Oskar Rosenfelder

Oskar Rosenfelder (* 7. Juni 1878 in Bamberg; † 7. Oktober 1950 in Bamberg[1]) war ein deutscher Papierfabrikant und der Erfinder der Papiertaschentücher Tempo.

Leben

Oskar Rosenfelder[2] wurde in Bamberg als Sohn des Hopfenhändlers Issak Rosenfelder[3] geboren. Die Familie war jüdisch. Seine Brüder waren Emil Rosenfelder und Karl Rosenfelder. Er war verheiratet mit Hedwig, geb. Nußbaum (* 1. Juni 1886 Nürnberg). Das Paar hatte zwei Söhne Hans Alex (* 16. März 1912 Nürnberg) und Erich (* 29. Dezember 1914 Nürnberg). Bis zur Flucht vor den Nazis lebte die Familie in Nürnberg, Am Maxfeld 175.[4]

Unternehmen

1905 erscheint im Branchenverzeichnis des Bamberger Adressbuches der Eintrag „Bamberger Closetpapierfabrik GmbH im Kaipershof 1“. Oskar Rosenfelder und sein Bruder Emil steigen als Gesellschafter ein. Den Betrieb verkauften die Brüder 1906 an Georg Kailing und Leonhard Hahn, um die Vereinigten Papierwerke Heroldsberg AG zu gründen, deren Hauptaktionäre sie werden. Der Verwaltungssitz befand sich in Nürnberg, produziert wurde in Heroldsberg und später auch in Forchheim.

Am 29. Januar 1929 ließ Oskar Rosenfelder das Warenzeichen Tempo beim Reichspatentamt in Berlin anmelden. Die Eintragung des Warenzeichens erfolgte am 18. September und die Veröffentlichung im Warenzeichenblatt am 15. Oktober 1929. Die Warenzeichennummer lautet 407752.[5] Der Markenname Tempo entsprach ganz dem Zeitgeist der 1920er Jahre. Rosenfelder und sein Bruder Emil empfanden die Zeit als schnelllebig und kamen so auf den Markennamen.[6]

Arisierung und Vertreibung

Rosenfelder zählte bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten zu den angesehensten Unternehmern Nürnbergs. Bereits kurz nach Hitlers Machtübernahme begann der Terror: Zunächst forderte der Heroldsberger NSDAP-Ortsgruppenleiter Lorenz Goldfuß von Rosenfelder unter dem Vorwand, er habe Kantinengeld unterschlagen, unter Anwendung körperlicher Gewalt und Terror 24.000 Reichsmark. Rosenfelder wurde von drei Bewaffneten aus der Fabrik zur Bank eskortiert, wo er 12.000 Reichsmark abhob und an Goldfuß auszahlte.[7] Im September 1933 initiierte Julius Streicher in seinem antisemitischen Hetzblatt Der Stürmer eine Kampagne gegen die sog. „Camelia-Brüder“, da das Unternehmen, das vollständig im Besitz jüdischer Aktionäre war, auch die Marke „Camelia“ (Binden) vertrieb.[8]

Nur knapp vor der geplanten Verhaftung gelang es den Rosenfelders durch den Wink eines Mitarbeiters im August 1933 vor den Nazis aus Deutschland zu flüchten. Sie hatten vorher noch versucht, durch eine Firmengründung in England die Besitz- und Verfügungsrechte des deutschen Unternehmens dorthin zu übertragen. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg eröffnete jedoch ein Verfahren wegen angeblichen Devisenvergehens und beantragte die Beschlagnahmung des inländischen Vermögens, dem das Landgericht Nürnberg-Fürth kurze Zeit später folgte. Es wurde ein Abwesenheitspfleger bestellt und die Deutsche Bank, die den Brüdern noch kurz zuvor ein Darlehen gewährt hatte, suchte nun einen Käufer für das Aktienpaket, das als Sicherheit für den Kredit hinterlegt worden war. So wurde dem nationalsozialistischen Ziel entsprechend die Arisierung der Firma eingeleitet.[9][10] Das Aktienpaket ging für einen Bruchteil seines tatsächlichen Wertes an einen der größten Unternehmer in der NS-Zeit: Gustav Schickedanz.[6] Der Fürther Unternehmer und NSDAP-Stadtrat Gustav Schickedanz, der Gründer des Versandhauses Quelle, galt „als Günstling der Gauleitung“; er kaufte im Jahre 1934 dieses Aktienpaket zu einem Kurs von 110 %.[11] Der tatsächliche Wert hätte mindestens 140 % des Nominalwerts der Aktien betragen. Durch den Kauf hatte sich Schickedanz in eine nicht unerhebliche Abhängigkeit von den lokalen NSDAP-Parteigrößen begeben, was er durch eine Parteispende von 20.000 Reichsmark kompensierte.[12]

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Die geschädigten und außer Landes getriebenen jüdischen Eigentümer versuchten nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland ihre Rechte geltend zu machen. Emil Rosenfelder verstarb bereits 1945/46 und 1950 auch Oskar Rosenfelder, der Schickedanz vorwarf, die Aktienmajorität völlig unentgeltlich in seinen Besitz gebracht zu haben.[13][14] „Schickedanz erhielt nach dem Ende der NS-Herrschaft zunächst Berufsverbot“ und wurde 1949 als Mitläufer eingestuft, „worauf er relativ schnell wieder als Unternehmer tätig sein durfte. Von seinem Gesamtbesitz in Höhe von 9.331.735 D-Mark waren lt. der Klageschrift der Berufungskammer Nürnberg-Fürth über 7 Millionen D-Mark aus jüdischem Besitz an ihn gelangt.[15] 1951 zahlte der Versandhausunternehmer den Rosenfelder-Erben 3,25 Millionen D-Mark Entschädigung“.[6]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Oskar Rosenfelder in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 8. Juli 2022.
  2. Rosenfelder, Oskar. Deutsche Biographie, abgerufen am 1. Februar 2019.
  3. Herbert Loebl, Juden in Bamberg 1999, S. 304
  4. http://www.architekt-hansvogel.de/portfolio/modernisierung-rosenfelder-villa/
  5. DPMA Markenregister, Registerauskunft RN407752: Wortmarke Tempo, eingetragen am 18. September 1929.
  6. a b c Uwe Ritzer: Eine deutsche Geschichte. In: Süddeutsche Zeitung. 25. Januar 2019, abgerufen am 28. Januar 2019.
  7. Peter Zinke, „Er drohte wieder mit der Gauleitung“ : Gustav Schickedanz un die „Arisierungen“, in: nurinst 2008, Jahrbuch des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts 2008, ISBN 978-3-938286-34-0, S. 64
  8. Peter Zinke, „Er drohte wieder mit der Gauleitung“ : Gustav Schickedanz un die „Arisierungen“, in: nurinst 2008, Jahrbuch des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts 2008, ISBN 978-3-938286-34-0, S. 65
  9. https://museen.nuernberg.de/fileadmin/mdsn/pdf/Dokuzentrum/Presseinfos/2012/2012_11_12_pi_arisierung.pdf
  10. Quelles düstere Vergangenheit. In: Cicero. Abgerufen am 8. Juli 2022.
  11. Die Dresdner Bank und die deutschen Juden. (bei Google Books)
  12. Dieter Ziegler: Rezension zu: G. Schöllgen: Gustav Schickedanz. Biographie eines Revolutionärs. Berlin 2010. In: H-Soz-Kult. 24. März 2011, abgerufen am 8. Juli 2022.
  13. Staatsarchiv Nürnberg, Spruchkammerakten Schickedanz (SprK Sch) 472/1-5.
  14. Eckart Dietzfelbinger: Warum braune Flecken kein Makel bleiben: Anmerkungen zum Fall Gustav Schickedanz. In: Transit. Zeitschrift für Politik und Zeitgeschichte. Nr. 2, Nürnberg 2008, S. 32.
  15. Peter Zinke, „Er drohte wieder mit der Gauleitung“ : Gustav Schickedanz und die „Arisierungen“, in: nurinst 2008, Jahrbuch des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts 2008, ISBN 978-3-938286-34-0, S. 63