Ilaria Salis

Ilaria Salis (2024)

Ilaria Salis (* 17. Juni 1984 in Mailand) ist eine italienische Historikerin und linke Aktivistin. Sie wurde Anfang 2023 wegen eines mutmaßlichen gewalttätigen Angriffs in Budapest verhaftet. Bei der Europawahl 2024 zog sie als Kandidatin des grün-linken Wahlbündnisses Alleanza Verdi e Sinistra (AVS) ins Europäische Parlament ein, wodurch ihr die Freilassung und parlamentarische Immunität zuteilwurden.

Leben

Salis wurde 1984 in Mailand geboren und wuchs in Monza sowie zwischen 1992 und 1995 im Vereinigten Königreich auf. Sie schloss 2005 ein Studium der Geschichtswissenschaft ab und erhielt 2021 einen Masterabschluss in Philologie, Literatur und Geschichte der Antike der Universität Mailand. Danach arbeitete sie als Grund- und Sekundarschullehrerin. Seit dem Eintritt in die Volljährigkeit trat Salis durch antifaschistisches Engagement in Erscheinung[1] und gründete unter anderem ein autonomes Zentrum mit.

Verhaftung und Prozess

Im Februar 2023 reiste Ilaria Salis mit anderen Mitglieder der autonomen Szene nach Budapest, um sich Gegendemonstrationen zum neonazistischen Tag der Ehre anzuschließen. Der im Umfeld von Blood & Honour begründete und jährlich am 11. Februar zelebrierte Aufmarsch sammelt sich unter anderem am Heldenplatz und soll den in der Schlacht um Budapest eingeschlossenen Kräften der ungarischen Armee und der Waffen-SS gedenken. Am Tag der Veranstaltung wurde Salis mit ihrer Begleitung Gabriele Marchesi durch die ungarische Polizei festgenommen. Die Behörden warfen ihr einen lebensgefährlichen Angriff auf drei Personen am Vortag vor, die sie für Neonazis gehalten habe, sowie die Beteiligung an der sogenannten „Hammerbande“ des Dresdner Linksextremismusprozesses. Sie bekannte sich vor Gericht nicht schuldig.

Die Verhaftung Salis’ wurde erst im Dezember 2023 durch ihre Vorführung in Leine, Hand- und Fußfesseln vor Gericht öffentlich[2] und fand aufgrund „erniedrigender und unmenschlicher“ Haftbedingungen in Untersuchungshaft und womöglich nicht rechtsstaatlicher Verfahrensweise Kritik von internationalen Organisationen und Gremien wie dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss.[3][4] Die Regierung Meloni bestellte daraufhin den ungarischen Botschafter ein.[5] Salis wurde unter Auflagen mit elektronischer Fußfessel und Hausarrest in Budapest aus dem Gefängnis entlassen.

Wahl und Freilassung

Um eine Einstellung des Verfahrens und parlamentarische Immunität zu erwirken, nominierte sie die links-grüne Alleanza Verdi e Sinistra (AVS) als Listenkandidatin zur Europawahl 2024. Die AVS erhielt knapp 6,8 Prozent der italienischen Stimmen und damit 6 Sitze.[6] Fünf Tage nach der Wahl wurden am 14. Juni 2024 auf richterlichen Beschluss die Fußfesseln entfernt und der Hausarrest aufgehoben. Salis durfte nach Italien zurückkehren.[5] Sie ist seit Juli 2024 Mitglied im 10. Europäischen Parlaments und schloss sich der Linksfraktion an. Dort wurde sie in den Vorstand gewählt und als ordentliches Mitglied für den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres benannt. Ob die ungarische Justiz den Fall weiterverfolgt, einen Antrag auf Aufhebung der Immunität und einen internationalen Haftbefehl ausstellen will, ist öffentlich nicht bekannt.

Einzelnachweise

  1. Michael Braun: Aus dem Knast nach Brüssel: Italienische Antifaschistin sitzt ein. In: Die Tageszeitung: taz. 5. Juni 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 19. Juni 2024]).
  2. Italienerin soll Neonazis verprügelt haben: Antifaschistin genießt nach Wahl in EU-Parlament Immunität. In: Frankfurter Rundschau. 11. Juni 2024, abgerufen am 19. Juni 2024.
  3. Davide Orecchio: Ilaria Salis, nessuna regola è stata rispettata. In: collettiva.it. Abgerufen am 19. Juni 2024 (italienisch).
  4. Ilaria Salis, dal carcere in Ungheria alla vittoria alle Europee. In: Sky TG24. 14. Juni 2024, abgerufen am 19. Juni 2024 (italienisch).
  5. a b Matthias Monroy: Ilaria Salis: Am Geburtstag zurück in Italien. In: nd. Abgerufen am 19. Juni 2024.
  6. Startseite | Ergebnisse der Europawahl 2024 | Italien | Europäisches Parlament. Abgerufen am 8. August 2024.