelegt werden.

Aufwinde können bis zur Wolkenuntergrenze, der Basis, ausgenutzt werden. Nach ICAO-Luftrecht darf bis maximal 3.048 Meter über Normalnull (= FL 100), in speziellen Zonen (z. B. in den Schweizer Alpen am Wochenende) bis max. 5.600 m aufgestiegen werden. Der Luftraum darüber ist Flügen nach Instrumentenflugregeln (IFR) vorbehalten, für den Gleitschirme nicht zugelassen sind.

Gefahren

Laut amtlichen Statistiken ist es heute wahrscheinlicher, dass ein Fußgänger beim Überqueren der Straße verletzt wird, als dass man sich beim Ausüben dieses Sports eine schwere Verletzung zufügt. So gilt heute Gleitschirmfliegen im Gegensatz zu vielen Trendsportarten nicht als Risikosportart und wird daher beispielsweise in der Schweiz von der normalen Unfallversicherung abgedeckt.

Dies soll nicht heißen, dass Gleitschirmfliegen völlig ungefährlich wäre. Entscheidend ist hier der Umgang mit den potenziellen Gefahren. Deshalb gehören Gerätekunde und Meteorologie zu den wichtigen Bereichen der Ausbildung. Die Gefahren und deren Erkennung werden regelmäßig thematisiert:

  • Eine Hauptgefahr besteht in dem Zusammenklappen der Gleitschirmkappe in der Luft. Da sie nur aus Tuch und Leinen besteht und keine starren, formerhaltende Bauteile enthält, können heftige Turbulenzen zu einem teilweisen oder vollständigen Strömungsabriss mit schnellem Höhenverlust führen. Im Gegensatz zu anderen Fluggeräten führt dies jedoch nicht zu einem Geräteschaden, sondern nur zu einer temporären Deformation. Diese Klapper können vom Piloten aber bereits im Anfangsstadium durch einen angepassten Flugstil abgefangen werden, bei dem zur Stabilisierung der Kappe leicht angebremst geflogen wird. Weiter ist eine überlegte Flugroutenwahl zur Vermeidung von turbulenten Bereichen hilfreich.
  • Ein Pilot sollte ferner über die meteorologischen Bedingungen während seines Fluges informiert sein. Dazu gehören die Kenntnis über Windstärke und -richtung überregionaler Windströmungen sowie die lokalen Windbedingungen, wie zum Beispiel Talwinde. Andernfalls könnte er in die turbulenten Bereiche der Lee-Seite eines Berges oder eines anderen Hindernisses abgetrieben werden.
    Ebenfalls wichtig ist, die Thermik-Entwicklung im Auge zu behalten. Dazu gehört vor dem Flug das Studium der entsprechenden Flugwetterberichte sowie während des Fluges ein kontinuierliches Beobachten der Situation. Bei Nichtbeachten kann es sein, dass der Gleitschirmpilot in eine Cumulonimbus-Wolke eingesogen oder von starken Böen durch Kaltluftausflüssen solcher Wolken überrascht wird.
    Bei zweifelhaften Bedingungen ist auf einen Start zu verzichten.
  • Hindernisse wie Stromleitungen oder nicht markierte Seile einer Seilbahn können ebenso zu einer Gefahr für den Piloten werden, da sie aus der Luft schlecht erkennbar sind.
  • Kollisionen mit anderen Fluggeräten sind selten zu verzeichnen. Hierfür gibt es international festgelegte Vorflug- und Ausweichregeln.

Ausbildung und Lizenz

In den meisten Ländern Europas sowie Nord- und Südamerikas ist eine Ausbildung mit abschließender Lizenz zum Gleitschirmfliegen vorgeschrieben. Diese Lizenz wird durch eine staatliche Stelle, respektive einer von ihr bezeichneten Prüfungsstelle geprüft und vergeben. Die Ausbildung erfolgt in der Regel über eine Flugschule.

Verglichen mit anderen Flugsportarten ist der Einstieg ins Gleitschirmfliegen günstig: Ausbildung und eine gebrauchte Komplett-Ausrüstung kosten zusammen ca. 4.000 - 5.000 Euro bzw. bei einer neuen Ausrüstung ca. 6.500 Euro. Dazu kommen - je nach Intensität der Ausübung - noch die Kosten für die Anfahrt zum Startplatz (Auto/Bergbahn) und die Fahrt nach Hause, sofern das Fluggebiet nicht vor der Haustür liegt.

Deutschland / Österreich

Gleitschirmflieger am Wallberg

Die Ausbildung beginnt mit einer theoretischen Einweisung und einfachen Startübungen (Aufziehen) in einem Grundkurs. Nach drei bis sieben Tagen und 20 Flügen mit einer Höhendifferenz von 40 bis 100 Metern zwischen Start- und Landeplatz kann man einen Lernausweis erhalten.

Der nächste Schritt ist die Höhenflugausbildung mit einer theoretischen Ausbildung in den Fächern Luftrecht, Meteorologie, Gerätekunde und Verhalten in besonderen Fällen im Umfang von 20 Unterrichtsstunden und 40 Flügen mit verschiedenen Übungen im praktischen Teil. Dabei wird unter Aufsicht von zwei Fluglehrern die Höhendifferenz schrittweise auf über 500 Meter gesteigert. Insgesamt sind 30 Flüge mit einer Höhendifferenz von mindestens 300 m und 10 Flüge mit einer Differenz von mindestens 500 m gefordert. Nach erfolgreich bestandener theoretischer und praktischer Prüfung erhält der Pilot den beschränkten Luftfahrerschein für Luftsportgeräteführer, auch A-Schein genannt. In Österreich heißt diese Lizenz Sonderpilotenschein, oder kurz „SoPi“.

Mit dem A-Schein in der Tasche darf der Pilot von einem Startplatz starten und auf einem der zugehörigen Landeplätze landen.

Nach einem Jahr Wartezeit und vertiefender Ausbildung in den Fächern Navigation, Luftrecht, Meteorologie kann die theoretische Prüfung zum unbeschränkten Luftfahrerschein (auch B-Schein genannt) abgelegt werden. Sie soll dem Piloten das Rüstzeug für Überlandflüge mitgeben. Für die Erweiterung der Lizenz müssen zusätzlich 20 von einer Flugschule bestätigte Alleinflüge absolviert werden, die einen Höhenunterschied von mehr als 500 Metern sowie eine Flugzeit länger als 30 Minuten aufweisen. Flugübungen sowie ein 10 Kilometer weiter Überlandflug unter Aufsicht eines Fluglehrers gehören ebenso zur Praxisausbildung.

Mit dieser Lizenz darf der Pilot offiziell Streckenflüge mit beliebigem Landeplatz (auch Außenlandungen) durchführen. Bei österreichischen Fluglizenzen wird in den Sonderpilotenschein der Zusatz Überlandberechtigung eingetragen.

In Deutschland müssen Start- und Landeplätze durch den Deutscher Hängegleiter-Verband als vertretende Behörde zugelassen sein. In anderen Ländern reicht eine Einwilligung des Grundeigentümers für eine Starterlaubnis.

Schweiz

Erste Schritte werden unter Aufsicht eines Fluglehrers an einem Übungshang gemacht. Hier wird das Boden- und Starthandling des Schirms geübt und bei den ersten Hüpfern auch die grundlegenden Steuermanöver geübt. Danach beginnt die Schulung durch die Höhenflüge. Damit sind Flüge gemeint, die eine Höhendifferenz zwischen Start- und Landeplatz von mehr als 200 Metern aufweisen.

Parallel dazu erfolgt die in fünf Bereiche gegliederte theoretische Ausbildung, zu welcher eine Prüfung abgelegt werden muss. Hierbei handelt es sich um Material- und Wetterkunde, Fluglehre und -praxis, sowie um die diesbezügliche Gesetzgebung. Nach der theoretischen erfolgt die praktische Prüfung, an der innerhalb von maximal drei Flügen das Beherrschen des Fluggeräts bei Start, definierten Flugmanövern und der Ziellandung innerhalb eines definierten 20-Meter-Kreises gezeigt werden muss.

Nach diesen beiden Prüfungen, die der Schweizerische Hängegleiter Verband im Auftrag des Bundesamtes für Zivilluftfahrt durchführt, darf man in der Schweiz einen Einzelplatz-Gleitschirm ohne Einschränkungen bezüglich Start- und Landeplatz oder Flugdistanz fliegen. Lediglich für Biplace-Gleitschirme ist eine weitere, strenge Prüfung notwendig.

Andere Länder

Einige Länder verfahren nach dem Motto des „Vol Libre“, übersetzt „Freies Fliegen“. Ausbildungsvorschriften und Lizenzen sind nicht vorhanden oder nicht erforderlich. Dennoch ist eine fundierte Ausbildung für die Ausübung dieses Sports angebracht. Die Flugschulen orientieren sich dabei gerne an den Vorgaben und Erfahrungen der oben genannten Länder.

Wettkampf

Der Gleitschirmsport wird in verschiedenen Disziplinen ausgeübt und unter der Aufsicht der FAI durchgeführt:

Für bekannte Gleitschirmpiloten in diesen Wettkämpfen siehe Liste der Gleitschirmpiloten.

Rekorde

Faszination

Abheben in die Natur!

Trotz mancher Kritik geht von dieser Luftsportart eine hohe Faszination aus; manche Piloten sprechen gar von einem „Suchtpotential“. Gleitschirmfliegen ist die einfachste Art, die Welt aus der Vogelperspektive zu betrachten. Dies gilt sowohl für ausgebildete Piloten als auch für einen mitfliegenden Passagier in einem Biplace (Tandemschirm).

Die meisten Piloten begründen ihr Hobby mit der unmittelbaren Nähe zur Natur, ohne „Blech und Glas“ um sich herum den Wind im Gesicht zu spüren, sich lautlos von der Kraft der Natur in die Höhe tragen zu lassen.

Dieser Sport bietet ihnen auch verschiedene Facetten: Manche begnügen sich mit einfachen Gleitflügen über die Landschaft im Winter oder in ruhiger Morgenluft. Andere mögen lieber „sportlichere“ Bedingungen bei Thermik, um „auf Strecke“ zu gehen. Wieder andere geben sich puristisch dem Biwakfliegen hin oder finden als Gleitschirm-Akrobaten ihr Betätigungsfeld.

Weitere Gründe, die von begeisterten Gleitschirmpiloten angeführt werden, sind:

  • Man kann mit vergleichsweise geringem technischen und finanziellem Aufwand die dritte Dimension erobern.
  • Die Umwelt wird durch das Fliegen in dieser Form nicht durch Emissionen beeinträchtigt.
  • Start- und Landeplätze benötigen wenig Platz - eine kleine (am besten gemähte) Wiese reicht zum Starten und Landen aus.
  • Einfacher Transport des Fluggerätes - zusammengefaltet umfasst eine gewöhnliche Ausrüstung das Volumen eines etwas größeren Rucksackes und wiegt ca. 12-18 kg. So lässt sich das Fluggerät an jeden beliebigen Ort tragen.
  • Selbst „unsportliche“ Menschen können diesen Sport erlernen und ausüben.
  • Man kann dieses Hobby sowohl allein als auch in einem Verein betreiben. So gibt es in Deutschland ca. 350 und in der Schweiz über 100 Gleitschirmclubs, die die Organisation der Fluggelände und gesellige Aktivitäten übernehmen.

Interessanterweise muss man zum Gleitschirmfliegen nicht schwindelfrei sein. Möglicherweise hängt dies mit der abstrakt wirkenden, weit entfernten Aussicht zusammen.

Gleitschirm und Umwelt

Der Gleitschirmsport ist ein sehr naturnaher und umweltfreundlicher Sport, da er selbst keinen Lärm oder Abgase produziert. Dennoch stehen ihm vor allem Jäger und Landschaftschutzbehörden kritisch gegenüber. An vorderer Front wird das Argument angeführt, dass Rot- und Steinwild die großen fliegenden Geräte für Raubvögel halten und dadurch fliehen würden. Eine langfristige und unabhängige wissenschaftliche Untersuchung der Universität Bern am Augstmatthorn im Berner Oberland [3] hat inzwischen gezeigt, dass gewisse Probleme durch die Freizeitgesellschaft als Gesamtes durchaus bestehen, jedoch der Anteil des Flugsports daran sehr gering ist. Hier üben Wanderer, Mountainbiker und andere alpine Freizeitaktivitäten durch ihre Nähe einen weit grösseren Druck auf das Verhalten der Tiere aus. Weitere Studien im Auftrag des DHV zeigen gleiche Ergebnisse.

Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen Fluggeräten

Fallschirm

Fallschirme sind dem Gleitschirm von Aussehen und Wahrnehmung in der Bevölkerung am ähnlichsten. Trotzdem sind beide Sportarten grundverschieden: Während beim Fallschirmspringen der Schirm „nur“ ein Mittel ist, um schadlos aus dem freien Fall zu Boden zu kommen, ist er beim Gleitschirmfliegen die Hauptsache für die horizontale Fortbewegung.

Hängegleiter

Hängegleiter, auch Drachenflieger genannt, blicken auf eine ähnliche Geschichte zurück, wie der Gleitschirm. Auch der Flugstil in Form von Thermikfliegen und Soaren gleichen sich.

Aber in ihrer Entstehung, Bauart und Steuerung differenzieren sie sich sehr. Während man in einem Gleitschirmgurtzeug sitzt, hat man unter einem Hängegleiter eine auf dem Bauch liegende Position. Piloten sprechen von einem Fluggefühl eines Vogels. Weitere Unterschiede liegen in der wesentlich höheren Fluggeschwindigkeit, der besseren Gleiteigenschaften und größeren Resistenz des Fluggeräts gegenüber Turbulenzen und Starkwind. Dafür benötigen sie allerdings größere, hindernisfreie Flächen für die Landung.

Weil Handhabung und vor allem Transport beim Gleitschirm wesentlich einfacher sind als beim Hängegleiter, haben sich im Laufe der Zeit viele Hängegleiterpiloten dem Gleitschirmsport zugewandt. Piloten, die heute beide Sportarten nebeneinander ausüben sind selten, da für eine gute Gerätebeherrschung ein Minimum an Flugpraxis notwendig ist.

Segelflugzeug

Auch Segelflieger nutzen die gleichen Aufwinde, wie die vorgenannten Fluggeräte. Aber durch ihre aufwendige Bauart und Steuerung mittels Höhenruder und Leitwerk sind sie grundverschieden. Ihre Leistungsdaten bezüglich Fluggeschwindigkeit, Gleitleistung und Flugdistanzen sind bedeutend besser als beim Gleitschirm. Dafür gelingt es mit Gleitschirmen besser, schwache Hangaufwinde und enge, im Sinne von räumlich begrenzten, Thermikbärte „auszukurbeln“.

Segelflugzeuge sind zum Teil für den Instrumentenflug zugelassen, was Gleitschirm- und Hängegleiterpiloten nicht erlaubt ist. Dadurch können Segelflugzeuge auch die schnellen Höhenwinde jenseits von 5.000 Meter über Normalnull und Föhnwellen für ihre Flüge nutzen.

Literatur

  • Peter Janssen, Karl Slezak, Klaus Tänzler: Gleitschirmfliegen - Theorie und Praxis, Nymphenburger Verlag 2005 ISBN 3-48500-899-0
  • Thomas Ulrich, Rasso Knoller, Claudia Frühwirth: Gleitschirmfliegen, Steiger Verlag 1999 ISBN 3-89652-166-7
  • Carsten Peter, Toni Schlager: Gleitschirmfliegen - Vom Anfänger zum Profi, Bruckmann Verlag 1992 ISBN 3-76542-455-2

Weblinks

Commons: Paragliding – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien