Flavonole

3-Hydroxyflavon – Grundgerüst der Flavonole

Die Flavonole sind eine Untergruppe sekundärer Pflanzenstoffe innerhalb der Stoffgruppe der Flavonoide. Die Flavonole besitzen im Unterschied zu den Flavonen, einer weiteren Untergruppe der Flavonoide, eine zusätzliche Hydroxygruppe in Position 3. Das Grundgerüst der Flavonole ist somit die Verbindung 3-Hydroxyflavon. Die einzelnen Flavonole unterscheiden sich voneinander durch das Substitutionsmuster des 3-Hydroxyflavon-Grundgerüsts mit Hydroxygruppen und durch die Art der weiteren Derivatisierung dieser hydroxylierten 3-Hydroxyflavone durch u. a. O-Alkylierung, meist in der Form von O-Methylierung und/oder durch die O-glycosidische Anbindung von Saccharid-Resten unter Bildung von Glycosiden.[1][2]

Nicht-glycosylierte Flavonole

Die häufigsten Flavonole sind Kaempferol, Quercetin, Isorhamnetin und Myricetin. Typisch für die gängigen Flavonole ist, dass neben der Position 3 auch die Positionen 5 und 7 am A-Ring Hydroxygruppen tragen. Bzgl. der Substitution des B-Rings ist die gleichzeitige Hydroxylierung der Positionen 3' und 4' am gängigsten gefolgt von der einfachen Hydroxylierung in Position 4'. Die typischsten Flavonole sind somit Quercetin und Kaempferol.[2]

Beispiele für Flavonole
NameCAS356782′3′4′5′6′
Azaleatin529-51-1OHOCH3HOHHHOHOHHH
Fisetin528-48-3OHHHOHHHOHOHHH
Galangin548-83-4OHOHHOHHHHHHH
Gossypetin489-35-0OHOHHOHOHHOHOHHH
Isorhamnetin480-19-3OHOHHOHHHOCH3OHHH
Kaempferid491-54-3OHOHHOHHHHOCH3HH
Kaempferol520-18-3OHOHHOHHHHOHHH
Morin480-16-0OHOHHOHHOHHOHHH
Myricetin529-44-2OHOHHOHHHOHOHOHH
Natsudaidain35154-55-3OHOCH3OCH3OCH3OCH3HOCH3OCH3HH
Pachypodol33708-72-4OCH3OHHOCH3HHOCH3OHHH
Quercetin117-39-5OHOHHOHHHOHOHHH
Rhamnazin552-54-5OHOHHOCH3HHOCH3OHHH
Rhamnetin90-19-7OHOHHOCH3HHOHOHHH
Robinetin490-31-3OHHHOHHHOHOHOHH

Glycosylierte Flavonole

Häufig kommen die Flavonole nicht in freier Form, sondern als Glycoside vor. Die Anbindung der Zucker erfolgt hauptsächlich über die Hydroxygruppe in der 3-Position. Deutlich weniger häufig ist die Anbindung von Zuckern über die Position 7 und selten über die Positionen 4', 3' oder 5.[2] Bei der Anbindung von zwei Zuckereinheiten ist die Anbindung eines Disaccharids über die Position 3 am häufigsten (vgl. z. B. Rutin) gefolgt von der Anbindung von zwei Monosacchariden über die Positionen 3 und 7.[2]

Beispiele für Glycoside der Flavonole
GlycosidAglycon356782′3′4′5′6′CAS
AstragalinKaempferolGlcOHOHOH480-10-4
AzaleinAzaleatinRhaOCH3OHOHOH29028-02-2
HyperosidQuercetinGalOHOHOHOH482-36-0
IsoquercetinQuercetinGlcOHOHOHOH482-35-9
KaempferitrinKaempferolRhaOHRhaOH482-38-2
MyricitrinMyricetinRhaOHOHOHOHOH17912-87-7
QuercitrinQuercetinRhaOHOHOHOH522-12-3
RobininKaempferolRobinosylOHRhaOH301-19-9
RutinQuercetinRutinosylOHOHOHOH153-18-4
SpiraeosidQuercetinOHOHOHOHGlc20229-56-5
Legende zur Tabelle

Glc = β-D-Glucopyranosyloxy,
Rha = α-L-Rhamnopyranosyloxy,
Gal = β-D-Galactopyranosyloxy,
Robinosyl = α-L-Rhamnopyranosyl-(1→6)-β-D-galactopyranosyloxy,
Rutinosyl = α-L-Rhamnopyranosyl-(1→6)-β-D-glucopyranosyloxy

Eigenschaften

Die Flavonole besitzen zum Teil stark antioxidative Eigenschaften. Besonders Flavonole mit benachbarten Hydroxygruppen am B-Ring wirken antioxidativ. So besitzt Quercetin mit benachbarten OH-Gruppen in Position 3' und 4' eine Catechol-Struktureinheit und Myrecitin mit benachbarten OH-Gruppen in Position 3', 4' und 5' eine Pyrogallol-Struktureinheit, die jeweils leicht oxidierbar sind. Kaempferol mit einer einzelnen Hydroxygruppe in Position 4' des B-Rings wirkt dagegen weniger antioxidativ.[3]

Biosynthese

Die Biosynthese der Flavonole erfolgt durch Dehydrierung der entsprechenden Flavanole (Dihydroflavonole) unter Bildung der CC-Doppelbindung zwischen den Kohlenstoffatomen C2 und C3. Die Reaktion wird durch Enzyme aus der Gruppe der Flavonol-Synthasen katalysiert.[1]

Synthese

Bereits 1908 entdeckte Karl von Auwers durch Zufall die später nach ihm benannte Auwers-Synthese mit der sich ausgehend von 3-Cumaranonen in einer Ringerweiterungsreaktion Flavonole herstellen lassen.

Auwers-Synthese
Auwers-Synthese

Die Algar-Flynn-Oyamada-Reaktion ist eine basenkatalysierte Ringschlussreaktion mit Wasserstoffperoxid, mit der ebenfalls Flavonole hergestellt werden können.

Algar-Flynn-Oyamada-Reaktion
Algar-Flynn-Oyamada-Reaktion

Einzelnachweise

  1. a b Peter Nuhn: Naturstoffchemie. 3. Auflage. S. Hirzel, Stuttgart/Leipzig 1997, ISBN 3-7776-0613-8, S. 602–605.
  2. a b c d Herrmann, K.: Flavonols and flavones in food plants: a review, International Journal of Food Science & Technology, 1976, 11(5), S. 433–448, doi:10.1111/j.1365-2621.1976.tb00743.x
  3. Terao, J.: Flavonols: Metabolism, Bioavailability, and Health Impacts, Chapter 8 in Plant Phenolics and Human Health: Biochemistry, Nutrition, and Pharmacology, Wiley-Online Library, 2009, S. 185–196, doi:10.1002/9780470531792.ch8