Du bist Deutschland

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Du bist Deutschland ist eine am am 26. September 2005 gestartete Medienkampagne, welche im Januar 2006 enden wird. Laut Presseprospekt ist sie "die größte Social-Marketing-Kampagne in der Mediengeschichte der Bundesrepublik".

Die Kampagne

Die Kampagne "Du bist Deutschland" wurde von "Partner für Innovation" in Auftrag gegeben. Dies ist ein Zusammenschluss aus rund 200 Unternehmen, Verbänden und Institutionen (siehe auch: Träger/Unterstützer). Aufgrund der Bundestagswahl 2005 wurde die eigentlich für den Sommer geplante Kampagne auf den Herbst verschoben.

Die Gestaltung stammt von der Werbeagentur Jung von Matt, die fischerAppelt Kommunikation GmbH (Hamburg) leitet das "Kampagnebüro".

Laut Veröffentlichungen des "Kampagnebüros" verzichten die beteiligten Medienunternehmen, Agenturen und "Testimonials" auf Honorare und Gagen, die anfallenden Fremdkosten würden von der Bertelsmann AG übernommen. Die Kampagne besteht aus TV-Spots, Plakatierungen und großformatigen Anzeigen.

In diesem Zusammenhang wird von einem "Mediavolumen von mehr als 30 Millionen Euro" gesprochen.

Die bis zu zwei Minuten langen Fernsehspots zeigen Prominente vor landschaftlichen und urbanen Hintergründen. Diese tragen Sinnsprüche und Metaphern vor ("Du bist das Wunder von Deutschland"), die betonen, dass jeder einzelne auf seine Weise sowie auf emotionaler Ebene Teil "eines größeren Ganzen" sei. Hiermit wird impliziert, dass jeder Bürger am Erfolg Deutschlands teilhabe.

Die Musik des Spots ist bekannt aus dem US-amerikanischen Spielfilm Forrest Gump (1994) und stammt vom US-amerikanischen Komponisten von Filmmusiken, Alan Silvestri.

Slogan

Der Slogan (im medialen Kontext auch "Claim" genannt) Du bist Deutschland erinnert an den Aufmacher der "Bild"-Zeitung anlässlich der letzten Papstwahl, durch die seit 482 Jahren erneut der deutscher Bürger Joseph Ratzinger zum Papst erwählt wurde.

Diese Schlagzeile wurde in den Folgezeit immer wieder von den Medien aufgegriffen, zitiert und auch karikiert, insbesondere aufgrund ihres ungewöhnlichen grammatischen Aufbaus. An die Stelle eines zu erwartenden Adjektives wird ein Substantiv gesetzt: Wir sind Papst anstatt Wir sind päpstlich. Laut einer anderen Interpretation der Herkunft wird Du bist Deutschland als Ergänzung zum häufig während der DDR-Montagsdemonstrationen skandierten Slogan Wir sind das Volk verständen.

Die Ähnlichkeit des Claims zum Bild-Aufmacher wurde vom Unterstützer der Kampagne, Harald Schmidt, am 28. September im Rahmen seiner Fernsehsendung kommentiert:

‚Du bist Deutschland’ – eine tolle Kampagne! Ich durfte auch mitmachen. Erfunden wurde der Satz von Gerhard Schröder morgens beim Rasieren vor dem Spiegel. - Mich haben heute schon viele gefragt: „Wieso bin ich Deutschland? Ich denke, wir sind Papst!“
Datei:Du bist Deutschland.jpg

Das für die Kampagne erstellte Piktogramm besteht aus drei Flächen, deren Farbgebung an die Flagge der Bundesrepublik Deutschland angelehnt ist und eine voranschreitende Person darstellen soll. Die eigentlichen Flächen des Emblems, seine Umrisse, weckten in ersten Kommentaren jedoch auch abweichende Assoziationen ("Hunde-Köttel" am 27. September durch Bernd Graff, Kulturredakteur der Onlineredaktion, im Blog der SZ), welche als Ironie zu verstehen sind. Ferner gibt es eine Ähnlichkeit zum Logo der Olympischen Spiele in Barcelona (1992) zu entdecken, was entsprechend im Internet kommentiert wurde. ("Du bist geklaut" war der Titel einer am 27. September bei flickr eingestellten Montage beider Grafiken, die dort schnell von anderen zustimmend kommentiert wurde [1]).

Das Manifest

Die Kampagne umfasst ein "Manifest" unter dem Titel Du bist das Wunder von Deutschland. Der Text wird durch die fünfmalige Wiederholung des Claims Du bist Deutschland unterbrechend gegliedert:

Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen. Der Windstoß, der durch seinen Flügelschlag verdrängt wird, entwurzelt vielleicht ein paar Kilometer weiter Bäume. Genauso wie sich ein Lufthauch zu einem Sturm entwickelt, kann Deine Tat wirken. Unrealistisch, sagst Du? Warum feuerst du dann Deine Mannschaft im Stadion an, wenn Deine Stimme so unwichtig ist? Wieso schwenkst du Fahnen, während Schuhmacher seine Runden dreht? Du kennst die Antwort: Weil aus Deiner Flagge viele werden und aus Deiner Stimme ein ganzer Chor. Du bist von allem ein Teil. Und alles ist ein Teil von Dir.
Du bist Deutschland.
Dein Wille ist wie Feuer unterm Hintern. Er lässt Deinen Lieblingsstürmer schneller laufen und Schumi schneller fahren. Egal, wo du arbeitest. Egal, welche Position du hast. Du hältst den Laden zusammen. Du bist der Laden.
Du bist Deutschland.
Unsere Zeit schmeckt nicht nach Zuckerwatte. Das will auch niemand behaupten. Mag sein, Du stehst mit dem Rücken zur Wand oder dem Gesicht vor einer Mauer. Doch einmal haben wir schon eine Mauer niedergerissen. Deutschland hat genug Hände, um sie einander zu reichen und anzupacken. Wir sind 82 Millionen. Machen wir uns die Hände schmutzig. Du bist die Hand. Du bist 82 Millionen.
Du bist Deutschland.
Also: Wie wäre es, wenn Du Dich mal wieder selbst anfeuerst? Gib nicht nur auf der Autobahn Gas. Geh runter von der Bremse. Es gibt keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Deutschlandbahn. Frage dich nicht, was die anderen für Dich tun. Du bist die anderen.
Du bist Deutschland.
Behandle Dein Land doch einfach wie einen guten Freund. Meckere nicht über ihn, sondern biete ihm Deine Hilfe an. Bring die beste Leistung, zu der Du fähig bist. Und wenn du damit fertig bist, übertriff Dich selbst. Schlag mit Deinen Flügeln und reiß Bäume aus. Du bist die Flügel, du bist der Baum.
Du bist Deutschland!


siehe auch: Schmetterlingseffekt

Kritik

Die Kampagne wird derzeit kontrovers diskutiert, oft parodiert und als bedenklich empfunden.

Hierbei wird angemerkt, dass sich in einer funktionierenden Demokratie Meinungen und Stimmungen in einem offenen Diskurs frei entwickeln sollten und nicht über Medienkampagnen manipuliert werden dürften. Dabei würden Assoziationen eines weitläufigen Spektrums geweckt, das bei Methoden autoritärer Herrschaftssysteme wie Propaganda beginnet, über Methoden der Psychotherapie und mit der Erinnerung an den deutschen Nationalsozialismus endet. Dieser Bezug wird mit der bewussten Betonung des Einzelnen als Teil eines sich als Nationalstaat konstituierenden Kollektivs begründet, die "Du bist Deutschland" impliziere. Diese Assoziationen sind jedoch vor dem Hintergrund der schlechten wirtschaftlichen Lage - die Kampagne geht nicht auf diese ein - sowie den unmittelbaren Konsequenzen für die Gesellschaft zu sehen. Da die Kampagne Deutschland betont, wird sie auch als "Erweckerkampagne", als Erwecker eines deutschen Nationalgefühls, bezeichnet.

Auf der anderen Seite wird dem Slogan eine positive, integrative Botschaft zugesprochen, da insbesondere Bürger mit Eltern aus verschiedenen kulturellen Kontexten, körperlich Benachteiligte, Juden und andere Gruppen angesprochen werden. Sozial integrative Suggestionen sind durch Betonung der individuellen Verantwortung für die Gemeinschaft "Deutschland" erkenntlich. Ferner werde die Vielfalt der Bevölkerung verallgegenwärtigt.

Allgemein lässt sich anhand der Kritiken festhalten, dass der große Interpretationsraum der Kampagne ein diffuses Bild von den ihren konkreten Positionen hinterlässt. Die Intention der Kampagne, einen öffentlichen Dialog über die deutsche Nation und ihren spezifischen Kern einzuleiten, hat jedoch kurzfristig ihr Ziel erreicht.

Kritik von anderen Kampagnen

Elena Lange, Sängerin der Band Stella wies im Rahmen einer Veranstaltung der Initiative "I Can't Relax in Deutschland" am 8. Oktober 2005 in Frankfurt darauf hin, dass sich die Kampagne "Du Bist Deutschland" „den Mitteln der Romantik durch das Spielen mit primitiven Metaphern“ bediene. Damit würde der Anschein erweckt, als wäre alles mit Hilfe eines Automatismus zu ermöglichen. André Breton meinte dazu, es sie „die Rache des Lustprinzips am Realitätsprinzip“. Die zerklüfteten Ungleichheiten zwischen den Menschen würden geebnet, ohne die Unterschiede gleichzumachen.

Die Initiative "I Can´t Relax In Deutschland" bezeichnet den sich mittels der Kampagne "Du bist Deutschland" sich Ausdruck verleihenden Nationalismus als "neuen Nationalismus". Marvin Alster skizziert als dessen wesentliches Merkmal ein geändertes Deutschlandbild seit 1990 gegenüber dem Onlineportal der Süddeutschen Zeitung „Jetzt“. Darin stehe ein Bruch mit der deutschen Vergangenheit und eine Instrumentalisierung dieser. Xavier Naidoo, welcher für den Kampagnen-Videodreh vor dem Holocaust-Mahnmal posierte, stünde so für ein Deutschlandbild, welches seine Vergangenheit bewältigt zu haben glaube und deshalb diese meint abschließen zu können. "I Can´t Relax In Deutschland" möchte dem mit eigener Medienarbeit entgegen wirken.

Kritik in den Medien

Die Taz spricht davon, dass mittels einer "neoliberalen Wundertüte" die "von Depressionen und Zukunftsängsten geschüttelten Deutschen wieder auf gute Laune getrimmt werden" würden (taz v.26.9.05) und die Verantwortung von Staat und Wirtschaft für das „Schicksal des Landes“ dabei auf den Einzelnen abgeschoben werde (taz v. 29.9.05). Die Berliner Zeitung kritisiert die "Volkskörperrhetorik" der Kampagne und hält die Aktion für eine "Verhöhnung des Publikums", da hier "Prominente gegen Realitäten anschwärmen" würden, die "deutsche Misere" aber nicht durch "mentales Training" zu beseitigen sei (BZ v.30.9.05). Die Zeit spricht von "Propaganda", "Schwachsinn" und einem "Höhepunkt an Zynismus" (Die Zeit v. 6.10.05). Der Appell an die Verantwortung des Einzelnen für sich selbst und das Gemeinwohl sei zu begrüßen, die Medienkampagne dürfe aber nicht ablenken von der Verantwortung der Entscheidungsträger für die Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme, da diese nicht vom Einzelnen allein durch positives Denken bewältigt werden könnten, so Sabine Eichler im Main-Rheiner (MR v.8.10.05).

Präsenz in den Medien

Es werden rund 1,6 Milliarden Kontakte erzielt. Dies entspricht einer rechnerischen Reichweite von 98 Prozent. Jeder Deutsche soll somit durchschnittlich 16-mal erreicht werden. Das Mediavolumen (Stand 23. September 2005) setzt sich zusammen aus:

Zeitschriften:

  • 40 Titel, Auflage in Tausend: 26.072,3
  • Kontakte in Mio.: 625,5
  • Schaltvolumen: 11.267.051 Euro

Zeitungen:

  • 8 überregionale Titel, Auflage in Tausend: 2.195,6
  • 13 regionale Titel
  • Auflage in Tausend: 2.854,8
  • Kontakte in Mio. gesamt: 82,8
  • Schaltvolumen gesamt: 5.378.799 Euro

TV:

  • 11 Sender
  • Kontakte in Mio. gesamt: 761,3
  • Schaltvolumen gesamt: 12.500.000 Euro

Kino:

  • 1.866 Theater in 343 Orten
  • Kontakte in Mio. gesamt: 32,4
  • Schaltvolumen gesamt: 984.998 Euro

Plakat:

  • 2.326 Mega-Lights (18/1) in 80 Orten
  • Kontakte in Mio. gesamt: 84,8
  • Schaltvolumen gesamt: 999.994 Euro

Träger der Kampagne

Fernsehen
ARDPremiere FernsehenProSiebenSat.1RTL Gruppe DeutschlandZDF
Print
Axel SpringerHeinrich Bauer VerlagHubert Burda MediaFrankfurter Allgemeine ZeitungJahreszeiten Verlag Gruner & JahrHeise Medien GruppeVerlagsgruppe Georg von HoltzbrinckZeitungsgruppe IppenVerlagsgesellschaft MadsackMotor Presse StuttgartDER SPIEGELSüddeutscher VerlagWAZ-MediengruppeZeitungsgruppe Stuttgart
Online
RTL InteractiveTOMORROW FOCUST-Online
Plakat
Ströer Out-of-Home Media
Kino
WerbeWeischer

Unterstützer

Gerald AsamoahReinhold BeckmannBobby BrederlowYvonne CatterfeldSarah ConnorWojtek CzyzJustus Frantz und OrchesterMaria FurtwänglerGünther JauchOliver KahnWalter KempowskiJohannes B. KernerOliver KorritkeWalter LangeFlorian LangenscheidtPatrick LindnerSandra MaischbergerXavier NaidooMinh-Khai Phan-ThiOliver PocherDominic RaackeMarcel Reich-RanickiHans Martin RüterKool SavasHarald SchmidtGabriele & Gerd StrehleUlrich WickertAnne WillDr. Martin WinterkornKatarina Witt

siehe auch

Offiziell

Kritisch

Sonstiges

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