Hillbilly-Elegie

Titelblatt der Erstauflage (2016)

Hillbilly-Elegie. Die Geschichte meiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise (Hillbilly Elegy: A Memoir of a Family and Culture in Crisis) ist ein 2016 erschienenes autobiografisches Buch des US-amerikanischen Unternehmers und späteren republikanischen Politikers J. D. Vance, der 2024 zum Running Mate der Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump wurde. 2020 wurde das Buch unter dem gleichen Namen verfilmt.

Inhalt

In seinem autobiografischen Buch, das im englischen Original die Gattungsbezeichnung Memoir trägt, beschreibt Vance, der inzwischen ein Amt als US-Senator von Ohio bekleidet und weiter als Kapitalmanager und Schriftsteller arbeitet, das Leben von Menschen aus der Arbeiterklasse anhand der Geschichte seiner weißen Unterschichtsfamilie. Vance wuchs in der Industriestadt Middletown im Rust Belt in Ohio auf,[1][2] nennt jedoch in seinem Buch das Haus seiner Urgroßmutter in Jackson in Kentucky, einer Kleinstadt mit rund 6000 Einwohnern in der Bergbauregion im Südosten, sein Zuhause.

Die Familiengeschichte beginnt im Nachkriegsamerika. Seine Großeltern zogen in den 1940er-Jahren aus Jackson in den Appalachen Kentuckys nach Ohio, um der Armut zu entkommen und dort in einer großen Stahlfabrik einige hundert Kilometer nördlich in Middletown ihr Glück zu machen. Ihrer sozialen Herkunft in Kentucky und bestimmten ethnischen und charakterlichen Prägungen konnten sie jedoch nicht entkommen und blieben mit vielen anderen „Hill People“ unter sich.

Vance, der 1984 geboren wurde, wuchs bei seinen Großeltern Blanton auf, Mamaw und Papaw genannt, weil seine Mutter mehr und mehr den Drogen verfiel und sein Vater ihn zur Adoption freigegeben hatte.[3] For Mamaw and Papaw, my very own hillbilly terminators lautet auch die Widmung des Buches. Sie ermöglichten ihm ein Jura-Studium an der Yale Law School. Dennoch trage Vance „immer noch die Dämonen seiner chaotischen Familiengeschichte“ mit sich herum. Er schreibt seine Karriere auch seinem Militärdienst zu, der seinem Leben die Struktur gegeben habe, die er brauchte, um erfolgreich zu sein.[4] Die letzten drei Jahre vor seinem High-School-Abschluss wohnte er bei der Großmutter, und obwohl er gute Noten hat, entschied er sich, zunächst zu den Marines zu gehen: „Vier Jahre bei den Marines, sagte ich mir, würden mir helfen, der Mensch zu werden, der ich sein wollte“, so Vance.[5]

Rezeption

Der Roman ist „eine dringende und beunruhigende Meditation über den Verlust des amerikanischen Traums für einen großen Teil dieses Landes“ geworden, so Gerrit Bartels vom Tagesspiegel.[3] Jörg Magenau von Deutschlandfunk Kultur erklärt, in den USA sei das Buch zu einem Bestseller geworden, weil es verständlicher machen möchte, was die Trump-Wählerschaft antreibt und warum sie in diesem pöbelnden Sexisten einen der ihren erkennt. Vor allem aber sei es eine Aufsteigergeschichte, denn Vance sei als erfolgreicher Investor seiner Vergangenheit entkommen, was nur wenigen, die aus einer Kindheit voller Gewalt kommen, mit einer drogensüchtigen Mutter und ständig wechselnden Männern an ihrer Seite, gelinge.[6]

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte 2023 auf die Frage der Süddeutschen Zeitung, ob das Buch ihn, wie berichtet worden sei, zu Tränen gerührt habe:

Ja, es ist eine ganz berührende persönliche Geschichte, wie sich ein junger Mann mit schlechten Startbedingungen durchschlägt. Leider kann man darüber heute mit dem Autor wohl nicht mehr diskutieren, fürchte ich. Darin besteht die Tragik: Von einem selbsterklärten konservativen Gegner Donald Trumps, der messerscharf die Ungerechtigkeiten der amerikanischen Gesellschaft analysiert und für sich nur mit Glück und seiner Militärlaufbahn einen Ausweg findet, scheint sich Vance nun zu einem feurigen Befürworter dieses Rechtspopulisten gewandelt zu haben, um dessen Unterstützung zu erhalten – und selbst Senator zu werden.[7]

Deutsche Übersetzung

Das Buch wurde 2017 in einer deutschen Übersetzung von Gregor Hens im Ullstein-Verlag unter dem Titel Hillbilly-Elegie. Die Geschichte meiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise veröffentlicht.[8] Als „Hillbilly“ werden in den USA oft abfällig Bewohner der ländlichen, gebirgigen Gegenden wie der Appalachen und der Ozarks bezeichnet, ähnlich dem „Hinterwäldler“ oder dem „Landei“. Der Ausdruck „Elegie“ bezeichnet ein Gedicht, das nach heutigem Verständnis meist traurige, klagende Themen zum Inhalt hat und von einer schwermütigen Grundstimmung dominiert wird. Die Begrifflichkeit ist jedoch, besonders in der englischen Literatur, schlecht definiert und wird manchmal als Sammelbegriff verwendet, um Texte mit einem düsteren oder pessimistischen Ton zu bezeichnen.

Ausgaben

  • Hillbilly Elegy: A Memoir of a Family and Culture in Crisis. Harper, New York 2016

Einzelnachweise

  1. Joshua Rothman: The Lives of Poor White People. In: The New Yorker, 12. September 2016.
  2. ‘Hillbilly Elegy’ Recalls A Childhood Where Poverty Was ‘The Family Tradition’. In: npr.org, 17. August 2016.
  3. a b Gerrit Bartels: „Hillbilly Elegie“ von J.D. Vance: Gesellschaft am Abgrund. In: Der Tagesspiegel, 26. April 2017.
  4. James Barber: Marine Vet J.D. Vance’s ‘Hillbilly Elegy’ Movie Will Star Amy Adams and Glenn Close. In: military.com, 11. April 2019.
  5. https://publicism.info/biography/hillbilly/11.html
  6. Jörg Magenau: J.D. Vance: „Hillbilly-Elegie“: Rausziehen kannst du dich nur selber. In: Deutschlandfunk Kultur, 18. April 2017.
  7. „Ich lese einfach sehr gerne“. 29. Juli 2023, abgerufen am 21. Juli 2024.
  8. Annemarie Havran: Glenn Close ist nicht wiederzuerkennen im deutschen Trailer zum Netflix-Oscarkandidaten „Hillbilly-Elegie“. In: filmstarts.de, 14. Oktober 2020.