„Kindermord in Bethlehem“ – Versionsunterschied

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Als '''Kindermord in Betlehem''' wird der angebliche Mord an allen Jungen Bethlehems auf Befehl König [[Herodes der Große|Herodes des Großen]]bezeichnet. Laut dem [[Matthäusevangelium]] habe Herodes {{Bibel|Mt|2|13-18}} nach [[Jesus von Nazaret|Jesu]] Geburt alle Knaben ermordet haben. Im christlichen Umfeld findet sich für die Opfer häufig die Bezeichnung '''Unschuldige Kinder'''. Wissenschaftlich wird die Geschichte allgemein angezweifelt.
Als '''Kindermord in Betlehem''' wird der angebliche Mord an allen Jungen Bethlehems auf Befehl König [[Herodes der Große|Herodes des Großen]] bezeichnet. Laut dem [[Matthäusevangelium]] habe Herodes {{Bibel|Mt|2|13-18}} nach [[Jesus von Nazaret|Jesu]] Geburt alle Knaben ermordet haben. Im christlichen Umfeld findet sich für die Opfer häufig die Bezeichnung '''Unschuldige Kinder'''. Wissenschaftlich wird die Geschichte allgemein angezweifelt.


== Biblischer Hintergrund ==
== Biblischer Hintergrund ==

Version vom 8. Mai 2007, 19:12 Uhr

Als Kindermord in Betlehem wird der angebliche Mord an allen Jungen Bethlehems auf Befehl König Herodes des Großen bezeichnet. Laut dem Matthäusevangelium habe Herodes (Mt 2,13-18 EU) nach Jesu Geburt alle Knaben ermordet haben. Im christlichen Umfeld findet sich für die Opfer häufig die Bezeichnung Unschuldige Kinder. Wissenschaftlich wird die Geschichte allgemein angezweifelt.

Biblischer Hintergrund

Darstellung des betlehemitischen Kindermords in der barocken Krippe von Gutenzell

Als König Herodes von Judäa durch die Sterndeuter aus dem Morgenland (die sog. Heiligen Drei Könige) von der Geburt Jesu erfährt, und dass dieser der neue König der Juden sein wird, lässt er die Weisen Israels befragen, wo diese Geburt stattgefunden habe. Diese identifizieren aufgrund prophetischer Weissagungen Betlehem als Geburtsort. Daraufhin beschließt er den Konkurrenten für sich und seine Söhne auszuschalten, indem er in Bethlehem alle Knaben unter zwei Jahren töten ließ. Dem Ziehvater Jesu wurde jedoch in einem Traum bedeutet, nach Ägypten zu fliehen, so dass Jesus dem Kindermord entging.

Frühe Schätzungen des Außmaßes

Während die griechische Liturgie 14.000 ermordete Knaben nennt und mittelalterliche Autoren bis zu 144.000 Opfer angeben, sprechen spätere Theologen (Joseph Knabenbauer, August Bisping) auf Grund der anzunehmenden Größe des Ortes Betlehem zu biblischen Zeiten nur noch von etwa sechs bis zwanzig erschlagenen Kindern.[1]

Wissenschaft

Kerald malt den Betlehemitischen Kindermord im Codex Egberti

Früheste Rezeptionen

Ältestes Zeugnis für die Rezeption des biblischen Berichts vom Betlehemitischen Kindermord ist eine Predigt des Bischofs Optatus von Mileve aus der Zeit um 360. Auch Augustinus († 430) und Caesarius von Arles († 542) rühmen die kindlichen Märtyrer, denen es vergönnt war, nicht nur als Zeugen für Jesus, sondern stellvertretend für ihn zu sterben.

Ende des vierten Jahrhunderts berichtet der römische Philosoph Ambrosius Theodosius Macrobius in seiner Schrift "Saturnalia" davon, dass Augustus, als er davon gehört hatte, dass Herodes, König der Juden, alle Jungen in Syrien unter dem Alter von zwei Jahren töten ließ und dabei auch sein eigener Sohn umgebracht worden sei, kundtat: „Bei Herodes ist es besser, sein Schwein zu sein als sein Sohn.“ (Macrobius, Saturnalia, 2, 4, 11)

Der Codex Egberti (10. Jahrhundert) enthält eine der ältesten bildlichen Darstellungen des Kindermordes.

Belege für den Kindermord

Es ist zwar belegt, dass Herodes der Große ein striktes und grausames Regiment geführt hat. So hat der römische Historiker Josephus alle ihm bekannten Verbrechen des Herodes recherchiert und zusammengestellt, von einem Kindermord von Betlehem berichtet Josephus dabei allerdings nichts.

Mythologische Ähnlichkeiten: Die Mehrheit der Exegeten (Auslegungen) geht von einem mythologischen Motiv des Kindermords anlässlich der Ankunft eines heiligen Königs aus. So soll ein König von Bhojas namens Kamsa versucht haben, den Aufwuchs Krishnas zu verhindern, indem er etliche Kinder hinschlachten ließ. Auch dem mythischen König Arthur (Artus) war von Merlin geweissagt, einst würde ihn ein an einem 1. Mai geborenes Kind ablösen. Darum ließ er alle im fraglichen Zeitpunkt geborenen Kindern edler Herkunft, die als Prinzen in Frage kamen, einsammeln und auf ein Schiff verfrachten, dass auf hoher See versenkt wurde. Wie in solchen Geschichten üblich, nützte ihm solches Aufbegehren gegen das Schicksal nicht, denn Mordred, der gemeinte, entkam glücklich und wurde aufgezogen.

Sind die vorgenannten Motive rein phänomenologisch vergleichbar, so wird ein Kindermord im Alten Testament möglicherweise als Vorlage im eigentlichen Sinn gedient haben. Der Pharao ließ alle neugeborenen Knaben der Israeliten töten. Allerdings war hier das Motiv nicht die Ausschaltung eines persönlichen Konkurrenten, sondern die demographische Schwächung eines versklavten Volkes. Damals entging Moses dem Kindermord.

Fund von Babyknochen in Ashkelon: An dieser spekulativen Deutung erweckt auch der Fund von Hunderten von Babyknochen in einem Wohnviertel hinter den ehemaligen Hafenanlagen der Hafenstadt Ashkelon, einer der zur Zeit Jesu wichtigsten Häfen Palästinas, kaum Zweifel. Laut dem Papyrologen Carsten Peter Thiede seien diese auf die Zeit des Herodes zu datieren und stammten zu einem großen Teil von Jungen unter zwei Jahren. Allerdings wird deren Ermordung von den meisten beteiligten Wissenschaftlern nicht einem politischen Motiv zugeschrieben, sondern als Tötung von unerwünschten Kindern im Rotlichtmilieu gedeutet. Zudem spricht selbst die einzige Quelle nicht von der Tötung von Kindern außerhalb Betlehems, so dass die Annahme dieser Fund sei ein Beleg für die Historizität der Erzählung eher abwegig erscheint.

Für den Kindermord in Betlehem selbst gibt es keine weitere unabhängige Quelle.

Tag der Unschuldigen Kinder

Die katholische, anglikanische und orthodoxen Kirche feiern den Tag der unschuldigen Kinder als liturgischen Gedenktag. Im Evangelischen Gottesdienstbuch (Agende) ist er als besonderer Gedenktag der Kirche verzeichnet, wird aber nur in einzelnen Regionen, etwa in Lateinamerika, begangen. Das Fest erscheint im Sacramentarium Leonianum und 505 in einem liturgischen Kalender aus Nordafrika. Der Festtag differiert heute in den verschiedenen Konfessionen:

Brauchtum

689/90 wurde das „festum puerorum“ auf dem 6. Konzil von Konstantinopel verboten, weil sich dieses "Fest der Kinder" mit einem "Narrenfest" verbunden hatte, das möglicherweise in der Tradition orientalischer Narrenkönige, römischer Saturnalien und eventuell auch keltischer Tiervermummung stand.

Dieser Gedenktag war nie von der Kirche verordnet worden, erfreute sich aber unter Laien großer Beliebtheit. Er wurde trotz kirchlicher Verbote weiterhin mit Narrenspielen begangen.

Die Reformation schaffte diesen Brauch ab, in den meisten katholischen Gegenden Deutschlands starb er im 18. Jahrhundert aus. Allerdings hält sich bis heute in Teilen Österreichs der Brauch, Kinder an diesem Tag die Erlaubnis zu erteilen, den Erwachsenen durch Rutenschläge Glück und Gesundheit fürs kommende Jahr zu bringen; dazu sagen die Kinder beim Schlagen rituelle Verse auf, und erhalten als Dank von den somit "gesegneten" Erwachsenen kleine Geschenke oder Geld.

In Spanien und Lateinamerika hat er sich dagegen bis heute gehalten. Dort ist der Día de los Santos Inocentes der Anlass, seine Mitmenschen zu veräppeln, wie man es in Deutschland oder in den angelsächsischen Ländern am 1. April zu tun pflegt. Dies steht in Zusammenhang mit der Mehrdeutigkeit von "inocente", was nicht nur "unschuldig", sondern auch "naiv" oder "dumm" heißen kann. Aus diesem Grunde trat angeblich auch die spanische Verfassung erst am 29. Dezember 1978 in Kraft, einen Tag später als ursprünglich vorgesehen.

Am Fest der Unschuldigen Kinder wurde bis ins Mittelalter hinein in Klosterschulen der Jüngste für einen Tag auf den Stuhl des Abtes gesetzt, ein Brauch, der sich im Mittelalter (etwa seit dem 13. Jahrhundert) dann allerdings auf den Nikolaustag verschob.

Der Betlehemetische Kindermord in der Kunst

Fra Angelico, um 1450

Dieses Bildmotiv wurde immer wieder von zahlreichen Malern aufgegriffen.

In der frühchristlichen Kunst tritt es selten auf (zum Beispiel in den Mosaiken von S. Maria Maggiore), in der mittelalterlichen Kunst häufiger (so zum Beispiel im Egbert-Codex; in den Kanzelreliefs der Pisani; auf Fresken in Padua).

Einzelbildlich erscheint das Motiv auch in der Renaissance- und Barockmalerei (unter anderem bei Pieter Lastman, Cranach und Rubens). Das Thema wurde im übertragenen Sinn auch von Pieter Brueghel dem Älteren gestaltet, mit Bezug auf die Greueltaten der spanischen Besatzer gegen die Niederländer im 16. Jahrhundert.

„Der bethlehemische Kindermord“ (Um 1636/38)

Der betlehemitische Kindermord (Rubens)

Der Maler Rubens hat das Thema gleich mehrfach gemalt:

  • „Das Massaker der Unschuldigen“ (auch „Kindermord von Betlehem“ genannt, gemalt: 1609/11) wurde am 10. Juli 2002 bei Sotheby's London für die damalige Rekordsumme von 76,7 Mio $ versteigert.
  • „Der bethlehemische Kindermord“, seit 1902 im Besitz der Königlichen Museen in Brüssel (es wird dort allerdings unter dem Namen von Anton Sallaert geführt; also ist unklar, ob es von Rubens ist oder nicht)
  • „Der bethlehemische Kindermord“ (Um 1636/38), Eichenholz, 198,5 x 302,2 cm

Weitere Darstellungen

Für weitere Gemälde und Krippendarstellungen siehe

Commons: Betlehemitischer Kindermord – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Catholic Encyclopedia, http://www.newadvent.org/cathen/07419a.htm