Wiener Flaktürme

Die Wiener Flaktürme sind sechs große, aus Stahlbeton errichtete Abwehr- und Schutzbauten in Wien, die in den Jahren 1942-1945 als riesige Luftschutzanlagen mit aufmontierten Flugabwehrgeschützen erbaut wurden. Der Architekt der Flaktürme war Friedrich Tamms (1904 - 1980).

Allgemeines

Lage der Wiener Flaktürme im Dreieck um das Stadtzentrum

Das System der Wiener Flaktürme besteht aus insgesamt sechs Bauwerken, drei Gefechtstürmen mit jeweils einem Feuerleitturm. Die drei Bunkerpaare sind in einem Dreieck angeordnet, in dessen ungefährer Mitte sich der Stephansdom befindet (siehe Bild). Die Türme sind unterschiedlich hoch, jedoch befinden sich ihre oberen Plattformen in exakt der selben Seehöhe, sodass eine Gesamtkoordinierung der Luftabwehr ermöglicht wurde. Der maximale Einsatzradius der vier Hauptgeschütze (12,8 cm Zwilling) jedes Turmes betrug unter idealen Bedingungen 20 km. Auf den kleineren Plattformen der Gefechts- und Feuerleittürme waren meist 2 cm Flugabwehrgeschütze stationiert.

Neben ihrer militärischen Besatzung dienten die Flaktürme in Wien als provisorische Hospitäler, beherbergten Radiosender und teilweise kriegswichtige technische Betriebe und boten in großem Umfang Luftschutzräume für die Bevölkerung.

Heute befinden sich die Türme teilweise im Besitz der Stadt Wien und teilweise im Besitz der Republik Österreich. Es hat mehrmals Versuche gegeben, die Flaktürme umzubauen und nutzbar zu machen. Die Ideen reichen vom Depot für Sicherheitskopien wichtiger Daten bis zu einem Kaffeehaus oder Hotel.

Planung

Nach dem die Kämpfe des Zweiten Weltkriegs auch immer mehr auf Wien übergriffen, ordnete Adolf Hitler am 9. September 1942 den Bau von Flaktürmen in Wien an. Die Luftwaffenführung sah dazu als Bauplätze die Schmelz (Wien), den Prater und Floridsdorf vor. Hitler lehnte diese Orte aber ab, da das Stadtzentrum durch die großen Abstände nicht ausreichend geschützt gewesen wäre. Nach Besprechungen mit Reichsstatthalter Baldur von Schirach wurden die endgültige Standorte festgelegt. Statt des Augartens war allerdings anfänglich die Roßauer Kaserne im Gespräch.

Wie bei allen Flaktürmen war Friedrich Tamms für die Planung verantwortlich, er wurde in Wien durch Anton Ruschitzka vertreten, die Bauleitung hatte Franz Fuhrmann vom Wiener Stadtbauamt inne. Die militärische Leitung lag bei Major Wimberger, der jedoch über keinen Einsatzstab verfügte. Die Materialbeschaffung erfolgte durch die Organisation Todt.

Paar 1: Arenbergpark

Gefechtsturm Arenbergpark
Projekt CAT-Tower von Peter Noever, Sepp Müller und Michael Embacher (Modell)

Das Flakturmpaar im Wiener Arenbergpark (Bezirk Landstraße) trägt den Codenamen "Baldrian". Die Errichtung fand von Dezember 1942 bis Oktober 1943 statt, wobei beide Türme in der Bauart II mit neun Stockwerken ausgeführt wurden.

Heute ist der Objekteigentümer des Gefechtsturms die Republik Österreich, er wird dementsprechend von der Burghauptmannschaft verwaltet, während der Leitturm im Besitz der Stadt Wien ist, für ihn zuständig ist die MA 23 (Amtsgebäudeverwaltung). Der Grund des Arenbergparks selbst, auf dem die Türme stehen, gehört ist indes vollständig der Stadt Wien.

Der Leitturm beherbergt seit 1992 im Erdgeschoß ein Gerätelager der MA 42 (Stadtgartenamt) und wird seit 2002 für eine Antennenanlage verwendet. Er hat vollkommen intakte Innenstrukturen.

Der Gefechtsturm beherbergt zum einen heute ein Depot des Museums für Angewandte Kunst, zum anderen fungiert der Flakturm selbst als Kunstprojekt, genannt CAT - Contemporary Art Tower[1]. Er ist im Rahmen von Ausstellungen und Events begehbar[2].

Technische Daten

Vorlage:Highlight1 |BeschreibungVorlage:Highlight1 |GefechtsturmVorlage:Highlight1 |Leitturm
Fundamentausmaß [m²]3.8441.938
Verbaute Fläche [m²]3.249885
Nutzfläche [m²]12.6303.565
Grundfläche [m x m]47,0 x 47,038,0 x 19,0
Höhe [m]4239
Turmmasse / Nutzlast [t]178.40062.800
Geo-KoordinatenKoordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:48_11_55_N_16_23_32_E_type:landmark_region:AT-9, 2:48° 11' 55" N,
16° 23' 32" O
Koordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:48_11_53_N_16_23_25_E_type:landmark_region:AT-9, 2:48° 11' 53" N,
16° 23' 25" O

Paar 2: Stiftskaserne / Esterházypark

Gefechtsturm Stiftskaserne

Dieses Flakturmpaar besteht aus dem Leitturm im Esterházypark (Bezirk Mariahilf) und dem Gefechtsturm in der Wiener Stiftskaserne (Bezirk Neubau). Die Türme wurden in der Zeit von Oktober 1943 bis Juli 1944 errichtet, wobei sie bereits in der Bauart III ausgeführt wurden. Der Leitturm ist mit seinen elf Stockwerken höher gebaut als der Gefechtsturm mit 9 Stockwerken, damit beide Türme trotz unterschiedlichem Bodenniveau auf selber Seehöhe sind.

Heute ist der Leitturm, der im Esterházypark auf öffentlichem Grund der Stadt Wien steht, vollständig im Besitz der Gemeinde. Dementsprechend ist die MA 23 (Amtshäuserverwaltung) für ihn zuständig. Er beherbergt heute das Haus des Meeres, hat eine Kletterwand an der Aussenseite sowie markante Anti-Kriegs-Sprüche am oberen Teil seiner Fassade, die 1991 im Rahmen der Wiener Festwochen nach einem Projekt des amerikanischen Künstlers Lawrence Weiner dort angebracht wurden. Im Keller ist ein Foltermuseum untergebracht.

Der Gefechtsturm hingegen ist im Besitz der Republik Österreich, schließlich ist die Stiftskaserne eine militärische Bundeseinrichtung auf einem Bundesgrundstück. Somit wird er von der Heeresgebäudeverwaltung verwaltet. Er wird vom Kommando Führungsunterstützung des österreichischen Bundesheeres genutzt und ist als schnell erreichbare Notunterkunft für die österreichische Staatsspitze vorgesehen.

Technische Daten

Vorlage:Highlight1 |BeschreibungVorlage:Highlight1 |GefechtsturmVorlage:Highlight1 |Leitturm
Fundamentausmaß [m²]2.120651
Verbaute Fläche [m²]?488
Nutzfläche [m²]?1.915
Grundfläche47m Ø31,0m x 15,0m
Höhe [m]4547
Turmmasse / Nutzlast [t]132.00050.250
Geo-KoordinatenKoordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:48_11_51_N_16_21_09_E_type:landmark_region:AT-9, 2:48° 11' 51" N,
16° 21' 09" O
Koordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:48_12_06_N_16_21_21_E_type:landmark_region:AT-9, 2:48° 12' 06" N,
16° 21' 21" O

Paar 3: Augarten

Gefechtsturm Augarten

Das Flakturmpaar im Wiener Augarten (Bezirk: Leopoldstadt) trägt den Codename "Peter". Gefechts- und Feuerleitturm wurden in der Zeit von Juli 1944 bis Jänner 1945 nach Bauart III errichtet. Der Gefechtsturm ist mit seinen 13 Stockwerken um zwei Meter höher als der zwölfstöckige Leitturm, um deren Plattformen auf selbes Niveau zu bringen. Es handelt sich um die zuletzt errichteten, und dementsprechend am weitesten entwickelten Flaktürme des Dritten Reiches. Besonders markant sind die Betonstützen an der Aussenseite für eine einfachere Wartung bzw. Reparatur der Plattformen.

Beide Türme sind - ebenso wie der Grund auf dem sie stehen - im Besitz der Republik Österreich und werden von der Burghauptmannschaft verwaltet. Sowohl Leit- als auch Gefechtsturm stehen leer und werden nicht genutzt.

Der Innenraum des Gefechtsturmes ist stark beschädigt. Grund dafür ist, dass es 1946 zu einer schweren Explosion der im oberen Stockwerk gelagerten Munition kam, vermutlich ausgelöst durch spielende Kinder. Seit Mai 2006 ist der Turm großräumig abgesperrt, weil durch eine Schuttverlagerung im Inneren als Spätfolge der Explosion eine Außenwand nach außen gedrückt wurde. Dadurch besteht die Gefahr, dass eine Plattform einstürzt. Die Sanierung wird voraussichtlich bis Dezember 2006 dauern.

Zuweilen gab es Pläne einer Datenverarbeitungsfirma, den beschädigten Gefechtsturm in ein IT-Datencenter umzubauen. Der ursprünglich abschlägige Bescheid des Bundesdenkmalamts (sowohl die Flaktürme als auch der Augarten selbst stehen unter Denkmalschutz!) wurde nach langem hin und her vom übergeordneten Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur aufgehoben. Dennoch dürfte dieses Projekt als endgültig gescheitert betrachtet werden: Seitens der Stadt Wien gibt es keinerlei Bestrebungen, Teile der historischen Parkanlage in Bauland umzuwidmen. Auch seitens der ansässigen Bevölkerung stieß das Projekt auf breite Ablehnung, da mit dem Ausbau des Gefechtsturms zu einem IT-Datencenter auch eine Aufstockung des Turm um drei vollverglaste, in der Nacht hell erleuchtete Stockwerke einhergegangen wäre. Weitere Kritikpunkte waren mit dem Projekt einhergehende Notwendigkeiten wie die Öffnung von Teilen des Augartens für Zulieferverkehr und die Abgasbelästigung durch Diesel-Notstromgeneratoren.

Technische Daten

Vorlage:Highlight1 |BeschreibungVorlage:Highlight1 |GefechtsturmVorlage:Highlight1 |Leitturm
Fundamentausmaß [m²]2.120651
Verbaute Fläche [m²]1.475510
Nutzfläche [m²]11.0002.925
Grundfläche43,0m Ø31,0m x 15,0m
Höhe [m]5553
Turmmasse / Nutzlast [t]149.10055.550
Geo-KoordinatenKoordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:48_13_40_N_16_22_41_E_type:landmark_region:AT-9, 2:48° 13' 40" N,
16° 22' 41" O
Koordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:48_13_33_N_16_22_22_E_type:landmark_region:AT-9, 2:48° 13' 33" N,
16° 22' 22" O

Bunker: Gerichtsgasse

Bunker Gerichtsgasse

In der Floridsdorfer Gerichtsgasse 1B (Koordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:48_15_41_N_16_23_48_E_type:landmark_region:AT-9, 2:48° 15' 41" N, 16° 23' 48" O ) befindet sich ein unvollendeter Bunkerbau, der von der Grafik Wien (Stadtkartographie) teils als Flakturm, teils als Bunker bezeichnet wird. Der ursprüngliche Zweck des Baues ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt. Er ist kleiner als die drei Gefechtstürme und hat keinen eigenen Feuerleitstand, war daher vermutlich keine Flakstellung, sondern ein Luftschutzbau für die zahlreichen umliegenden Industrie- und Werksgebiete. Die Errichtung eigener Bunkeranlagen zur Verteidigung wäre aufgrund der umliegenden freien Wiesen im Hinblick auf den baulichen und betrieblichen Aufwand einer Flakturmanlage vermutlich in diesem Gebiet ohnehin nicht ökonomisch gewesen. Der Bau hat zahlreiche Öffnungen auf der Außenseite und von den ehemals sechs Zugängen sind heute fünf zugemauert. Seiner äußeren Erscheinung nach steht der Bunker heute leer.

Quellen

  1. www.mak.at, Portrait des Contemporary Art Tower (CAT), 20. Juli 2006
  2. www.mak.at, Öffnungszeiten Gegenwartskunstdepot Gefechtsturm Arenbergpark, 20. Juli 2006
Commons: Wiener Flaktürme – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Rudolf Hauptner, Zur Baugeschichte der Flaktürme in Wien, in Wiener Geschichtsblätter 57 (2/2002), S.107
  • Erich Pieler (2002): Wiener Flaktürme ISBN 3-902015-46-2
  • Ute Bauer, Die Wiener Flaktürme im Spiegel österreichischer Erinnerungskultur, Phoibos Verlag, Wien 2003, ISBN 3-901232-42-7