Schlupfloch

Schlupfloch am Ende der Turmtreppe

Ein Schlupfloch ist, im engeren Sinn, ein Durchgang oder Ort, durch, aus dem oder in den man nur durch Verbiegen des Körpers gelangen kann, oftmals nur durch das Entlangschleifen des Körpers an den Wänden oder der Decke.

Im weiteren bzw. übertragenen Sinn ist es auch eine Möglichkeit für Mensch oder Tier, knapp einer Gefahr, unangenehmen Situation, einem persönlichen Nachteil etc. zu entkommen (z. B. „durch die Maschen des Gesetzes schlüpfen“, „ein Schlupfloch im Gesetz finden“, „Steuerschlupflöcher finden/schließen“, sich Schlupflöcher offenhalten etc.).

Als Schlupfloch werden auch Öffnungen von ansonsten allseitig geschlossenen Vogelnestern und Nistkästen bezeichnet.[1][2] Literarisch werden „dramaturgische Schlupflöcher“ auch für scheinbar ausweglose Situationen eingesetzt, um Spannung zu erzeugen.

Herleitung

Der Begriff Schlupfloch ist nach Johann Christoph Adelung[3] „ein Loch, eine Öffnung, in und durch welche man nur schlupfen kann. Ingleichen, figürlich, ein Ort, durch welchen man auf eine verborgene Art entkommen kann, ingleichen wo man sich verbergen kann“.

Sinnverwandt hierzu ist daher der Schlupfwinkel. Nach Adelung „ein Winkel, in welchen man schlupft, d. i. sich auf eine unbemerkte Art begibt. In weiterer Bedeutung, ein jeder verborgener Ort, in welchem man sich aus schädlichen oder bösen Absichten verbirgt.“[4] Der Begriff „Schlupfloch“ wird jedoch oftmals auch im Sinne von „Schlupfwinkel“ verwendet (z. B. im Sinne von Unterschlupf, Refugium, Versteck, Obdach, Zufluchtsstätte, Zuflucht, Zufluchtsort, sicherer Hafen etc., „sich in sein Schlupfloch zurückziehen“). Der Dichter Karl Griesheim im Vierzeiler Flucht[5]:

Suchst vor dem Jammer du, Freund, dir ein glücklich dich bergendes Schlupfloch, Ringsher suchst du’s umsonst, kannst ja dir selbst nicht entflieh’n.

nennt ebenfalls das Schlupfloch synonym zu Schlupfwinkel.

Den Begriffen:

ist gemein, dass es ein „Intensivum von schliefen“ ist, und „[…] statt desselben auch im Hochdeutschen üblich, setzet aber wegen der intensiven Form eine engere Öffnung, mehr windende Bemühung und eine größere Glätte oder Biegsamkeit des Leibes voraus; sich mit einem glatten oder biegsamen Körper durch eine enge Öffnung winden, da es denn auch oft in weiterer Bedeutung für schnell kriechen oder schnell schleichen überhaupt gebraucht wird“.[9]

Schlupfen / schlüpfen / schlüpfrig siehe auch: engl.: to slip (rutschen), im nieders.: slupen, schwed.: slipa (schleifen), niederl.: slippen (rutschen). Schlupfen unterscheidet in der Bewegungsform vom schleifenden Kriechen in der Regel dadurch, dass die normale Haltung (z. B. durch einen Zaun schlüpfen, aus einem Loch schlüpfen, aus dem Nest schlüpfen etc.) bzw. das Stehen (z. B. in einen Mantel schlüpfen) nicht sehr stark verändert wird (Ausnahme: aus dem Ei schlüpfen).

Schlupfloch/Schlupfwinkel in Bibel und Koran

In der Bibel wird mehrfach Bezug genommen auf Schlupflöcher und Schlupfwinkel (im Sinne von Unterschlupf, Zuflucht), welche in Notzeiten angelegt oder benutzt wurden.[10] In ähnlichem Sinne werden auch im Koran Schlupflöcher/Schlupfwinkel etc. erwähnt.[11]

Siehe auch

Literatur

Neben den mannigfaltigen Beiträgen in Büchern und Zeitschriften zu rechtlichen Schlupflöchern (insbesondere Steuerschlupflöcher und Schwarzgeld / Geldwäsche), sind zwei wesentliche literarische Beiträge und ein filmischer Beitrag zum Thema „Schlupfloch“ erwähnenswert:

  • Hermann Wollschläger: Feldmaus sucht ihr Schlupfloch: ein Seelsorger erlebt den Krieg. 2. Auflage. Aussaat-Verlag, Wuppertal 1979, ISBN 3-7615-0229-X.
  • Vladimir Makanin (aus dem Russischen von Karen Görnitz): Das Schlupfloch. Neuer Malik-Verlag, Kiel 1991, ISBN 3-89029-063-9.
  • Stephan Brandt: Schlupfloch „Flugwetterstation“. Subterra-Medien-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-00-011751-2 (Film)
  • Fritz Rienecker, Gerhard Maier: Lexikon zur Bibel (mehr als 6000 Stichworte zu Personen, Geschichte, Archäologie und Geographie der Bibel). 6. Auflage. Brockhaus, Wuppertal 2006, ISBN 978-3-417-24678-0.
Wiktionary: Schlupfloch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Johan Abraham Bierens de Haan: Die tierischen instinkte und ihr umbau durch erfahrung: eine einführung in die allgemeine tierpsychologie. Brill, Leyden 1940, S. 220.
  2. Gerhard Augst: Wortfamilienwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Niemeyer, Tübingen 2009, S. 945.
  3. Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Wien 1811, Sp. 1545–1546 (online).
  4. Lt. Adelung von schulen, sich verbergen.
  5. Gedichte von Karl Griesheim, Erster Band, Breslau 1839, Verlag von Josef Max S. Komp.
  6. Nach Adelung: „von etwas hinweg schlüpfen, unvermerkt abgleiten. Damit das Band nicht abschlüpfe.
  7. Nach Adelung „ein nur im gemeinen Leben übliches Wort, einen engen Weg oder Ort zu bezeichnen, durch welchen man gleichsam schlüpfen muß. Besonders nennet man so den engen Raum zwischen zwey Häusern, der, so fern er zur Abhaltung des Feuers angeleget ist, auch die Brandgasse heißt. Anm. Es ist vermuthlich von schlupfen.“
  8. Nach Adelung „Bey den Jägern, ein enger Ort, durch welchen ein Thier seinen gewöhnlichen Gang nimmt; wo es von schliefen abstammet, und mit dem folgenden Schluft einerley ist. 2) Bey den Töpfern wird ein gelber Thon, welcher vielen Sand bey sich führet, Schluff genannt; wo es vermuthlich zu Schlief und dessen Verwandten gehöret, und den Begriff der zähen schmierigen Beschaffenheit zu haben scheint.“
  9. Johann Christoph Adelung in Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Wien 1811, zum Begriff „schlüpfen“ (online).
  10. Beispiel: Richter 6:2 "Und als die Hand der Midianiter zu stark ward über Israel, machten die Kinder Israel zum Schutz vor den Midianitern Schlupfwinkel in den Bergen, Höhlen und Burgen" (verschiedene Übersetzungen mit unterschiedlichen Termini) - siehe hierzu: Fritz Rienecker, Gerhard Maier: Lexikon zur Bibel (mehr als 6000 Stichworte zu Personen, Geschichte, Archäologie und Geographie der Bibel). 6. Auflage. Brockhaus, Wuppertal 2006, ISBN 978-3-417-24678-0.
  11. Zum Beispiel Sure 9, Vers 57 - „[…] Zufluchtsort finden oder Höhlen oder ein Schlupfloch […]“ und Sure 16 Vers 81 - „[…] Schlupfwinkeln in den Bergen […]“.