Lüssow (Gützkow)

Lüssow
Stadt Gützkow
Koordinaten: 53° 55′ N, 13° 30′ OKoordinaten: 53° 55′ 0″ N, 13° 30′ 0″ O
Höhe: 22 m ü. NN
Fläche: 8,32 km²
Einwohner: 173 (31. Dez. 2013)
Bevölkerungsdichte: 21 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2010
Postleitzahl: 17506
Vorwahl: 038353

Lüssow ist ein Dorf in der Mitte des Landkreises Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Seit dem 1. Januar 2010 ist die vormals selbständige Gemeinde ein Ortsteil der Gemeinde Gützkow. Der Ort hat 178 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2015).[1]

Herrenhaus Lüssow 2014

Geografie und Verkehr

Lüssow liegt etwa 15 Kilometer südlich von Greifswald und etwa sechs Kilometer südöstlich von Gützkow. Nördlich der Gemeinde verläuft die B 111, westlich die L 35 (früher B 96) und die A 20. Diese ist über die Anschlussstelle Gützkow (etwa sieben Kilometer) erreichbar. Durch den Süden der Gemarkung fließt die Peene.

Die Kirche mit Kirchhof nach der Rekonstruktion 2014

Geschichte

Archäologisch ist eine frühe Besiedlung von Ort und Umgebung bekannt. Nördlich und östlich sind spätslawische (1000 bis 1200) Siedlungen belegt.

Der Ort wurde erstmals 1228 als Lutzowe in einer Urkunde Herzogs Barnim I. von Pommern erwähnt. Der slawische Namen bedeutet „grimmiges Volk“. Erst 1597 wurde der aktuelle Name Lüssow urkundlich genannt.[2]

Im 15. Jahrhundert besaßen mehrere Familie Anteile in Lüssow, darunter die Owstin und Horn. Der in schwedischen Diensten stehende Berend Wulffradt gelangte 1645 auf 50 Jahre in den Pfandbesitz einiger Güter des Joachim Kuno von Owstin, die in Lüssow 18 Landhufen und den Hornschen Hof mit 2 Landhufen umfassten. Sein Sohn Hermann von Wolffradt kaufte 1670 die gepfändeten Güter und erweiterte seinen Anteil an Lüssow durch den Erwerb mehrerer Bauernhöfe.[3] Sein Sohn, der schwedische Generalleutnant Carl Gustav von Wolffradt (1672–1741), übernimmt den Güterkomplex mit Hauptsitz Lüssow, ihm folgt Hermann von Wolffradt, Kind aus der ersten Ehe. In diesem Zeitraum wurden verschiedene Nebengüter schon auf mehrere Erben verteilt. In der Genealogie geht der Besitz im Format des Minorats an dessen jüngsten Bruder Wilhelm von Wolffradt (1736–1819), verheiratet mit Elisabeth Henriette von Behr, königlich schwedischer Landrat, Kurator des Barth`schen Adligen Fräuleinstift. Auch er übergibt Lüssow an seinen jüngsten Sohn Gustav Gottfried Ludwig von Wolffradt, liiert mit Karoline von Voß-Ganzkow.[4]

Letzter Besitzer aus der männlichen Linie der Familie von Wolffradt war Hermann Wilhelm Carl Gustav von Wolffradt (1816–1841). Dieser verfügte testamentarisch 1839 vor dem Hofgericht Greifswald[5] die Einrichtung eines Familienfideikommiss, zu dessen Nutznießer er seinen Vetter Achim von Voß (1837–1904)[6] bestimmte. Dieser erhielt 1849 die Genehmigung und übernahm 1863 unter den Namen von Voß-Wolffradt die Bewirtschaftung des Gutes,[3] ließ 1867/1868 ein repräsentables Herrenhaus errichten. Die neuen Namensführung ging auf seine Großmutter mütterlicherseits zurück, auf Wilhelmine von Wolffradt. Die Familie mit dem Ursprung Voss wurde im Gegensatz zu den briefadeligen Wolffradt weiterhin dem Uradel zugerechnet. Gutserbe wurde der Rechtsritter des Johanniterordens, der Sohn des Vicco von Voss-Wolffradt (1871–1945), der wiederum erst 1905 die preußische Genehmigung zur Namen- und Wappenvereinigung erhielt. 1939 weist das letztmals amtlich publizierte Güter-Adressbuch Pommern für Lüssow 821 ha aus. Das Rittergut war ein großer Landwirtschaftsbetrieb, mit 630 Stück Schweinevieh und 420 Schafen. Es gab eine Fohlenzucht, Land-Bulldog kamen zum Einsatz. Der Waldbesitz betrug 126 ha.[7] Bis 1945 war Lüssow im Besitz dieser Familie von Voß-Wolffradt. Der letzte Besitzer Vicco von Voss-Wolffradt tötete nach kurzer auswegloser Flucht vor der Roten Armee seine Angehörigen und anschließend sich selbst.[8] Formell wurde noch der Sohn Achim von Voss Erbe, er verwaltete den Besitz schon einige Jahre. Dieser Voss trug den Beinamen von Wolffradt nicht mehr, womöglich im Grundgedanken, dass dies an der Ausübung an den Besitz geknüpft wäre. Er war mit der Tochter des Generalmajors Günther von Dewitz, mit Ilse von Dewitz genannt von Krebs verheiratet und lebte mit seiner Familie in Hessen.[9]

Nach dem Krieg kamen zahlreiche Flüchtlinge und Heimatvertriebene in den Ort, die oft nur notdürftig untergebracht werden konnten. 1946 wurde die Bodenreform durchgeführt. Ab 1949 wurde Neubauernhäuser errichtet. Der 1953 gegründete Örtliche Landwirtschaftsbetrieb ging 1955 in einer LPG auf. Ab 1960 war die Landwirtschaft in Lüssow voll genossenschaftlich. 1968 wurde ein Mehrzweckgebäude mit Konsumverkaufsstelle, Gemeindebüro, Versammlungs- und Essensraum errichtet. Die Pflanzenproduktion wurde 1973 an die KAP Gützkow, die Tierproduktion 1975 an die LPG (T) Gützkow angeschlossen.[10]

Nach Wende und Wiedervereinigung wurden 1991 die Landwirtschaftsbetriebe privatisiert. Zahlreiche Einwohner wurden arbeitslos. Bei verschiedenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Rahmen der Dorferneuerung wurde das Ortsbild saniert.[11] Dabei wurde auch das „Traditionelle Vorpommersche Landgut“ in den ehemaligen Guts- und LPG-Gebäuden eingerichtet. Fast die gesamte Sammlung aus dem Landwirtschaftsmuseum Züssow wurde hierher verlegt und präsentiert. Themenhallen, wie Milchwirtschaft, Kartoffelwirtschaft usw., sowie eine umfangreiche Sammlung von Landtechnik, darunter über 40 überwiegend fahrbereite Traktoren sind Bestandteil des Museums.

Die Gemeinde gehörte bis zum 31. Dezember 2004 zum Amt Gützkow, danach zum Amt Züssow. Mit Wirkung vom 1. Januar 2010 wurde sie nach Gützkow eingemeindet.[12] Letzter Bürgermeister war Andreas Klut.

2013 wurde das Schloss einschließlich der zugehörigen Ländereien (Park und Nebenflächen) an einen Investor verkauft.

Lüssow hatte am 31. Dezember 2014 konkret 182 Einwohner mit Hauptwohnung und 6 mit Nebenwohnung.[13] Lüssow konnte am 31. Dezember 2015 genau 172 Einwohner mit Hauptwohnung und 6 mit Nebenwohnung nachweisen.[1]

Sehenswürdigkeiten

  • Schloss im Neorenaissance aus dem Jahr 1867 (leerstehend)
  • Gutspark mit Teichen
  • Die Kirche Lüssow ist ein Backsteinbau, der vermutlich im 15. Jahrhundert entstand. Auffällig ist der Südturm aus dem Jahr 1878. Im Innern befindet sich unter anderem eine barocke Kirchenausstattung aus der Zeit um 1725.
  • „Vorpommersches Landgut“ Lüssow – Museum
  • Gemeindezentrum „Speicher“

Persönlichkeiten

Literatur

  • Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern und des Fürstentums Rügen, IV. Teil, Band II, W. Dietze, Anklam 1868, S. 136–216. Die einzelnen Ortschaften des Kirchspiels Gützkow.
  • Walter Ewert: Gützkow, die Grafenstadt an der Peene. Selbstverlag der Stadt Gützkow, Verlag Oehmke, Gützkow 1935. DNB
  • Werner Wöller: „Die Dörfer des Gemeindeverbandes“, Eigenverlag, Gützkow 1983.
  • Wolf-Dietrich Paulsen, Karl-Eberhard Wisselinck: Gützkow – 875 Jahre. MV-Verlag, Greifswald 2002.
  • Wolf-Dietrich Paulsen: „Chronik der Stadt Gützkow“ – Druckform von 1997 350 S., in: im Museum – Fortschreibung ab 1996 – 600 S. – Digitalisat im Museums-PC.
  • Manfred Niemeyer: Ostvorpommern. Quellen- und Literatursammlung zu den Ortsnamen. Bd. 2: Festland. (=Greifswalder Beiträge zur Ortsnamenkunde. Bd. 2), Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Institut für Slawistik, Greifswald 2001, ISBN 3-86006-149-6.

Einzelnachweise

  1. a b Amt Züssow, Einwohner des Amtsbereiches Züssow, Stand: 31. Dezember 2015.
  2. Manfred Niemeyer: Ostvorpommern. Quellen- und Literatursammlung zu den Ortsnamen. Bd. 2: Festland. (= Greifswalder Beiträge zur Ortsnamenkunde. Bd. 2), Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Institut für Slawistik, Greifswald 2001, ISBN 3-86006-149-6. S. 86
  3. a b Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. Teil 4, Bd. 2, W. Dietze, Anklam 1868, S. 517–526. (Google Books)
  4. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser. 1918. In: "Der Gotha" - Hofkalender. Zwölfter Jahrgang Auflage. Briefadelige Häuser nach alphabetischer Ordnung. W, Wolffradt. Justus Perthes, Gotha November 1917, S. 990–995 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 17. Februar 2022]).
  5. Carl Gesterding: Genealogien und beziehungsweise Familienstiftungen Pommerscher, besonders ritterschaftlicher Familien. Erste Sammlung. X. Die Familie von Wolffradt, Testament. G. Reimer, Berlin 1842, S. 234–243 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 17. Februar 2022]).
  6. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1903. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel). In: "Der Gotha" - Hofkalender. Vierter Jahrgang Auflage. Adelige Häuser nach alphabetischer Ordnung., Voß. Justus Perthes, Gotha 10. November 1902, S. 869–871 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 7. April 2022]).
  7. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen; nach amtlichen Quellen. In: H. Seeliger (Hrsg.): Letzte Ausgabe Paul Niekammer. 9. Auflage. Band I f. Ausgabe Pommern. Landkreis Greifswald, Reprint Klaus-D. Becker Potsdam. Verlag von Niekammer’s Adreßbüchern GmbH, Leipzig 1939, ISBN 978-3-88372-201-6, S. 68 (google.de [abgerufen am 17. Februar 2022]).
  8. Ortschronik Lüssow 1228–1945. (PDF; 33 kB) Abgerufen am 24. April 2013.
  9. Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Otto Reichert, Friedrich Wilhelm Frhr. v. Lyncker u. Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / A (Uradel/ vor 1400 nobilitiert). 1957. In: Deutsches Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA, von 1951 bis 2014; Nachfolge des Gotha, Vorgänger des GGH. Band III, Nr. 15. C. A. Starke, 1957, ISSN 0435-2408, S. 483–489 (d-nb.info [abgerufen am 17. Februar 2022]).
  10. Ortschronik Lüssow 1946–1989. (PDF; 15 kB) Abgerufen am 24. April 2013.
  11. Ortschronik Lüssow ab 1990. (PDF; 7 kB) Abgerufen am 24. April 2013.
  12. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2010
  13. Amt Züssow, Einwohner des Amtsbereiches Züssow, Stand: 31. Dezember 2014
  14. Gustaf Lehmann: Die Ritter des Ordens pour le mérite. In: S. M. (Hrsg.): RL. Erster Band. 1740–1811. Verleihungen durch Friedrich den Großen 1740–1786, Nr. 587. Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Berlin 1913, S. 100–101 (uni-goettingen.de [abgerufen am 17. Februar 2022]).

Weblinks