„Baumwolle“ – Versionsunterschied

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<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Tabelle siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. -->
{{Taxobox
| Taxon_Name = Baumwolle
| Taxon_WissName = Gossypium
| Taxon_Rang = Gattung
| Taxon_Autor = [[Carl von Linné|L.]]
| Taxon2_WissName = Malvoideae
| Taxon2_Rang = Unterfamilie
| Taxon3_Name = Malvengewächse
| Taxon3_WissName = Malvaceae
| Taxon3_Rang = Familie
| Taxon4_Name = Malvenartige
| Taxon4_WissName = Malvales
| Taxon4_Rang = Ordnung
| Taxon5_Name = Eurosiden II
| Taxon5_Rang = ohne
| Taxon6_Name = Rosiden
| Taxon6_Rang = ohne
| Bild = Feld mit reifer Baumwolle.jpeg
| Bildbeschreibung = Baumwollfeld
}}
Die '''Baumwollpflanze''' oder '''Baumwolle''' (''Gossypium'') ist eine [[Gattung (Biologie)|Pflanzgattung]] aus der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Malvengewächse]] (Malvaceae). Es gibt etwa (20 bis) 51 Arten in den Tropen und Subtropen.

Baumwolle ist eine sehr alte Kulturpflanze. Ungewöhnlich ist, dass mindestens vier Völker möglicherweise unabhängig voneinander diese Pflanzengattung [[Domestizierung|domestizierten]]. Zweimal geschah dies in Amerika mit den Arten ''[[Gossypium hirsutum]]'' und ''[[Gossypium barbadense]]'' und je einmal in Asien (''[[Gossypium arboreum]]'') und Afrika (''[[Gossypium herbaceum]]'').<ref name=Bernstein>William Bernstein: ''A Splendid Exchange – How Trade shaped the World'', Atlantic Books, London 2009, ISBN 978-1-84354-803-4.</ref> Aus den [[Trichom|Samenhaaren]] wird die [[Baumwollfaser]], eine [[Naturfaser]], gewonnen.<ref>R. F. Evert, K. Esau, S. E. Eichhorn: "Esau's Plant anatomy", John Wiley and Sons, 2006, ISBN 0-471-73843-3</ref>

== Etymologie ==
[[File:Mandeville cotton.jpg|thumb|Der Holzschnitt aus dem 14. Jahrhundert von [[John Mandeville]] zeigt das Missverständnis vom [[Schafe]] tragenden Baum.]]
Der Name „Baumwolle“ leitet sich von den Büscheln langer [[Faser]]n in den Früchten der Baumwollpflanze ab, die die Ausbreitung der Pflanzensamen über größere Distanzen ermöglichen. Allerdings ist die Baumwollpflanze trotz des Namens kein [[Baum]] (siehe oben in der Beschreibung), sondern ein allerdings bis zu 6 m hoher Strauch. Viele Pflanzensamen tragen solche [[Trichom|Samenhaare]] (auch Samenwolle), doch nur die der Baumwollpflanze werden zur Textilherstellung verwendet. Wie die tierischen Wollhaare dienen diese Pflanzenfasern als Grundlage zur Herstellung von [[Garn]]en, [[Gewebe (Textil)|Geweben]] und [[Wirkware]]n.

Das Bestimmungswort „Baum“ wurde eventuell im Anschluss an [[Herodot]]s [[Historien des Herodot|Historien]] Buch 3, 106 gewählt, wonach in Indien Wolle, die die [[Schafwolle]] an Schönheit und Güte übertrifft, und aus der die Inder ihre Kleider herstellen, auf Bäumen wächst. Im [[Mittelhochdeutsch]]en ist für das 12. Jahrhundert bereits das Wort ''boumwolle'' belegt.<ref>Kluge, ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]]'', 24. Aufl., de Gruyter, Berlin 2002, ISBN 3-11-017473-1.</ref>

Das nicht nur im Englischen, sondern international gebräuchlichere Wort „cotton“ (mittelenglisch ''coton'', frz. ''coton'', span. ''algodón'', ital. ''cotone'') hingegen leitet sich über das mittelfranzösischen Wort ''coton'' aus dem spanisch-arabischen Dialektwort ''quṭún'' zu hocharabisch ''quṭn'' ab, das „Baumwolle“ bedeutet. Im Deutschen ist diese Wurzel noch in „Kattun“ präsent.<ref>Webster, Vol. I, S. 516; Kluge, S. 478.</ref>

== Kulturgeschichte ==
[[File:Mummy bundle mask, painted plain weave cotton, Paracas style, Cerror Uhle, Ica Valley, Peru - Peruvian fabric in the American Museum of Natural History - DSC06144.JPG|miniatur|Mumienbündelmaske. Flach gewebte Baumwolle, bemalt im [[Paracas-Kultur|Paracas]]-Stil. Cerror Uhle, [[Ica (Region)|Ica-Tal]] (Peru). Textil-Exponat des ''[[American Museum of Natural History]]'', New York.]]
[[File:1500, Mexican. - 075 - Costumes of All Nations (1882).JPG|thumb|Aztekische Prachgewänder. Um 1500.]]
[[File:Olmeken - Baumwollgottheit.jpg|thumb|Die Bedeutung von Baumwolle für die mesoamerikanischen Kulturen zeigt sich auch darin, dass es wie hier bei den [[Olmeken]] einen Baumwollgott gab.]]
[[File:Brooklyn Museum - Wall Hanging (Kalamkari) - overall.jpg|thumb|Wandbehang (Kalamkari), 1610/1640. Deckfarbe, gebeizt und gefärbte. Baumwolle. Eines von zahlreichen Beispielen der indischen Kunst auch früherer Epochen, in der Baumwolle eine wichtige Rolle als tragendes Gewebe spielte.]]
=== Ursprünge und frühe Entwicklung ===
Für die '''Domestizierung von Baumwolle''' werden inzwischen ''mehrere Zentren'' angenommen, wo diese etwa gleichzeitig erfolgt zu sein scheint. Über die wilde Stammform der in den Tropen und Subtropen verbreiteten Gattung der Baumwollpflanze ''[[Gossypium]]'' herrscht allerdings bis heute Unklarheit. Als Ursprungszentren gelten zum einen das südliche Afrika, wo aber keine frühe Domestizierung nachweisbar ist, oder Indien und Indonesien, zum anderen das nördliche Andengebiet und eventuell der Südwesten Nordamerikas oder Zentralamerika.<ref>[http://archaeology.about.com/od/cterms/a/Cotton.htm]</ref><br />
Baumwolle wird denn auch seit Jahrtausenden in ganz verschiedenen Kulturzonen zur Herstellung leichter Kleidung verwendet, ist jedoch wegen des vor allem in den Samen und deren Öl enthaltenen giftigen [[Phenol]]s [[Gossypol]] für den Verzehr nicht geeignet außer bei Wiederkäuern und war daher im Gegensatz zu manch anderen [[Faserpflanze|Faserpflanzen]] als Nahrungsmittel kulturhistorisch ohne Bedeutung.<ref>Herder-Lexikon Biologie, Bd. 1, S. 384 f.</ref>
* Die älteste Belege für Baumwolle stammen aus ''[[Indien]].'' In [[Mehrgarh]], der ältesten neolithischen Siedlung des Indus-Tales fanden sich Beweise für Baumwollsaaten und -fasern, die auf ca. 6000 v. Chr. datiert werden können. Dabei handelt es sich um die Art ''G. arboreum''. Sie wird hier erstmals nachweislich während der [[Indus-Kultur]] verarbeitet, denn in [[Mohenjo-Daro]] sind Reste von Baumwolltextilien gefunden wurden, die auf das 3. vorchristliche Jahrtausend datiert werden konnten.<ref>Britannica,, Bd. 21, S. 33/1b</ref> Baumwolle wird auch später im ''[[Rigveda]]'' um 1500 v.&nbsp;Chr. erwähnt. Der griechische Historiker [[Herodot]] notierte über indische Baumwolle: „Es gibt wildwachsende Bäume, aus deren Frucht man eine Wolle gewinnen kann, die die Schönheit und Qualität der Schafwolle weit übertrifft. Die Inder machen aus dieser Baumwolle ihre Kleider“.
* ''Afrika:'' ''G. herbaceum'' wuchs in Afrika traditionell in offenen Wäldern und [[Grassavanne|Grassavannen]]. Unglücklicherweise sind eindeutige Nachweise domestizierter Formen und Produkte daraus archäologisch bisher nicht gefunden worden. Die Ausbreitung der am engsten verwandten Wildformen legt jedoch eine nördliche Ausbreitung nach Nordafrika und in den Nahen Osten nahe. Man nimmt daher an, dass die erste Domestizierung von ''G. herbaceum'' in Arabien und Syrien erfolgte.
* Im zweiten vorchristlichen Jahrtausend erreichte Baumwolle von Indien her das [[Babylonisches Reich|Babylonische Reich]] in [[Mesopotamien]], Ägypten und später Europa.<br />Im [[Altes Ägypten|Alten Ägypten]] ist Baumwolle seit dem [[Neues Reich|Neuen Reich]] durch Grabfunde belegt, desgleichen später im [[Hellenismus|hellenistischen]] Osten.<ref>Lexikon der Kunst, Bd. 7, S. 266.</ref>
* Die ''altamerikanischen'' Völker kannten Baumwolle lange bevor im Mittelalter ihr Anbau und ihre Verarbeitung durch die ''Araber'' über Spanien und Italien in Europa eingeführt wurde. Vertreten sind hier die Neuweltarten ''G. hirsutum'' in Mesoamerika und ''G. barbadense'' in Südamerika.
** In ''Südamerika'' finden sich erste Baumwolltextilien aus domestizierter Baumwolle, hier ''G. barbadense'', ebenfalls ab dem 3. vorchristlichen Jahrtausend im sog. ''Baumwoll-Präkeramikum'' der Anden, als man zwar noch keine Töpferwaren kannte, aber bereits Baumwolle anbaute. Archäologisch wurden Beispiele dieses Typs an verschiedenen Orten Perus und Ekuadors gefunden, insbesondere in Ancón, aber z. B. auch in [[Huaca Prieta]], und zwar 1000 bis 1500 Jahre vor der Einführung von [[Keramik]] und der Domestizierung von Mais. Baumwolle wurde damals vor allem für Fischerei- und Jagdnetze, Kleidung und Speicherbeutel verwendet.<br />Baumwolltextilien sind seit dieser Zeit in Nordchile, Peru und Ekuador belegt, etwa bei den [[Nazca-Kultur|Nazca]], wo sie sich in trockenen Hochlandgegenden archäologisch nachweisbar erhalten haben. Gegen Ende dieser Periode verwendete man wegen ihrer besseren Färbbarkeit dann auch Wolle von [[Neuweltkamel]]en.<ref>Coe, S. 204.</ref><br />Allerdings ist der erste eindeutige Nachweis der Domestizierung von Baumwolle, hier ''G. barbadense'', noch wesentlich älter. Er stammt aus Ancón, einem Fundort an der zentralen Küste Perus, wo Archäologen Reste von Baumwollkaüpseln fanden, die auf 4200 v. Chr. datiert werden konnten. Um 1000 v. Chr. waren die Baumwollkapseln aus Peru dann nicht mehr von den heute kultivierten Formen von ''G. barbadense'' zu unterscheiden. Es scheint also durchaus möglich, dass Baumwolle in der Neuen Welt ebenso früh verwendet wurde wie im alten Indien.
** Auch für die ''[[Präkolumbianisch|präkolumbianischen]] Kulturen Nordamerikas'' ist die Verwendung von Baumwolle bezeugt, etwa für die [[Hohokam-Kultur]] (300 – 100 v. Chr.) in Arizona. Insgesamt begann der Baumwollanbau im Südwesten Nordamerikas bereits vor 3000 Jahren. Die [[Navajo (Volk)|Navajos]] hatten Baumwollkleider, ebenso wie die [[Anasazi |Anasazi]] der [[Pueblo-Kultur|Pueblo-Zeit]] (Phase I, 700 – 900 n. Chr.).<ref>Läng, S. 32, 363 ff, 378; Haberland, S. 200.</ref>
** ''Mittelamerika:'' Der älteste Nachweis von ''G. hirsutum'' stammt aus dem Tal von [[Tehuacan]] und wurde auf 3400 und 2300 v. Chr. datiert. In verschiedenen Höhlen des Gebietes fanden Archäologen Reste der voll domestizierten Form dieser Baumwolle. Neuere Ausgrabungen in der Guila-Naquitz-Höhle in [[Oaxaca]] erlaubten einen Vergleich mit rezenten Exemplaren von wildem und domestiziertem ''G. hirsutum punctatum''. Dabei ergab sich, dass sie von derselben Art abstammen könnten, die ursprünglich auf der [[Yucatán (Halbinsel)|Yucatan]]-Halbinsel domestiziert worden war.<br /> In verschiedenen Gebieten und Kulturen Mesoamerikas war Baumwolle ein sehr begehrtes Gut, das teuer gehandelt wurde. Kaufleute der [[Mayas]] und [[Azteken]] tauschten Baumwolle gegen andere Luxusgüter, und Adelige schmückten sich mit kostbaren farbigen Mänteln aus diesem Material. Aztekenkönige beschenkten oft vornehme Besucher mit Baumwollprodukten und bezahlten Heerführer damit.
* Im [[Klassisches Altertum|klassischen Altertum]] schätzten Griechen und Römer die Baumwolle vor allem wegen ihrer Feinheit und Weiße. Sie war in Rom, nachdem [[Alexander der Große]] Indien erreicht und die Baumwolle von dort mitgebracht hatte, ein begehrtes und luxuriöses Importgut aus dem Orient, vor allem aus Indien.<ref>Britannica, Bd. 17, S. 482, 484.</ref>
* ''Weitere Entwicklung in Mittelalter und Neuzeit:''
** Ab dem 6. nachchristlichen Jahrhundert wurde Wolle im Vorderen Orient, Arabien und Ägypten zum üblichen Material für Arbeitskleidung, und die [[Mauren]] bauten Baumwolle in Spanien extensiv an.<ref>Britannica, B. 17, S. 487.</ref>
** In Indien wurden bereits sehr früh verschiedene Kultursorten angebaut. Bereits im 16. Jahrhundert waren die indischen Regionen [[Bengalen]], [[Punjab]], [[Koromandelküste|Coromandel]] und [[Gujarat]] Zentren der Baumwollverarbeitung. Eine besondere Bedeutung kam Gujarat zu, dessen Baumwollprodukte über verschiedene Handelsrouten bis in die Zentren des Nahen Ostens gehandelt wurden.
** In der [[Neue Welt|Neuen Welt]] fanden die spanischen [[Konquistador |Konquistadoren]] und Entdecker Baumwolle und Baumwollfabriken überall. [[Christoph Kolumbus]], [[Hernando Cortes]], [[Francisco Pizarro]], [[Fernando de Magellan]] und andere berichteten von den verschiedenen Zwecken, für die die Faser genutzt wurde, und sie bewunderten die gestreiften Sonnensegel und farbigen Mäntel, die die Eingeborenen herstellten. <ref>[http://inventors.about.com/cs/inventorsalphabet/a/eli_whitney.htm]</ref>
** Um 1600 war Baumwolle allerdings in Europa noch ein Luxusgut, das nicht weniger als [[Seide]] geschätzt wurde. Grund des hohen Wertes war der hohe Arbeitseinsatz bei der Verarbeitung. Arbeitsintensiv waren vor allem das Entfernen der Samenkapseln und das mühselige [[Kardieren]] der im Vergleich zu Wolle und Seide sehr kurzen Fasern. Um ein Pfund (gemeint ist hier die angloamerikanische Maßeinheit [[Avoirdupois|Pound]], die ca. 453 g hat) verarbeitungsfähige Baumwollfäden zu gewinnen, war ein Einsatz von 13 Arbeitstagen nötig. Für eine vergleichbare Menge an Seide waren dagegen nur sechs Arbeitstage notwendig, während man für [[Flachsfaser|Leinen]] zwei bis fünf und für Wolle ein bis zwei Tage brauchte. Vor 1750 waren englische Spinner nicht in der Lage, Baumwollfäden zu [[spinnen]], die ausreichend fest genug waren, um reine Baumwollgewebe herzustellen. Reine Baumwollgewebe wurden nur in Indien hergestellt.<ref name=Bernstein/><br /> Die [[Ostindienkompanie]] importierte bereits im frühen 17. Jahrhundert Baumwolltuche nach England und verkaufte diese Textilien trotz der erbitterten Gegenwehr der Wollproduzenten, die zeitweise stark genug war, um die Verwendung von Baumwolltuch gesetzlich zu verbieten. In Manchester gelang es schließlich, die Verarbeitung von Baumwolle in England durchzusetzen.

=== Verbreitung der Baumwolle in Mittelalter und Neuzeit ===
Bereits gegen Ende des 14. Jahrhunderts zog ''[[Venedig]]'' die Führung im Handel mit der [[Levante|levantinischen]] Baumwolle an sich und behielt sie bis ins 17. Jahrhundert. Zugleich nahm an den großen Umschlagplätzen nördlich der Alpen die Baumwollverarbeitung stark zu. Mittelpunkt war [[Augsburg]], das fast alle europäischen Märkte mit seinen [[Barchent]]en versorgte.<br />
Mit dem stark zunehmenden ''Ostindienhandel'' wuchs die Einfuhr gesponnener Rohgarne über die Niederlande, so dass das Monopol Venedigs zunehmend schwächer wurde. Der Aufstieg der [[Britische Ostindien-Kompanie|Britischen Ostindien-Kompanie]] zu einer der großen Handelsorganisationen der frühen Neuzeit steht ebenfalls in engem Zusammenhang mit Baumwolle. Der sehr profitreiche Gewürzhandel war zu Beginn des 17. Jahrhunderts fest in Händen portugiesischer und holländischer Kaufleute. Die Britische Ostindien-Kompanie handelte deshalb vor allem mit persischer Seide, die über Karawanenrouten durch Syrien auf türkische Märkte gelangte. Dort wurde auch traditionell indisches Baumwollgewebe gehandelt, und die britische Kompanie handelte zunehmend auch dieses Gewebe.<ref name=Bernstein/> Ihren großen Aufschwung nahm die Baumwollindustrie jedoch erst im Ende des 18. und vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts (Spinnmaschinen) im Verlauf der [[Industrielle Revolution|Industriellen Revolution]], zunächst in England, dann in Frankreich und Deutschland, wo die Baumwollfaser sich nach und nach auch aufgrund ihrer größeren Verfügbarkeit durch den zunehmenden Anbau in den britischen Kolonien und den USA gegen die Wolle ökonomisch als Alternative durchzusetzen begann.

Mit der Ausweitung des Fernhandels in der ''frühen Neuzeit'' verdrängte die Baumwolle auch in Nord- und Mitteleuropa zunehmend [[Flachsfaser|Leinen]] ([[Lein|Flachs]]) und [[Hanf]] für die meisten Anwendungsbereiche. Die indische Baumwollindustrie hatte ihre Glanzzeit während der [[Britannien|britischen]] [[Industrierevolution]] nach der Erfindung der [[Spinning Jenny]] im Jahre [[1764]], einer frühen Spinnmaschine mit mehreren [[Handspindel|Spindeln]], und der [[Waterframe]] von [[Richard Arkwright|Arkwright]], die seit [[1769]] die kostengünstige [[Massenproduktion]] im [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]] ermöglichte.<br />
Im ''[[20. Jahrhundert]]'' bekam die Baumwolle zunehmend Konkurrenz durch chemisch erzeugte Fasern. Insbesondere Polyesterfasern finden immer häufiger Verwendung: [[2003]]/[[2004]] wurden sie erstmals in größerer Menge verarbeitet als Baumwolle und drängten diese bei den Textilfasern somit auf den zweiten Rang ab.

=== Vereinigte Staaten ===
[[Datei:Drying Cotton 1862.jpg|miniatur|Afroamerikanische Sklaven beim Trocknen von Baumwolle (Edisto Island, South Carolina, ca. 1862/63)]]
[[File:Cotton gin harpers.jpg|miniatur|Die erste ''Cotton-Gin-Maschine''. Abbildung aus der Zeitschrift ''Harpers Weekly'' (11869), die eine Situation darstellt, die noch ca. 70 Jahre älter ist.]]
Die ersten englischen Siedler in Nordamerika sahen keine oder kaum Baumwolle im Gebrauch unter den Eingeborenen. Sie begannen jedoch bald, die Faser aus [[Westindien]] zu importieren, und von dort stammte schließlich auch die Pflanze selbst, die sie nun in dem sehr ähnlichen Klima der südlichen Kolonien und den vergleichbaren Böden dort anzubauen begannen. Während der kolonialen Periode wurde Baumwolle aber nie zur hauptsächlich kultivierten Pflanze, war kaum eine wichtige Anbaupflanze zu nennen, denn Baumwolle konnte profitabel nur gezogen werden, wenn eine Überschuss an extrem billigen Arbeitskräften zur Verfügung stand; und die Arbeit in Amerika, gleichgültig ob die Arbeiter weiß oder schwarz waren, konnte niemals so billig sein oder werden wie in Indien. Amerikanische Sklaven konnten ohnehin weit profitabler beim Anbau von Reis und [[Indigopflanze|Indigo]] eingesetzt werden. Grund war der enorme Arbeitsaufwand, der bei der Ernte und danach anfiel, wenn die Baumwollfasern von Hand gepflückt und aufwendig für die Weiterverarbeitung präpariert werden mussten.<ref>[http://inventors.about.com/cs/inventorsalphabet/a/eli_whitney.htm]</ref> Dies änderte sich erst, als die Baumwollproduktion in den [[Südstaaten]] der [[Vereinigte Staaten|USA]] - dem sogenannten [[Cotton Belt]] - von der Erfindung der Egreniermaschine („[[Cotton Gin]]“) im Jahr [[1793]] profitierte. Langstapelige Sorten wie ''Sea Island Cotton'' waren dort in den Küstenregionen bereits vorher angebaut worden. Im hügeligen Binnenland gediehen dagegen nur kurzstapelige Sorten, die vor der Erfindung der Cotton Gin von den Sklaven nur für den persönlichen Bedarf angebaut worden waren. Aufgrund der neuen Technologie konnten nun aber gegen Ende des 18. Jahrhunderts und bis ins 20.&nbsp;Jahrhundert hinein auch kurzstapelige Baumwolle kostengünstig verarbeitet werden und blieb das wichtigste Exportgut des [[Südstaaten|amerikanischen Südens]], obwohl dort das Klima eigentlich etwas zu feucht und nicht heiß genug ist und es dadurch immer wieder zu Ernteausfällen durch Verrottung kam. Baumwolle wurde nun auch im Binnenland gepflanzt und verdrängte dort Tabak und Getreide. In der Dekade von 1790 bis 1800 stieg der jährliche Baumwollexport allein aus [[South Carolina]] von weniger als 10.000 auf mehr als sechs Millionen Pfund (= [[Avoirdupois|Pound]]) an. Die [[Sklaverei in den Vereinigten Staaten|Sklaverei]] erreichte nach der Einführung des Baumwollanbaus eine größere Ausdehnung, als jemals zuvor, etwa beim Tabak- oder Reisanbau.<ref name=berlin>Ira Berlin: ''Generations of Captivity: A History of African-American Slaves'', Cambridge, London: The Belknap Press of Harvard University Press, 2003, ISBN 0-674-01061-2</ref> Seine größte Ausdehnung fand der Baumwollanbau im [[Black Belt (Region)|Black Belt]], einer Region, die sich im 19. Jahrhundert von [[North Carolina]] bis [[Louisiana]] erstreckte. Im Zeitraum von 1812 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Baumwollproduktion in dieser Region von weniger als 300.000 Ballen auf 4 Millionen Ballen pro Jahr an.<ref name=berlin/>

Der Anbau der Baumwolle verlangte von den Sklaven während eines Großteils des Jahres beständige Arbeit und gewissenhafte Pflege. Frauen wurden auf den Plantagen ebenso eingesetzt wie Männer, die Pflanzer legten jedoch Wert auf junge Arbeitskräfte. Nach der Saat, die Ende März oder Anfang April erfolgte, mussten die Pflanzen laufend ausgedünnt und umgepflanzt werden, eine Tätigkeit, die die Sklaven fast den gesamten Sommer über in Anspruch nahm. Wenn diese Phase Ende Juli, Anfang August beendet war, setzten die Pflanzer ihre Sklaven vorübergehend auf Mais- und Erbsenfeldern ein. Im späten August begann das Baumwollpflücken, eine sehr eintönige und ermüdende Tätigkeit, die sich oftmals bis zum Ende des Jahres oder darüber hinaus hinzog. Unerfahrene [[Baumwollpflücker]] verletzten sich sehr leicht an den scharfkantigen Samenkapseln. Die letzten Arbeitsschritte waren das Trocknen, Entkernen und Verpacken der Baumwolle, die in Ballen ausgeliefert wurde; häufig folgten auch noch das Kämmen, Spinnen und Aufspulen.<ref name=berlin/>

Nachdem in Nordamerika der moderne Anbau von Baumwolle 1621 in Florida begonnen hatte und lange Zeit wirtschaftlich eher unbedeutend geblieben war, wurde er nun aber, nicht zuletzt durch die ökonomische Macht der großen Baumwollpflanzer der [[Südstaaten]] der USA, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem auch politisch bestimmenden Faktor, der letztlich mit zum Ausbruch des [[Sezessionskrieg]]es und dem Untergang der amerikanischen Südstaaten beitrug (Sklaverei und unterschiedliche wirtschaftliche Interessen der industriell orientierten Nordstaaten, die mit Schutzzöllen ihre Industrieproduktion abschirmen wollten, gegenüber den auf [[Freihandel]] und Export ihrer Agrarprodukte, vor allem eben Baumwolle, bedachten Südstaaten).<ref>Brockhaus, Bd. 2, S. 658.</ref>

Die beiden berühmtesten Werke, die diese historisch-ökonomische Situation vor dem Hintergrund der durch Sklaven betriebenen Baumwollplantagen des alten Südens literarisch behandelten, sind zwei Romane: [[Margaret Mitchell]]s „[[Vom Winde verweht]]“ (1936) und [[Harriett Beecher Stowe]]s „[[Onkel Toms Hütte]]“ von 1859, dazu die vor allem im letzten Teil qualitativ heterogene US-Fernsehserie [[Fackeln im Sturm]] aus den 80er- und 90er-Jahren. „Vom Winde verweht“ wird von der Kritik allgemein recht positiv beurteilt (auch die vorzügliche Verfilmung von 1939 mag dabei eine gewisse Rolle spielen), während Onkel Toms Hütte vor allem zu Anfang eine vernichtende Kritik erfuhr wegen der doch sehr rührseligen, klischeebehafteten und unreflektierten Handlung mit ihren nicht nur nach heutigem Empfinden ans Peinlichen grenzenden Frömmeleien. Vor allem farbige Amerikaner lehnen das Buch bis heute wegen des darin enthaltenen unterschwelligen Rassismus ab. Kindlers Literaturlexikon schreibt: „Stowes Rezept passiver Jenseitserwartung musste den derart Bevormundeten ... als verantwortungslose Stützung herrschender Machtverhältnisse erscheinen.“<ref>Kindler, Bd. 11, S. 775; Bd. 16, S. 41 f.</ref>

== Botanik ==
[[Datei:Gossypium_barbadense_-_Köhler–s_Medizinal-Pflanzen-068.jpg|miniatur|left|Illustration von ''[[Gossypium barbadense]]'': A blühender Zweig, 1 Blüte ohne Kronblätter, 2 Staubgefässe, 3 Pollen, 4 und 5 Fruchtknoten im Längs- und Querschnitt, 6 Frucht, 7 Same mit Samenhaaren, 8 derselbe ohne Samenhaare, 9 und 10 derselbe in Längs- und Querschnitt, 11 Embryo]]

=== Vegetative Merkmale ===
''Gossypium''-Arten wachsen als einjährige bis ausdauernde, [[krautige Pflanze]]n, manchmal als [[Strauch|Sträucher]]. Alle oberirdischen Pflanzenteile sind mit dunklen Öldrüsen punktiert. Die wechselständigen [[Blatt (Pflanze)|Laubblätter]] sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Blattspreiten sind meist handförmig drei- bis neunlappig, selten ohne Lappen. Es sind [[Nebenblätter]] vorhanden.<ref name="FOC">Ya Tang, Michael G. Gilbert & Laurence J. Dorr: ''Malvaceae'' in der ''Flora of China'', Volume 12, 2007, S. 296: [http://www.efloras.org/florataxon.aspx?flora_id=2&taxon_id=113948 Online.]</ref>

=== Generative Merkmale ===
Die im oberen Bereich der Pflanzen gebildeten Blüten stehen einzeln. Die Blütenstiele besitzen meist Drüsen direkt unter dem Nebenkelch. Die meist drei, selten bis sieben Nebenkelchblätter sind laubblattähnlich, drüsig, frei oder an ihrer Basis verwachsen, ganzrandig oder gezähnt bis tief geschlitzt. Die zwittrigen [[Blüte]]n sind [[radiärsymmetrisch]], fünfzählig mit doppeltem [[Perianth]]. Die fünf [[Kelchblätter]] sind becherförmig mehr oder weniger hoch verwachsen. Die fünf freien, relativ großen [[Kronblätter]] sind oben gerundet. Die Kronblätter besitzen eine weiße oder gelbe Grundfarbe und sind im Zentrum der Blüte manchmal purpurfarben. Bei der Unterfamilie Malvoideae sind die vielen [[Staubblätter]] zu einer den [[Stempel (Botanik)|Stempel]] umgebenden Röhre verwachsen, der sogenannten [[Columna]]. Drei bis fünf [[Fruchtblätter]] sind zu einem oberständigen, drei- bis fünfkammerigen [[Fruchtknoten]] verwachsen mit je zwei [[Samenanlage]]n in jeder Kammer. Der kurze, stabförmige Griffel endet in einer keulenförmigen, drei- bis fünfrilligen Narbe.<ref name="FOC" />

Die kugelige oder ellipsoide [[Kapselfrucht]] öffnet sich bei Reife mit drei bis fünf Klappen. Die kugeligen Samen besitzen intensiv weiße, lange wollige [[Trichom]]e (Samenhaare) gemischt oder ohne kurze Trichome.

<!-- "wohl nicht zu gebrauchen ist ja auch quellenlos.": Baumwolle wächst [[Dimorphismus|dimorph]]: Während der Haupttrieb eine durchgehende ([[Monopodium|monopodiale]]), [[Vegetative Vermehrung|vegetativ]]e Achse bildet, kommt es an den Seitentrieben zur Blütenbildung. Die Seitentriebe sind außerdem [[Sympodium|sympodial]], denn nach jeder Blüte stellt die alte Achse ihr Wachstum ein. Die neue Zweigachse wird von einer neben der Blüte auskeimenden Knospe übernommen.
-->
Die giftigen Samen enthalten bis zu 1,5 Prozent [[Gossypol]].

[[Datei:Starr 010309-0542 Gossypium tomentosum.jpg|miniatur|Blätter und Blüte von ''[[Gossypium tomentosum]]''.]]

== Systematik ==
Der Gattungsname ''Gossypium'' wurde 1753 durch [[Carl von Linné]] in ''[[Species Plantarum]]'', 2, S. 693 erstveröffentlicht. [[Typus (Nomenklatur)|Lectotypusart]] ist ''Gossypium arboreum'' L.. Synonyme für ''Gossypium'' L. sind: ''Erioxylum'' Rose & Standl., ''Ingenhouzia'' DC., ''Notoxylinon'' Lewton, ''Selera'' Ulbr., ''Sturtia'' R.Br., ''Thurberia'' A.Gray, ''Ultragossypium'' Roberty. Die Gattung ''Gossypium'' gehört zur Tribus Gossypieae in der Unterfamilie der [[Malvoideae]] in der Familie der [[Malvengewächse|Malvaceae]].<ref name="GRIN">[http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/genus.pl?5113 Eintrag bei GRIN.] </ref>

Die Gattung ''Gossypium'' wird in vier Untergattungen, sieben Sektionen und Untersektionen gegliedert, hier mit allen 51 Arten:<ref name="GRIN" />
* Untergattung ''Gossypium'': Mit zwei Sektionen:
** Sektion ''Gossypium'': Mit vier Untersektionen:
*** Untersektion ''Anomala'': Mit drei Arten:
**** ''Gossypium anomalum'' Wawra (Syn.: ''Gossypium senarense'' Fenzl ex Wawra & Peyr.)
**** ''Gossypium capitis-viridis'' Mauer (Syn.: ''Gossypium barbosanum'' L.Ll.Phillips & Clement)
**** ''Gossypium triphyllum'' (Harv.) Hochr.
*** Untersektion ''Gossypium'': Mit zwei Arten:
**** ''[[Gossypium arboreum]]'' L. (Syn.: ''Gossypium cernuum'' Tod., ''Gossypium indicum'' Medik., ''Gossypium intermedium'' Tod., ''Gossypium nanking'' Meyen, ''Gossypium neglectum'' Tod., ''Gossypium obtusifolium'' Roxb. ex G.Don, ''Gossypium sanguineum'' Hassk., ''Gossypium soudanense'' (G.Watt) G.Watt)
**** ''[[Gossypium herbaceum]]'' L. (Syn.: ''Gossypium africanum'' (G.Watt) G.Watt, ''Gossypium transvaalense'' G.Watt)
*** Untersektion ''Longiloba'': Mit nur einer Art:
**** ''Gossypium longicalyx'' J.B.Hutch. & B.J.S.Lee
*** Untersektion ''Pseudopambak'': Mit sieben Arten:
**** ''Gossypium areysianum'' Deflers
**** ''Gossypium benadirense'' Mattei
**** ''Gossypium bricchettii'' (Ulbr.) Vollesen
**** ''Gossypium incanum'' (O.Schwartz) Hillc.
**** ''Gossypium somalense'' (Gürke) J.B.Hutch.
**** ''Gossypium stocksii'' Mast.
**** ''Gossypium vollesenii'' Fryxell
** Sektion ''Serrata'': Mit nur einer Art:
**** ''Gossypium trifurcatum'' Vollesen
* Untergattung ''Houzingenia'': Mit zwei Sektionen:
** Sektion ''Erioxylum'': Mit drei Untersektionen:
*** Untersektion ''Austroamericana'': Mit nur einer Art:
**** ''Gossypium raimondii'' Ulbr.
*** Untersektion ''Erioxylum'': Mit vier Arten:
**** ''Gossypium aridum'' (Rose & Standl.) Skovst.
**** ''Gossypium laxum'' L.Ll.Phillips
**** ''Gossypium lobatum'' Gentry
**** ''Gossypium schwendimanii'' Fryxell & S. D. Koch
*** Untersektion ''Selera'': Mit nur einer Art:
**** ''Gossypium gossypioides'' (Ulbr.) Standl.
** Sektion ''Houzingenia'': Mit drei Untersektionen:
*** Untersektion ''Caducibracteolata'': Mit drei Arten:
**** ''Gossypium armourianum'' Kearney
**** ''Gossypium harknessii'' Brandegee
**** ''Gossypium turneri'' Fryxell
*** Untersektion ''Houzingenia'': Mit zwei Arten:
**** ''Gossypium thurberi'' Tod.
**** ''Gossypium trilobum'' (DC.) Skovst.
*** Untersektion ''Integrifolia'': Mit zwei Arten:
**** ''Gossypium davidsonii'' Kellogg
**** ''Gossypium klotzschianum'' Andersson
* Untergattung ''Karpas'': Mit sechs Arten:
**** ''[[Gossypium barbadense]]'' L. (Syn.: ''Gossypium acuminatum'' Roxb. ex G.Don, ''Gossypium brasiliense'' Macfad., ''Gossypium evertum'' O.F.Cook & J.Hubb., ''Gossypium peruvianum'' Cav., ''Gossypium vitifolium'' Lam. )
**** ''Gossypium ekmanianum'' Wittm.
**** ''[[Gossypium hirsutum]]'' L. (Syn.: ''Gossypium jamaicense'' Macfad., ''Gossypium lanceolatum'' Tod., ''Gossypium mexicanum'' Tod., ''Gossypium morrillii'' O.F.Cook & J.Hubb., ''Gossypium palmeri'' G.Watt, ''Gossypium punctatum'' Schumach., ''Gossypium purpurascens'' Poir., ''Gossypium religiosum'' L., ''Gossypium schottii'' G.Watt, ''Gossypium taitense'' Parl., ''Gossypium tridens'' O.F.Cook & J.Hubb.)
**** ''Gossypium mustelinum'' Miers ex G.Watt
**** ''[[Gossypium tomentosum]]'' Nutt. ex Seem.
* Untergattung ''Sturtia'': Mit drei Sektionen:
** Sektion ''Grandicalyx'': Mit zwölf Arten:
**** ''Gossypium anapoides'' J.M.Stewart et al.
**** ''Gossypium costulatum'' Tod.
**** ''Gossypium cunninghamii'' Tod.
**** ''Gossypium enthyle'' Fryxell et al.
**** ''Gossypium exiguum'' Fryxell et al.
**** ''Gossypium londonderriense'' Fryxell et al.
**** ''Gossypium marchantii'' Fryxell et al.
**** ''Gossypium nobile'' Fryxell et al.
**** ''Gossypium pilosum'' Fryxell
**** ''Gossypium populifolium'' (Benth.) F Muell. ex Tod.
**** ''Gossypium pulchellum'' (C.A.Gardner) Fryxell
**** ''Gossypium rotundifolium'' Fryxell et al.
** Sektion ''Hibiscoidea'': Mit drei Arten:
**** ''Gossypium australe'' F.Muell.
**** ''Gossypium bickii'' Prokh.
**** ''Gossypium nelsonii'' Fryxell
** Sektion ''Sturtia'': Mit drei Arten:
**** ''Gossypium nandewarense'' Derera
**** ''Gossypium robinsonii'' F.Muell.
**** ''Gossypium sturtianum'' J.H.Willis

== Kulturbaumwollarten ==
Es gibt viele verschiedene Wildarten, aber für den industriellen Anbau sind nur die Kulturbaumwollarten von Bedeutung. Das sind vier Arten, wobei zwei Arten aus der [[Alte Welt|Alten Welt]] und zwei Arten aus der [[Neue Welt|Neuen Welt]] stammen. Die beiden Altwelt-Arten sind ''Gossypium herbaceum'' L. (sog. Levante-Baumwolle) und ''Gossypium arboreum'' L. (sog. Tree cotton), die beiden Neuwelt-Arten ''Gossypium hirsutum'' L. (sog. Hochland-Baumwolle) und ''Gossypium barbadense'' L. (Syn.: ''Gossypium vitifolium'' Lam.), die sog. Sea-Island-Baumwolle. Die letzten beiden Arten wiederum haben sich offenbar in vorgeschichtlicher Zeit aus einer natürlichen [[Hybride|Hybridisierung]] von G. herbaceum und einer Neuweltart entwickelt.<ref>Britannica, Bd. 13, S. 683.</ref>

Altweltliche Baumwolle wie ''Gossypium herbaceum'' und ''Gossypium arboreum'' ist [[Diploidie|diploid]], wohingegen neuweltliche Baumwolle wie ''Gossypium hirsutum'' und ''Gossypium barbadense'' [[Polyploidie|tetraploid]] ist. Den größten und damit wichtigsten Anteil an der Baumwollgewinnung hat ''Gossypium hirsutum''.

In der Textilindustrie und -verarbeitung unterscheidet man die Baumwolle primär nach ihrer Stapellänge (Faserlänge). Sekundär spielen auch Geruch, Farbe und Reinheit eine Rolle. Je länger eine [[Baumwollfaser]] ist, desto hochwertiger wird sie eingestuft. Nach der Stapellänge können die genannten vier Arten in drei Kategorien eingeteilt werden. Die beste Qualität liefert mit einer Stapellänge von über 32&nbsp;Millimetern ''Gossypium barbadense'' (gebräuchliche Handelsnamen sind Ägyptische Mako-Baumwolle, Pima-Baumwolle und Sea-Island-Baumwolle), die etwa acht Prozent der Weltproduktion ausmacht. Es folgen mit einer Stapellänge von 25 bis 30&nbsp;Millimetern und einem Anteil von 90 Prozent ''Gossypium hirsutum'' (sog. Upland-Baumwolle) und ''Gossypium arboreum'' und ''Gossypium herbaceum'', die eine kurze und grobe Faser (< 25&nbsp;mm) liefern und etwa zwei Prozent der Welterzeugung ausmachen.<ref>F. E. M. Gillham, T. M. Bell, T. Arin, G. A. Matthews, C. L. Rumeur, A. B. Hearn: "Cotton Production for the Next Decade", World Bank Technical Paper Number 287, The World Bank, 1995, ISBN 0-8213-3312-7</ref>

<gallery>
Bild:A Baumwolle Pflanze.JPG|Dimorphes Wachstum der Baumwollpflanze
Bild:A Baumwolle Kapsel zu.JPG|Unreife Kapsel
Bild:A Baumwolle Kapsel offen1.JPG|Reife, geöffnete Baumwollkapsel
Bild:A Baumwolle Stadien.JPG|Stadien der Baumwolle (v.l.): Knospe, Blütenöffnung, verblüht, zwei junge Fruchtstadien, Kapsel fast reif, Kapsel vollreif und geöffnet
</gallery>

== Eigenschaften der Faser ==
{{Infobox Faser
| Fasertyp = [[Naturfaser]]
| Farbe = weiß-grau
| Faserlänge = 15-56 mm<ref name="Pickering2008">Kim L. Pickering (Hrsg.): „Properties and performance of natural-fibre composites“, Woodhead Publishing Limited, Cambridge, 2008, ISBN 978-1-84569-267-4</ref>
| Faserdurchmesser = 12-35&nbsp;µm </sup><ref name="Pickering2008 " />
| Dichte = 1,51 g/cm<sup>3</sup></sup><ref name="Pickering2008 " />
| Zugfestigkeit = 287-800 MPa</sup><ref name="Pickering2008 " />
| Spezifische Zugfestigkeit = 15-55 cN/tex (trocken)<ref name="Bobeth93">W. Bobeth (Hrsg.): „Textile Faserstoffe“, Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1993, ISBN 3-540-55697-4</ref>
| Elastizitätsmodul = 4,5-11Gpa (trocken) </sup><ref name="Bobeth93" />
| Bruchdehnung = 6-10 % (trocken) </sup><ref name="Bobeth93" />
| Wärmeleitfähigkeit = 0,54 W/m*K </sup><ref name="Bobeth93" />
| Elektrische Leitfähigkeit = 107 Ωcm </sup><ref name="Bobeth93" />
| Wasseraufnahme = 8 % </sup><ref name="Pickering2008 " />
|}}
Baumwolle ist eine [[Naturfaser]], die aus den [[Trichom|Samenhaaren]] der Pflanzen der [[Gattung (Biologie)|Gattung]] Baumwolle (''Gossypium'') gewonnen wird. Der Samen bildet als Verlängerung seiner [[Epidermis (Pflanze)|Epidermis]] längere Haare, die als Lint bezeichnet werden, und drei bis fünf Tage nach der Blüte sehr kurze Haare, die Linter genannt werden. Nur die langen [[Faser]]n werden, meist zu dünnen Fäden gesponnen, für Textilien verwendet, während sich die Linter nur für [[Zellulose]]produkte eignen.<ref>F. Denninger, E. Giese, H. Ostertag, A. Schenek: "Textil- und Modelexikon", Deutscher Fachverlag, 2008, ISBN 3-87150-848-9</ref>

Verglichen mit Kunstfasern ist Baumwolle sehr saugfähig und kann bis zu 65 Prozent des Gewichtes an Wasser aufnehmen. Sind allerdings Gewebe aus Baumwolle einmal nass geworden, trocknen sie nur langsam. Zudem besitzt Baumwolle auch eine hohe Schmutz- und Ölaufnahmefähigkeit, ist aber auch in der Lage, diese wieder abzugeben.
Baumwollstoffe gelten als sehr hautfreundlich (sie „kratzen“ nicht) und haben ein äußerst geringes [[Allergie]]potential. Diese Eigenschaften machen sie für die Textilindustrie interessant.

Die äußere Form der Baumwollfasern ist flach und verdreht und schleifenähnlich. Die Farben der Fasern variieren von Cremig-Weiß bis zu Schmutzig-Grau, abhängig vom Herstellungs- bzw. Aufbereitungsprozess.

Baumwolle ist nicht wasserlöslich und in feuchtem oder nassen Zustand reißfester als in trockenem. Die [[Festigkeit]]en und [[Steifigkeit]]en der Baumwollfaser sind geringer als die der [[Bastfaser]], wobei die [[Dehnung|Dehnfähigkeit]] deutlich höher ist.
Die Fasern sind alkalibeständig, jedoch nicht säurebeständig. Baumwolle ist anfällig für Befall durch [[Mikroorganismen]], die Widerstandsfähigkeit gegenüber Motten und anderen Insekten ist jedoch recht hoch. Baumwolle ist leicht entflammbar, kann aber gekocht und sterilisiert werden.

Zusätzlich macht die molekulare Struktur der Baumwolle ihre Fasern widerstandsfähig gegen Hitze und [[Laugen]]. Baumwolle ist damit auch bei starker Benutzung und häufiger Reinigung besonders langlebig. Sie fand und findet daher Anwendung in Bereichen starker chemischer und physischer Beanspruchung durch Abrieb, Zuglasten oder die Aussetzung von Salzen und Laugen, so zum Beispiel in der Verarbeitung zu Fischernetzen, Segeltuch, Reinigungstextilien, in der Arbeits- und Berufsbekleidung sowie der Tisch- und Bettwäsche der [[Hotellerie]]. Abhängig von der tatsächlich gewünschten Anwendung ist es möglich, den Rohstoff Baumwolle durch zahlreiche Arbeitsschritte in einem derart hohen Maße zu veredeln, dass er schließlich eine seidengleiche Anmutung erreichen kann, dabei jedoch weiterhin seine zahlreichen anderen positiven Eigenschaften aufweist.<ref> Urbanara GmbH - Warenkunde http://www.urbanara.de/warenkunde/baumwolle/</ref>

== Verwendung ==
[[Datei:COTTON_LOGO.svg|right|100px|Cotton-Logo]]
{{Hauptartikel|Baumwollfaser}}

Der Hauptanwendungsbereich für Baumwolle ist eindeutig die Textilindustrie.
Mit einem Mengenanteil von etwa 33 Prozent an der weltweiten Produktion von Textilfasern (einschließlich anderer Naturfasern und Chemiefasern) und einem Mengenanteil von etwa 75 Prozent an den Naturfasern ist Baumwolle die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Naturfaser für Heim- und Bekleidungstextilien.<ref>C. Hoffmeister, T. Schneider, J. Müssig, „Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe, Textilien“, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, 2006</ref><ref>CIRFS (Comité International de la Rayonne et des Fibres Synthétiques): "World Man-Made Fibres Production", http://www.cirfs.org/frames_04.htm, Zugriff am 5. Mai 2009</ref><ref>FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations): International Year of Natural Fibres, http://www.naturalfibres2009.org, Zugriff am 5. Mai 2009</ref>
Außer in der Textilindustrie finden Baumwollfasern aber auch in vielen anderen Bereichen Verwendung, beispielsweise als Verbandsmaterial in der Medizin sowie bei [[Kosmetik]] und [[Hygiene]] als [[Watte]] oder [[Wattestäbchen]].

[[Fischernetz]]e, Seile und Taue bestehen häufig ganz oder teilweise aus Baumwollfasern, ebenso [[Zelt]]e, [[Plane (Abdeckung)|Planen]] und [[Persenning]]s. Früher wurden auch [[Feuerwehr]]schläuche aus Baumwolle gefertigt.
Baumwolle findet bei der Herstellung von einigen [[Papier]]sorten, von [[Zellulose]], [[Kaffeefilter]]n, Bucheinbänden und [[Banknote]]n Verwendung.

Baumwolle wird auch als Verstärkungsfaser für [[Naturfaserverstärkter Kunststoff|naturfaserverstärkte Kunststoffe]] eingesetzt. Haupteinsatzgebiet hierfür sind [[Duroplast|duroplastische]] Verbundwerkstoffe vor allem für LKW-Fahrerkabinen.<ref>Michael Karus, Sven Ortmann, Dominik Vogt: “Naturfasereinsatz in Verbundwerkstoffen in der deutschen Automobilproduktion 1996 bis 2003“, nova-Institut, 2004</ref>
Durch ihre hohe Dehnfähigkeit ermöglicht die Beimischung von Baumwollfasern zu anderen Naturfasern eine deutliche Verbesserung der [[Schlagzähigkeit]] dieser Werkstoffe.

In Form von [[Nitrocellulose]] dient Baumwolle zur Herstellung von [[Munition]] und [[Sprengstoff]].

Das [[Baumwollsamenöl|Öl]] aus den Baumwollsamen kann im [[Raffination|raffinierten]] Zustand als [[Speiseöl]] oder Brennstoff genutzt werden und ist ein Grundstoff in der kosmetischen Industrie.

Der nach dem Auspressen des Öls verbleibende Ölkuchen dient häufig als [[Protein|eiweißreiches]] Viehfutter, wird jedoch aufgrund seines hohen [[Gossypol]]gehalts nur an ausgewachsene [[Wiederkäuer]] verfüttert. Die Samen können zu zirka 20 Prozent Öl und 50 Prozent Baumwollsamenkuchen gepresst werden. Schalen bilden den Rest.

Baumwollsamen galten in den [[USA]] früher auch als [[Hausmittel]], um einen [[Schwangerschaftsabbruch]] herbeizuführen.

== Bestandteile und Verarbeitung ==
Bei der Aufarbeitung der Baumwolle gehen nur rund zehn Prozent des Rohgewichtes verloren. Wenn die [[Wachs]]-, [[Protein|Eiweiß]]- und weiteren Pflanzenreste entfernt sind, bleibt ein natürliches [[Polymer]] aus [[Zellulose]] zurück. Im Gegensatz zu vielen anderen Naturfasern besitzt Baumwolle keine [[Lignin]]- oder [[Pektin]]bestandteile und nur eine sehr geringe Menge an [[Hemizellulose]] von etwa 5,7 Prozent.<ref>A. K. Mohanty, M. Misra,G. Hinrichsen: "Biofibres, biodegradable polymers and biocomposites: An overview", Macromolecular Materials and Engineering, 2000, Ausgabe 276/277, S.1-24</ref> Somit besteht die Baumwollfaser, neben der Wachsschicht, fast ausschließlich aus hochkristalliner Zellulose.
Die besondere Anordnung der Zellulose gibt der Baumwolle eine hohe Reißfestigkeit. Jede Faser besteht aus 20 bis 30 Lagen Zellulose in einer gedrehten Struktur.

Als ein Nebenprodukt der Baumwollproduktion fällt [[Baumwollsamenöl]] an.

== Anbau und Ökologie ==
Viele Baumwoll-Arten und -Sorten sind von Natur aus [[ausdauernde Pflanze]]n, werden aber als [[einjährige Pflanze]]n kultiviert. Als [[Kulturpflanze]] belässt man sie in der Regel nur für ein Jahr auf dem Feld, um den höchsten Ernteertrag zu erzielen. Nach der Ernte bzw. nach einer Frostperiode werden die Pflanzen dann meist abgeschlegelt und zur Gründüngung in den Boden eingearbeitet. In brennstoffarmen Regionen dienen die abgestorbenen, trockene Pflanzenteile auch als Brennmaterial.

In der nördlichen Hemisphäre findet die Aussaat abhängig vom Standort zwischen Anfang Februar und Anfang Juni statt. Die Ernte erfolgt zwischen Oktober und Februar. Zwischen Aussaat und Ernte liegen rund acht bis neun Monate. Da die Baumwolle oft ungleichmäßig abreift, wird häufig mehrmals geerntet. Große Kulturflächen werden zumeist von [[Baumwollernter]]n maschinell abgeernet, bei kleinen Anbaufeldern und in weniger [[Entwicklungsländer|entwickelten Staaten]] erfolgt die Ernte oft noch mit der Hand. Manche Pflückmaschinen können nur laubfreie Pflanzen abernten, so muss entweder der erste Frost abgewartet, oder chemische Entlaubungsmittel müssen eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die niedrig wachsenden windresistenten Sorten (''storm proof cotton''), die überwiegend in [[Texas]] angebaut werden. Handgeerntete Baumwolle ist bezüglich Reife und Schmutzgehalt fast immer von höherer Qualität als maschinell geerntete. Dies liegt daran, dass Vollernter auch unreife und überreife Kapseln erfassen, während per Hand nur die reifen Faserbüschel ausgezupft werden.

Problematisch für die Ernte ist die langgezogene Blütezeit, weil dadurch auch die Kapseln über einen Zeitraum von mehreren Wochen versetzt reifen. Überreife Baumwolle ist genauso wie unreife qualitativ minderwertig. Maschinelle Einmalernten sind daher immer ein Kompromiss aus überreif, reif und unreif. Die Handpflücke ist genauer, benötigt aber viele Arbeitskräfte, da mehrere Durchgänge notwendig sind.

<gallery>
Bild:A Baumwolle Feld.JPG|Erntereife Baumwolle (September, Nordflorida)
Bild:Baumwoll-Erntemaschine auf Feld.jpeg|Erntemaschine ([[Baumwollernter]]) im Einsatz
Bild:Baumwoll-Erntemaschine.jpeg|Maschinelle Ernte mit [[Baumwollernter]] und [[Module Builder]] in Texas
Bild:Usine de coton CMDT.png|Baumwollproduktion in Mali
</gallery>

Baumwolle gedeiht gut auf schweren Böden. Sehr geeignet sind [[Vertisol]]e. Sie ist bezüglich des Nährstoffgehaltes nicht sehr anspruchsvoll. Wichtig ist aber eine ausreichende Wasserversorgung (600 bis 1200 Millimeter während der Wachstumsperiode). In niederschlagsarmen Gebieten sind die Baumwollkulturen daher von künstlicher [[Bewässerung]] abhängig.

Heute wird Baumwolle –&nbsp;als [[nachwachsender Rohstoff]]&nbsp;– auf allen fünf [[Kontinent]]en angebaut. Hierzu werden Baumwollpflanzen verwendet, die durch [[Züchtung]] mehr Fasern produzieren als die Wildpflanze. [[Transgene Baumwolle]] erleichtert die Schädlings- und Unkrautbekämpfung und wurde 2010 auf etwa zwei Dritteln der weltweiten Baumwollanbaufläche angepflanzt. [[Baumwollkapselbohrer]] und [[Baumwollkapselkäfer]] gehören zu den wichtigsten Baumwollschädlingen in Amerika.

[[Datei:Cotton boll weevil.jpg|miniatur|rechts|Der [[Baumwollkapselkäfer]] (''Anthonomus grandis'') ist ein gefürchteter Baumwollschädling]]
Die lange Wachstumszeit der Baumwolle erfordert nach der Ernte eine rasche Feldbestellung und Neuaussaat. Daher ist der Anbau von [[Zwischenfrucht|Zwischenfrüchten]] zur Verbesserung der Bodenqualität und zur Unterdrückung von [[Unkräuter]]n kaum möglich. Besonders auf großen Flächen wird Baumwolle oft ohne Fruchtwechsel mit anderen Nutzpflanzen angebaut. Infolge dieser [[Monokultur]]en ist die großflächige Baumwollproduktion stark von [[Pflanzenschutzmittel]]n abhängig. Baumwolle gilt als das landwirtschaftliche Produkt mit dem höchsten Einsatz an [[Chemikalie]]n. Auf Baumwolle entfielen 1999/2000 etwa elf Prozent des weltweiten [[Pestizid]]marktes.<ref name="Pan-Germany">''pan-germany.org: Probleme im konventionellen Baumwollanbau [http://www.pan-germany.org/download/br_konv.pdf (PDF)]''</ref> Daher gilt sie unter Umweltschutzaspekten als sehr bedenklich. Auch der [[Wasserverbrauch]] ist als sehr problematisch anzusehen. Besonders bekannt wurde in diesem Zusammenhang der [[Aralsee]], der seit den späten 1960er Jahren stark an Wasser verloren hat, da eine große Menge Wasser zu Bewässerungszwecken für den Baumwollanbau abgezweigt wird, bevor es den See erreichen kann. Dies führte zu einer weitreichenden [[Versalzung]]. Einige Baumwollbauern setzen auf [[Ökologische Landwirtschaft|ökologischen Anbau]], so dass es heute auch Bio-Baumwollprodukte auf dem Markt gibt. Anfang 2010 wurde die Textilbranche von groß angelegtem Betrug mit angeblicher Biobaumwolle erschüttert, ein großer Teil der aus [[Indien]] stammenden Biobaumwolle wurde gentechnisch verändert. Der Betrug wurde bereits im April 2009 von indischen Behörden aufgedeckt. Zusammen mit westlichen Zertifizierungsunternehmen haben zahlreiche Dörfer gentechnisch veränderte Baumwolle als [[Bioprodukt]] deklariert und in großen Mengen in Umlauf gebracht – ein klarer Verstoß gegen die strengen Standards für Ökotextilien. Von dem Betrug betroffen sind namhafte Handelsketten wie [[H&M]], [[C&A]] und [[Tchibo]].<ref>{{cite web|url=http://www.yaacool-bio.de/index.php?article=2251|publisher=YaaCool-Bio|author=Birke Resch|title=Angebliche Biobaumwolle aus Indien ist gentechnisch verändert.|date=6. Februar 2010|accessdate=13. Mai 2010}}</ref> Nach einem jahrelangen Anstieg der Produktion erfolgte 2011 ein Einbruch um über ein Drittel.<ref>prweb.com: [http://www.prweb.com/releases/textileexchange/farmfiber/prweb9419625.htm Organic Cotton Production Dips 35%]</ref> 2008 betrug der Marktanteil 0,5 Prozent.<ref>pan-germany.org: [http://www.pan-germany.org/deu/projekte/cotton_connection.html Die Cotton Connection]</ref>

Der kleinflächige Anbau von Baumwolle ist in vielen Entwicklungsländern ein wesentlicher Bestandteil der jeweiligen Volkswirtschaften und stellt den größten Exportwert und für viele Bauern die primäre [[Cash Crops|Cash Crop]] dar.

Die weltweit bedeutendsten Baumwollproduzenten sind die [[Volksrepublik China]], [[Indien]], die [[USA]], und [[Pakistan]]. In [[Europa]] ist [[Griechenland]] das einzige Land mit einer größeren Produktionsmenge (Platz&nbsp;10 der Weltrangliste), gefolgt von Spanien mit einer geringeren Menge<ref>Europäische Kommission: [http://ec.europa.eu/agriculture/capreform/cotton/index_de.htm Reform der Stützungsregelung für Baumwolle] (abgerufen am 5. Juni 2010)</ref> – die [[Türkei]] wird hier zu den [[Asien|asiatischen]] Nationen gezählt, da die Hauptanbauflächen in Asien liegen. Generell lässt sich sagen, dass die meiste Baumwolle geographisch gesehen zwischen den 43 Grad nördlicher und 36 Grad südlicher Breite gelegenen tropischen und subtropischen Gebieten Mittelamerikas, Indiens und Asiens – dem sog. Baumwollgürtel, angebaut wird.

== Baumwolle und Klima ==
Baumwollanbau trägt insbesondere durch den hohen Verbrauch an [[Mineraldünger]] und [[Pestizid]]en erheblich zum weltweiten Kohlendioxid-Ausstoß bei. Durch die Herstellung eines Baumwoll-T-Shirts entstehen sieben bis neun Kilogramm Kohlendioxid (CO<sub><small>2</small></sub>).<ref> [http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/%5Cfuer-jedes-t-shirt-sieben-kilo-co2%5C/?type=98 "Für jedes T-Shirt sieben Kilo CO2"] ''die tageszeitung'', 19. Februar 2009</ref>

== Forschung ==
2010 wurde erstmals ein Baumwollgenom sequenziert. Das Genom dieser Wildsorte aus Peru (''Gossypium raimondii'') ist wesentlich einfacher aufgebaut als das der Kultursorten. Laut Forschern beim 5. Treffen der ''International Cotton Genome Initiative (ICGI)'' stellt dies einen bedeutenden Schritt dar auf dem Weg, über die vollständige Kenntnis neue, ertragreiche und widerstandsfähige Sorten zu züchten.<ref>seedquest.com: [http://www.seedquest.com/news.php?type=news&id_article=10787&id_region=&id_category=&id_crop= Cotton research community thrilled by genome sequencing announcement] (englisch)</ref><ref>prlog.org: [http://www.prlog.org/10948138-monsanto-and-illumina-reach-key-milestone-in-sequencing-of-cotton-genome.html Monsanto And Illumina Reach Key Milestone In Sequencing Of Cotton Genome] (englisch)</ref>

== Produktionsvolumen 2008/2009 ==
[[Datei:Cotton sofa.JPG|miniatur|Verarbeitete Baumwolle als Sofabezug]]

2008/2009 wurden weltweit insgesamt 24,574&nbsp;Mio. t Baumwolle produziert (nur Lint ohne Linter, s.o.), die sich wie folgt auf die verschiedenen Anbauregionen und Länder verteilen:

{| class="wikitable sortable"
|+Die größten Baumwollproduzenten (2008/09)<ref>USDA (United States Department of Agriculture): Foreign Agricultural Service – Production, Supply and Distribution Online [http://www.fas.usda.gov/psdonline/psdHome.aspx]</ref>
|-
! Rang
! Land
! Produktion (in Tsd. [[Tonne (Einheit)|t]])
! Anteil
|-
| 1 || [[Volksrepublik China|China]] || align="right" | 7.947 || align="right" | 32,34 %
|-
| 2 || [[Indien]] || align="right" | 5.443 || align="right" | 22,15 %
|-
| 3 || [[USA]] || align="right" | 2.945 || align="right" | 11,99 %
|-
| 4 || [[Pakistan]] || align="right" | 1.960 || align="right" | 7,97 %
|-
| 5 || [[Brasilien]] || align="right" | 1.361 || align="right" | 5,54 %
|-
| 6 || [[Usbekistan]] || align="right" | 1.110 || align="right" | 4,52 %
|-
| 7 || [[Türkei]] || align="right" | 501 || align="right" | 2,04 %
|-
| 8 || [[Australien]] || align="right" | 283 || align="right" | 1,15 %
|-
| 9|| [[Turkmenistan]] || align="right" | 283 || align="right" | 1,15 %
|-
| 10 || [[Griechenland]] || align="right" | 240 || align="right" | 0,97 %
|-
| 11 || [[Syrien]] || align="right" | 207 || align="right" | 0,84 %
|-
| 12 || [[Argentinien]] || align="right" | 201 || align="right" | 0,82 %
|-
| 13 || [[Burkina Faso]] || align="right" | 185 || align="right" | 0,75 %
|-
| 14 || [[Mexiko]] || align="right" | 148 || align="right" | 0,60 %
|-
| 15 || [[Ägypten]] || align="right" | 125 || align="right" | 0,51 %
|- class="sortbottom"
! !! style="text-align:left;" | weltweit !! style="text-align:right;" | 24.574 !! style="text-align:right;" | 100,00 %
|}

== Recycling ==
Baumwolle hat den [[Recycling-Code]]-60 (TEX).

== Literatur ==
* ''[[Brockhaus Enzyklopädie]] in 24 Bänden.'' 19. Auflage. F. A. Brockhaus, Mannheim 1994, ISBN 3-7653-1200-2.
* Michael D. Coe (Hrsg.), Dean Snow, Elizabeth Benson: ''Weltatlas der alten Kulturen. Amerika vor Kolumbus.'' S. 204. Christian Verlag, München 1986, ISBN 3-88472-107-0.
* D. A. Farnie, D.J.Jeremy (Hrsgs.): "The Fibre that Changed the World. The Cotton Industry in International Perspective, 1600-1990s", Oxford University Press, New York 2004.
* Wolfgang Haberland: ''Amerikanische Archäologie''. WBG, Darmstadt 1991, ISBN 3-534-07839-X.
* [[Herder-Lexikon der Biologie]], 7 Bde. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1994, ISBN 3-86025-156-2.
* [[Walter Jens]] (Hrsg.): [[Kindlers neues Literatur-Lexikon]]. Kindler Verlag, München /Komet Verlag Frechen 1988/1998, ISBN 3-89836-214-0.
* [[Hans Läng]]: ''Kulturgeschichte der Indianer Nordamerikas.'' Gondrom Verlag, Bindlach 1993, ISBN 3-8112-1056-4.
* ''Lexikon der Kunst'', 7 Bde. Seemann Verlag, Leipzig 1994, ISBN 3-86502-084-4.
* C. Wayne Smith, J. Tom Cothren: ''Cotton: Origin, History, Technology, and Production'', Wiley 1999, ISBN 978-0-471-18045-6.
* ''Websters Third Dictionary:'' Encyclopedia Britannica/Merriam-Webster Inc., Chicago 1986, ISBN 0-85229-503-0.
* ''The New [[Encyclopædia Britannica]].'' 15. Auflage. Encyclopædia Britannica Inc., Chicago 1993, ISBN 0-85229-571-5.

== Weblinks ==
{{Commons|Gossypium|Baumwolle}}
{{Wiktionary|Baumwolle}}
* [http://www.icac.org International Cotton Advisory Committee (englisch)]
* [http://r0.unctad.org/infocomm/anglais/cotton/sitemap.htm Informationen zu Baumwolle der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (englisch)]
* [http://www.agrocel-cotton.com/english/en_glossary_of_terms.html Glossar von Baumwoll-Fachbegriffen (englisch)]
* [http://www.tis-gdv.de/tis/ware/fasern/baumwoll/baumwoll.htm Baumwollinformationen des Transport-Informations-Service]

== Einzelnachweise ==
<references />

== Siehe auch ==
* [[Baumwollbörse]]
* [[Bremer Baumwollbörse]]
* [[Liste ehemaliger Baumwollspinnereien]]

[[Kategorie:Baumwolle| ]]
[[Kategorie:Ölpflanze]]
[[Kategorie:Malvengewächse]]

{{Link FA|hu}}
{{Link FA|kn}}

[[als:Baumwolle]]
[[am:ጥጥ]]
[[an:Gossypium]]
[[ar:قطن]]
[[ay:Qhiya]]
[[az:Pambıq]]
[[be:Бавоўна]]
[[be-x-old:Бавоўна]]
[[bg:Памук]]
[[bjn:Kapas]]
[[br:Kotoñs]]
[[bs:Pamuk]]
[[ca:Cotó]]
[[chy:Vóhpeeva]]
[[cs:Bavlna]]
[[cy:Cotwm]]
[[da:Bomuld]]
[[el:Βαμβάκι]]
[[en:Cotton]]
[[eo:Kotono]]
[[es:Gossypium]]
[[et:Puuvill]]
[[eu:Kotoi]]
[[fa:پنبه]]
[[fi:Puuvilla]]
[[fiu-vro:Puuvill]]
[[fr:Coton]]
[[gd:Cotan]]
[[gl:Algodón]]
[[gn:Mandyju]]
[[gu:કપાસ]]
[[gv:Cadee]]
[[he:כותנה]]
[[hi:कपास]]
[[hr:Pamuk]]
[[hsb:Bałmowc]]
[[ht:Koton]]
[[hu:Pamut]]
[[ia:Coton]]
[[id:Kapas]]
[[io:Kotono]]
[[is:Baðmull]]
[[it:Cotone (fibra)]]
[[ja:木綿]]
[[kk:Мақта]]
[[kn:ಹತ್ತಿ]]
[[ko:목화]]
[[ku:Pembû]]
[[la:Xylinon]]
[[ln:Ntokíya]]
[[lt:Medvilnė]]
[[lv:Kokvilna]]
[[ml:പരുത്തി]]
[[mr:कापूस]]
[[ms:Kapas]]
[[my:ဝါပင်]]
[[ne:कपास]]
[[new:कपाय्‌]]
[[nl:Katoen]]
[[nn:Bomull]]
[[no:Bomull]]
[[nv:Ndikʼąʼ]]
[[oc:Coton]]
[[pa:ਬੋਲਗਾਰਡ ਨਰਮਾ]]
[[pcd:Couton]]
[[pl:Bawełna (włókno)]]
[[pnb:کپاع]]
[[pt:Algodão]]
[[qu:Utku]]
[[ru:Хлопок]]
[[rue:Бавовна]]
[[scn:Cuttuni]]
[[sh:Pamuk]]
[[simple:Cotton]]
[[sk:Bavlna]]
[[sl:Bombaž]]
[[sn:Donje]]
[[sr:Памук]]
[[sv:Bomull]]
[[sw:Pamba]]
[[ta:பருத்தி]]
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[[tt:Мамык]]
[[uk:Бавовна]]
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[[zh-yue:棉花]]

Version vom 5. September 2012, 13:05 Uhr