„Chan Yunis“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Ort in den Palästinensischen Autonomiegebieten
{{Infobox Ort in den Palästinensischen Autonomiegebieten
|Name = Chan Yunis
| Name = Chan Junis
|NameArabisch = خان يونس
| NameArabisch = خان يونس<br />''Chan Yunis''
|Wappen =
| Wappen =
| Bild = Khan Yunis panorama.jpg
|NameHebräisch =
| Bildbeschreibung = Panorama der Stadt am Meer, 2019
|Gebiet = Gazastreifen
| NameHebräisch =
|Gouvernement = [[Gouvernement Gaza|Gaza]]
| Gebiet = Staat Palästina
|Gegründet = 1387
| Gouvernement = [[Gouvernement Chan Yunis]]
|lat_deg = 31 | lat_min = 20 | lat_sec = 39.55
| Gegründet = 1387
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|EinwohnerStand = 2016<ref name="pcbs.gov.ps">[http://www.pcbs.gov.ps/Portals/_Rainbow/Documents/khan.htm Palästinensisches Zentralamt für Statistik]</ref>
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|Zeitzone = UTC+2
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| Einwohner = 291443
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| Gemeindeart = Stadt
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| Bürgermeister = Muhammad Jawad Abd al-Khaliq al-Farra
|Webpräsenz = www.khanyounis.mun.ps/
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}}
'''Chan Yunis''' oder dt. '''Chan Junis''' ({{arS|خان يونس&lrm;|w=Chān Yūnis|d=Ḫān Yūnus|b=[[Karawanserei]] des Yunus}},<ref>Herkunft des Namens, siehe [[Chan Yunis#Gründung der Stadt durch_Mamluken|hier]].</ref> im englischen oft ''Khan Yunis'' transkribiert, {{heS|ח'אן יונס|'''Chan Junis'''}}) im [[Gouvernement Chan Yunis]] ist die zweitgrößte Stadt im [[Gazastreifen]], der seit 1994 unter Verwaltung des [[Staat Palästina|Staates Palästina]] steht. Die Stadt und das Flüchtlingslager zählten im Jahr 2023 zusammen ca. 291.443 Einwohner.<ref name=":30">{{Internetquelle |autor=Staat Palästina |url=https://www.pcbs.gov.ps/statisticsIndicatorsTables.aspx?lang=en&table_id=710 |titel=Preliminary Results of the Population, Housing and Establishments Census |hrsg=Palestinian Central Bureau of Statistics (PCBS) |datum=2024 |format= |sprache=en |abruf=2024-01-12}}</ref> Chan Yunis ist einer der Standorte der [[Al-Quds Open University]].<ref>{{Webarchiv |text=HP der QOU |url=http://www.qou.edu/english/index.jsp?pageId=182 |wayback=20141216093622}}, zuletzt abgerufen am 28. August 2011.</ref>
[[Datei:Karte Gazastreifen.png|mini|220px|Chan Yunis auf der Karte des Gazastreifens]]
'''Chan Yunis''' ({{arS|خان يونس|w=Chān Yūnis|d=Ḫān Yūnis}}, im Englischen oft als ''Khan Yunis'' transkribiert, {{heS|ח'אן יונס|Chan Junis}}) ist eine [[Stadt]] und ein [[Chan Yunis#Flüchtlingslager|Flüchtlingslager]] im [[Gouvernement Chan Yunis]], dem südlichen Teil des [[Gazastreifen]]s, der seit 1994 ''[[de jure]]'' unter Verwaltung der [[Palästinensische Autonomiebehörde|Palästinensischen Autonomiebehörde]] steht. Die Stadt Chan Yunis und das Flüchtlingslager zählen zusammen etwa 230.000 Einwohner (2016). Chan Yunis ist nach [[Gaza (Stadt)|Gaza]] die zweitgrößte Stadt im Gazastreifen. Chan Yunis ist einer der Standorte der [[Al-Quds Open University]].<ref>{{Webarchiv |text=HP der QOU |url=http://www.qou.edu/english/index.jsp?pageId=182 |wayback=20141216093622}}, zuletzt abgerufen am 28. August 2011.</ref>


== Geographie ==
== Geographie und Klima ==
Die Stadt liegt rund vier Kilometer vom [[Mittelmeer]] und acht Kilometer nördlich von der [[Ägypten|ägyptischen Grenze]] entfernt. Klimatisch liegt Chan Yunis somit in einer halbtrockenen Region, deren jährliche Niederschlagsmenge durchschnittlich 260 Millimeter beträgt. Die Stadt hat eine Höchsttemperatur von 30 Grad Celsius im Sommer und eine Mindesttemperatur von 10 Grad Celsius im Winter.
<!-- beispielsweise Landschaften, Berge, Flüsse etc -->
[[Datei:Gaza Strip Khan Yunis Access and movement Jul 2018.png|mini|392x392px|Stadt und Gouvernement Khan Younis, die Stadt befindet sich im Süden des Gazastreifens]]
Die Stadt liegt rund vier Kilometer vom [[Mittelmeer]] und acht Kilometer nördlich von der [[Ägypten|ägyptischen Grenze]] entfernt. Klimatisch liegt Chan Yunis somit in einer halbtrockenen Region, deren jährliche Niederschlagsmenge durchschnittlich 260 Millimeter beträgt.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
=== Stadt ===
=== Antike Zeit ===
[[Herodot]], ein antiker griechischer Geograph beschreibt eine Stadt namens Lenysos, die zwischen dem [[Sirbonischer See|Sirbonischen See]] und Kadytis (heute [[Gaza (Stadt)|Gaza-Stadt]]) liegt. Er erzählt, wie das persische Militär auf dem Weg nach [[Ägypten in griechisch-römischer Zeit|Ägypten]] durch den Ort marschierte. Er beschreibt auch, wie das Küstengebiet zwischen Kadytis und Lenysos von lokalen arabischen Stämmen bewohnt wurde. Einige Quellen assoziieren diese Stätte aufgrund der phonologischen Ähnlichkeit der Namen und der allgemeinen Übereinstimmung der geografischen Standorte mit dem modernen Khan Yunis.<ref name="Retsö">Retsö, J. (2014). ''The Arabs in antiquity: Their history from the Assyrians to the Umayyads - "Chapter 9: The Age of the Achaemenids - Herodotus of Halicarnassus"''. Routledge.</ref>
Chan Yunis wurde im 14.&nbsp;Jahrhundert gegründet. Die Stadt hat ihren Ursprung in einer alten [[Karawanserei]] (Han), erbaut von dem [[Emir]] Yunis, im Jahr 1387. Der Name der Stadt ''Chan Yunis'' geht auf ihren Erbauer ''Yunis ibn Abdallah an-Nauruzi ad-Dawadar'' zurück. Er war der oberste Sekretär und einer der höchsten Offiziellen von [[Barqūq]], dem ersten Sultan der [[Mamluken]] in [[Ägypten]]. Seine Aufgabe war es, die Karawanen, Pilger und Reisenden der damaligen Zeit zu schützen. Später wurde der Ort zu einem wichtigen Zentrum für Handel, der Wochenmarkt fand Donnerstags statt und zog Händler der Nachbarregionen an.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.elagha.net/e/index.htm |text=Elagha |wayback=20080201045835}} Geschichte vom Khan von Chan Yunis (en).</ref> Während des [[Palästinakrieg|Ersten Arabisch-israelischen Krieges]] 1948/49 wurde Chan Yunis von ägyptischen Truppen besetzt. Am 31. August 1955 führte die israelische Armee eine Militäraktion gegen Chan Yunis durch, da von hier aus eine Guerillaaktion gegen Israel stattgefunden hatte. Die Aktion, die über 70 ägyptische Soldaten das Leben kostete, führte zu einem Waffenstillstand Ägyptens mit Israel.<ref>Zeʼev Derori: ''Israel's reprisal policy, 1953–1956: the dynamics of military retaliation''. S. 142.</ref><ref name="Katz">Samuel M. Katz: ''Israeli Elite Units since 1948.'' Osprey Publishing, 1988, ISBN 0-85045-837-4, S. 10.</ref><ref>[[Benny Morris]]: ''Israel's Border Wars, 1949–1956. Arab Infiltration, Israeli Retaliation, and the Countdown to the Suez War''. Oxford University Press, Oxford 1993, ISBN 0-19-827850-0, S. 350.</ref>


Andere Quellen haben einen weiteren Standort im Landesinneren von „Khirbet Ma'in Abu Sitta“ (1949 entvölkertes palästinensisches Dorf) oder die ägyptische Stadt Arish als mögliche Standorte von Lenysos vorgeschlagen, aber keine eindeutigen Beweise dafür unterstützen diese Identifikation.<ref name="Retsö" /><ref>{{Cite book |last=Verreth |first=Herbert |title=The northern Sinai from the 7th century BC till the 7th century AD. A guide to the sources |volume=1 |publisher=Leuven |year=2006 |language=en |pages=263}}</ref>
Während des [[Sueskrise]] 1956 kam es erneut zu Kämpfen in Chan Yunis zwischen der israelischen Armee und der 86. Palästinensischen Brigade der ägyptischen Armee.<ref name="Varble, Derek page 46">Derek Varble: ''The Suez Crisis 1956.'' Osprey, London 2003, S.&nbsp;46.</ref>


=== Gründung der Stadt durch Mamluken ===
In diesem Zusammenhang kam es zur Tötung von 275 palästinensischen Zivilisten. Während Israel behauptete, auf militärischen Widerstand gestoßen zu sein, behaupteten die Palästinenser, Israel habe vorsätzlich unbewaffnete Zivilisten ermordet.<ref name="lat">Reed Johnson: [http://articles.latimes.com/2010/feb/04/entertainment/la-et-joe-sacco4-2010feb04 ''Joe Sacco produces comics from the hot zones'']. In: ''[[The New York Times]]'', 4. Februar 2010.</ref><ref name="un">[http://domino.un.org/unispal.nsf/0/6558f61d3db6bd4505256593006b06be?OpenDocument UNRWA Report to the UN General Assembly November 1&nbsp;– 14. Dezember 1956]</ref>
Der Ort war die Verbindungsstadt zwischen dem [[Nil]]tal, dem [[Fruchtbarer Halbmond|Fruchtbaren Halbmond]] und der [[Arabische Halbinsel|Arabischen Halbinsel]] und entwickelte sich zu einem wichtigen Handelszentrum. Vor dem 14. Jahrhundert war Khan Yunis ein Dorf namens „Salqah“.<ref name="Sharon">{{Literatur |Autor=Moše Šārôn |Titel=Corpus Inscriptionum Arabicarum Palaestinae (CIAP) Volume Two: B-C |Verlag=BRILL |Datum=1997 |ISBN=978-90-04-11083-0 |Online=https://books.google.com/books?id=EPFDU8POrXIC&pg=PA228 |Abruf=2024-01-17}}</ref>


Zum Schutz von Karawanen, Pilgern und Reisenden wurde dort 1387–88 von Emir Yunus ibn Abdallah al-Nuruzi ad-Dawadar, einem afghanischen [[Paschtunen|paschtunischen]] Offizier aus dem Nurzai-Stamm und einem Beamten des [[Mamluken]]reiches, eine riesige [[Karawanserei]] errichtet. Die wachsende Stadt um sie herum wurde nach ihm „Chan Yunis“ genannt. Im Jahr 1389 wurde Yunus im Kampf getötet.<ref>{{Literatur |Autor=Moše Šārôn |Titel=Corpus Inscriptionum Arabicarum Palaestinae (CIAP) Volume Two: B-C |Verlag=BRILL |Datum=1997 |ISBN=978-90-04-11083-0 |Online=https://books.google.com/books?id=EPFDU8POrXIC&pg=PA229 |Abruf=2024-01-17}}</ref>
Im Jahr 1967, während des [[Sechstagekrieg]]es, war Chan Yunis ebenfalls von Kämpfen und Bombardements betroffen.


Emir Yūnus Nurzai war der Exekutivsekretär, einer der hochrangigen Beamten des Mamlukenherrschers [[Barquq]]. Die Stadt entwickelte sich zu einem wichtigen Handelszentrum und ihr wöchentlicher Donnerstagsmarkt zog Händler aus benachbarten Regionen an.<ref>Abu-Khalaf, Marwan. [https://web.archive.org/web/20080201045835/http://www.elagha.net/e/index.htm Khan Younis City]. ''El-Agha''. July 2002.</ref>
Während der [[israel]]ischen Besatzung (1967–2005) kam es in Chan Yunis wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen israelischen [[Sicherheitskräfte]]n und Angehörigen von palästinensischen Untergrundorganisationen, in deren Verlauf auch Unbeteiligte zu Schaden kamen. Die Stadt gilt als Hochburg der [[Hamas]].


Der Khan diente als Raststätte für Kuriere des Mamluken-Postnetzes in [[Palästina (Region)|Palästina]] und [[Geschichte Syriens|Syrien]].
2006 übernahm die Hamas die Macht im Gazastreifen. Seit der israelischen Grenzblockade 2005 wurden über 2000 Qassam-Raketen von Chan Yunis nach Israel geschossen, zumeist auf die südisraelische Stadt [[Sderot]].

=== Osmanische Zeit ===
Ende 1516 war Khan Yunis Schauplatz einer kleinen Schlacht, in der die in Ägypten ansässigen Mamluken vom [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]] unter der Führung von [[Koca Sinan Pascha|Sinan Pascha]] besiegt wurden. Der osmanische [[Sultan]] [[Selim I.]] kam dann in die Gegend, wo er die osmanische Armee über die [[Sinai-Halbinsel]] führte, um Ägypten zu erobern.<ref>Pitcher, p. 105.</ref> Im 17. und 18. Jahrhundert beauftragten die [[Osman (Dynastie)|Osmanen]] eine mit der Zitadelle von Kairo verbundene Azeb-Garnison mit der Bewachung der Festung Khan Yunis.<ref>{{Literatur |Autor=Jane Hathaway |Titel=The Politics of Households in Ottoman Egypt: The Rise of the Qazdaglis |Verlag=Cambridge University Press |Datum=2002-04-04 |ISBN=978-0-521-89294-0 |Online=https://books.google.com/books?id=QtlY011yusEC&pg=PA38 |Abruf=2024-01-17}}</ref>

Der französische Kartograf [[Pierre Jacotin]] nannte das Dorf Kan Jounes auf seiner Karte von 1799,<ref>{{Internetquelle |autor=Y.KARMON |url=https://web.archive.org/web/20191222063351/http://jchp.ucla.edu/Bibliography/Karmon,_Y_1960_Jacotin_Map_(IEJ_10).pdf |titel=An Analysis of Jacotin' s Map of Palestine |sprache=en |abruf=2024-01-17}}</ref> während Robinson im Jahr 1838 Khan Yunas als ein muslimisches Dorf in der nähe von [[Gaza (Stadt)|Gaza]] erwähnte.<ref>{{Literatur |Autor=Edward Robinson, Eli Smith |Titel=Biblical researches in Palestine, Mount Sinai and Arabia Petraea : a journal of travels in the year 1838 |Verlag=Boston : Crocker |Datum=1841 |Online=http://archive.org/details/biblicalresearch03robiuoft |Abruf=2024-01-17}}</ref> Im Jahr 1863 besuchte der französische Entdecker [[Victor Guérin]] Khan Yunis. Er fand heraus, dass es etwa tausend Einwohner hatte und dass in der Nähe viele Obstbäume, insbesondere [[Aprikose]]n, gepflanzt wurden.<ref>Guérin, 1869, p.[https://archive.org/stream/descriptiongog02gu#page/226/mode/1up 226] ff, pp. [https://archive.org/stream/descriptiongog02gu#page/249/mode/1up 249]-250, p. [https://archive.org/stream/descriptiongog02gu#page/251/mode/1up 251]</ref>
[[Datei:Local men in a street at Khan Yunis.webp|mini|283x283px|Arbeiter in einer Straße von Khan Yunis, 1914]]
Ende des 19. Jahrhunderts richteten die Osmanen einen Gemeinderat ein, der die Angelegenheiten von Khan Yunis verwalten sollte, der nach Gaza selbst zur zweitgrößten Stadt im Gazastreifen geworden war.<ref>{{Literatur |Autor=Ilana Feldman |Titel=Governing Gaza: Bureaucracy, Authority, and the Work of Rule, 1917–1967 |Verlag=Duke University Press |Datum=2008-07 |ISBN=978-0-8223-4240-3 |Online=https://books.google.com/books?id=D0bEoa0a_YsC&pg=PA21 |Abruf=2024-01-17}}</ref>

=== Britisches Völkerbundsmandat für Palästina ===
Bei der von den [[Völkerbundsmandat für Palästina|britischen Mandatsbehörden]] durchgeführten Volkszählung von Palästina im Jahr 1922 hatte Khan Yunis eine Bevölkerung von 3890 Einwohnern (3866 Muslime, 23 Christen und ein Jude).<ref name="Census1922">{{Literatur |Titel=Palestine Census ( 1922) |Online=http://archive.org/details/PalestineCensus1922 |Abruf=2024-01-17}}</ref>
[[Datei:Khan Yunis-1930s.jpg|mini|279x279px|Altstadt von Khan Yunis, 1930]]
In den Statistiken von 1945 hatte Khan Yunis eine Bevölkerung von 11.220 (11.180 Muslime und 40 Christen).<ref name="1945p31">Department of Statistics, 1945, p. [http://users.cecs.anu.edu.au/~bdm/yabber/census/VSpages/VS1945_p31.jpg 31]</ref> mit 2.302 (städtischen) und 53.820 (ländlichen) [[Dunam]]s Land, laut einer offiziellen Land- und Bevölkerungsumfrage.<ref>Government of Palestine, Department of Statistics. ''Village Statistics, April, 1945.'' Quoted in Hadawi, 1970, p. [http://www.palestineremembered.com/download/VillageStatistics/Table%20I/Gaza/Page-046.jpg 46]</ref>

Während der [[Dodekanes-Feldzug|Besetzung des Dodekanes]] durch die Nazis suchten viele Griechen der [[Dodekanes]]-Inseln wie [[Kastelorizo]] Zuflucht im nahe gelegenen Nuseirat-Lager.

<gallery widths="130" heights="130">
Khan Yunis 1931.jpg|Karte von Chan Yunis 1931
Khan Yunis 1945.jpg|Karte von Chan Yunis 1945
</gallery>

=== Palästinakrieg und Massaker während der Suezkrise ===
Während des [[Palästinakrieg]]es 1948/49 wurde Chan Yunis von ägyptischen Truppen besetzt. Am 31. August 1955 führte die israelische Armee eine Militäraktion in Chan Yunis durch, da von hier aus eine Guerillaaktion gegen [[Israel]] stattgefunden hatte. Die Aktion, die über 70 ägyptischen Soldaten das Leben kostete, führte zu einem Waffenstillstand Ägyptens mit Israel.<ref name="Katz">Samuel M. Katz: ''Israeli Elite Units since 1948.'' Osprey Publishing, 1988, ISBN 0-85045-837-4, S. 10.</ref><ref>[[Benny Morris]]: ''Israel's Border Wars, 1949–1956. Arab Infiltration, Israeli Retaliation, and the Countdown to the Suez War''. Oxford University Press, Oxford 1993, ISBN 0-19-827850-0, S. 350.</ref>

Vor dem [[Sueskrise|Suezkrieg]] wurde Khan Yunis offiziell von der Gesamtpalästinensischen Regierung verwaltet. Im [[Sueskrise|Suezkrieg]] durchbrach nach einem Feuergefecht die 37. Panzerbrigade der israelischen Armee die stark befestigten Linien außerhalb von Khan Yunis, die von der 86. Palästinensischen Brigade gehalten wurden.<ref name="Varble, Derek page 46">{{cite book | first = Derek | last = Varble | language = en | title = The Suez Crisis 1956 | url = https://books.google.com/books?id=MrP3kgd4sf8C | publisher = Osprey Publishing | location = London | year = 2003 | isbn = 1841764183 | page = 46}}</ref> Es war der einzige Ort im [[Gazastreifen]], an dem die [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptische Armee]] Widerstand gegen die israelische Invasion in Gaza leistete, sich jedoch am 3. November 1956 ergab.

Es gibt widersprüchliche Berichte darüber, was passiert ist. Israel sagte, dass Palästinenser getötet wurden, als die israelischen Streitkräfte noch mit bewaffnetem Widerstand konfrontiert waren, während die Palästinenser sagten, dass zuvor jeglicher Widerstand aufgehört habe, und dass viele unbewaffnete Zivilisten getötet worden seien, als die israelischen Truppen durch die Stadt und das Lager zogen und nach Männern mit Waffen suchten.<ref>{{Internetquelle |autor=Reed Johnson |url=https://www.latimes.com/archives/la-xpm-2010-feb-04-la-et-joe-sacco4-2010feb04-story.html |titel=Joe Sacco produces comics from the hot zones |werk=Los Angeles times |datum=2010-02-04 |sprache=en-US |abruf=2024-01-17}}</ref><ref name=":0">{{Internetquelle |autor=UNITED NATIONS General Assembly |url=https://web.archive.org/web/20130629110942/http://domino.un.org/unispal.nsf/0/6558f61d3db6bd4505256593006b06be?OpenDocument |titel=Special Report of the Director of the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East |datum=1957 |sprache=en |abruf=2024-01-17}}</ref>

Die als Massaker von Khan Yunis bezeichneten Toten wurden der UN-Generalversammlung am 15. Dezember 1956 vom Direktor des UN-Hilfswerks für Nothilfe, [[Henry R. Labouisse|Henry Labouisse]], gemeldet. Dem Bericht zufolge ist die genaue Zahl der Toten und Verletzten nicht bekannt, der Direktor erhielt jedoch von einer vertrauenswürdigen Quelle Listen mit Namen mutmaßlich getöteter Personen, darunter 275 Personen, davon 140 Flüchtlinge und 135 Anwohner.<ref name=":0" /><ref>{{Literatur |Autor=Haaretz |Titel=Graphic Novel on IDF 'Massacres' in Gaza Set to Hit Bookstores |Sammelwerk=Haaretz |Online=https://www.haaretz.com/2009-12-21/ty-article/graphic-novel-on-idf-massacres-in-gaza-set-to-hit-bookstores/0000017f-f8da-d887-a7ff-f8fe9d430000 |Abruf=2024-01-17}}</ref>

Nach 1959 wurde die Gesamtpalästinensische Regierung abgeschafft und Gaza kam unter Militärverwaltung der [[Vereinigte Arabische Republik|Vereinigten Arabischen Republik]].

=== Israelische Besatzung bis zur Intifada ===
Im Jahr 1967, während des [[Sechstagekrieg]]es, war Chan Yunis ebenfalls von Kämpfen und Bombardements betroffen. Infolge des Krieges gelang die Stadt unter israelische Besatzung. Während der israelischen Besatzung (1967–2005) kam es in Chan Yunis wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen israelischen [[Sicherheitskräfte]]n und Angehörigen von palästinensischen Untergrundorganisationen, in deren Verlauf auch Unbeteiligte zu Schaden kamen. Die Stadt gilt als Hochburg der militanten [[Hamas]].

Khan Yunis war während der [[Zweite Intifada|zweiten Intifada]] im August 2001 und Oktober 2002 Schauplatz israelischer Hubschrauberangriffe, bei denen mehrere Zivilisten getötet, Hunderte verletzt und zivile Gebäude in der Umgebung zerstört wurden.<ref>{{Literatur |Autor=Chris McGreal |Titel=Hamas celebrates victory of the bomb as power of negotiation falters |Sammelwerk=The Guardian |Datum=2005-09-12 |ISSN=0261-3077 |Online=https://www.theguardian.com/world/2005/sep/12/israel1 |Abruf=2024-01-17}}</ref>

Mit Ende der zweiten Intifada endete die [[Israelisch besetzte Gebiete|israelische Militärbesatzung]] mit dem [[Abkoppelungsplan|Abkopplungsplan]] und Khan Younis gelang vollständig unter der Kontrolle des [[Staat Palästina|Staates Palästina]] bzw. der Autonomiebehörde.

=== Palästinensische Verwaltung und Gaza-Kriege ===
Seit der israelischen Grenzblockade 2005 wurden über 2000 [[Qassam-Rakete]]n von Chan Yunis nach Israel geschossen, zumeist auf die südisraelische Stadt [[Sderot]].
[[Datei:Palestine Red Crescent Society's ambulance after being targeted by Israeli missile in Khan Yunis.png|mini|304x304px|Krankenwagen der Palästinensischen Rothalbmondgesellschaft in Khan Yunis, nachdem er durch einen israelischen Luftangriff am 7. Oktober 2023 schwer beschädigt wurde]]
Nach den [[Gazastreifen#Wahlen und Machtkampf, 2006–2007|Wahlen 2006]] übernahm 2007 die [[Hamas]] die Macht im Gazastreifen.


Ende 2017 wurde das von [[Katar]] finanzierte Projekt ''Scheich-Hamad-Stadt'' fertiggestellt, ein neues Wohnviertel für mehr als tausend Familien.<ref>{{Internetquelle |autor=Christoph Sydow, Dominik Peters |url=https://www.spiegel.de/politik/ausland/gazastreifen-die-geheimdiplomatie-zwischen-israel-und-katar-a-1224421.html |titel=Der Katar-Clou |werk=[[Der Spiegel]] |datum=2018-08-25 |abruf=2020-04-08}}</ref>
Ende 2017 wurde das von [[Katar]] finanzierte Projekt ''Scheich-Hamad-Stadt'' fertiggestellt, ein neues Wohnviertel für mehr als tausend Familien.<ref>{{Internetquelle |autor=Christoph Sydow, Dominik Peters |url=https://www.spiegel.de/politik/ausland/gazastreifen-die-geheimdiplomatie-zwischen-israel-und-katar-a-1224421.html |titel=Der Katar-Clou |werk=[[Der Spiegel]] |datum=2018-08-25 |abruf=2020-04-08}}</ref>


[[Datei:Damage in Gaza Strip during the October 2023 - 16.jpg|mini|Ein alter Mann am Stock läuft durch die Ruinen einer Moschee in Chan-Yunis, die bei israelischen Luftangriffen zerstört wurde, 8. Oktober 2023|309x309px]]
Nach dem [[Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023]] bombardierte Israel Chan Yunis zusammen mit anderen Städten im [[Gazastreifen]]. Dies geschah weiterhin, nachdem Israel die Menschen aus [[Gaza (Stadt)|Gaza-Stadt]] und dem nördlichen Teil des Gazastreifens aufgefordert hatte, sie sollten im Gazastreifen südlich des [[Besor|Wadis Gaza]] Zuflucht suchen.<ref>[https://ksltv.com/595216/israel-bombs-gaza-region-where-civilians-were-told-to-seek-refuge-as-mediators-try-to-unlock-aid/ Israel bombs Gaza region where civilians were told to seek refuge, as mediators try to unlock aid]</ref><ref>[https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/israels-ziel-die-palaestinenser-nach-aegypten-zu-draengen-mit-westlicher-hilfe Israels Ziel: Die Palästinenser nach Ägypten zu drängen, mit westlicher Unterstützung]</ref><ref>[https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Arzte-in-Khan-Yunis-muessen-unter-Handy-Licht-operieren-article24478916.html Ärzte in Khan Yunis müssen unter Handy-Licht operieren]</ref>


Seit Beginn des [[Krieg in Israel und Gaza seit 2023|Krieges in Israel und Gaza 2023]] bombardiert die israelische Armee die Stadt zusammen mit anderen Städten im [[Gazastreifen]]. Dies geschah weiterhin, nachdem Israel die Menschen aus [[Gaza (Stadt)|Gaza-Stadt]] und dem nördlichen Teil des Gazastreifens aufgefordert hatte, sie sollten im Gazastreifen südlich des [[Besor]] Zuflucht suchen.<ref>[https://ksltv.com/595216/israel-bombs-gaza-region-where-civilians-were-told-to-seek-refuge-as-mediators-try-to-unlock-aid/ ''Israel bombs Gaza region where civilians were told to seek refuge, as mediators try to unlock aid.''] In: ''ksltv.com'', 17. Oktober 2023.</ref><ref>[https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/israels-ziel-die-palaestinenser-nach-aegypten-zu-draengen-mit-westlicher-hilfe ''Israels Ziel: Die Palästinenser nach Ägypten zu drängen, mit westlicher Unterstützung.''] In: ''freitag.de''.</ref><ref>[https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Arzte-in-Khan-Yunis-muessen-unter-Handy-Licht-operieren-article24478916.html ''Ärzte in Khan Yunis müssen unter Handy-Licht operieren.''] In: ''n-tv.de''.</ref>
=== Flüchtlingslager ===

Das ''Chan-Yunis-Flüchtlingslager'' ({{enS|Khan Younis camp}}) befindet sich unweit der Stadt rund zwei Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt. Es wurde 1949 im Westen von Chan Yunis errichtet. Die meisten Bewohner sind Nachkommen von Flüchtlingen, die vor dem [[Palästinakrieg|Ersten Arabisch-Israelischen Krieg]] in Dörfern um [[Be’er Scheva]] oder anderen Gemeinden in der Wüste [[Negev]] lebten. 2016 hatte das Flüchtlingslager etwa 49.000 Einwohner.<ref name="pcbs.gov.ps" />
Lokale Quellen haben von zahlreichen zivilen Opfern in Khan Yunis infolge israelischer Bombenangriffe berichtet, die die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa mit Stand vom 3. Dezember 2023 auf „mindestens 70“ und hunderten von Verletzten bezifferte.<ref>{{Literatur |Titel=At least 70 killed in Israeli strike on refugee camp in central Gaza, health ministry says |Sammelwerk=The Guardian |Datum=2023-12-24 |Online=https://www.theguardian.com/world/2023/dec/24/deaths-israel-strike-on-refugee-camp-in-central-gaza |Abruf=2024-01-17}}</ref>

Das al-Qarara-Kulturmuseum wurde bei einem Angriff Israels im Oktober 2023 durch eine Explosion zerstört.

== Flüchtlingslager ==
Das ''Chan-Yunis-Flüchtlingslager'' ({{enS|Khan Younis camp}}) befindet sich unweit der Stadt rund zwei Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt. Es wurde 1949 im Westen von Chan Yunis errichtet. Die meisten Bewohner sind Nachkommen von Flüchtlingen, die vor dem [[Palästinakrieg|Ersten Arabisch-Israelischen Krieg]] in Dörfern um [[Be’er Scheva]] oder anderen Gemeinden in der Wüste [[Negev]] lebten. 2016 hatte das Flüchtlingslager etwa 49.000 Einwohner.<ref name="pcbs.gov.ps">[http://www.pcbs.gov.ps/Portals/_Rainbow/Documents/khan.htm Palästinensisches Zentralamt für Statistik]</ref>


Das Flüchtlingslager ist in 13 Blöcke unterteilt; einige Blöcke in niedriggelegenen Gebieten werden im Winter überflutet. Die meisten der Schutzunterkünfte sind aus Zementblöcken und haben Asbest-Dächer. Im Lager gibt es kein Kanalnetz. Alle Schutzhütten werden mit Wasser aus öffentlichen und privaten Brunnen beliefert.
Das Flüchtlingslager ist in 13 Blöcke unterteilt; einige Blöcke in niedriggelegenen Gebieten werden im Winter überflutet. Die meisten der Schutzunterkünfte sind aus Zementblöcken und haben Asbest-Dächer. Im Lager gibt es kein Kanalnetz. Alle Schutzhütten werden mit Wasser aus öffentlichen und privaten Brunnen beliefert.


Der westliche Block, „Block 1“, war sehr nah am [[Israelische Siedlung|israelischen Siedlungsblock]] [[Gusch Katif]] gelegen. Vor der Grenzschließung des Gazastreifens im September 2000 arbeitet die meisten Flüchtlinge als Arbeiter in Israel oder in der lokalen Landwirtschaft und Fischfang. Um zu ihrer Arbeit ans Meer oder zu den Farmen in der Mawasi-Region nahe dem Meer zu kommen, mussten die Arbeiter eine israelische [[Kontrollstelle]] am Eingang zum Gusch-Katif-Siedlungsblock passieren. Erst mit dem [[Israels einseitiger Abkoppelungsplan|Rückzug Israels aus dem Gazastreifen]] wurde das Siedlungsgebiet im August 2005 vollständig geräumt; das [[Israelische Streitkräfte|israelische Heer]] begann nach der Evakuierung der Siedlungen umgehend mit dem Abriss der Häuser.
Der westliche Block, „Block 1“, war sehr nah am [[Israelische Siedlung|israelischen Siedlungsblock]] [[Gusch Katif]] gelegen. Vor der Grenzschließung des Gazastreifens im September 2000 arbeiteten die meisten Flüchtlinge als Arbeiter in Israel oder in der lokalen Landwirtschaft und im Fischfang. Um zu ihrer Arbeit ans Meer oder zu den Bauernhöfen in der Mawasi-Region nahe dem Meer zu kommen, mussten sie eine israelische [[Kontrollstelle]] am Eingang zum Gusch-Katif-Siedlungsblock passieren. Erst mit dem [[Israels einseitiger Abkoppelungsplan|Rückzug Israels aus dem Gazastreifen]] wurde das Siedlungsgebiet im August 2005 vollständig geräumt; das [[Israelische Streitkräfte|israelische Heer]] begann nach der Evakuierung der Siedlungen umgehend mit dem Abriss der Häuser.


Andere Flüchtlinge betreiben Läden und Werkstätten. Ein öffentlicher Markt wird jeden Mittwoch abgehalten.
Andere Flüchtlinge betreiben Läden und Werkstätten. Ein öffentlicher Markt wird jeden Mittwoch abgehalten.
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Das ''Relief and Social Services Department'' des [[Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten|Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten]] (UNRWA) hat mehrere hundert durch Operationen der [[Israelische Streitkräfte|israelischen Streitkräfte]] (IDF) zerstörte Häuser im Chan-Yunis-Flüchtlingslager erfasst. Die UNRWA hilft beim Wiederaufbau von Häusern, stellt Bildungsmaßnahmen und medizinische Hilfe zur Verfügung.
Das ''Relief and Social Services Department'' des [[Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten|Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten]] (UNRWA) hat mehrere hundert durch Operationen der [[Israelische Streitkräfte|israelischen Streitkräfte]] (IDF) zerstörte Häuser im Chan-Yunis-Flüchtlingslager erfasst. Die UNRWA hilft beim Wiederaufbau von Häusern, stellt Bildungsmaßnahmen und medizinische Hilfe zur Verfügung.


== Politik ==
== Politik und Internationale Beziehungen ==
Der Wahlkreis Khan Yunis hatte fünf Mitglieder im [[Palästinensischer Legislativrat|Palästinensischen Legislativrat]]. Nach den palästinensischen Parlamentswahlen 2006 gab es drei Hamas-Mitglieder, darunter Yunis al-Astal, und zwei Fatah-Mitglieder, darunter [[Mohammed Dahlan]].

=== Städtepartnerschaft ===
=== Städtepartnerschaft ===
Chan Yunis unterhält Partnerschaften mit der französischen Stadt [[Évry]], der norwegischen Stadt [[Hamar]] und der spanischen Stadt [[Almuñécar]].
Chan Yunis unterhält Partnerschaften mit folgenden Städten:

* {{Norwegen}}, [[Hamar]]
* {{Spanien}}, [[Almuñécar]]
* {{Frankreich}}, [[Évry]]
* {{Italien}}, [[Bisceglie]]
* {{Italien}}, [[Alcamo]]


== Sehenswürdigkeiten ==
== Sehenswürdigkeiten ==
* Qalaat Barquq ist eine islamische Festung in Khan Yunis. Sie wurde während der Herrschaft des mamlukischen Burji Sultan [[Barqūq|Barquq]] im Jahr 1387 n. Chr. erbaut.[[Datei:Barquq castle exterior.jpg|mini|277x277px|Außenansicht des Schlosses Barquq, 2020]]
* Die ''Alte Karawanserei'', erbaut während der Regierungszeit von Yunis ibn Abdallah an-Nauruzi: Zunächst als Station für Reisende und Händler geplant, wurde sie während der Osmanenherrschaft zu einer Zitadelle ausgebaut und diente als Militärstützpunkt und Poststation.
* Die ''Alte Karawanserei'', erbaut während der Regierungszeit von Yunis ibn Abdallah an-Nauruzi: Zunächst als Station für Reisende und Händler geplant, wurde sie während der Osmanenherrschaft zu einer Zitadelle ausgebaut und diente als Militärstützpunkt und Poststation.
* Das kleine archäologische Museum zeigt viele der in der Gaza-Region gefundenen [[Mosaik]]e.
* Das Al-Qarara archäologische Museum zeigt viele der in der Gaza-Region gefundenen [[Mosaik]]e.
[[Datei:Khan Yunis beach.jpg|mini|274x274px|Strand von Khan Yunis, 2019]]
* „South Forest Park“, der Zoo von Chan Yunis, wurde 2007 eröffnet. Durch den Konflikt mit Israel konnten die Tiere aber laut Siad Idiab Aweiba, dem Inhaber des Privatzoos, zeitweise nicht mehr versorgt werden.<ref>{{Internetquelle |autor=Hannah Parry |url=https://www.dailymail.co.uk/news/article-2936551/Sentenced-death-world-s-worst-zoo-Dozens-animals-starve-animal-attraction-Gaza.html |titel=Sentenced to death at the world’s worst zoo: Dozens of animals starve at animal ‘attraction’ in Gaza |werk=[[Daily Mail]] |datum=2015-02-03 |sprache=en |abruf=2023-06-07}}</ref> Die Hälfte der Tiere verhungerte, die andere Hälfte wurde in andere Zoos evakuiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Inge Günther |url=https://www.badische-zeitung.de/zoo-chan-junis-galt-als-der-schlimmste-der-welt |titel=Zoo Chan Junis galt als der schlimmste der Welt |werk=[[Badische Zeitung]] |datum=2016-08-26 |sprache=de |abruf=2023-10-24}}</ref>


== Infrastruktur ==
== Infrastruktur ==
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Chan Yunis lag von 1916 bis zur Stilllegung des betreffenden Abschnitts in den 1970er oder 1980er Jahren an der [[Sinai-Bahn]] von [[Beirut]] über [[Lod]] nach [[Kairo]] (bis 1967). Heute sind die Gleise der [[Gazastreifen#Eisenbahn|Eisenbahn im Gazastreifen]] größtenteils abgebaut.
Chan Yunis lag von 1916 bis zur Stilllegung des betreffenden Abschnitts in den 1970er oder 1980er Jahren an der [[Sinai-Bahn]] von [[Beirut]] über [[Lod]] nach [[Kairo]] (bis 1967). Heute sind die Gleise der [[Gazastreifen#Eisenbahn|Eisenbahn im Gazastreifen]] größtenteils abgebaut.


== Söhne und Töchter der Stadt ==
== Persönlichkeiten ==
* [[Razan al-Najjar|Razan al-Nadschar]] (1997–2018), Krankenschwester und Rettungshelferin, getötet am 1. Juni 2018 von einem Scharfschützen der Israelischen Armee
* [[Hiba Abu Nada]] (1991–2023), Dichterin und Schriftstellerin wurde bei einem Bombenangriff der Israelischen Armee auf ihr Haus in Chan Yunis getötet.
* [[Muhammad Schabir]] (1946-2023) Wissenschaftler und Politiker, getötet am 11. November 2023 bei einem Bombenangriff der Israelischen Armee.
* [[Ziyad an-Nachala]] (* 1953), Generalsekretär der Terrororganisation [[Islamischer Dschihad in Palästina]]
* [[Mohammed Dahlan]] (* 1961), Politiker ([[Fatah]])
* [[Jahia Sinwar]] (* 1962), Politiker der Terrororganisation [[Hamas]]
* [[Mohammed Assaf]] (* 1989), Sänger


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* [[Yahyā as-Sinwār]] (* 1962), palästinensischer Politiker der Hamas
Bethlehem wall graffiti Razan with flower cropped.jpeg|Razan al-Najjar
מוחמד עסאף.jpg|Mohammed Assaf
Hiba Kamal Abu Nada.jpg|Hiba Abu Nada
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== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Liste der Städte in den palästinensischen Autonomiegebieten]]
* [[Liste der Städte in den palästinensischen Autonomiegebieten|Liste der Städte im Staat Palästina]]
* [[Gouvernement Chan Yunis]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Khan Yunis|Chan Yunis}}
{{Commonscat|Khan Yunis|Chan Yunis|audio=0|video=1}}
* [https://palaestina.org/de/palaestina/tourismus/staedte/khan-younis Chan Yunis] auf der Website der Palästinensischen Mission in der Bundesrepublik Deutschland
* [https://www.unrwa.org/where-we-work/gaza-strip/khan-younis-camp Chan-Yunis-Flüchtlinglager] auf der Website von UNRWA (englisch)
* [https://www.unrwa.org/where-we-work/gaza-strip/khan-younis-camp Chan-Yunis-Flüchtlinglager] auf der Website von UNRWA (englisch)



Aktuelle Version vom 13. Juni 2024, 15:39 Uhr

Chan Junis
خان يونس
Chan Yunis

Panorama der Stadt am Meer, 2019
Verwaltung: Palastina Autonomiegebiete Palästinensische Autonomiegebiete
Gebiet: Staat Palästina
Gouvernement: Gouvernement Chan Yunis
Gegründet: 1387
Koordinaten: 31° 21′ N, 34° 18′ OKoordinaten: 31° 20′ 40″ N, 34° 18′ 11″ O
 
Einwohner: 291.443 (2023)
 
Zeitzone: UTC+2
 
Gemeindeart: Stadt
Bürgermeister: Muhammad Jawad Abd al-Khaliq al-Farra
Webpräsenz:
Chan Junis (Palästinensische Autonomiegebiete)
Chan Junis (Palästinensische Autonomiegebiete)
Chan Junis

Chan Yunis oder dt. Chan Junis (arabisch خان يونس Chān Yūnis, DMG Ḫān YūnusKarawanserei des Yunus‘,[1] im englischen oft Khan Yunis transkribiert, hebräisch ח'אן יונס Chan Junis) im Gouvernement Chan Yunis ist die zweitgrößte Stadt im Gazastreifen, der seit 1994 unter Verwaltung des Staates Palästina steht. Die Stadt und das Flüchtlingslager zählten im Jahr 2023 zusammen ca. 291.443 Einwohner.[2] Chan Yunis ist einer der Standorte der Al-Quds Open University.[3]

Geographie und Klima

Die Stadt liegt rund vier Kilometer vom Mittelmeer und acht Kilometer nördlich von der ägyptischen Grenze entfernt. Klimatisch liegt Chan Yunis somit in einer halbtrockenen Region, deren jährliche Niederschlagsmenge durchschnittlich 260 Millimeter beträgt. Die Stadt hat eine Höchsttemperatur von 30 Grad Celsius im Sommer und eine Mindesttemperatur von 10 Grad Celsius im Winter.

Stadt und Gouvernement Khan Younis, die Stadt befindet sich im Süden des Gazastreifens

Geschichte

Antike Zeit

Herodot, ein antiker griechischer Geograph beschreibt eine Stadt namens Lenysos, die zwischen dem Sirbonischen See und Kadytis (heute Gaza-Stadt) liegt. Er erzählt, wie das persische Militär auf dem Weg nach Ägypten durch den Ort marschierte. Er beschreibt auch, wie das Küstengebiet zwischen Kadytis und Lenysos von lokalen arabischen Stämmen bewohnt wurde. Einige Quellen assoziieren diese Stätte aufgrund der phonologischen Ähnlichkeit der Namen und der allgemeinen Übereinstimmung der geografischen Standorte mit dem modernen Khan Yunis.[4]

Andere Quellen haben einen weiteren Standort im Landesinneren von „Khirbet Ma'in Abu Sitta“ (1949 entvölkertes palästinensisches Dorf) oder die ägyptische Stadt Arish als mögliche Standorte von Lenysos vorgeschlagen, aber keine eindeutigen Beweise dafür unterstützen diese Identifikation.[4][5]

Gründung der Stadt durch Mamluken

Der Ort war die Verbindungsstadt zwischen dem Niltal, dem Fruchtbaren Halbmond und der Arabischen Halbinsel und entwickelte sich zu einem wichtigen Handelszentrum. Vor dem 14. Jahrhundert war Khan Yunis ein Dorf namens „Salqah“.[6]

Zum Schutz von Karawanen, Pilgern und Reisenden wurde dort 1387–88 von Emir Yunus ibn Abdallah al-Nuruzi ad-Dawadar, einem afghanischen paschtunischen Offizier aus dem Nurzai-Stamm und einem Beamten des Mamlukenreiches, eine riesige Karawanserei errichtet. Die wachsende Stadt um sie herum wurde nach ihm „Chan Yunis“ genannt. Im Jahr 1389 wurde Yunus im Kampf getötet.[7]

Emir Yūnus Nurzai war der Exekutivsekretär, einer der hochrangigen Beamten des Mamlukenherrschers Barquq. Die Stadt entwickelte sich zu einem wichtigen Handelszentrum und ihr wöchentlicher Donnerstagsmarkt zog Händler aus benachbarten Regionen an.[8]

Der Khan diente als Raststätte für Kuriere des Mamluken-Postnetzes in Palästina und Syrien.

Osmanische Zeit

Ende 1516 war Khan Yunis Schauplatz einer kleinen Schlacht, in der die in Ägypten ansässigen Mamluken vom Osmanischen Reich unter der Führung von Sinan Pascha besiegt wurden. Der osmanische Sultan Selim I. kam dann in die Gegend, wo er die osmanische Armee über die Sinai-Halbinsel führte, um Ägypten zu erobern.[9] Im 17. und 18. Jahrhundert beauftragten die Osmanen eine mit der Zitadelle von Kairo verbundene Azeb-Garnison mit der Bewachung der Festung Khan Yunis.[10]

Der französische Kartograf Pierre Jacotin nannte das Dorf Kan Jounes auf seiner Karte von 1799,[11] während Robinson im Jahr 1838 Khan Yunas als ein muslimisches Dorf in der nähe von Gaza erwähnte.[12] Im Jahr 1863 besuchte der französische Entdecker Victor Guérin Khan Yunis. Er fand heraus, dass es etwa tausend Einwohner hatte und dass in der Nähe viele Obstbäume, insbesondere Aprikosen, gepflanzt wurden.[13]

Arbeiter in einer Straße von Khan Yunis, 1914

Ende des 19. Jahrhunderts richteten die Osmanen einen Gemeinderat ein, der die Angelegenheiten von Khan Yunis verwalten sollte, der nach Gaza selbst zur zweitgrößten Stadt im Gazastreifen geworden war.[14]

Britisches Völkerbundsmandat für Palästina

Bei der von den britischen Mandatsbehörden durchgeführten Volkszählung von Palästina im Jahr 1922 hatte Khan Yunis eine Bevölkerung von 3890 Einwohnern (3866 Muslime, 23 Christen und ein Jude).[15]

Altstadt von Khan Yunis, 1930

In den Statistiken von 1945 hatte Khan Yunis eine Bevölkerung von 11.220 (11.180 Muslime und 40 Christen).[16] mit 2.302 (städtischen) und 53.820 (ländlichen) Dunams Land, laut einer offiziellen Land- und Bevölkerungsumfrage.[17]

Während der Besetzung des Dodekanes durch die Nazis suchten viele Griechen der Dodekanes-Inseln wie Kastelorizo Zuflucht im nahe gelegenen Nuseirat-Lager.

Palästinakrieg und Massaker während der Suezkrise

Während des Palästinakrieges 1948/49 wurde Chan Yunis von ägyptischen Truppen besetzt. Am 31. August 1955 führte die israelische Armee eine Militäraktion in Chan Yunis durch, da von hier aus eine Guerillaaktion gegen Israel stattgefunden hatte. Die Aktion, die über 70 ägyptischen Soldaten das Leben kostete, führte zu einem Waffenstillstand Ägyptens mit Israel.[18][19]

Vor dem Suezkrieg wurde Khan Yunis offiziell von der Gesamtpalästinensischen Regierung verwaltet. Im Suezkrieg durchbrach nach einem Feuergefecht die 37. Panzerbrigade der israelischen Armee die stark befestigten Linien außerhalb von Khan Yunis, die von der 86. Palästinensischen Brigade gehalten wurden.[20] Es war der einzige Ort im Gazastreifen, an dem die ägyptische Armee Widerstand gegen die israelische Invasion in Gaza leistete, sich jedoch am 3. November 1956 ergab.

Es gibt widersprüchliche Berichte darüber, was passiert ist. Israel sagte, dass Palästinenser getötet wurden, als die israelischen Streitkräfte noch mit bewaffnetem Widerstand konfrontiert waren, während die Palästinenser sagten, dass zuvor jeglicher Widerstand aufgehört habe, und dass viele unbewaffnete Zivilisten getötet worden seien, als die israelischen Truppen durch die Stadt und das Lager zogen und nach Männern mit Waffen suchten.[21][22]

Die als Massaker von Khan Yunis bezeichneten Toten wurden der UN-Generalversammlung am 15. Dezember 1956 vom Direktor des UN-Hilfswerks für Nothilfe, Henry Labouisse, gemeldet. Dem Bericht zufolge ist die genaue Zahl der Toten und Verletzten nicht bekannt, der Direktor erhielt jedoch von einer vertrauenswürdigen Quelle Listen mit Namen mutmaßlich getöteter Personen, darunter 275 Personen, davon 140 Flüchtlinge und 135 Anwohner.[22][23]

Nach 1959 wurde die Gesamtpalästinensische Regierung abgeschafft und Gaza kam unter Militärverwaltung der Vereinigten Arabischen Republik.

Israelische Besatzung bis zur Intifada

Im Jahr 1967, während des Sechstagekrieges, war Chan Yunis ebenfalls von Kämpfen und Bombardements betroffen. Infolge des Krieges gelang die Stadt unter israelische Besatzung. Während der israelischen Besatzung (1967–2005) kam es in Chan Yunis wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Angehörigen von palästinensischen Untergrundorganisationen, in deren Verlauf auch Unbeteiligte zu Schaden kamen. Die Stadt gilt als Hochburg der militanten Hamas.

Khan Yunis war während der zweiten Intifada im August 2001 und Oktober 2002 Schauplatz israelischer Hubschrauberangriffe, bei denen mehrere Zivilisten getötet, Hunderte verletzt und zivile Gebäude in der Umgebung zerstört wurden.[24]

Mit Ende der zweiten Intifada endete die israelische Militärbesatzung mit dem Abkopplungsplan und Khan Younis gelang vollständig unter der Kontrolle des Staates Palästina bzw. der Autonomiebehörde.

Palästinensische Verwaltung und Gaza-Kriege

Seit der israelischen Grenzblockade 2005 wurden über 2000 Qassam-Raketen von Chan Yunis nach Israel geschossen, zumeist auf die südisraelische Stadt Sderot.

Krankenwagen der Palästinensischen Rothalbmondgesellschaft in Khan Yunis, nachdem er durch einen israelischen Luftangriff am 7. Oktober 2023 schwer beschädigt wurde

Nach den Wahlen 2006 übernahm 2007 die Hamas die Macht im Gazastreifen.

Ende 2017 wurde das von Katar finanzierte Projekt Scheich-Hamad-Stadt fertiggestellt, ein neues Wohnviertel für mehr als tausend Familien.[25]

Ein alter Mann am Stock läuft durch die Ruinen einer Moschee in Chan-Yunis, die bei israelischen Luftangriffen zerstört wurde, 8. Oktober 2023

Seit Beginn des Krieges in Israel und Gaza 2023 bombardiert die israelische Armee die Stadt zusammen mit anderen Städten im Gazastreifen. Dies geschah weiterhin, nachdem Israel die Menschen aus Gaza-Stadt und dem nördlichen Teil des Gazastreifens aufgefordert hatte, sie sollten im Gazastreifen südlich des Besor Zuflucht suchen.[26][27][28]

Lokale Quellen haben von zahlreichen zivilen Opfern in Khan Yunis infolge israelischer Bombenangriffe berichtet, die die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa mit Stand vom 3. Dezember 2023 auf „mindestens 70“ und hunderten von Verletzten bezifferte.[29]

Das al-Qarara-Kulturmuseum wurde bei einem Angriff Israels im Oktober 2023 durch eine Explosion zerstört.

Flüchtlingslager

Das Chan-Yunis-Flüchtlingslager (englisch Khan Younis camp) befindet sich unweit der Stadt rund zwei Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt. Es wurde 1949 im Westen von Chan Yunis errichtet. Die meisten Bewohner sind Nachkommen von Flüchtlingen, die vor dem Ersten Arabisch-Israelischen Krieg in Dörfern um Be’er Scheva oder anderen Gemeinden in der Wüste Negev lebten. 2016 hatte das Flüchtlingslager etwa 49.000 Einwohner.[30]

Das Flüchtlingslager ist in 13 Blöcke unterteilt; einige Blöcke in niedriggelegenen Gebieten werden im Winter überflutet. Die meisten der Schutzunterkünfte sind aus Zementblöcken und haben Asbest-Dächer. Im Lager gibt es kein Kanalnetz. Alle Schutzhütten werden mit Wasser aus öffentlichen und privaten Brunnen beliefert.

Der westliche Block, „Block 1“, war sehr nah am israelischen Siedlungsblock Gusch Katif gelegen. Vor der Grenzschließung des Gazastreifens im September 2000 arbeiteten die meisten Flüchtlinge als Arbeiter in Israel oder in der lokalen Landwirtschaft und im Fischfang. Um zu ihrer Arbeit ans Meer oder zu den Bauernhöfen in der Mawasi-Region nahe dem Meer zu kommen, mussten sie eine israelische Kontrollstelle am Eingang zum Gusch-Katif-Siedlungsblock passieren. Erst mit dem Rückzug Israels aus dem Gazastreifen wurde das Siedlungsgebiet im August 2005 vollständig geräumt; das israelische Heer begann nach der Evakuierung der Siedlungen umgehend mit dem Abriss der Häuser.

Andere Flüchtlinge betreiben Läden und Werkstätten. Ein öffentlicher Markt wird jeden Mittwoch abgehalten.

Das Relief and Social Services Department des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) hat mehrere hundert durch Operationen der israelischen Streitkräfte (IDF) zerstörte Häuser im Chan-Yunis-Flüchtlingslager erfasst. Die UNRWA hilft beim Wiederaufbau von Häusern, stellt Bildungsmaßnahmen und medizinische Hilfe zur Verfügung.

Politik und Internationale Beziehungen

Der Wahlkreis Khan Yunis hatte fünf Mitglieder im Palästinensischen Legislativrat. Nach den palästinensischen Parlamentswahlen 2006 gab es drei Hamas-Mitglieder, darunter Yunis al-Astal, und zwei Fatah-Mitglieder, darunter Mohammed Dahlan.

Städtepartnerschaft

Chan Yunis unterhält Partnerschaften mit folgenden Städten:

Sehenswürdigkeiten

  • Qalaat Barquq ist eine islamische Festung in Khan Yunis. Sie wurde während der Herrschaft des mamlukischen Burji Sultan Barquq im Jahr 1387 n. Chr. erbaut.
    Außenansicht des Schlosses Barquq, 2020
  • Die Alte Karawanserei, erbaut während der Regierungszeit von Yunis ibn Abdallah an-Nauruzi: Zunächst als Station für Reisende und Händler geplant, wurde sie während der Osmanenherrschaft zu einer Zitadelle ausgebaut und diente als Militärstützpunkt und Poststation.
  • Das Al-Qarara archäologische Museum zeigt viele der in der Gaza-Region gefundenen Mosaike.
Strand von Khan Yunis, 2019

Infrastruktur

Der Friedhof liegt inmitten der Stadt in einem stark bewohnten Gebiet mit vielen Alleen und kleinen Plätzen. Auf ihm liegt das Familiengrab der al-Qidwas, Jassir Arafats Verwandtschaft väterlicherseits.[31]

Eisenbahn

Chan Yunis lag von 1916 bis zur Stilllegung des betreffenden Abschnitts in den 1970er oder 1980er Jahren an der Sinai-Bahn von Beirut über Lod nach Kairo (bis 1967). Heute sind die Gleise der Eisenbahn im Gazastreifen größtenteils abgebaut.

Söhne und Töchter der Stadt

Siehe auch

Commons: Chan Yunis – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise

  1. Herkunft des Namens, siehe hier.
  2. Staat Palästina: Preliminary Results of the Population, Housing and Establishments Census. Palestinian Central Bureau of Statistics (PCBS), 2024, abgerufen am 12. Januar 2024 (englisch).
  3. HP der QOU (Memento vom 16. Dezember 2014 im Internet Archive), zuletzt abgerufen am 28. August 2011.
  4. a b Retsö, J. (2014). The Arabs in antiquity: Their history from the Assyrians to the Umayyads - "Chapter 9: The Age of the Achaemenids - Herodotus of Halicarnassus". Routledge.
  5. Herbert Verreth: The northern Sinai from the 7th century BC till the 7th century AD. A guide to the sources. Band 1. Leuven, 2006, S. 263 (englisch).
  6. Moše Šārôn: Corpus Inscriptionum Arabicarum Palaestinae (CIAP) Volume Two: B-C. BRILL, 1997, ISBN 978-90-04-11083-0 (google.com [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  7. Moše Šārôn: Corpus Inscriptionum Arabicarum Palaestinae (CIAP) Volume Two: B-C. BRILL, 1997, ISBN 978-90-04-11083-0 (google.com [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  8. Abu-Khalaf, Marwan. Khan Younis City. El-Agha. July 2002.
  9. Pitcher, p. 105.
  10. Jane Hathaway: The Politics of Households in Ottoman Egypt: The Rise of the Qazdaglis. Cambridge University Press, 2002, ISBN 978-0-521-89294-0 (google.com [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  11. Y.KARMON: An Analysis of Jacotin' s Map of Palestine. Abgerufen am 17. Januar 2024 (englisch).
  12. Edward Robinson, Eli Smith: Biblical researches in Palestine, Mount Sinai and Arabia Petraea : a journal of travels in the year 1838. Boston : Crocker, 1841 (archive.org [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  13. Guérin, 1869, p.226 ff, pp. 249-250, p. 251
  14. Ilana Feldman: Governing Gaza: Bureaucracy, Authority, and the Work of Rule, 1917–1967. Duke University Press, 2008, ISBN 978-0-8223-4240-3 (google.com [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  15. Palestine Census ( 1922). (archive.org [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  16. Department of Statistics, 1945, p. 31
  17. Government of Palestine, Department of Statistics. Village Statistics, April, 1945. Quoted in Hadawi, 1970, p. 46
  18. Samuel M. Katz: Israeli Elite Units since 1948. Osprey Publishing, 1988, ISBN 0-85045-837-4, S. 10.
  19. Benny Morris: Israel's Border Wars, 1949–1956. Arab Infiltration, Israeli Retaliation, and the Countdown to the Suez War. Oxford University Press, Oxford 1993, ISBN 0-19-827850-0, S. 350.
  20. Derek Varble: The Suez Crisis 1956. Osprey Publishing, London 2003, ISBN 1-84176-418-3, S. 46 (englisch, google.com).
  21. Reed Johnson: Joe Sacco produces comics from the hot zones. In: Los Angeles times. 4. Februar 2010, abgerufen am 17. Januar 2024 (amerikanisches Englisch).
  22. a b UNITED NATIONS General Assembly: Special Report of the Director of the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East. 1957, abgerufen am 17. Januar 2024 (englisch).
  23. Haaretz: Graphic Novel on IDF 'Massacres' in Gaza Set to Hit Bookstores. In: Haaretz. (haaretz.com [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  24. Chris McGreal: Hamas celebrates victory of the bomb as power of negotiation falters. In: The Guardian. 12. September 2005, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  25. Christoph Sydow, Dominik Peters: Der Katar-Clou. In: Der Spiegel. 25. August 2018, abgerufen am 8. April 2020.
  26. Israel bombs Gaza region where civilians were told to seek refuge, as mediators try to unlock aid. In: ksltv.com, 17. Oktober 2023.
  27. Israels Ziel: Die Palästinenser nach Ägypten zu drängen, mit westlicher Unterstützung. In: freitag.de.
  28. Ärzte in Khan Yunis müssen unter Handy-Licht operieren. In: n-tv.de.
  29. At least 70 killed in Israeli strike on refugee camp in central Gaza, health ministry says. In: The Guardian. 24. Dezember 2023 (theguardian.com [abgerufen am 17. Januar 2024]).
  30. Palästinensisches Zentralamt für Statistik
  31. Daniela Marcus: Khan Yunis: Jede Grabesstätte birgt ein Problem. In: haGalil vom 1. November 2004