„Wuestenstrom“ – Versionsunterschied

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Mit Verweis auf die Bibel sieht sich Wüstenstrom nach dem Lebensentwurf der Ehe von Frau und Mann verpflichtet, will nach eigenen Angaben aber auch anderen Lebensentwürfen mit Respekt begegnen. Unklar ist vor diesem Hintergrund, wie die Organisation ihre Zusammenarbeit mit Organisationen in den USA erklärt, die bis zur Entscheidung des [[Supreme Court]]s im Fall "Lawrence v. Kansas" für die Beibehaltung der Kriminalisierung von homosexuellen Handlungen plädierten.
Mit Verweis auf die Bibel sieht sich Wüstenstrom nach dem Lebensentwurf der Ehe von Frau und Mann verpflichtet, will nach eigenen Angaben aber auch anderen Lebensentwürfen mit Respekt begegnen. Unklar ist vor diesem Hintergrund, wie die Organisation ihre Zusammenarbeit mit Organisationen in den USA erklärt, die bis zur Entscheidung des [[Supreme Court]]s im Fall "Lawrence v. Kansas" für die Beibehaltung der Kriminalisierung von homosexuellen Handlungen plädierten.


Auch inwiefern dies auf ein politisches Flugblatt gegen die rechtliche Anerkennung lesbischer und schwuler Partnerschaften angewendet werden kann, ist unklar. So hat die Seelsorgeorganisation Wüstenstrom Schweiz im September 2000 eine Broschüre mit dem Titel „Homo-Ehe?! Nein zum Ja-Wort – 8 Thesen zum Bundesgesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare“ verteilt<ref>[http://www.lsbk.ch/zwischenraum/Stellungnahme_von_Udo_Rauchfleisch.asp Stellungnahme zur Broschüre „Homo-Ehe?! Nein zum Ja-Wort“ der Seelsorgeorganisation Wüstenstrom]</ref>, mit der man nach eigenen Angaben politisch gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz Einfluss nehmen will und spricht vom „[[gay agenda|Diktat]] der [[Lesben- und Schwulenbewegung|Schwulenbewegung]]“.<ref name="Flugblatt">Wuestenstrom Schweiz: ''"Schwulen-Ehe!?" Nein zum Ja-Wort. 8 Thesen zum Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare.'' 2005.</ref> Wuestenstrom schreibt in der Broschüre unter anderem: „Das Gesetz bedeutet eine wesentliche Gefährdung der Entwicklung unserer Kinder“.<ref name="Flugblatt"/> Nach Angaben der ''American Psychological Association'' ist eine solche Behauptung durch die Forschungsergebnisse widerlegt. So seien Kinder, die bei schwulen oder lesbischen Eltern aufwachsen, genauso gesund wie Kinder in traditionellen Familien. Zudem habe der Umstand, lesbische oder schwule Eltern zu haben, weder Einfluss auf den schulischen Erfolg noch auf die sexuelle Orientierung von Kindern.<ref>[http://www.apa.org/topics/orientation.html#goodparents Können Lesben, Schwule und Bisexuelle gute Eltern sein?]</ref><ref>[http://www.apa.org/monitor/dec05/kids.html The kids are all right]</ref> <ref>[http://www.apa.org/monitor/nov04/action.html Gleichgeschlechtliche Ehe und Elternschaft]</ref>
Auch inwiefern dies auf ein politisches Flugblatt gegen die rechtliche Anerkennung lesbischer und schwuler Partnerschaften angewendet werden kann, ist unklar. So hat die Seelsorgeorganisation Wüstenstrom Schweiz im September 2000 eine Broschüre mit dem Titel „Homo-Ehe?! Nein zum Ja-Wort – 8 Thesen zum Bundesgesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare“ verteilt<ref>[http://www.lsbk.ch/zwischenraum/Stellungnahme_von_Udo_Rauchfleisch.asp Stellungnahme zur Broschüre „Homo-Ehe?! Nein zum Ja-Wort“ der Seelsorgeorganisation Wüstenstrom]</ref>, mit der man nach eigenen Angaben politisch gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz Einfluss nehmen will und spricht vom „[[gay agenda|Diktat]] der [[Lesben- und Schwulenbewegung|Schwulenbewegung]]“.<ref name="Flugblatt">Wuestenstrom Schweiz: ''"Schwulen-Ehe!?" Nein zum Ja-Wort. 8 Thesen zum Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare.'' 2005.</ref> Wuestenstrom schreibt in der Broschüre unter anderem: „Das Gesetz bedeutet eine wesentliche Gefährdung der Entwicklung unserer Kinder“.<ref name="Flugblatt"/> Die ''American Psychological Association'' hält eine solche Behauptung durch Forschungsergebnisse für widerlegt. So seien Kinder, die bei schwulen oder lesbischen Eltern aufwachsen, genauso gesund wie Kinder in traditionellen Familien. Zudem habe der Umstand, lesbische oder schwule Eltern zu haben, weder Einfluss auf den schulischen Erfolg noch auf die sexuelle Orientierung von Kindern.<ref>[http://www.apa.org/topics/orientation.html#goodparents Können Lesben, Schwule und Bisexuelle gute Eltern sein?]</ref><ref>[http://www.apa.org/monitor/dec05/kids.html The kids are all right]</ref> <ref>[http://www.apa.org/monitor/nov04/action.html Gleichgeschlechtliche Ehe und Elternschaft]</ref>


Gegen kritische Journalisten, die von "Umpolung" im Zusammenhang mit Wüstenstrom berichten, geht der Verein mit juristischen Mitteln vor, bislang nur mit vorübergehendem Erfolg.<ref> [http://www.taz.de/regional/nord/nord-aktuell/artikel/?dig=2008%2F05%2F10%2Fa0124&src=UA&cHash=a4f2dc91c0 taz 10.05.2008] </ref>
Gegen kritische Journalisten, die von "Umpolung" im Zusammenhang mit Wüstenstrom berichten, geht der Verein mit juristischen Mitteln vor, bislang nur mit vorübergehendem Erfolg.<ref> [http://www.taz.de/regional/nord/nord-aktuell/artikel/?dig=2008%2F05%2F10%2Fa0124&src=UA&cHash=a4f2dc91c0 taz 10.05.2008] </ref>

Version vom 28. Juni 2008, 14:57 Uhr

Die christliche Organisation Wüstenstrom mit Sitz in Tamm, Baden-Württemberg bietet Beratungen, Seminare und Selbsthilfegruppen für Menschen an, die Beziehungen, „ihre Identität als Frau oder als Mann“ oder ihre Sexualität konflikthaft erleben.[1]

Sie ist besonders bekannt für ihre kontroverse Arbeit, die auf der These beruht, Homosexualität sei Symptom eines tiefeliegenden, therapierbaren und heilbaren Problems.[2] Aufgrund Ihrer evangelikal-konservativen christlichen Prägung ordnet sie praktizierte Homosexualität als Sünde im Sinne der Bibel ein. Wüstenstrom wird deshalb der Ex-Gay-Bewegung zugeordnet.

Geschichte

1990 erhielt Günter Baum den Auftrag, in Deutschland als Angestellter von Elops die Living–Waters–Seelsorgeinitiative "Wüstenstrom" (genannt nach Andrew Comiskeys Desert Stream Ministries) als Arbeitszweig von Elops aufzubauen, wofür er auch von Comiskey offiziell eingesetzt wurde. In den nächsten Jahren entstanden in Deutschland durch Baums Arbeit einige Living–Waters–Gruppen. Günter Baum hatte zuvor beim christlich diakonischen Verein Elops in den USA von Comiskey das Living–Waters–Seelsorgekonzept und dessen seelsorgerliche Arbeit im Aids-Bereich kennengelernt. Heute ist Baum ein Ex-Ex-Gay.

Unabhängig davon arbeitete Diplom-Sozialarbeiter Markus Hoffmann nach einem vorläufigen Selbsthilfekonzept mit einer Gruppe von homosexuellen Männern an einer Veränderung ihrer sexuellen Orientierung.

1994 trafen Baum und Hoffmann auf einem internationalen Symposium zusammen, daraus entwickelten sich Pläne für eine gemeinsame Arbeit. Baum, als Pflegepädagoge, lag besonders die Betreuung von aidskranken Homosexuellen am Herzen. Bei Hoffmann, einem Sozialarbeiter und Diakon, stand die Entwicklung eines Beratungsansatzes für Menschen mit gleichgeschlechtlichen Neigungen im Vordergrund.

Nach einem homosexuellen "Rückfall" konnte Baum die Arbeit nicht weiterführen, da Desert Stream Ministries von ihren nationalen Leitern jahrelange homosexuelle Abstinenz verlangt. Im Einvernehmen entschieden sich Elops, Baum und Hoffmann, die Arbeit an Hoffmann zu übergeben. Baum unterzog sich in Berlin eine Therapie, um seinen weiteren Lebensweg zu klären und entschied sich in der Folge, seine Homosexualität als Christ zu leben. Er gründete den Verein Zwischenraum, der homosexuellen Christen Unterstützung bei der Selbstannahme einschließlich ihrer sexuellen Orientierung gibt. Dem Living–Waters–Konzept steht er heute sehr kritisch gegenüber. Gemäß einer gemeinsamen Erklärung sind Baum und Hoffmann heute an einem kritischen Dialog miteinander interessiert und verwahren sich beide gegen eine Instrumentalisierung durch effektheischerische Medien[3].

Hoffmann widmet sich seit dem Jahr 1997 in Vollzeit der Arbeit mit Wüstenstrom. Im Jahr 2000 wurde Wüstenstrom ein eingetragener Verein.

Im Jahr 2004 wurde Wüstenstrom Schweiz gegründet, geleitet von Rolf und Ria Rietmann. [4][5]

Wie auch bei Desert Stream in den USA, kam neben der Arbeit mit Homosexuellen die Arbeit mit Menschen dazu, die sexuellen Missbrauch oder psychischen Missbrauch durch Geistliche erlebt haben, mit Pornografie- und Sexsüchtigen sowie mit Menschen, die allgemein Probleme mit dem Selbstwertgefühl haben.

Arbeitsbereiche

Die Arbeit von Wüstenstrom gliedert sich in drei Bereiche.

Selbsthilfe Aufbruch Leben

Aufbruch Leben ist ein Selbsthilfe-Seelsorgeprogramm für die Gemeindearbeit, das von unterschiedlichen evangelikalen Gemeinden durchgeführt wird. Es handelt sich um ein von Markus Hoffmann umgearbeitetes Nachfolgeprogramm von Living Waters, das im Gegensatz zu Living Waters nicht mehr speziell für Homosexuelle konzipiert ist.

Das Programm richtet sich laut Wüstenstrom an Menschen, die Probleme mit ihrer Sexualität oder ihrem Frau-/Mann-Sein haben, die sexuelle Traumata verarbeiten müssen, oder die ihre Beziehungen klären und ihre Beziehungsfähigkeit verbessern wollen. Wüstenstrom Schweiz bietet ein spezielles zwanzigwöchiges Programm für Sexsüchtige im Rahmen einer geschlossenen Kleingruppe an.

Aufbruch Leben besteht aus drei Kursmodulen von je etwa zehn Wochen, geleitet von ehrenamtlichen Mitarbeitern, die Wüstenstrom ausgebildet hat. Laut Wüstenstrom gibt es heute rund 450 ehrenamtliche Mitarbeiter mit dieser Ausbildung. In den drei Kursmodulen geht es um Gottesbeziehung, persönliche Reife, Lebenskonflikte, Vergebung, und Beziehungsfähigkeit.[6]

Beratende und begleitende Arbeit

Wüstenstrom bezeichnet diesen Arbeitsbereich als Lebensberatung und bietet dabei Einzelseminare, Gruppenarbeit und Intensivseminare für spezifische Probleme an. Die Beratung richtet sich laut Wüstenstrom an Menschen, die ihre Sexualität als konflikthaft empfinden oder die in ihrer Identität verunsichert sind. [7]

Beratung zur Homosexualität

Im besonderene Interesse der Öffentlichkeit ist in diesem Rahmen Wüstenstroms Beratung zur Homomosexualität.

Wüstenstrom selbst betont, dass Homosexualität nach medizinisch/psychiatrischen Kriterien keine Krankheit sei und dass sie bei der Begleitung Menschen, die unter ihrer homosexuellen Empfindungen leiden, nicht das Ziel hätten, "letztlich doch wieder Homosexualität als Krankheit darzustellen oder als solche zu behandeln."[8] Wüstenstrom bietet nach eigenen Angaben eine ergebnisoffene Beratung an und habe sich ausdrücklich verpflichtet "die Entscheidung eines Menschen, in welcher Form er seine sexuelle Orientierung auslebt, zu respektieren."[9] Bei der Homosexualität handle es sich um eine Sache, die in den Entscheidungsbereich des Menschen falle. Um diese Entscheidung aber für alle Seiten flexibel zu halten, sei es ethisch geboten, für diejenigen nach therapeutischen Veränderungsmöglichkeiten zu fragen, die sich nicht für eine „homosexuelle Identität” entscheiden wollten, sondern eine Veränderung wünschten.[10]

Wüstenstrom meint, der Mittelpunkt konflikthaft erlebter Homosexualität sei, dass sich der homosexuell empfindende Mensch nach einer Stimme sehnte, die ihm zuverlässig darüber Auskunft gäbe, wer er sei. Letztlich sei er auf der Suche nach seiner Identität.[10]

Wüstenstrom lehnt es nach eigenen Angaben ab, mit Leuten zu arbeiten, die auf äußeren Druck hin eine Veränderung anstreben. Manipulative Umpolung wird ausdrücklich als schädlich und gefährlich gebrandmarkt.Referenzfehler: Es fehlt ein schließendes </ref>.

Neben der durch Wüstenstrom selbst durchgeführten Beratung hat Wüstenstrom nach eigenen Angaben in den letzten fünf Jahren über 60 Seelsorger und Therapeuten für den Beratungsbereich ausgebildet.

Finanzierung

Die Seminare und Beratungen werden durch Teilnehmerbeiträge finanziert. Diese können z.B. etwa 90 Schweizer Franken für ein Tagesseminar betragen, 180 Euro für einen 3-tägigen Intensivseminar, oder 50 Euro pro Stunde für eine Individualberatung[11]. Für langjähriger therapeutischer Betreuung können nach einzelnen Berichten auch größerer (z.B. vierstellige) Summen so zustande kommen. Ein Betroffener berichtet von Zahlungen von 4.000€ an Wüstenstrom.[12]

Ethik Kodex

Der Ethik-Kodex des Vereins wurde von drei österreichischen Universitätsprofessoren, die einen Kongress zum Thema "Therapeutisches Arbeiten bei ichdystoner Sexualorientierung" ausrichten wollten, geprüft, und "für eine vertretbare Position einer religiösen Organisation" befunden, "auch wenn sich die therapeutische Arbeit auf unseren beiden Kliniken von dieser Praxis deutlich unterscheidet."[13]

Öffentlichkeitsarbeit

Wüstenstrom befasst sich bei der Öffentlichkeitsarbeit mit Themen wie Partnerschaft und Sexualität, Homosexualität, Transsexualität, Pädophilie, sexuelle Sucht, Jugendsexualität, und sexuellem Missbrauch.

Mit Verweis auf die Bibel sieht sich Wüstenstrom nach dem Lebensentwurf der Ehe von Frau und Mann verpflichtet, will nach eigenen Angaben aber auch anderen Lebensentwürfen mit Respekt begegnen. Unklar ist vor diesem Hintergrund, wie die Organisation ihre Zusammenarbeit mit Organisationen in den USA erklärt, die bis zur Entscheidung des Supreme Courts im Fall "Lawrence v. Kansas" für die Beibehaltung der Kriminalisierung von homosexuellen Handlungen plädierten.

Auch inwiefern dies auf ein politisches Flugblatt gegen die rechtliche Anerkennung lesbischer und schwuler Partnerschaften angewendet werden kann, ist unklar. So hat die Seelsorgeorganisation Wüstenstrom Schweiz im September 2000 eine Broschüre mit dem Titel „Homo-Ehe?! Nein zum Ja-Wort – 8 Thesen zum Bundesgesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare“ verteilt[14], mit der man nach eigenen Angaben politisch gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz Einfluss nehmen will und spricht vom „Diktat der Schwulenbewegung“.[15] Wuestenstrom schreibt in der Broschüre unter anderem: „Das Gesetz bedeutet eine wesentliche Gefährdung der Entwicklung unserer Kinder“.[15] Die American Psychological Association hält eine solche Behauptung durch Forschungsergebnisse für widerlegt. So seien Kinder, die bei schwulen oder lesbischen Eltern aufwachsen, genauso gesund wie Kinder in traditionellen Familien. Zudem habe der Umstand, lesbische oder schwule Eltern zu haben, weder Einfluss auf den schulischen Erfolg noch auf die sexuelle Orientierung von Kindern.[16][17] [18]

Gegen kritische Journalisten, die von "Umpolung" im Zusammenhang mit Wüstenstrom berichten, geht der Verein mit juristischen Mitteln vor, bislang nur mit vorübergehendem Erfolg.[19]

Kritik

Die deutsche Bundesregierung sagt "speziell auf den ... Träger Wüstenstrom e. V. bezogen..., dass wir diesen Träger und seine Auffassung weder unterstützen noch teilen."[20]

Die evangelikale Auffassung des Vereins wird von anderen Weltanschauungen beispielsweise dem säkulären Humanismus und von einigen Strömungen innerhalb des Christentums kritisiert.

Der Ansatz von Wüstenstrom steht im Widerspruch zur wissenschaftlichen Mehrheitsposition, dass eine homosexuelle Orientierung nicht geändert, also in eine heterosexuelle Orientierung "umgewandelt" werden könne. Unter Psychologen wird die Ansicht vertreten, dass der Wunsch von Homosexuellen, ihre Orientierung zu ändern, nicht immer wirklich "freiwillig" sei, sondern auf sozialem Druck ihres Umfelds beruhe (s. auch: Heteronormativität). Psychiatrische und psychologische Verbände vor allem in den USA weisen deutlich auf die Gefahr einer schädigenden Wirkung für die Klienten durch Maßnahmen hin, mit denen Homosexuelle zu Heterosexuellen gemacht werden sollen. Im DSM-IV der American Psychiatric Association (APA), das auch in die Internationale Klassifikation von Krankheiten (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Eingang gefunden hat, wird - genauso, wie in den Selbstaussagen von Wüstenstrom - nicht Homosexualität als Störung aufgeführt, sondern die Ichdystone Sexualorientierung: die Ablehnung und Abwehr der eigenen sexuellen Orientierung. Diese Ablehnung beruht Psychologen und Psychotherapeuten zufolge auf einer sogenannten verinnerlichten Homophobie. So schreibt z. B. der Psychologe und Psychotherapeut Kurt Wiesendanger, dass „Umpolungstherapien“ Homosexueller einer menschenverachtenden Geisteshaltung entspringen würden und dass "krankhaft und daher therapiebedürftig [...] nicht die Homosexualität, sondern deren Abwehrform, die Homophobie" sei. Bezogen auf die sogenannte Therapie sagt er: "So leiden Lesben und Schwule, die sich „umpolen“ lassen wollen, an internalisierter Homophobie. Diese ist behandlungsbedürftig, jedoch keineswegs die sexuelle Orientierung selbst."[21]

Günter Baum, der Gründer der ersten Wüstenstrom-Organisation lebt heute wieder offen homosexuell. So erklärte er der Basler Zeitung im Jahr 2000: „Je länger je mehr wurde mir bewusst, dass ich vor der Wahl stand: Entweder ich bin fromm, 'asexuell' und psychoneurotisch oder ich lebe als Christ mein Schwulsein und bin psychisch gesund.“ Er kritisiert, dass die meisten Ex-Gays nicht akzeptieren, dass es „Kernhomosexuelle“ gibt, bezweifelt aber auch nicht, dass es Homosexuelle gibt, die ihr sexuelles Verhalten dauerhaft ändern können.[22] Günter Baum macht einen deutlichen Unterschied zwischen der heutigen Arbeit von Wüstenstrom und dem seinerzeit von ihm angewandten therapeutischen Ansatz von "Living Waters", den er scharf ablehnt.[3]

Anlässlich der Einladung Markus Hoffmanns zu einem Kongreß der Grazer Universitätsklinik für Psychiatrie im Oktober 2007 kam es zu Protesten seitens Homosexuellenverbänden, Psychiatern und Therapeuten. Die Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie kündigte an, sie werde sich von der Patronanz zurückziehen,[23] falls Hoffmann als eingeladener Referent auf dem Kongress nicht ausgeladen würde.[24] Diesen Schritt vollzog bereits die HOSI aus Protest.[25] In einer Stellungnahme erklärten die Veranstalter, dass sie sich von jeglicher Form der Zwangstherapie distanzierten, Hoffmanns Workshop gleichwohl im Programm beibehalten würden, da er nicht Homosexualität, sondern ichdystone Sexualorientierungen zum Gegenstand habe.[26]

Presseberichterstattung

Der SWR zeigte Fernsehbeiträge, in denen ein anonymer 25-jähriger Mann davon berichtete, dass er für Kurse und Beratungsgespräche über Wüstenstrom 4000 € bezahlt habe. Er sowie ein weiterer anonymer Interviewpartner berichteten auch, dass schwere Depressionen und Suizidversuche Folge der Beratung gewesen seien.[27] Wüstenstrom behauptet in einer Gegendarstellung, dass der Bericht von Martin Klein unwahre Tatsachenbehauptungen sowie beleglose Mutmaßungen enthielte, darunter auch die Behauptung eines im Vorfeld geschehenen Einschüchterungsversuchs. Für Wüstenstrom sind Kurskosten von 4.000 € nicht nachvollziehbar. Für die Kosten von Einzelberatungen würden 50 € pro Stunde und für 3tägige Intensivseminare 180 € „erbeten“. Suizidversuche in Folge der Beratung durch Wüstenstrom weist dieser als unwahr zurück.[28] und veröffentlicht auf ihrer Website Protestschreiben Dritter an den SWR bezüglich der Sendung in denen von völlig anderen Erfahrungen mit Wüstenstrom berichtet wird.[29]

Wüstenstrom erwirkte beim Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen den Gebrauch des Ausdrucks "Umpolen" durch den Journalisten Eckhard Stengel, da Wüstenstrom das angesichts ihres offenen Beratungsansatzes als üble Nachrede empfand. Nach Ansicht des beklagten Journalisten habe Wüstenstrom durch die juristischen Schritte versucht, eine öffentliche Debatte über seine Umpolungsarbeit zu vermeiden. Das Landgericht hob diese einstweilige Verfügung anschließend selbst wieder auf, da der Ausdruck "Umpolen" nicht eindeutig definiert sei, zum Bereich der Meinungsäusserung gehöre, und vom Durchschnittsleser neutral als Synonym für Veränderung verstanden werde. Die beisitzende Richterin Regina Zöller-Mirbach fragte der taz zufolge, wie das denn miteinander einhergehen könne - "einerseits überall schriftlich die Veränderung Homosexueller zu propagieren, sie andererseits aber in ihrer Neigung bestärken zu wollen".[30][31]

Es gibt immer wieder Berichte, dass ehemalige Klienten und Kritiker von Wüstenstrom bedroht würden, damit die Therapiepraxis der Organisation nicht publik gemacht werde. So berichtet die taz von Einschüchterungsversuchen von Wüstenstrom gegen Aussteiger und Journalisten. Wüstenstrom steht unter besonderer Kritik, weil gezielt vermeintlich "Schwache" angegangen würden.[32]

Karin Kontny schrieb am 18. Januar 2007 unter dem Titel Heilung in Gottes Namen einen Artikel in der Zeit, gegen den Wüstenstrom wegen falscher Tatsachenbehauptungen beim deutschen Presserat Beschwerde einreichte, der den größten Teil der Anschuldigungen verwarf, aber, so die Zeit selbst: wegen kleinerer Mängel, entschied: Der Beschwerdeausschuss hält den Verstoß gegen die Ziffern 2 und 9 des Pressekodex für so schwerwiegend, dass er gemäß § 12 Beschwerdeordnung die Maßnahme der Missbilligung wählt.[33][34] Die Missbilligung hat keinerlei rechtliche Relevanz. Die Zeit berichtete: Selten einmal hat ein ZEIT-Artikel für seine Autorin so unerfreuliche Folgen, wie sie der Bericht über die Organisation Wüstenstrom und ihren therapeutischen Umgang mit Homosexuellen in BADEN-WÜRTTEMBERG für die Länderspiegel-Mitarbeiterin Karin Kontny nach sich zog (Nr. 4/07). Der Verein erwirkte eine Missbilligung der ZEIT-Berichterstattung durch den Deutschen Presserat, deren Begründung die Redaktion nicht nachvollziehen kann. Schlimmer war, dass die Autorin in der folgenden Zeit mit Drohanrufen und gehässigen Mails aus dem Spektrum christlich-konservativer Sekten verfolgt wurde. Als eine ihr unbekannte Frau sie im Supermarkt beschimpfte, stellte sie zudem fest, dass ihr Foto im Internet veröffentlicht worden war.[35]

Siehe auch

Literatur

  • Robert A. J. Gagnon, W. Simon: Sexual Conduct: The Social Sources of Human Sexuality, Chicago 1973
  • Fritz Morgenthaler: Sexualität und Psychoanalyse. In: Beiträge zur Sexualforschung, 59: 20; 1984
  • Eberhard Schorsch: Perversion als Straftat, Dynamik und Psychotherapie; Stuttgart 1996
  • Gunter Schmidt: Motivationale Grundlagen sexuellen Verhaltens. In: Thomae, H. (Hg.), Psychologie der Motive, Bd. Göttingen 1983
  • Robert Stoller: Perversion. Die erotische Form von Hass, Hamburg 1979
  • Robert Stoller: Niederlagen in Triumph verwandeln. In: Kentler, H. (Hg.), Sexualwesen Mensch, Hamburg 1984
  • Kurt Wiesendanger: Schwule und Lesben in Psychotherapie, Seelsorge und Beratung. Ein Wegweiser, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001 ISBN 3-525-45878-9
  • Renate Hauser/Martin Friedrich: "Nuts and Bolts oder: Wie Living Waters deine Schraube zu ihrer Mutter bringt", in: Lambda Nachrichten IV 2003, 38-40
  • Renate Hauser/Martin Friedrich: "Kein Schicksal", in: Lambda Nachrichten IV 2003, 35-37

Quellen

  1. Wüstenstrom: Wer wir sind
  2. Wüstenstrom: Homosexualität]
  3. a b Gemeinsame Erklärung von Günter Baum und Markus Hoffmann
  4. Jesus.ch:Sex und Würde
  5. WüstenstromCH: Geschichte.
  6. Wüstenstrom: Selbsthilfe Aufbruch Leben
  7. Wüstenstrom: Lebensberatung
  8. Wüstenstrom: Klarstellung: Auf welcher Grundlage begleiten wir Ratsuchende
  9. Wüstenstrom: Selbstverpflichtung und Grundlagen der Arbeit
  10. a b Wüstenstrom: Homosexualität, Abschnitt: Was ist Homosexualität und ist die sexuelle Orientierung denn veränderbar?.
  11. http://www.wuestenstrom.ch/page5/page15/page15.html oder http://www.wuestenstrom.de/index.dhtml/444844661b3a3065113b/-/deDE/-/CS/-/news/politik/news/2008/200805/SWR
  12. SWR:Umstrittene Therapien für Homosexuelle bei Wüstenstrom
  13. RPP 2007 Stellungnahme zum Workshop 4.6 mit dem Titel „Therapeutisches Arbeiten bei ichdystoner Sexualorientierung“
  14. Stellungnahme zur Broschüre „Homo-Ehe?! Nein zum Ja-Wort“ der Seelsorgeorganisation Wüstenstrom
  15. a b Wuestenstrom Schweiz: "Schwulen-Ehe!?" Nein zum Ja-Wort. 8 Thesen zum Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare. 2005.
  16. Können Lesben, Schwule und Bisexuelle gute Eltern sein?
  17. The kids are all right
  18. Gleichgeschlechtliche Ehe und Elternschaft
  19. taz 10.05.2008
  20. Deutscher Bundestag Pl.Prt. 16/153, 16108 C
  21. Kurt Wiesendanger: Stellungnahme zu „Umpolungstherapien“ für Homosexuelle aus psychologischer und psychotherapeutischer Sicht
  22. Welt am Sonntag: Till-R. Stoldt: Ich war stockschwul, S. 2, 30. November 2003
  23. Interdisziplinärer Kongress:Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie
  24. Salzburger Nachrichten: Protest gegen „Heiler“ von Homosexuellen
  25. Standard:Schwulen-"Heiler" und Exorzist beim Kongress der Psychiater
  26. RPP 2007Stellungnahme zum Workshop 4.6 mit dem Titel „Therapeutisches Arbeiten bei ichdystoner Sexualorientierung“
  27. SWR-Bericht über angebliche Wüstenstromopfer vom 29.5.08 in: Zur Sache Baden-Württemberg; abgerufen am 2. Juni 2008
  28. Wüstenstrom: Falschaussagen beim SWR
  29. Wüstenstrom: Protestschreiben an den SWR
  30. taz 10.05.2008
  31. [1]
  32. http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/umpolerclub-im-visier/?src=AR&cHash=b04fbeb7e1 Umpolerclub im Visier taz 29.05.2008]
  33. Deutscher Presserat, Beschwerdesache BK1-64/07, Beschwerdeführer: Wuestenstrom e. V., Markus Hoffmann, Beschwerdegegner: DIE ZEIT, Entscheid 05.06.2007
  34. Deutscher Presserat spricht Missbilligung gegen "Zeit"-Artikel aus.
  35. Die Zeit: Was weiter geschah