Naked Lunch (Film)

Film
Titel Naked Lunch
(Alternativ: Naked Lunch – Nackter Rausch)
Originaltitel Naked Lunch
Produktionsland Kanada, UK
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1991
Länge 110 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie David Cronenberg
Drehbuch David Cronenberg
Produktion Jeremy Thomas
Musik Howard Shore
Ornette Coleman
Kamera Peter Suschitzky
Schnitt Ronald Sanders
Besetzung

Naked Lunch ist ein britisch-kanadischer Spielfilm von David Cronenberg aus dem Jahre 1991. Durch einen Perspektivenwechsel schuf Cronenberg keine Verfilmung des gleichnamigen Kultromans von William S. Burroughs, sondern zeigt dessen (fiktionalisierte) Entstehung. In Deutschland wurde der Film erstmals am 16. Februar 1992 im Rahmen der Berlinale gezeigt.

Handlung

1953 erschießt der Kammerjäger William "Bill" Lee im Drogenrausch seine Frau, während das Ehepaar mit Pistole und Wasserglas das Pfeil-und-Apfel-Spiel von Wilhelm Tell nachahmt. Nach der Tat flüchtet er in die Internationale Zone von Tanger. Umgeben von vielgestaltigen Junkies, Drogenhändlern und bizarren Kreaturen (darunter sprechende, insektoide Schreibmaschinen und monströse Halbwesen, die sogenannten Mugwumps) stolpert Lee als angeblicher Geheimagent durch einen surrealen Albtraum, während er gleichzeitig seine Erlebnisse in einem Roman namens „Naked Lunch“ festhält.

Kritiken

  • Die Zeitschrift TV Spielfilm bezeichnete den Film als „schwarzhumorig-obszöne Effektorgie“ und als „sexuell aufgeladene Satire in schräger Fiebertraum-Optik.“
  • Lexikon des internationalen Films: Metaphorisch angelegte, schwer zu entschlüsselnde Verfilmung des autobiografisch gefärbten Kultbuchs von William S. Burroughs. Trotz der bizarren und für feinsinnigere Gemüter auch ekelerregenden Beschreibung des Drogenrausch stellen Inszenierung und Bildgestaltung einen eher ruhigen Erzählfluß her, der Horrortrip und Realität untrennbar verwebt und das Geschehen als einen Schwebezustand des Bewusstseins darstellt.[1]

Auszeichnungen

Der Film war u. a. für Genie Awards im Rennen (sieben gewonnen und dazu drei Nominierungen) und war auf der Berlinale 1992 im Wettbewerb um den Goldenen Bären, den er aber nicht gewinnen konnte.

Hintergrund

  • Der gesamte Spielfilm wurde im kanadischen Toronto gedreht, dem Geburtsort von Regisseur David Cronenberg. Jene Szenen, die in der nordafrikanischen Stadt Tanger, Marokko, handeln, wurden in von der Designerin Carol Spier gebauten Kulissen gedreht, die der dortigen Altstadt nachempfunden sind. Wegen des damaligen Golfkrieges und damit verbundenen versicherungstechnischen Gründen im Mittelmeerraum waren Dreharbeiten direkt in Tanger für Regisseur Cronenberg nicht möglich.[2]
  • Regisseur David Cronenberg schrieb das Drehbuch zu Naked Lunch in London, als der Filmemacher dort als Nebendarsteller an den Dreharbeiten zu dem Horrorfilm Cabal – Die Brut der Nacht von Regiekollege Clive Barker aus dem Jahre 1990 teilnahm.
  • Viele Filmszenen sind musikalisch untermalt mit Klängen des Free-Jazz-Saxofonisten Ornette Coleman, zum Beispiel mit dessen Stücken Midnight Sunrise und Bugpowder.
  • Bei dem Schreibmaschinen-Käfer, dessen Leib aus einem sprechenden analen Schließmuskel besteht, von Schriftsteller William "Bill" Lee handelt es sich um eine Marionette, die von 16 Spielern bedient wurde, die für den Zuschauer unsichtbar unterhalb der Kulissen agierten. Die Szene, in der der Schreibmaschinen-Käfer Clark-Nova den fremden Schreibmaschinen-Käfer Martinelli tötet, interpretiert Regisseur David Cronenberg als Metapher für den Konkurrenzkampf zwischen Schriftstellern.
  • In dem Spielfilm Naked Lunch nehmen die alienhaften Kreaturen namens Mugwumps mehr Raum ein als in dem zugrundeliegenden Roman.
  • Für seinen Film verwendete Regisseur David Cronenberg zusätzlich einige Handlungselemente aus der Kurzgeschichte Exterminator! von Schriftsteller William S. Burroughs, die in dem Roman Naked Lunch nicht vorkommen.
  • Die im Film auftretende Person Dr. Benway, die Bill Lee das schwarze Pulver aus dem Fleisch des brasilianischen Tausendfüßlers verschreibt, ist eine zentrale Figur, die in den Texten und Geschichten von Autor William S. Burroughs immer wiederkehrt, zum Beispiel in seinem Roman Nova Express. Die Hauptfigur des mittellosen Schriftstellers William "Bill" Lee dagegen stellt ein literarisches Alter Ego von Burroughs dar. Darüber hinaus sind vier Figuren von realen Menschen inspiriert, zu denen Burroughs einst eine Bekanntschaft pflegte, etwa Hank und Martin, die charakterlich angelehnt sind an den beiden Beat-Autoren Jack Kerouac und Allen Ginsberg, sowie Tom und Joan Frost, die sich auf Paul und Jane Bowles beziehen, mit diesem Paar schloss Burroughs 1963 in Tanger, Marokko Freundschaft.
  • Schauspieler Paul Weller feuert in dem Film eine Pistole der tschechischen Marke CZ (Česká zbrojovka) ab.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Naked Lunch im Lexikon des internationalen Films
  2. Audiokommentar von Regisseur David Cronenberg, 1:56 Std., enthalten im Bonusmaterial der BluRay Naked Lunch, 2015 (Studio Canal GmbH, Berlin / Arthaus, Berlin)