„NKWD-Befehl Nr. 00447“ – Versionsunterschied

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Wie die weniger umfangreichen, sogenannten [[Großer Terror (Sowjetunion)#Ethnische Säuberungen|nationalen Operationen]] richtete sich die Kulakenoperation nicht gegen Angehörige der [[Elite]]n in Politik, Militär, Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Kultur, sondern traf einfache Bürger der Sowjetunion. Die Verhafteten wurden nicht von regulären Gerichten, sondern von Sondergerichten ([[Troika (NKWD)|Troikas]]) verurteilt. Im Laufe der Kulakenoperation wurden die anfänglich festgelegten Verfolgungsquoten für die einzelnen Republiken, Regionen und Gebiete der [[Sowjetunion]] deutlich übertroffen.
Wie die weniger umfangreichen, sogenannten [[Großer Terror (Sowjetunion)#Ethnische Säuberungen|nationalen Operationen]] richtete sich die Kulakenoperation nicht gegen Angehörige der [[Elite]]n in Politik, Militär, Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Kultur, sondern traf einfache Bürger der Sowjetunion. Die Verhafteten wurden nicht von regulären Gerichten, sondern von Sondergerichten ([[Troika (NKWD)|Troikas]]) verurteilt. Im Laufe der Kulakenoperation wurden die anfänglich festgelegten Verfolgungsquoten für die einzelnen Republiken, Regionen und Gebiete der [[Sowjetunion]] deutlich übertroffen.


Der Befehl wurde erst 1992 veröffentlicht. Seitdem wurden so viele [[Quelle (Geschichtswissenschaft)|Quellen]] zu seiner Vorbereitung und Umsetzung gefunden wie zu keinem anderen Staatsverbrechen im [[20. Jahrhundert]]. Damit musste das bisherige Bild, wonach der Große Terror primär Eliten traf, revidiert werden.
Nach der Veröffentlichung des bis dahin streng geheimen NKWD-Befehls Nr. 00447 im Jahre 1992 hat sich das Bild des Großen Terrors nachhaltig verändert, das zuvor vor allem die Verfolgung von Eliten zeigte.

Die Summe der mittlerweile bekannten [[Quelle (Geschichtswissenschaft)|Quellen]] zur Kulakenoperation ist ungewöhnlich hoch. Keine andere Verfolgungsmaßnahme ähnlicher Größenordnung in der an Staatsverbrechen reichen Geschichte des [[20. Jahrhundert]]s ist mit derart vielen Quellen dokumentiert. Es sind zudem solche, welche die Führung von Staat und Partei ausdrücklich als Urheber von Strafverfolgung und [[Massenmord]] ausweisen.


== Hintergrund ==
== Hintergrund ==

Version vom 20. Dezember 2010, 08:17 Uhr

NKWD-Befehl Nr. 00447

Der Operative Befehl des Volkskommissariats für Inneres der UdSSR Nr. 00447 "Über die Operation zur Repression ehemaliger Kulaken, Krimineller und anderer antisowjetischer Elemente", kurz NKWD-Befehl Nr. 00447 oder Kulakenoperation genannt, war ein streng geheimer Befehl des sowjetischen Innenministeriums NKWD vom 30. Juli 1937. Auf seiner Grundlage wurden von August 1937 bis November 1938 etwa 800.000 Personen verhaftet. Von ihnen wurden zirka 400.000 erschossen und weitere rund 400.000 Menschen in Lager des Gulag eingewiesen. Der Befehl führte zur größten aller sogenannten Massenoperationen des Großen Terrors.

Wie die weniger umfangreichen, sogenannten nationalen Operationen richtete sich die Kulakenoperation nicht gegen Angehörige der Eliten in Politik, Militär, Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Kultur, sondern traf einfache Bürger der Sowjetunion. Die Verhafteten wurden nicht von regulären Gerichten, sondern von Sondergerichten (Troikas) verurteilt. Im Laufe der Kulakenoperation wurden die anfänglich festgelegten Verfolgungsquoten für die einzelnen Republiken, Regionen und Gebiete der Sowjetunion deutlich übertroffen.

Der Befehl wurde erst 1992 veröffentlicht. Seitdem wurden so viele Quellen zu seiner Vorbereitung und Umsetzung gefunden wie zu keinem anderen Staatsverbrechen im 20. Jahrhundert. Damit musste das bisherige Bild, wonach der Große Terror primär Eliten traf, revidiert werden.

Hintergrund

Entwicklungen innerhalb der Sowjetunion

Seit dem Ende der Neuen Ökonomischen Politik (1927) und den damit verbundenen umfassenden Plänen zur Veränderung der sowjetischen Gesellschaft nahm die administrative und polizeiliche Repression gegen jene Personenkreise zu, die von der sowjetischen Staats- und Parteiführung als soziale Außenseiter angesehen wurden.[1] Die 1930 begonnene Kollektivierung und Entkulakisierung führte zu lokalen Massenprotesten, Unruhen und Revolten,[2] zu weit verbreitetem Hunger (→ Holodomor) sowie zur massenhaften Binnenmigration. Mindestens 23 Millionen Menschen zogen im Zeitraum von 1926 bis 1939 vom Land in die Städte[3] und verschärften dort die prekäre Versorgungslage.

Auf die so erzeugten gesellschaftlichen Verwerfungen reagierten Partei und Administration mit der Einführung von Inlandspässen für die Stadtbevölkerung.[4] Unerwünschte „Elemente“ wurden auf diese Weise aus urbanen Zentren verbannt und zwangsweise in so genannte Arbeits- bzw. Sondersiedlungen in unwirtlichen Gegenden verbracht. Insbesondere Personen, die in den Augen der sowjetischen Partei- und Staatskader als Kulaken galten, stellten den Großteil des verfolgten Personenkreises. Die Verfolgungsmaßnahmen blieben jedoch aus Sicht der Staats- und Polizeiführung lückenhaft – nach Polizeiangaben flohen allein 600.000 Ex-Kulaken aus den Verbannungsregionen.[5] Laut Nikolai Jeschow, Chef des NKWD seit Herbst 1936, gefährdete die missliebige Gruppe der Kulaken durch vielfältige antisowjetische Sabotageakte den Fortbestand des sowjetischen Gesellschaftsmodells.

Verfassung und Wahlen

Die von Josef Stalin für Dezember 1937 angesetzten allgemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahl zum Obersten Sowjet beunruhigten viele führende Funktionäre zutiefst. In erster Linie unterstellten sie Kirchenvertretern und „Kulaken“, sich mit weiteren „Feinden“ der Sowjetmacht zusammenzutun, um über Wahlkampagnen und die Wahlen selbst Einfluss auf die Politik in der Sowjetunion zu gewinnen. Bereits die Stalin-Verfassung von Dezember 1936 gestand den vielen Hunderttausend Entrechteten und Verfolgten auf dem Papier umfassende Rechte zu. Viele lokale Funktionäre fürchteten, die Machtverhältnisse könnten sich zu Ungunsten der Bolschewiki entwickeln.[6]

Außenpolitische Faktoren und Verschwörungsängste

Zu dieser innergesellschaftlichen und innenpolitischen Konstellation kamen außenpolitische Faktoren hinzu.[7] Die sowjetische Führung fürchtete, von ausländischen Mächten – insbesondere vom Deutschen Reich, der Polnischen Republik und dem Japanischen Kaiserreich – angegriffen zu werden. Die sowjetische Propaganda trug diese Befürchtungen und Behauptungen ins Land. Überall seien Feinde, Spione, Verschwörer, Saboteure und Schädlinge am Werk, die die Sowjetunion von innen heraus schwächten.[8] Der Führungszirkel um Stalin wurde von der Sorge umgetrieben, im Falle eines Angriffs ausländischer Mächte könnten die vermeintlichen Feinde im Landesinneren, angeführt von organisationserfahrenen Ex-Parteimitgliedern und in der Sowjetunion lebenden ausländischen Fachleuten, systemgefährdende Aufstandsbewegungen initiieren. Die Massenbasis der Rebellionen könnten die Hundertausende stellen, die das sowjetische Regime in der Vergangenheit drangsaliert hatte: Ex-Kulaken, Gläubige, Deportierte, Kriminelle, sozial Auffällige und andere mehr. Um dieser Gefahr präventiv zu begegnen, organisierten die Spitzen von Partei und NKWD schließlich die Schauprozesse – hier wurden dem Volk Sündenböcke für die vielfachen Probleme des sowjetischen Wirtschafts- und Alltaglebens präsentiert – und vor allem die geheimen Massenoperationen des Großen Terrors. So sollte verhindert werden, dass im Kriegsfall eine antisowjetische „Fünfte Kolonne“ entstand.[9]

Vorbereitung

Stalins Schreiben vom 3. Juli 1937

Am 3. Juli 1937 übermittelte Stalin Nikolai Jeschow sowie den regionalen Parteileitungen und NKWD-Repräsentanten einen Beschluss, der am Vortag im Politbüro gefasst worden war. Dieser sah vor, eine landesweite Verfolgungskampagne gegen ehemalige Kulaken und „Kriminelle“ zu beginnen. Von den lokalen Autoritäten verlangte das Schreiben innerhalb von fünf Tagen umfassende Vorbereitungsmaßnahmen:[10]

  • Gemessen am Grad ihrer Gefährlichkeit seien die Zielpersonen der Kampagne in zwei Kategorien einzuteilen und auf regionaler Ebene zu registrieren. Die „am feindlichsten gesinnten“ Kulaken und Kriminellen waren als „Kategorie 1“ zu behandeln – sie sollten zum Tode verurteilt und erschossen werden. Die „weniger aktiven, aber trotzdem feindlichen“ Personen – sie wurden zur „Kategorie 2“ zusammengefasst – seien zu deportieren.
  • Zur Aburteilung der Zielpersonen seien Sondergerichte zu bilden, sogenannte Troikas. In der Regel setzten sie sich aus dem regionalen NKWD-Repräsentanten, dem regionalen Parteiführer und dem Staatsanwalt des betroffenen Gebietes zusammen.
  • Sowohl die Zahl der jeweils in „Kategorie 1“ beziehungsweise „Kategorie 2“ erfassten Personen als auch die namentliche Zusammensetzung der Troikas sollte der Leitung in Moskau in der gesetzten Frist gemeldet werden.

Die Struktur der Kampagne glich damit jener, die der Entkulakisierung zugrunde lag. Am 1. Februar 1930 hatte Genrich Jagoda, der Vorgänger Jeschows im Amt des Geheimdienst-Chefs, den OGPU-Befehl Nr. 44/21 unterzeichnet. Dieser teilte die zu verfolgenden Kulaken in drei Kategorien ein und sah für die entsprechend eingeordneten Personen unterschiedlich definierte Repressionen vor – Personen der „Kategorie 1“ konnten, sofern sie Anzeichen fortgesetzten Widerstands zeigten, erschossen werden. Auch das Instrument der Troika wurde hier angewandt.[11]

Rücklauf

Die Partei- und NKWD-Repräsentanten sandten im Juli 1937 die gewünschten Informationen an die Moskauer Zentrale der Partei bzw. des Innenministeriums. Dabei überschritten sie häufig die ihnen gesetzte Frist erheblich und lieferten ausdrücklich nur vorläufige, grob geschätzte Zahlen für die beiden Verfolgungskategorien. Im Verlauf des Julis korrigierten zudem einige Regionen ihre Zahlen – teils sehr deutlich – nach oben.[12] Die höchste Zahl der zu erschießenden und zu deportierenden Personen meldete der Erste Sekretär des Moskauer Gebietsparteikomitees, Nikita Chruschtschow. Am 10. Juli 1937 bezifferte er 41.305 „kriminelle und kulakische Elemente“. 8.500 galten ihm als zu erschießende Personen (Kategorie 1), 32.805 Menschen seien zu verbannen.[13]

Mit den Antwortschreiben gingen in Moskau auch Ersuchen ein, die Zielgruppe der Verfolgung zu erweitern. Entsprechende Vorschläge zielten auf Gefängnisinsassen, Mitglieder von „nationalistischen“ oder „konterrevolutionären“ Organisationen, Weißgardisten, Terroristen, Sonder- bzw. Arbeitssiedler, „Schädlinge“, Brandstifter oder „Ehemalige“,[14] Remigranten oder „Schleuser“. Auch um die Erlaubnis zur Verfolgung von Geistlichen wurde ausdrücklich gebeten. Das Politbüro entsprach in der Regel allen Sonderwünschen. Die Ausweitung der Zielgruppe kam schließlich im Titel des NKWD-Befehls zum Ausdruck.[15]

Vorbereitungskonferenzen

Um den 13. Juli 1937[16] beorderte die Führung des NKWD die Leiter der regionalen NKWD-Dienststellen zu einer zentralen Konferenz. Sie fand am 16. Juli in Moskau statt und diente der Koordination der anstehenden Massenoperation und zur Klärung offener Fragen.[17] Ein Stenogramm oder Protokoll dieser Konferenz ist nicht überliefert. Zeugenaussagen von Teilnehmern und Vorbereitungsmaterialien für diese Sitzung lassen jedoch darauf schließen, dass den Konferenzteilnehmern mitgeteilt wurde, die bislang kursierenden Zahlen für Kategorie 1 und Kategorie 2 nicht für endgültige zu halten. Ob den Delegierten die Erlaubnis zur Folter erteilt wurde, ist hingegen fraglich. Die Erweiterung der zunächst durch Stalin vorgegebenen Zielgruppe dürfte ebenfalls Thema gewesen sein.

Auf regionaler Ebene fanden bis Ende Juli weitere Vorbereitungskonferenzen statt. Für die westsibirische Region ist beispielsweise auf einer entsprechenden Tagung in Nowosibirsk am 25. Juli 1937[18] festgelegt worden, dass strengste Geheimhaltungspflichten einzuhalten sind,[19] auf welche Weise Vereinfachungen in der polizeilichen Ermittlungspraxis erreicht werden können und mit welchem Tempo Verhaftungen vorzunehmen seien. Den Anwesenden wurde zudem empfohlen, abgelegene Erschießungs- und Beerdigungsorte auszuwählen.[20] Die Teilnehmer der Sitzung in Nowosibirsk begrüßten die Ausführungen über die anstehende Massenoperation mit stürmischer Zustimmung.[21]

Michail Frinowski als Koordinator

Die führende Rolle bei der Koordination aller Vorbereitungen, bei der Abfassung und später auch bei der Umsetzung des NKWD-Befehls Nr. 00447 kam Michail Frinowski, dem Stellvertreter Jeschows, zu. Er unterrichtete die Mitglieder des Politbüros über den Fortgang der Planungen und erhielt von diesem Gremium entsprechende Anweisungen. Stalin empfing ihn im Juli 1937 dreimal in seinem Arbeitszimmer. Frinowski legte seinen Befehlsentwurf Jeschow am 30. Juli vor, dieser zeichnete den Befehl ab. Anschließend übersandte Frinowski den Befehl – ein 15 beziehungsweise 19 Seiten[22] langes Typoskript – an den Leiter der Kanzlei Stalins, Alexander Poskrjobyschew, mit der Bitte um Weiterleitung an das Politbüro. Dieses Gremium stimmte der Order am 31. Juli 1937 ohne Änderungen zu. Noch am gleichen Tag ging sie an alle NKWD-Leiter in den Republiken, Regionen und Gebieten der UdSSR.[23]

Operative Vorbilder

Nicht nur der OGPU-Befehl Nr. 44/21 von 1930, sondern auch zwei gerade erst begonnene Repressionskampagnen mit begrenztem Umfang lieferten strukturelle Vorbilder für die Kulakenoperation:[24] Der Beschluss des Politbüros vom 28. Juni 1937 „Über die Aufdeckung einer konterrevolutionären Organisation zur Vorbereitung eines Aufstandes unter den ausgewiesenen Kulaken in Westsibirien“ gilt als direkter Vorbote des Kulakenbefehls, auch weil hier der erneute Einsatz von Troikas vorgesehen war.[25] Am 25. Juli 1937 unterzeichnete Jeschow zudem den geheimen NKWD-Befehl Nr. 00439, eine Order mit dem offiziellen Titel: „Operation zur Ergreifung von Repressivmaßnahmen an deutschen Staatsangehörigen, die der Spionage gegen die UdSSR verdächtig sind“.[26]

Richtete sich die Operation in Westsibirien gegen vermutete Angehörige und Unterstützer der vermeintlichen ROVS, der „Russischen allgemeinmilitärischen Vereinigung“, einer imaginierten, weitreichenden militärischen Verschwörung, angeblich angeführt von Generälen der Weißen Armee aus dem russischem Bürgerkrieg, so zielte die Massenoperation gegen die Deutschen darauf ab, vermeintliche Spione des NS-Regimes aufzuspüren und unschädlich zu machen.

Inhalt des Befehls

Zielgruppe

In der Einleitung des Befehls brachte Jeschow zum Ausdruck, dass alle Personen, die als traditionelle Feinde der kommunistischen Machthaber galten, endgültig beseitigt werden sollten. Er schrieb, dass „diese ganze Bande antisowjetischer Elemente ohne die geringste Schonung zu zerschlagen“ sei. Ihrem „niederträchtigen, zersetzenden Treiben“ sei „ein für allemal“ ein Ende zu setzen.[27] Zur Zielgruppe zählten

  • aus der Verbannung nach Fristablauf zurückgekehrte oder geflohene ehemalige Kulaken,
  • Mitglieder von früheren Aufstandsorganisationen,
  • ehemalige Weißgardisten,
  • vormalige Mitglieder nicht-bolschewistischer Parteien,
  • frühere Angehörige zaristischer Straforgane,
  • ehemalige Beamte des Zarenreiches.

„Sozial schädliche Elemente“ und „Gemeingefährliche“ ergänzten diese „Ehemaligen“. Dazu gehörten

  • kriminelle Wiederholungstäter,
  • sogenannte Banditen,
  • Berufsschmuggler,
  • Spekulanten,
  • Räuber,
  • Vieh- und Pferdediebe,
  • Anhänger von Sekten und Kirchenmitglieder,
  • andere, vorgeblich „konterrevolutionär“ eingestellte Personen, denen nachgesagt wurde, sich in Lagern aktiv gegen die Sowjetunion zu betätigen.

Quoten und Strafen

Gegenüber den Planungen ergab sich eine Reduzierung der im Befehl festgelegten Ziffern für die Kategorien 1 und 2. Insgesamt hatten 59 Republiken, Regionen und Gebiete zusammen 263.076 ehemalige Kulaken und Kriminelle gemeldet: 85.511 waren zur Erschießung vorgesehen und 181.562 sollten verbannt werden. Der Befehl sah jedoch eine um rund 29.000 Personen reduzierte Opferzahl vor: 59.200 Personen gehörten zur Kategorie 1, 174.500 Menschen zur Kategorie 2. Die Kürzungen betrafen vor allem territoriale Einheiten, die eine Gesamtopferzahl von mehr als 4000 Personen gemeldet hatten.[28]

Der Befehl machte deutlich, dass die genannten Quoten nur Richtwerte waren. Zugleich verbot er ein eigenmächtiges Überschreiten der Zahlen – Überschreitungen der Quoten bedurften der Zustimmung der Lubjanka.[29]

Eine weitere wichtige Änderung gegenüber anfänglichen Überlegungen war das Strafmaß für jene Personen, die nach Kategorie 2 erfasst waren. Stalins Rundschreiben vom 3. Juli 1937 hatte die Deportation in Arbeitssiedlungen vorgesehen. Der Befehlstext jedoch avisierte eine Strafe von acht bis zehn Jahren Lagerhaft.[30]

Für die Behandlung der Familienmitglieder von Verfolgten machte der Befehl ebenfalls detaillierte Vorschriften.[31]

Troikas als Sondergerichte

Der Befehl nannte die personelle Zusammensetzung der Troikas für die einzelnen Republiken, Regionen und Gebiete. Die Troikas, „die Terrorinstanz par excellence in der Geschichte der sowjetischen Massenrepressionen, vom Bürgerkrieg bis zu den Morden von Katyn“,[32] waren den Schnellgerichten der Entkulakisierungsperiode nicht nur funktional gleich, auch personell ergaben sich Kontinuitäten, wie die Beispiele der Troika-Mitglieder Stanislaw Redens, Jefim Jewdokimow, Leonid Sakowski, Wassili Karuzki, Boris Bak, Solomon Bak oder Robert Eiche zeigen.[33]

Der Vertreter des NKWD führte den Vorsitz der Schnellgerichte[34] und hatte damit eine hervorgehobene Stellung gegenüber den Vertretern der Staatsanwaltschaft und der Partei. Mitarbeiter des NKWD, insbesondere der sogenannte Berichterstatter sowie der sogenannte Troika-Sekretär, stellten zudem das Material zusammen, das den Troikas zur Entscheidung vorlag[35] – auch dies unterstrich die prioritäre Stellung des NKWD.

Die Fluktuation unter den Troika-Mitgliedern war zeitweilig sehr hoch. Bereits vor dem Start der Massenoperation setzte das Politbüro eine Reihe von Mitgliedern ab und berief neue. Beispielsweise wurden am 23. beziehungsweise am 28. Juli 1937 die kompletten Troikas der Gebiete Saratow, Omsk und Iwanowo ausgetauscht. Bis zum 20. August 1937 ordnete das Politbüro für 17 weitere Troikas personelle Veränderungen an. Auch während der Umsetzung des Befehls gab es Personalwechsel: Am 2. November 1937 wurden 15 neue Troika-Vorsitzende ernannt.[36] Die Abberufenen wurden nun selbst Verfolgungsopfer. Das Moskauer Zentrum von NKWD und Partei verfügte mit der Hoheit über die Zusammensetzung der Troikas über ein Mittel, um die Arbeit der örtlichen Schnellgerichte zu kontrollieren, zu radikalisieren oder auch abzubremsen.[37]

Untersuchung

Die zentrale Rolle bei den Untersuchungen gegen die Verhafteten kam den NKWD-Leitern der operativen Sektoren zu, in die alle Republiken, Regionen und Gebiete untergliedert waren. Dieser NKWD-Kader kontrollierte die Zusammenstellung von Verhaftungslisten, stellte den Haftbefehl aus, kontrollierte die Voruntersuchung und leitete die jeweilige Anklageschrift – oft nicht mehr als eine Textseite – an die Troika weiter.[38]

Die Untersuchung wurde „verkürzt und vereinfacht“.[39] Die elementarsten Standards rechtsstaatlicher Verfahren kamen so nicht zur Geltung:[40] Ein Rechtsbeistand war nicht vorgesehen und eine Gegenüberstellung fand nicht statt. Sachverständige wurden nicht befragt und Beweise wurden weder systematisch beschafft, noch geprüft.[41] Die Troika bekam den Angeklagten nie zu Gesicht. Verurteilte konnten keine Revision einlegen.[42] Geständnisse der Häftlinge spielten keine zentrale Rolle – im Unterschied zu den Prozessen gegen Angehörige der sowjetischen Elite.[43]

Zeitrahmen und Prioritäten

Für die Verfolgungsmaßnahme waren unterschiedliche Startzeitpunkte vorgesehen. Sie sollte generell am 5. August 1937 beginnen, in den zentralasiatischen Republiken war der Start auf den 10. August festgelegt, in Ostsibirien, in Krasnojarsk sowie in der fernöstlichen Region war der 15. August terminiert. Die vorgesehene Gesamtdauer der Maßnahme belief sich auf vier Monate.[44]

Zunächst sollte sich die Kampagne gegen Personen der „Kategorie 1“ richten. Der Befehl sah vor, dass Jeschow noch einmal gesonderte Anweisungen herausgeben würde, bevor gegen Personen der „Kategorie 2“ vorgegangen werden sollte, zumindest musste Jeschow vorab dem Beginn von Verfolgungsmaßnahmen gegen diesen Personenkreis zustimmen.[45] Diese Bestimmung drückte die praktische Sorge der Terrorplaner vor Engpässen in Lagern und Gefängnissen aus: Im Juli 1937 war noch nicht absehbar, wann genügend Kapazitäten geschaffen sein würden, um alle nach Kategorie 2 zu deportierenden Personen aufzunehmen. In einigen Territorien verurteilten die Troikas anfänglich auffällig oft Personen, die bereits seit längerem inhaftiert waren. Auf diese Weise schufen sie regelrecht Platz für Neuankömmlinge. Todesurteile gegen Personen, die bereits länger in Untersuchungshaft saßen, waren den Troikas durch einen speziellen Befehlsabschnitt gestattet.[46]

Finanzmittel und Verwendung von Lagerhäftlingen

Das Politbüro wies den Rat der Volkskommissare am 31. Juli 1937 an, dem NKWD 75 Millionen Rubel für die Massenoperation aus seinem Reservefonds zur Verfügung zu stellen. 25 Millionen Rubel davon waren für die Kosten des Eisenbahntransports von Lagerhäftlingen der Kategorie 2 vorgesehen. Diese Häftlinge sollten auf bereits bestehenden Gulag-Großbaustellen eingesetzt werden, neue Lager errichten oder in der Holzwirtschaft eingesetzt werden.[47]

Umsetzung

Ausführungsbestimmungen

Der operative Befehl Nr. 00447 steckte den Rahmen der Verfolgungskampagne ab. Eine Reihe von schriftlichen Ausführungsbestimmungen konkretisierte ihn.[48] Jeschow legte zum Beispiel die Regeln fest, nach denen Gulag-Häftlinge zu erschießen waren. Hatte der NKWD-Befehl Nr. 00447 noch eine Gesamtzahl von 10.000 Gulag-Insassen genannt, so belief sich die Zahl der Erschießungen im Gulag-System am Ende der Kampagne im November 1938 auf 30.178 Personen.

Ausführungsbefehle regelten ebenfalls die Exekutionen in Spezialgefängnissen (Politisolatoren) – dort saßen jene Menschen ein, die als die „erbittertsten Feinde der Sowjetmacht“ galten. Auch hier überstiegen die Zahl der Exekutionen und die Dauer der Maßnahme die Planvorgaben.

Nicht nur Moskau formulierte Ausführungsbestimmungen: So ist bekannt, dass der ukrainische Volkskommissar für Inneres, Israil Leplewski,[49] mit seinen Anweisungen ebenfalls spezifische Akzente setzte. Er forderte zum Beispiel insbesondere dort zuzuschlagen, wo sich Eisenbahnunfälle gehäuft hatten, weil er dort Sabotage und Verschwörungen vermutete. Auch konzentrierte er den Terror auf die Kirche und Sekten.

Phasen

Die Kulakenoperation sollte befehlsgemäß Anfang Dezember 1937 enden. Dieser Termin wurde Anfang Dezember noch einmal auf Ende Dezember 1937 verschoben. Der Jahreswechsel bildete rückblickend jedoch nicht das Ende der Kampagne, sondern markierte nur den Schluss der ersten Phase.

Zu Beginn des Jahres 1938 herrschte in den Troikas eine gewisse Unsicherheit, wie weiter zu verfahren sei. Auch innerhalb des NKWD regten sich Stimmen, die Willkür, die mit der Erfüllung der Quoten verbunden war, zu beenden. Solche Meinungen wurden jedoch rasch durch Rügen, Gruppendruck und Disziplinarverfahren unterbunden. Innerhalb der Staatsanwaltschaft bemühten sich gleichfalls einige Kader, die Kontrolle über die Troika-Urteilspraktiken zu erlangen. Zu solchen vereinzelten Initiativen kam es auch deshalb, weil bei der Staatsanwaltschaft Beschwerden über die Urteile der Troikas und Dwoikas gegen Parteikader und Angehörige der Nomenklatura eingingen. Die Unsicherheit veranlasste den sowjetischen Generalstaatsanwalt Andrei Wyschinski zu einem Rundschreiben, das die Staatsanwaltschaft anwies, entsprechende Urteile nur in Ausnahmefällen zu prüfen.

Bereits am 8. Januar 1938 forderte Frinowski in einem Zirkular, die zukünftige Ausrichtung der Kulakenkampagne auf das Eisenbahnwesen zu konzentrieren, dort gebe es massenhaft „Schädlingsarbeit“. Tatsächlich wurde zu Beginn des Jahres 1938 nicht das Ende der Operation, sondern der Beginn ihrer zweiten Phase eingeläutet.[50] Ein Politbüro-Beschluss vom 31. Januar 1938 leitete die zweite Phase der Kulakenoperation schließlich offiziell ein. Sie sollte, regional gestaffelt, längstens bis zum 1. April 1938 fortdauern. Der von Stalin angeregte Beschluss[51] wies ausgesuchten Territorien neue Opferkontingente zu: 48.000 Menschen sollten erschossen werden (Kategorie 1), 9.200 weitere erwartete Lagerhaft (Kategorie 2). Die Kampagne radikalisierte sich im neuen Jahr. In einigen Landstrichen wurden fast ausnahmslos Todesurteile verhängt. So verurteilten beispielsweise die Troikas der Ukraine und die Troika der Moldauischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik vom 1. Januar bis zum 1. August 1938 zusammen 830 Personen zu Lagerhaft, 36.393 Personen erhielten die Todesstrafe.[52]

Ein Faktor für die besondere Härte der Terrorkampagne in der Ukraine war der Wechsel in der politischen Führung: Chruschtschow übernahm am 27. Januar 1938 das Amt des Ersten Sekretärs der Kommunistischen Partei der Ukraine.[53] Besonders massiv wurden „antisowjetische Elemente“ auch in der fernöstlichen Region verfolgt. Frinowski, der diesen Landstrich dienstlich besuchte, erbat am 27. Juli 1938 die Erhöhung der Kontingente, sein Schreiben sah 15.000 weitere Erschießungen und 5.000 weitere Haftstrafen vor. Das Politbüro in Moskau bewilligte beides vier Tage später.[54]

In der zweiten Phase der Befehlsdurchführung konzentrierten die Täter ihre Verfolgungsanstrengungen auf die „anderen antisowjetischen Elemente“; ihr Anteil an den Verfolgten nahm deutlich zu, der Anteil der „Kriminellen“ sank hingegen beträchtlich. Die zunehmend als Bedrohung wahrgenommene internationale Lage spiegelte sich in einer deutlich intensivierten Suche und Identifikation von „inneren Feinden“, die ausländischen Mächten dienstbar sein könnten. Unter den nun verstärkt repressierten Zielgruppen ragten ehemalige Sozialrevolutionäre heraus. Stalin selbst hatte am 17. Januar 1938 in einem Schreiben an Jeschow verschärfte Verfolgungsmaßnahmen gegen sie angemahnt.[55]

Fließbandjustiz, Wettbewerb und Quotenerhöhungen

Die Troikas leisteten Fließbandarbeit. Immer wieder zeigen Troika-Protokolle, wie viele Anklagen pro Sitzung entschieden wurden: Die Leningrader Troika fällte beispielsweise am 9. Oktober 1937 658 Todesurteile, die sich auf Gefangene in den Sondergefängnissen der Solowezki-Inseln bezogen. Die Troika für die Tatarische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik fällte am 28. Oktober 1937 256 Todesurteile und am 6. Januar 1938 waren es 202. Die Troika Kareliens bearbeitete am 20. November 1937 zusammen 705 Anklagen, in 629 Fällen entschied sie auf Todesstrafe. Am selben Tag verurteilte die Troika Krasnodars 1252 Personen. Die Troika von Omsk fällte am 10. Oktober 1937 1301 Urteile, davon 937 Todesurteile; am 15. März 1938 waren es 1014, davon 354 Todesurteile.[56]

Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Kulakenoperation baten die lokalen Machthaber um Erhöhung der ihnen zugeteilten Quoten. Ein wesentlicher Grund für diese Bitten war das Bemühen von neuen Troika-Vorsitzenden, sich „linientreuer“ und radikaler zu geben als ihre abgesetzten Vorgänger. Zudem betrachteten viele Troikas die Repressionskampagne als einen Wettbewerb um höhere Soll- und Erfolgsziffern. In Omsk forderte der bereits am 28. Juli 1937 neu inthronisierte Troika-Vorsitzende in seinem Schreiben vom 1. August 1937 an die Lubjanka eine Erhöhung der Quoten. Er begründete dies mit der inzwischen geleisteten „Stachanow-Arbeit“, die zur Verhaftung von 3008 Personen geführt habe, allesamt vorgesehen für Exekutionen.[57]

Am 26. April 1938 bitten die Irkutsker Vertreter von Partei und NKWD das Zentralkomitee in Moskau per Telegramm, die Quote der Personen, die gemäß NKWD-Befehl Nr. 00447 erschossen werden sollen, um 4000 Personen zu erhöhen. Dieser Bitte wird am 29. April 1938 vom Politbüro entsprochen. (Weiteres siehe Bildbeschreibung.)

Über die Moskauer Parteizentrale und vor allem über die Moskauer NKWD-Zentrale brach im Laufe der Kulakenoperation regelrecht eine Flut von Bitten herein, die Obergrenzen – teils drastisch – zu erhöhen. Häufig schickten lokale Machthaber – wie beispielsweise der ukrainische Volkskommissar für Inneres[58] – solche Gesuche mehrfach ab, sie baten um nochmalige Erhöhung. Fast durchweg entsprach Moskau diesen Bitten. Bislang ist kein Fall bekannt, dass lokale Machthaber es wagten, unter den im NKWD-Befehl Nr. 00447 festgelegten Obergrenzen zu bleiben, obgleich dieser Befehl eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsah.[59] Ähnlich wie die Planvorgaben im sowjetischen Wirtschaftssystem wurden die Quoten für die Verhaftungen durch die NKWD-Beamten in der Provinz erfüllt oder übertroffen.[60]

Die Erhöhung der Obergrenzen kam nicht allein auf Initiative „von unten“ zustande. Initiativen durch die Zentralen von Partei und NKWD sind ebenfalls nachweisbar. Beispielsweise beschloss das Politbüro am 15. Oktober 1937 eine Erhöhung der zu verfolgenden Personen um 120.000; 63.000 von ihnen sollten exekutiert und 57.000 in Lagerhaft genommen werden.[61]

Regionale Unterschiede

Die Durchführung des Befehls zeigte regionale Unterschiede: Die nachgeordneten NKWD-Akteure nutzten die Möglichkeiten, die ihnen innerhalb der definierten Feindkategorien offen standen. Typischerweise richten die Akteure vor Ort die Kampagne insbesondere gegen jene, die sie für die relevante Problemgruppe hielten. Wann immer möglich, nutzen die Täter die Kulakenoperation als Gelegenheit sich dieser Gruppen zu entledigen.[62]

Im Rajon Perm traf es beispielsweise die in dieser Gegend vorher zwangsangesiedelten „Sondersiedler“ besonders hart – jeder dritte Verurteilte gehörte dort dieser Gruppe an.[63] In Westsibirien spielte der gleichzeitige Kampf gegen die ROVS eine große Rolle.[64] In der Region um Donezk richtete sich die Kampagne vor allem gegen Randgruppen. In der Gegend um Kiew hingegen traf es Mitglieder von Religionsgemeinschaften und Abspaltungen der Russisch-Orthodoxen Kirche besonders oft. Vermeintliche „Störenfriede“ in Kolchosen und Sowchosen gerieten in der ländlichen Region Altai ins Visier des dortigen NKWD. Für die konkrete Ausprägung des Terrors nach dem NKWD-Befehl Nr. 00447 spielte dort auch die Grenznähe eine Rolle. Wem in der Altai-Region überdies die Teilnahme an einem lokalen Bauernaufstand nachgesagt wurde, hatte mit erheblicher Strafverschärfung zu rechnen.[65] Die Bekämpfung der Kriminalität stand in Leningrad[66] und in der Oblast Jaroslawl im Vordergrund.

Berichtswesen

Der Befehl schrieb vor, dass aus den Republiken, Regionen und Gebieten alle fünf Tage über den Fortgang der Aktivitäten zu berichten war – zusammenfassend per Fernschreiben und ausführlich per Post.[67] Die Leiter der NKWD-Organe vor Ort waren dafür verantwortlich.[68] Die Zentrale in Moskau legte nachdrücklich Wert auf diese Berichte und bereitete sie zu Übersichten auf. Für den gesamten Durchführungszeitraum sind 36 zentrale Sammelberichte überliefert.[69]

Moskau forderte nicht nur Zahlen an, sondern auch Einschätzungen, wie die Bevölkerung vor Ort auf die Repression reagierte. Außerdem erbat Jeschow sich Informationen darüber, ob im Zuge der Kampagne „konterrevolutionäre Gruppen“ und Waffen ausgehoben werden konnten. Diese Abfrage zeigte sein Interesse daran, Verschwörungen und organisierte Kriminalität beziehungsweise organisierten Widerstand aufzudecken.[70]

Jeschow wies die NKWD-Organe in den Republiken, Regionen und Gebieten zur zusammenfassenden Rechenschaftslegung an. Zunächst galt dafür der 15. Dezember 1937 als Einsendeschluss, kurzfristig wurde dieser Termin jedoch auf den 15. Januar 1938 verschoben. Die zentrale Statistik der Kampagne ergab zum 31. Dezember 1937 folgende Zahlen: 555.641 Menschen waren bis dahin verhaftet worden. Von ihnen wurden 553.362 Personen verurteilt, davon 239.252 zum Tode. 314.110 Menschen erhielten Lagerhaft-Strafen. 14.600 Häftlinge, die sich bereits vor Beginn der Kulakenoperation im Gulag oder in Haftanstalten befanden, waren exekutiert worden.[71]

Ermittlung und Akten

Jede Verhaftung basierte auf einem Haftbefehl. Dieser wiederum ging in vielen Fällen auf eigens zuvor – oft in großer Hast – erstellte Listen zurück.[72] Bei Durchsuchungen fanden sich vergleichsweise selten belastende Materialien. Lokale Amtspersonen – auf dem Lande in der Regel der Vorsitzende des Dorfsowjets oder sein Sekretär, in der Stadt oft der Hauswart – zeichneten die Durchführung der Durchsuchung häufig gegen.[73]

Die Befragung der Verhafteten zielte auf die sozialen Verhältnisse des Verhafteten und auf seine politische Vergangenheit. Von Interesse waren außerdem Fragen zur kriminellen Vergangenheit sowie zu unmittelbaren Verwandten.[74]

In vielen Fällen prüfte der NKWD die Angaben des Verhafteten, indem er beim Stadt- beziehungsweise Dorfsowjet ein Gutachten über ihn in Auftrag gab. Aussagen zur sozialen Herkunft, zur politischen Vergangenheit und Einstellung sowie zur Arbeitsmoral waren hier besonders wichtig.[75]

Sofern vorhanden zogen die Ermittler frühere Materialien über den Verhafteten heran, vornehmlich Polizei- oder Geheimdienstakten. Dies ließ sich selbstverständlich nur bei jenen praktizieren, die in der Vergangenheit in irgendeiner Weise „aktenkundig“ geworden waren.[76]

In den Untersuchungsakten finden sich mitunter auch Zeugenaussagen. Oft waren es Nutznießer des Systems, wie zum Beispiel Kolchos-Vorsitzende oder Parteimitglieder, die sich als Zeugen, Informanten oder Denunzianten zur Verfügung stellten.[77]

Aus den vorliegenden Informationen erstellten die NKWD-Verantwortlichen die Anklageschrift. Der Berichterstatter – ein NKWD-Mitarbeiter der Miliz oder des Geheimdienstes – fertigte davon eine Kurzfassung an, die der Troika vorgelegt wurde.[78]

Sofern die Verurteilten erschossen wurden, enthält die Untersuchungsakte auch Schriftstücke, die die Hinrichtung bescheinigen. Vorausgesetzt, Behördenvertreter befassten sich in den nachfolgenden Jahren oder Jahrzehnten mit der Frage der Rehabilitierung des Verurteilten, finden sich in den Untersuchungsakten auch – in der Regel knappe – Vermerke dazu.[79]

Die Analyse der Ermittlungsakten zeigt insgesamt, dass sich die Kulakenoperation keineswegs als Willkürakt, den Einzelnen mehr oder weniger zufällig treffende Gewalt darstellte, sondern als bürokratisch organisierte Gewalt. Diese sollte die Durchsetzung der sozialistischen Gesellschaft stalinistischer Prägung fördern. In den Untersuchungsakten spiegelt sich das Planmäßige der staatsterroristischen Maßnahme zur endgültigen Bereinigung der sowjetischen Gesellschaft von jenen „Elementen“, die sich mit den Staatszielen nicht identifizieren mochten.[80]

Steuerungsinstrumente

Die lokalen Machthaber des NKWD waren von klassischen Kontrollmechanismen befreit. Weder mussten die Staatsanwaltschaft oder die offiziellen Gerichte des Landes eingeschaltet werden,[81] noch musste in Moskau – ähnlich wie bei den „nationalen Operationen“ des Großen Terrors – vor Urteilsvollstreckung um Bestätigung nachgesucht werden.

Dem Zentrum von Partei und NKWD entglitt die Kampagne aber zu keiner Zeit. Ihre Hebel waren das Berichtswesen, die Hoheit über die personelle Zusammensetzung der Troikas und die Entscheidungsgewalt über Erhöhungen von Obergrenzen.[82]

Ende der Operation

Entmachtung Jeschows

Ab August 1938 mehrten sich Anzeichen dafür, dass der Große Terror und damit auch die „Kulakenoperation“ dem Ende entgegen gingen. Lawrenti Beria übernahm am 22. August das Amt des Stellvertreters von Jeschow. Zudem konstituierte sich am 8. Oktober 1938 eine Kommission aus Jeschow, Beria, Wyschinski, Georgi Malenkow und Nikolai Ryschkow. Sie sollte eine Beschlussvorlage erarbeiten, mit der die Verhaftungen, die staatsanwaltliche Aufsicht und das Untersuchungsverfahren neu geregelt werden sollten. Außerdem besetzten Vertraute Berias vom 8. Oktober bis Mitte November 1938 Leitungsfunktionen des NKWD.[83]

Am 15. November 1938 billigte das Politbüro die von der Kommission entworfene Direktive. Diese sollte vom Rat der Volkskommissare und dem Zentralkomitee der Partei verabschiedet werden. Die zentrale Aussage der Direktive war, dass ab dem 16. November 1938 bis auf weiteres alle Verhandlungen von Strafsachen durch die Troikas, die Militärtribunale und das Militärkollegium des Obersten Gerichts der UdSSR einzustellen seien. Dieser von Stalin und Molotow abgezeichnete Beschluss des Rates der Volkskommissare und des Zentralkomitees der Partei trägt das Datum vom 17. November.[84] Er ging allen örtlichen Leitern des NKWD, den Parteisekretären sowie den leitenden Staatsanwälten aller territorialen Gliederungen der Sowjetunion zu, einem Kreis von insgesamt rund 14.000 Personen. Der Terror endete somit, wie er begann: Mit einem Beschluss des Politbüros.

Die Hintergründe, warum es zu dieser Kehrwende und damit auch zur Beendigung des Terrors nach NKWD-Befehl Nr. 00447 kam, sind bislang[85] vollkommen unbekannt.[86]

Beria übernahm am 25. November 1938 die Führung des NKWD. Jeschow wurde für Exzesse im Zuge des Großen Terrors verantwortlich gemacht und schließlich am 10. April 1939 verhaftet. Am 4. Februar 1940 wurde er hingerichtet.[87]

Kritik an Fehlern und Entstellungen

In der November-Direktive stellten Stalin und Molotow zunächst die „Erfolge“ der Repressionskampagnen heraus. Anschließend prangerten sie jedoch „schwerste Fehler und Entstellungen“ an. Dadurch sei der endgültige Sieg über die „Feinde“ verhindert worden. Sie kritisierten ferner unbegründete und illegale Massenverhaftungen, den Verzicht auf materielle Beweise sowie Verletzungen elementarer Rechtsnormen in Untersuchungsverfahren. Stalin und Molotow zufolge war es „Feinden“ gelungen, in den NKWD und in die Staatsanwaltschaft einzudringen und diese Institutionen so der Kontrolle der Partei zu entziehen.

Der Beschluss vom 17. November betonte ferner, Verhaftungen seien zukünftig nur noch auf Basis eines Gerichtsbeschlusses oder mit staatsanwaltlicher Genehmigung rechtens. Im Ergebnis stoppte der zentral gefasste Beschluss vom 17. November 1938 nicht nur den Großen Terror, auch der NKWD wurde mit diesem Dokument von einer beauftragten Täterbehörde zum Sündenbock gemacht.[88]

Opferbilanz

Die sowjetische Statistik der Verhaftungs- und Mordkampagne,[89] erstellt im Vorfeld der Geheimrede Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU (1956), weist rund 767.000 Verurteilungen aus, davon 387.000 Exekutionen. Diese Zahlen geben allerdings nicht das ganze Ausmaß der tödlichen Gewalt wieder, denn Todesfälle durch Folter oder während der Untersuchungshaft sind nicht in die Exekutionszahlen eingegangen, ebenso wie eigenmächtige, nicht genehmigte Überschreitungen von Quoten, die beispielsweise für die Turkmenische Sozialistische Sowjetrepublik überliefert sind. Russische Historiker, die sich eingehender mit der Bilanz der Kulakenoperation befasst haben, schätzen darum die Zahl der Verhafteten auf nahezu 820.000. Von diesen Personen seien 437.000 bis 445.000 erschossen worden.[90] In anderen Veröffentlichungen zur Kulakenoperation wird die Zahl der Verhaftungen mit etwa 800.000 angegeben, rund die Hälfte der Verhafteten sei erschossen worden.[91]

Die Härte der Bestrafung im Zuge der Kulakenoperation unterschied sich deutlich von jener in den „nationalen Operationen“. Während 50,4 Prozent aller Urteile auf der Grundlage des NKWD-Befehls Nr. 00447 Exekutionen vorsahen, lag dieser Wert in den „nationalen Operation“ regelmäßig – zum Teil deutlich – über 70 Prozent.[92]

Täterverfolgung und Rehabilitierung

Säuberung des NKWD

Jeschows Nachfolger Beria „reinigte“ den NKWD: Im Jahr 1939 mussten mehr als 7000 Mitarbeiter ihren Dienst quittieren – das entsprach mehr als 22 Prozent aller operativen Mitarbeiter. Insgesamt sind 1364 NKWD-Angehörige von Ende 1938 bis Ende 1939 verhaftet worden. Außerdem sorgte der neue NKWD-Chef für die Auswechslung fast aller NKWD-Leiter auf Republik- und Gebietsverwaltungsebene.[93] Insbesondere ranghöhere NKWD-Kader wurden erschossen.[94]

Beria rehabilitierte einige Opfer der Ära Jeschow. Gleichzeitig ging unter seiner Regie der Kampf gegen „Schädlinge“, „Verschwörer“ und „Feinde“ weiter, und zwar mit den gleichen Methoden, die anderen NKWD-Mitarbeitern zum Vorwurf gemacht wurden. Das Ausmaß der Verfolgungen ging allerdings zurück, weil die Vorgaben der politischen Führungsspitze um Stalin sich verändert hatten. Zudem gab es keine Massenoperationen mehr.[95]

Viele Troika-Mitglieder, deren Gesamtzahl auf zirka 350 Personen geschätzt wird, wurden selbst repressiert. Es ließen sich bislang[96] in 169 Fällen ausreichende biografische Daten ermitteln. 47 NKWD-Vertreter, 67 Parteimitglieder und zwei Vertreter der Staatsanwaltschaft wurden zum Tode verurteilt.[97]

Rehabilitierung von Opfern

Diskussionen um die Rehabilitierung von Terroropfern begannen bereits noch zu Lebzeiten Stalins in den Jahren 1939 bis 1941, ohne dass in den offiziellen Verlautbarungen und Dokumenten dieser Begriff aufgetaucht wäre. Es wurde die Frage erörtert, ob es Revisionsverfahren geben sollte und wie sie zu gestalten waren. Entsprechende Befehle und Rundschreiben bestimmten, dass die Entscheidung, ob ein Urteil zu revidieren sei, durch die vorherigen NKWD-Täter zu treffen war. Die Staatsanwaltschaft hielt sich zurück und schaltete sich nur in wenige Verfahren ein. Von November 1938 und 1941 wurde die Entscheidung über Revisionsbegehren immer stärker zentralisiert. Einzelne Wünsche wurden aufgrund von Zeitmangel und Überlastung der zuständigen Stellen kaum noch differenziert bearbeitet. Wenn Personen aus der Haft entlassen wurden, blieben sie weiterhin im Visier der „Organe“.[98]

Revisionsverfahren führten selten zur Erschließung neuer Beweise. Häufig wurden nur weitere „Zeugen“ durch den NKWD befragt. Deren Aussagen wurden überwiegend als Bestätigung der Aktenlage gewertet. Erkannte Formfehler in den ursprünglichen Verhaftungs- und Untersuchungsverfahren führten nicht automatisch zur Annullierung des entsprechenden Urteils.[99] Insgesamt blieben Urteilsrevisionen und Haftentlassungen eine seltene Ausnahme.[100]

Unmittelbar nach dem Tod Stalins am 5. März 1953 ordnete Beria eine Entlastung der überfüllten und unwirtschaftlichen Gulag-Lager an. Am 27. März 1953 wurden 1,2 Millionen Inhaftierte entlassen. „Politische“ Häftlinge wurden nicht amnestiert, sondern jene, denen unterstellt wurde, für die Gesellschaft keine Gefahr mehr darzustellen und deren Haft mit Verstößen gegen allgemeine Rechtsbestimmungen der Sowjetunion begründet worden war. Nach der Verhaftung Berias am 26. Juni 1953 setzte die neue Führungsriege um Chruschtschow diese Politik fort. Spezielle Komitees prüften die Akten derjenigen, die wegen „konterrevolutionärer Verbrechen“ verurteilt worden waren. Mitglieder dieser Komitees waren hohe Vertreter des Geheimdienstes und Angehörige der Staatsanwaltschaft – beides Täterinstitutionen der „nationalen Operationen“ und der Kulakenoperation. Die Gutachter sahen rund 237.000 Akten von Personen durch, die aufgrund von Artikel 58 des Strafgesetzbuches der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) inhaftiert waren – das entsprach einer Quote von 45 Prozent aller Inhaftierten, die auf Basis dieser Regelung verfolgt worden waren. 53 Prozent aller begutachteten Urteile wurden bestätigt. 43 Prozent aller Strafen wurden reduziert, sodass die Betroffenen aus der Haft entlassen wurden. Vier Prozent aller Urteile wurden aufgehoben.[101]

In der zweiten Hälfte des Jahres 1955 gab es Amnestien, die auch die „Politischen“ betrafen. Ende 1955 lag die Gesamtzahl aller Gulag-Häftlinge, die nicht allein durch den Großen Terror, sondern auch durch weitere Verfolgungs- und Verhaftungskampagnen, unter anderem durch die massenhaft verhängten Lagerstrafen gegen freiwillig und unfreiwillig repatriierte Sowjetbürger nach Endes des Zweiten Weltkriegs, auf rund 2,5 Millionen (1950) gestiegen war,[102] erstmals seit 20 Jahren wieder unter einer Million. Kurz vor Beginn des XX. Parteitages der KPdSU belief sich die Zahl der politischen Häftlinge auf rund 110.000. Nach Ende des Parteitages prüfte eine Kommission erneut die Urteile, die auf Basis des Artikels 58 gefällt worden waren. Bis Ende 1956 kamen so rund 100.000 Menschen aus dem Gulag frei. Anfang 1957 saßen nur noch etwa 15.000 Personen aufgrund dieses Artikels ein. Damit befanden sich 20 Jahre nach seinem Ende die letzten inhaftierten Opfer des Großen Terrors wieder in Freiheit. Die Behörden hatten ihre Haftstrafen zuvor systematisch durch „Verlängerungen“ ausgedehnt. Angehörige von Personen, die während des Großen Terrors hingerichtet worden waren, erhielten bis in die 1980er Jahre hinein auf Nachfrage stets die Falschauskunft, die betreffende Person sei im Arbeitslager verstorben. Das wahre Sterbedatum und der Sterbeort wurde den Angehörigen erst nach 1989 mitgeteilt.[103]

Auch während und nach der Perestroika haben die Behörden die Urteile, die in den Monaten des Großen Terrors gefällt worden sind, nicht generell als Unrecht aufgehoben. Allein für Häftlinge, die aufgrund von „politischen Verbrechen“ verurteilt worden sind, gibt es nach dem russischen Rehabilitierungsgesetz vom 18. Oktober 1991 die Möglichkeit der Rehabilitierung. Verurteilungen wegen „krimineller“ Handlungen bleiben in der Regel rechtskräftig. Bestenfalls wird das harte Strafmaß als Unrecht klassifiziert. Der enormen Ausdehnung des Kriminalitätsbegriffs in den 1930er Jahren wird damit nicht Rechnung getragen.[104]

Forschung, Bedeutung, Gedenken

Veröffentlichung

Die russische Tageszeitung Trud publizierte den Befehl mit kleineren Auslassungen erstmals am 4. Juni 1992. Weitere Dokumente der Massenoperationen des Großen Terrors erschienen in der russischen Wochenzeitung Moskowskije Nowosti am 21. Juli 1992. Zu diesem Zeitpunkt liefen die Vorbereitungen zu einer umfassenden Anklage gegen die KPdSU.[105] Bis dahin waren die Massenoperationen allesamt vollständig geheim. Auch Chruschtschow, der zu den Tätern der Kulakenoperation zählte, hatte sie während seiner Geheimrede 1956 mit keinem Wort erwähnt.

Forschung nach Öffnung der Archive

Die Erforschung der Massenoperationen hat das Bild über die stalinistische Gewalt stark verändert. Robert Conquests Studie über den Großen Terror aus dem Jahre 1968 und die auf sie antwortenden Arbeiten der sogenannten „Revisionisten“ konzentrierten sich – weil alle Dokumente zu den Massenoperationen sowjetisches Staatsgeheimnis waren – auf die Verfolgung von Angehörigen der Elite. Sie bildete jedoch nur die „Spitze des Eisbergs“.[106]

Die – teilweise und oft auch nur zeitweilige – Öffnung der Archive ermöglichte die Erschließung wichtiger Dokumente zum Massenterror und auch zur Kulakenoperation. Mittlerweile liegen Quelleneditionen in verschiedenen Sprachen vor.[107] Die Kulakenoperation ist als umfassendste Massenoperationen des Großen Terrors kein Geheimnis mehr, sie wird vielmehr in vielen Darstellungen zur Geschichte des Stalinismus beziehungsweise zur Geschichte der Sowjetunion erwähnt.[108]

Planung und Zentralität

Die Funde und die Interpretation der neuen Quellen erschwerten „revisionistische“ Positionen, die Stalin und seinen engsten Gefolgsleuten eine schwache Stellung bescheinigten. Die Dokumente zeigten, dass die Führung der KPdSU, insbesondere Stalin, die Kampagnen startete, steuerte und auch beendete. Die Bestimmung der Terrorziele und Opfergruppen verlief ebenfalls nicht willkürlich und zufällig, sondern ergab sich aus systematischen Überlegungen. Auch die Durchführung der Terrorkampagnen folgte klaren bürokratischen Vorgaben.[109]

Abschließende Antworten zur historiografischen Streitfrage, wer im Interaktionsgeschehen von Zentrum und Peripherie den Ton angab, sind noch nicht formuliert. Die These einer Dominanz der Peripherie im Großen Terror befindet sich allerdings zunehmend in der Defensive. Forschungen über die Durchführung des NKWD-Befehls Nr. 00447 in der sowjetischen Provinz zeigten, dass der Einfluss Moskaus bestimmend blieb, obgleich das Politbüro und die Lubjanka den Verfolgungsorganen vor Ort erhebliche Gestaltungsspielräume einräumten. Sofern von einer Verselbständigung der Kulakenoperation ausgegangen werden könne, müsse von einer „kontrollierten oder kalkulierten Verselbständigung“ gesprochen werden.[110]

Stellung in der sowjetischen Gewaltgeschichte

Eine Reihe von Forschern betrachtet die Kulakenoperation als Teil eines Projekts zum radikalen Umbau der sowjetischen Gesellschaft. Stationen dieses Prozesses waren die forcierte Industrialisierung, die Zwangskollektivierung und Entkulakisierung, die Kampagnen zur Säuberung der Städte mit Hilfe von Inlandspässen sowie schließlich der Große Terror mit seinen Massenoperationen.

Im Rahmen dieser „zweiten Revolution“ ging es darum, mit den Mitteln von Gewaltkampagnen die junge Sowjetgesellschaft von ihren eklatanten Widersprüchen zu befreien. Mit Gewalt sollten der Traum von homogenen sozialen und nationalen Ordnungen wahr, eindeutige Verhältnisse realisiert und der neue Sowjetmensch aus der physischen Vernichtung des alten hervorgebracht werden.[111] In diesem Sinne wird die Gewalt des Großen Terrors, zu der der NKWD-Befehl Nr. 00447 einen wesentlichen Teil beitrug, gelegentlich als ein Projekt des Social Engineering verstanden.[112]

Einordnung in die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts

Die Summe der mittlerweile bekannten Quellen zur Kulakenoperation ist ungewöhnlich hoch. Zu keiner anderen Verfolgungsmaßnahme ähnlicher Größenordnung in der an Staatsverbrechen reichen Geschichte des 20. Jahrhunderts liegen derart viele Quellen vor. Es sind zudem solche, welche die Führung von Staat und Partei ausdrücklich als Urheber von Strafverfolgung und Massenmord ausweisen.[113]

Der amerikanische Historiker John Archibald Getty[114] hob die epochale Bedeutung des Befehls hervor, er nannte ihn „one of the most chilling documents in modern history“.[115] Der amerikanische Wirtschaftshistoriker Paul Gregory[116] bezeichnet ihn als den brutalsten staatlichen Beschluss des 20. Jahrhunderts. In klarer Sprache und ohne Euphemismen, wie sie die Nationalsozialisten zur Umschreibung des Holocaust nutzten, formuliere dieses Schriftstück die Logik und die Verfahren der Massenoperationen Stalins, ohne den Versuch, die dahinter stehenden Absichten zu verbergen.[117]

Noch weiter gehen Deutungen, die im Großen Terror und der Kulakenoperation eine genozidale Politik sehen. Norman M. Naimark führt eine Reihe von Gewaltkampagnen in der Sowjetunion an, zu der auch der Große Terror gehört. In der Summe konstituieren diese Terrorwellen nach Meinung von Naimark einen Genozid in der Sowjetunion.[118] Sein Kollege Jörg Baberowski charakterisiert die Gewalt des Massenterrors der Jahre 1937 und 1938 als „eine sowjetische Variante der ‚Endlösung‘“.[119]

Erinnerung

Nach dem Ende der Sowjetunion entstanden an vielen Orten Gedenkbücher für die Opfer des Stalinismus. Die Moskauer Zentrale der Menschenrechtsorganisation Memorial verfügt über eine umfangreiche Sammlung dieser knigi pamiati. In ihnen werden auch die Opfer des NKWD-Befehls Nr. 00447 aufgeführt.

Diese Bücher listen die grundlegenden biografischen Daten der Opfer auf: Geburtsort und -datum, Beruf, Nationalität und Wohnort. Zu den Angaben gehören auch solche zur Verhaftung, zum Urteil, zur urteilenden Institution und zur Hinrichtung. Häufig finden sich in den Gedenkbüchern außerdem Daten zur sozialen Herkunft des Opfers, zur Ausbildung, zur Parteimitgliedschaft sowie zu Vorstrafen.[120]

Seit Mitte der 1990er Jahre ist zudem eine Reihe von Exekutionsstätten und Massengräbern des Großen Terrors identifiziert worden. An diesen Orten, wie dem NKWD-Schießplatz in Butowo bei Moskau,[121] gibt es Bemühungen, den Opfern des Massenterrors zu gedenken.[122]

Literatur

Studien zum NKWD-Befehl Nr. 00447
  • Rolf Binner, Marc Junge: Wie der Terror „groß“ wurde. In: Cahiers du monde russe, Jg. 42 (2001) H, 2–4 , S. 557–613 (PDF) (Abruf am 12. April 2010).
  • Rolf Binner, Marc Junge: „S etoj publikoj ceremonit´sja ne sleduet“. Die Zielgruppen des Befehls Nr. 00447 und der Große Terror aus der Sicht des Befehls Nr. 00447. In: Cahiers du monde russe, Jg. 43 (2002) H, 1, S. 181–228. (PDF) (Abruf am 12. April 2010).
  • Rolf Binner, Bernd Bonwetsch, Marc Junge: Massenmord und Lagerhaft. Die andere Geschichte des Großen Terrors. (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Moskau, Bd. 1), Akademie Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-05-004662-4.
  • Rolf Binner, Bernd Bonwetsch, Marc Junge (Hg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz 1937–1938. Die Massenaktion aufgrund des operativen Befehls No. 00447. (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Moskau, Bd. 2) Akademie-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-05-004685-3.
  • Paul R. Gregory: Lenin’s Brain and Other Tales from the Secret Soviet Archives, Hoover Institution Press, Stanford/Calif. 2008, ISBN 978-0-8179-4812-2, hier S. 43–61 (pdf, Abruf 31. März 2010).
  • Viktor Ivanov: Die Kriminellen als Zielgruppe im Gebiet Leningrad, in: Binner, Bonwetsch, Junge (Hg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 217–233.
  • Evgenija Jusopova: Vorgehen gegen die Teilnehmer des Aufstands von Sorokino in der Altaj, in: Binner, Bonwetsch, Junge (Hg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 91–109.
  • Andrej Suslov: Sondersiedler als Opfer der „Kulakenoperation“ im Rayon Perm’ des Gebiets Sverdlovsk, in: Binner, Bonwetsch, Junge (Hg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 111–131.
  • Aleksej Tepljakov: Die Rolle des NKVD der Westsibirischen Region, in: Binner, Bonwetsch, Junge (Hg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 421–457.
Weiterführende Literatur
  • Natal’ja Ablažej: Die ROVS-Operation in der Westsibirischen Region, in: Binner, Bonwetsch, Junge (Hg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 287–308.
  • Jörg Baberowski: Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2003, ISBN 3-421-05486-X.
  • Bernd Bonwetsch: Der „Große Terror“ – 70 Jahre danach. In: Zeitschrift für Weltgeschichte, 9. Jg. 2008, H. 1, S. 123–145.
  • Oleg W. Chlewnjuk: Das Politbüro. Mechanismen der politischen Macht in der Sowjetunion der dreißiger Jahre. Aus dem Russ. von Ruth und Heinz Deutschland, Hamburger Edition, Hamburg 1998, ISBN 3-930908-38-7.
  • Wladislaw Hedeler (Hrsg.): Stalinscher Terror 1934–41. Eine Forschungsbilanz, Basisdruck, Berlin 2002, ISBN 3-86163-127-X.
  • Manfred Hildermeier: Geschichte der Sowjetunion 1917–1991. Entstehung und Niedergang des ersten sozialistischen Staates, Beck, München 1998, ISBN 3-406-43588-2.
  • Marc Jansen, Nikita Petrov: Stalin’s loyal executioner. People's Commissar Nikolai Ezhov, 1895–1940, Hoover Institution Press, Stanford, Calif. 2002, ISBN 0-8179-2902-9, Online-Ausgabe.
  • Oleg Khlevniuk: The Reasons for the "Great Terror": the Foreign-Political Aspect, in: Silvio Pons and Andrea Romano (Eds.): Russia in the Age of Wars 1914–1945, Feltrinelli, Milano 2000, S. 159–169, ISBN 88-07-99055-5.
  • Leonid Luks: Geschichte Russlands und der Sowjetunion. Von Lenin bis Jelzin, Pustet, Regensburg 2000, ISBN 3-7917-1687-5.
  • Barry McLoughlin: „Vernichtung des Fremden“: Der „Große Terror“ in der UdSSR 1937/38. Neue russische Publikationen, in: Weber, Mählert (Hg.), Verbrechen im Namen der Idee, S. 77–123 sowie S. 303–312. (Erstpublikation im Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung, 2001/2002, S. 50–88.)
  • Norman M. Naimark: Stalin und der Genozid. Aus dem Amerikanischen von Kurt Baudisch. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-518-42201-4.
  • Nikita Ochotin, Arsenij Roginskij: Zur Geschichte der „Deutschen Operation“ des NKVD 1937–1938. In: Weber, Mählert (Hg.), Verbrechen im Namen der Idee, S. 143–189 und 316–319 (Erstpublikation im Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung, 2000/2001, S. 89–125).
  • Nikita Petrow: Die Kaderpolitik des NKWD während der Massenrepressalien 1936–39; in: Hedeler (Hrsg.), Stalinscher Terror 1934–41, S. 11–32.
  • Karl Schlögel: Terror und Traum. Moskau 1937, Carl Hanser Verlag, München 2008, ISBN 978-3-446-23081-1.
  • David R. Shearer: Policing Stalin's socialism. Repression and social order in the Soviet Union, 1924–1953 (The Yale-Hoover series on Stalin, Stalinism, and the Cold War), Yale University Press, New Haven u. a., 2009, ISBN 978-0-300-14925-8.
  • Hermann Weber, Ulrich Mählert (Hg.): Verbrechen im Namen der Idee. Terror im Kommunismus 1936–1938, Aufbau-Taschenbuch, Berlin 2007, ISBN 978-3-7466-8152-8.
  • Nicolas Werth: Ein Staat gegen sein Volk. Gewalt, Unterdrückung und Terror in der Sowjetunion; in: Stéphane Courtois, Nicolas Werth, Jean-Louis Panné, Andrzej Paczkowski, Karel Bartosek, Jean-Louis Margolin. Mitarbeit: Rémi Kauffer, Pierre Rigoulot, Pascal Fontaine, Yves Santamaria, Sylvain Boulouque: Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen und Terror. Mit einem Kapitel „Die Aufarbeitung der DDR“ von Joachim Gauck und Ehrhard Neubert. Aus dem Französischen von Irmela Arnsperger, Bertold Galli, Enrico Heinemann, Ursel Schäfer, Karin Schulte-Bersch, Thomas Woltermann. Piper. München, Zürich, 1998, S. 51–295 und S. 898–911, ISBN 3-492-04053-5.
  • Nicolas Werth: Les „opérations de masse“ de la „Grande Terreur“ en URSS, 1937–1938 (Bulletin de l´Institut d’histoire du temps présent, 86 (2006) (Onlinezugriff, Abruf am 9. Dezember 2010).
  • Nicolas Werth: Der Stellenwert des „Großen Terrors“ innerhalb der stalinistischen Repression. Versuch einer Bilanz, in: Weber, Mählert (Hg.), Verbrechen im Namen der Idee, S. 269–280 sowie S. 336–339. (Erstpublikation im Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung, 2006, S. 247–257.)
  • Nicolas Werth: L’Ivrogne et la Marchande de fleurs. Autopsie d’un meurtre de masse, 1937–1938, Tallandier, Paris 2009, ISBN 978-2-84734-573-5.

Einzelnachweise

  1. Zum zeithistorischen Hintergrund des Befehls siehe knapp Werth, The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 3.
  2. Hierzu beispielsweise Werth, Ein Staat gegen sein Volk, S. 214 f; Luks, Geschichte Russlands und der Sowjetunion, S. 256.
  3. Schlögel, Terror und Traum, S. 81.
  4. Zur Einführung und Bedeutung dieser Pässe siehe Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 243–284.
  5. Zahl nach Werth, The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 3.
  6. Siehe J. Arch Getty: "Excesses Are Not Permitted". Mass Terror and Stalinist Governance in the Late 1930s, in: Russian Review, Vol. 61, No. 1 (Jan. 2002), S. 113–138, hier S. 122–127. Siehe ferner Schlögel, Terror und Traum, S. 266 sowie Karl Schlögel: Rezension zu: Goldman, Wendy Z.: Terror and Democracy in the Age of Stalin. The Social Dynamics of Repression, Cambridge 2007, in: H-Soz-u-Kult, 9. Oktober 2009. Ferner Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 297.
  7. Zur Bedeutung außenpolitischer Aspekte siehe Khlevniuk, Reasons for the "Great Terror".
  8. Zur Rhetorik einer allgegenwärtigen Verschwörung siehe Gábor T. Rittersporn: The Omnipresent Conspiracy: On Soviet Imagery of Politics and Social Relations in the 1930s. In: Nick Lampert and Gábor T. Rittersporn (Hg.): Stalinism. Its nature and aftermath. Essays in honor of Moshe Lewin. M.E. Sharpe, Armonk, N.Y. 1992, S. 101–120, ISBN 0-87332-876-0.
  9. Siehe umfassend Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 299–319.
  10. Der relevante Auszug des Schreibens von Stalin an Jeschow ist abgedruckt in Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 52 f. Erläuterungen dazu ebenda S. 17. Siehe auch Schlögel, Terror und Traum, S. 627.
  11. Hierzu The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 3. Siehe ferner Werth, Ein Staat gegen sein Volk, S. 165 f.
  12. Vgl. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 19–24.
  13. Die Meldung Chruschtschows ist abgedruckt bei Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 72. Kommentar dazu ebenda, S. 25.
  14. Gemeint waren hier frühere Funktionsträger des Zarenreiches, Landbesitzer und Mitglieder nicht-bolschewistischer Parteien.
  15. Zu den Wünschen der Peripherie siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 25–29.
  16. Die Einladung an den ukrainischen Volkskommissar des Inneren erging am 13. Juli 1937. Siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 31, Fußnote 58. Ob andere Amtspersonen ebenfalls am 13. Juli zur Reise nach Moskau aufgefordert wurden, ist unklar.
  17. Geplant war die Durchführung dieser Konferenz in zwei Gruppen. Der Termin für die zweite Gruppe und auch entsprechende Aufzeichnungen sind bislang (Stand: 2009) nicht ermittelt worden.
  18. Auszug aus dem entsprechenden Tagungsstenogramm bei Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 99–102.
  19. Zur Betonung strengster Geheimhaltungspflichten auf dieser Sitzung siehe Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 335 f. Warum Täter und Mitwisser zur strengsten Geheimhaltung verpflichtet worden sind, ist unklar (siehe Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 337).
  20. Zu den Vorbereitungstreffen in Moskau und auf regionaler Ebene siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 29–35; Baberowski, Der rote Terror, S. 192.
  21. Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 337. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 35.
  22. Der Befehl findet sich bei Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft in vollständiger deutscher Übersetzung auf S. 106–120. Dort wird auf S. 36 die Länge des Befehls mit 19 Seiten angegeben. Eine Länge von 15 Seiten wird bei Binner, Bonwetsch, Junge (Hrsg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 11 genannt.
  23. Zur Rolle von Frinowski vgl. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 36.
  24. Hierzu Chlewnjuk, Das Politbüro, S. 271 f.
  25. Zur Operation gegen die ROVS und ihrer Beziehung zum Terror auf Basis des NKWD-Befehls Nr. 00447 siehe Natal’ja Ablažej, Die ROVS-Operation in der Westsibirischen Region. Zur Pionierrolle westsibirischer Partei- und NKWD-Kader siehe auch Aleksej Tepljakov, Die Rolle des NKVD der Westsibirischen Region, insbesondere S. 428. Siehe ferner Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 299–302 und 332 f.
  26. Hierzu Ochotin, Roginskij, Zur Geschichte der „Deutschen Operation“.
  27. Zitiert nach Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 108.
  28. Siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 42 f.
  29. Siehe Abschnitt II.3 des Befehls.
  30. Siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 43.
  31. Siehe Abschnitt II.4 des Befehls.
  32. Binner, Junge, Wie der Terror „groß“ wurde, S. 568.
  33. Vgl. Binner, Junge, Wie der Terror „groß“ wurde, S. 568.
  34. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 417.
  35. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 411–416.
  36. Hierzu Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 48 f. Siehe zudem die umfassende Liste mit den Troika-Mitglieder ebenda, S. 683–697.
  37. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 418.
  38. Binner, Junge, Wie der Terror „groß“ wurde, S. 46.
  39. Abschnitt IV.1 des Befehls.
  40. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 420.
  41. Binner, Junge, Wie der Terror „groß“ wurde, S. 46.
  42. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 49 und S. 405.
  43. Hierzu Binner, Bonwetsch, Junge (Hrsg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 46.
  44. Binner, Junge, Wie der Terror „groß“ wurde, S. 567.
  45. Siehe Abschnitt III.2 des Befehls.
  46. Siehe Abschnitte I.5 und I.7 des Befehls. Zu den Hintergründen siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 45 f und Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 343.
  47. Siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 50 und S. 121 f.
  48. Hierzu Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 132–139.
  49. Angaben zu seiner Person bei Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 795.
  50. Zur Situation beim Jahreswechsel 1937/1938 siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 289–291.
  51. Werth, The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 4.
  52. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 291–292.
  53. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 299.
  54. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 299. Das Schreiben Frinowskis ist ebenda wiedergegeben (S. 347–348).
  55. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 293–294.
  56. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 49 f. und S. 406 f.
  57. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 141. Es handelte sich um Grigori Fjodorowitsch Gorbatsch. Zu ihm siehe Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 347 f; biografische Angaben bei Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 785.
  58. Hierzu Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 144–148.
  59. Siehe Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 141. Zur im Befehl genannten Möglichkeit der Unterschreitung der Limite siehe dort den Abschnitt II.3.
  60. Naimark, Stalin und der Genozid, S. 113.
  61. Werth, The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 4.
  62. Hierzu und zu den nachfolgenden Ausführungen siehe Binner, Bonwetsch, Junge (Hrsg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 39.
  63. Andrej Suslov, Sondersiedler als Opfer, S. 118.
  64. Siehe Natal’ja Ablažej, Die ROVS-Operation in der Westsibirischen Region.
  65. Es handelte sich um den Bauernaufstand von Sorokino, eine antikommunistische Rebellion, an der Anfang 1921 rund 5000 bis 10.000 Bauern teilgenommen hatten. In der Region Altai wurden 46 Prozent aller nach NKWD-Befehl Nr. 00447 Verurteilten exekutiert. Bei Personen, denen die Teilnahme am Bauernaufstand von Sorokino unterstellt wurde, lag dieser Wert bei 70 Prozent. Vgl. Jusopova, Vorgehen gegen die Teilnehmer des Aufstands von Sorokino, S. 92 f, S. 97 und S. 108 f.
  66. Siehe hierzu Ivanov, Die Kriminellen als Zielgruppe im Gebiet Leningrad.
  67. Siehe Abschnitt VII.3 des Befehls.
  68. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 129.
  69. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 129 f.
  70. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 130 f.
  71. Zahlen nach Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 162.
  72. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 359–361, Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 334.
  73. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 361.
  74. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 362–363.
  75. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 363–365.
  76. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 367–369.
  77. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 369.
  78. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 374–375. Zur Kurzfassung und der Rolle des Berichterstatters dabei siehe ebenda S. 411–413.
  79. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 376.
  80. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 358 und S. 419 f. Auf S. 358 findet sich die Formulierung „staatsterroristische Rationalität“.
  81. Zur Bedeutung dieser Regelung siehe Shearer, Policing Stalin's socialism, S. 337–339
  82. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 162–164; Binner, Bonwetsch, Junge (Hrsg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 41 f.
  83. Chlewnjuk, Das Politbüro, S. 299 f.
  84. Abgedruckt ist er bei Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 479–483.
  85. Stand: 2009.
  86. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 451 f.
  87. Jansen, Petrov, Stalin’s loyal executioner, S. 181 und 189.
  88. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 452–454.
  89. Jürgen Zarusky, Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte, nennt den Großen Terror mit seinen Massenoperationen eine „Verhaftungs- und Mordkampagne“. Siehe Jürgen Zarusky: Stalinscher Terror 1934–41 (Rezension) , in: sehepunkte 4 (2004), Nr. 2 (15.02.2004) (Abruf am 15. Dezember 2010).
  90. Werth, The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 5.
  91. Statt vieler Belege: Binner, Bonwetsch, Junge (Hrsg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 11.
  92. Werth, L’Ivrogne, S. 245.
  93. Petrow, Die Kaderpolitik des NKWD, S. 31 f.
  94. McLoughlin, „Vernichtung des Fremden“, S. 114.
  95. Bonwetsch, Der „Große Terror“ – 70 Jahre danach, S. 144.
  96. Stand: 2009.
  97. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 697 f. Dort auch Angaben zu weiteren Verhaftungen, zu Haftstrafen, zu Freisprüchen und Einstellungen von Verfahren, zu Todesfällen und Selbstmorden in Haft sowie zu Troika-Mitgliedern, die unbehelligt blieben.
  98. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 551–557.
  99. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 560.
  100. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 562 f.
  101. Werth, Der Stellenwert des „Großen Terrors“, S. 278 f.
  102. Hierzu kurz Hildermeier, Geschichte der Sowjetunion 1917–1991, S. 685 f.
  103. Binner, Junge, Wie der Terror „groß“ wurde, S. 572; Werth, Der Stellenwert des „Großen Terrors“, S. 279 f; Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 405 f.
  104. Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 563.
  105. Werth, Les „opérations de masse“, S. 6, Fußnote 2; Binner, Junge: Wie der Terror „groß“ wurde, S. 559.
  106. Naimark, Stalin und der Genozid, S. 112.
  107. Siehe etwa J. Arch Getty, Oleg V. Naumov: The Road to Terror – Stalin and the Self-Destruction of the Bolschewiks, 1932-1939, Yale University Press, New Haven and London 1999, ISBN 0-300-07772-6; Mark Junge, Rolf Binner: Kak terror stal bol’šim‘. Sekretnyj prikaz Nr 00447 i technologija ego ispolnenija, Moskva 2003; Werth, Les „opérations de masse“; Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft.
  108. Siehe exemplarisch Baberowski, Der rote Terror, S. 190; Luks, Geschichte Russlands und der Sowjetunion, S. 316.
  109. Siehe hierzu Binner, Junge, „S etoj publikoj ceremonit´sja ne sleduet“, S. 209–218.
  110. Siehe Binner, Bonwetsch, Junge (Hrsg.): Stalinismus in der sowjetischen Provinz, S. 41 und S. 51; Zitat dort auf S. 41.
  111. Siehe hierzu Baberowski, Der rote Terror, S. 207.
  112. Diese Position findet sich oft bei Nicolas Werth, zum Beispiel in The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 2, S. 3 und S. 8.
  113. Binner, Junge: Wie der Terror „groß“ wurde, S. 559; Binner, Bonwetsch, Junge, Massenmord und Lagerhaft, S. 10.
  114. Website von Getty.
  115. J. Arch Getty, Oleg V. Naumov: The Road to Terror – Stalin and the Self-Destruction of the Bolschewiks, 1932-1939, Yale University Press, New Haven and London 1999, S. 471, ISBN 0-300-07772-6.
  116. Website Gregorys an der Hoover Institution.
  117. Gregory, Lenin’s Brain, S. 44.
  118. Naimark, Stalin und der Genozid. Zur Deutung des Großen Terrors als Völkermord dort insbesondere S. 113.
  119. Baberowski, Der rote Terror, S. 188.
  120. Zu den knigi pamiati siehe Werth, The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 7.
  121. Zu den Massenhinrichtungen auf diesem Schießplatz hierzu François-Xavier Nérard: The Butovo Shooting Range. Artikel der Online Encyclopedia of Mass Violence (PDF-Version) (Abruf am 16. Mai 2010). Siehe ferner Schlögel, Terror und Traum, S. 603–626.
  122. Solche Stätten finden sich in Lewaschowo (Левашово; Weblink) nahe Leningrad, in Bykiwnja (Биківня; Informationen von Memorial) bei Kiew, im karelischen Sandarmoch (Сандармох; Informationen über Sandarmoch) oder im ukrainischen Winnyzja (Вінниця); siehe Werth, The NKVD Mass Secret Operation n° 00447 (August 1937 – November 1938), (Abruf am 24. August 2010), S. 4.
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