Abfahrender Rheindampfer mit Blick auf das Siebengebirge

Abfahrender Rheindampfer mit Blick auf das Siebengebirge (auch „Rheindampfer und Blick auf den Drachenfels“, kurz „Rheindampfer“) ist eine Ölskizze von Oswald Achenbach. Sie fand zunächst große Beachtung, wurde ausgestellt[1] und in den 1920er Jahren in mehreren Kunstzeitschriften abgebildet,[2] zuletzt 1943 in J. Heinrich Schmidts Achenbach-Monographie.[3] Anscheinend ist sie in den Kriegswirren verschollen. Gerade dieses Werk ist aber, soweit man es aus den allein erhaltenen Schwarzweißabbildungen erschließen kann, mehr als andere geeignet, Oswald Achenbach als den eigenständiger Vorläufer des deutschen Impressionismus auszuweisen, als der er bislang nur von Wenigen anerkannt wurde.[4]

Achenbachs Skizzen

Oswald Achenbachs Ölskizzen sind teils auf Leinwand, teils auf Papier oder Karton und teils auf Holz gemalt. Sie sind meistens signiert und gelegentlich monogrammiert. Doch etwa ein Drittel seiner Ölskizzen besitzt weder eine Signatur noch ein Monogramm.[5] Ausnahmsweise hat er Skizzen auch als Aquarell oder Gouache gefertigt.[6] Nur zum Teil sind sie Vorläufer eines ausgearbeiteten Gemäldes[7] (oder auch nur als solche gedacht). Vielmehr hat schon Achenbach selbst ihnen einen schöpferischen Eigenwert beigemessen und mit zunehmendem Alter in ihrer Anfertigung die größere künstlerische Befriedigung gefunden.[8] Die Bilder sind eher kleinformatig, vor Ort gefertigt, also im Unterschied zur damals vorherrschenden Atelierkunst Freilichtmalerei im Sinne der Schule von Barbizon.[9][10] Das gemeinsame Charakteristikum ist der flüchtige Pinselstrich, der den gesehenen und gefühlten Eindruck vermitteln will und nicht um subtile Ausarbeitung bemüht ist. Das ist aus der Sicht der traditionellen Malerei des 19. Jahrhunderts das oft kritisierte Merkmal des Unfertigen,[11] während der moderne Betrachter darin Spannung und Anregung findet. Ein äußerliches Kennzeichen des Unfertigen ist auch, dass Achenbach oftmals den Malgrund, nämlich die Textur der Leinwand oder die Maserung des Holzes, durch den Farbauftrag scheinen lässt. Lichteffekte, Hell-Dunkel-Kontraste, Himmel und Wolken ersetzen die detaillierte Ausarbeitung des Vordergrundes. Nicht zufällig hat Achenbach in William Turner das große Vorbild gefunden.[12] In der Wahl des Sujets allerdings ist er noch weitgehend der idealisierend-heroischen Landschaftskomposition[13] des bürgerlichen Geschmacks verhaftet. Und dementsprechend bleibt auch die sonnenbeglänzte Farbigkeit erst den französischen Impressionisten vorbehalten. Doch scheint gerade auch in diesem Punkt der „Rheindampfer“ über das Gros seiner Skizzen hinauszuweisen.

Die Skizze „Rheindampfer“

Abfahrender Rheindampfer mit Blick auf das Siebengebirge, Ölskizze

Das Bild zeigt einen Raddampfer, der mit rauchendem Schlot die Mitte des Stroms ansteuert und von einer Personengruppe am Ufer verabschiedet wird. Im Hintergrund ist die Hügelkette des jenseitigen Ufers. Bei genauerem Hinsehen erkennt man nur grobstrichige Konturen und (in Grautöne umgesetzte) Farbflecke; aber sie ergänzen sich zu einem vollkommenen Gesamteindruck. Als Signatur kann man das Monogramm „OA“ links unten entziffern. Über das Format des Bildes, das Material, die Farbgebung und das Entstehungsjahr ist nichts bekannt. So ist der Betrachter der Reproduktion ganz auf seine Vorstellungskraft angewiesen. Er mag sich die warmen Farben eines sonnigen Sommertags hinzudenken und ein impressionistisches Meisterwerk sehen.

Literatur

  • J. Heinrich Schmidt: Oswald Achenbach. 2. Auflage, 1946.
  • Mechthild Potthoff: Oswald Achenbach. Köln-Berlin 1995.
  • Martina Sitt (Hrsg.): Andreas und Oswald Achenbach. Das A und O der Landschaft. Köln 1997, hier insbes. der Beitrag von Ekkehard Mai, S. 43 ff.

Einzelnachweise

  1. Ausstellung „Untermalungen, Skizzen, Studien, Aquarelle und Zeichnungen Oswald Achenbachs“ der Städtischen Kunstsammlung in Düsseldorf von 1916.
  2. Die Rheinlande, 1916 Heft 4; Kunst und Künstler: Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 1925 S. 473; Der Querschnitt, 1926 Heft 6 nach S. 464, dort mit Provenienzangabe Slg. Benno von Achenbach.
  3. 2. Aufl. 1946, Abb. 142 auf S. 131
  4. Karl Koetschau im Vorwort zum Ausstellungskatalog von 1916.
  5. Zahlreiche Ölskizzen sind nachgewiesen bei artnet Oswald Achenbach | artnet und bei Google: oswald achenbach bilder
  6. Bspw. „Am Golf von Capri“, undatiert; „Das Grabmal der Cäcilia Metella in Rom“, um 1875; Format 13 x 18 bzw. 10 x 14 cm; beide bei artnet.
  7. Bspw. „Die Bucht von Neapel“, 1886, bei artnet; „Am Golf von Neapel“, 1884; „Gartenterrasse“, 1877/1885, die beiden letzteren bei J. H. Schmidt Abb. 135, 137, 138.
  8. Mechthild Potthoff: Oswald Achenbach, S. 78.
  9. Schule von Barbizon – Digitale Sammlung
  10. Die Schule von Barbizon – Lexikon und Angebote – Kauf und Verkauf
  11. Dieser Kritik entsprang ursprünglich in Frankreich der Begriff des Impressionismus; John Rewald: Die Geschichte des Impressionismus, S. 7.
  12. Mechthild Potthoff: Oswald Achenbach, S. 115.
  13. Zum Beispiel Gottfried Keller: Heroische Landschaft, 1842, Zentralbibliothek Zürich.