GWR-Klasse 4900

GWR-Klasse 4900
5976 Ashwicke Hall in Exeter St David’s MPD 1953
5976 Ashwicke Hall in Exeter St David’s MPD 1953
5976 Ashwicke Hall in Exeter St David’s MPD 1953
Nummerierung:4900 (Prototyp), 4901 – 4999, 5900 – 5999, 6900 – 6958
Anzahl:258 + 1 Prototyp
Hersteller:Swindon Railway Works
Baujahr(e):1924 (Prototyp), 1928–1943
Ausmusterung:1959–1965
Achsformel:2’C
Bauart:2’Ch2
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer:19,21 m
Höhe:4,045 m
Breite:2,724 m
Kleinster bef. Halbmesser:141 m (bei langsamer Fahrt), 161 m (generell)
Dienstmasse:76,2 t
Radsatzfahrmasse:19,3 t
Anfahrzugkraft:121 kN
Kuppelraddurchmesser:1829 mm
Treibraddurchmesser:1829 mm
Laufraddurchmesser vorn:914 mm
Zylinderanzahl:2
Zylinderdurchmesser:470 mm
Kolbenhub:724 mm
Kesselüberdruck:1,55 kPa
Strahlungsheizfläche:14,4 m²
Rohrheizfläche:156,7 m²
Überhitzerfläche:24,4 m²
Wasservorrat:16 m³ – 18 m³
Brennstoffvorrat:Steinkohle
Zugheizung:Dampf
Kupplungstyp:Schraubenkupplung

Die Klasse 4900 oder Hall-Klasse der Great Western Railway war eine Baureihe von Schlepptenderlokomotiven der Achsfolge 2’C mit Zweizylinder-Heißdampf-Triebwerk nach einem Entwurf von Charles Collett. 259 Lokomotiven mit den Betriebsnummern 4900–4999, 5900–5999 und 6900–6958 wurden gebaut. Sie waren sowohl für den Reise- als auch für den Güterzugdienst geeignet und bildeten das Vorbild für die Klasse 5 der LMS und die Klasse B1 der LNER.

Geschichte

1923 war die GWR gut ausgestattet mit Lokomotiven für den schnellen Reisezugdienst wie die Saints und die Stars, und die Castles nahmen ihren Dienst auf. Die für Reise- und Güterzugdienst gebauten 1’C-Lokomotiven der GWR-Klasse 4300 zeigten sich jedoch den steigenden Zuglasten nicht mehr gewachsen. George Jackson Churchward hatte daher die 1’D-gekuppelte GWR-Klasse 4700 mit Treibrädern von 5 Fuß 3 Zoll (1727 mm) Durchmesser für schnelle Güterzüge und Verstärkungsreisezüge konstruiert. Obwohl eine gelungene Konstruktion, waren sie wegen ihrer Größe nur für wenige Strecken geeignet. Churchwards Nachfolger Collett befand daher eine von den Saints abgeleitete Lokomotive mit im Vergleich zu diesen kleineren Rädern und einem führenden Drehgestell für geeigneter und ließ daher 1924 die Bahnnummer 2925 Saint Martin auf 6 Fuß 3 Zoll (1829 mm) Treibraddurchmesser umbauen.[1] Die Zylinderlage wurde an das neue Fahrwerk angepasst und ein Führerhaus der Castles montiert. Während der bis 1927 andauernden Erprobung wurden weitere Änderungen an Kessel und Dampfleitungen vorgenommen.

Nach den erfolgreichen Versuchen wurden 1928 eine Serie von 80 Lokomotiven in Swindon bestellt, die bis 1930 mit den Nummern 4901 bis 4980 geliefert wurden.[2] Der Prototyp erhielt die neue Nummer 4900. Die ersten 14 Lokomotiven wurden auf der anspruchsvollen Cornish Main Line erprobt und bewährten sich so gut, dass bereits bei Fertigstellung der ersten Serie 20 weitere Exemplare bestellt waren (Bahnnummern 4981-99 und 5900). Weitere Bestellungen folgten in den 1930er und frühen 1940er Jahren, bis 1943 die 259. Lokomotive Oxburgh Hall mit der Bahnnummer 6958 geliefert wurde. Bis auf den Prototyp wurden alle nach englischen und walisischen Herrenhäusern (Halls) benannt. 71 weitere Lokomotiven wurden unter Colletts Nachfolger Frederick Hawksworth als Modified Halls mit zahlreichen, dem technischen Fortschritt angepassten Verbesserungen geliefert.

Technische Merkmale

Die Serienmaschinen unterschieden sich nur wenig vom Prototyp. Der Laufraddurchmesser wurde im Vergleich zu den Saints von 3 Fuß 2 Zoll (965 mm) auf 3 Fuß (914 mm) reduziert und der Schieberhub auf 7,5 in (191 mm) vergrößert. Die Masse der Lokomotive stieg um 2 long tons 10 cwt (2.5 t) auf 75 long tons 0 cwt (76.2 t), und die Zugkraft überstieg mit 27,275 lbf (121.33 kN) die 24,935 lbf (110.92 kN) der Saints. Ursprünglich wurden die Lokomotiven mit Churchwardschen Tendern von 3,500 imp gal (16,000 l) Wasserinhalt ausgerüstet, ab Bahnnummer 4958 erhielten sie Colletts größere Tender mit 4,000 imp gal (18,000 l) Wasserinhalt. Einige später gelieferte Lokomotiven erhielten auch kleinere Tender, wenn diese bei Indienststellung zur Verfügung standen.[3]

Die hohe Achslast der Lokomotiven schloss ihren Einsatz auf Nebenstrecken aus. Dennoch – wie die hohe Stückzahl zeigte – waren sie betrieblich erfolgreich und werden gelegentlich als die ersten wahren Mehrzwecklokomotiven und damit die Vorläufer der Klasse 5 der LMS, der Klasse B1 der LNER sowie der BR Standard Class 5 angesehen.[4] Allerdings waren bereits vorher erfolgreiche Mehrzwecklokomotiven der Achsfolgen 1’C und 2’C für die GWR und andere britische Eisenbahnen gebaut worden,[5] darunter die GWR-Klasse 4300, die von der Klasse 4900 abgelöst werden sollte.[6]

Ausmusterung und Erhaltung

Bis auf Bahnnummer 4911 Bowden Hall, die 1941 nach einem Bombenschaden verschrottet wurde,[7] wurden alle Halls 1948 von British Railways übernommen. Die offizielle Ausmusterung begann 1959, als der Prototyp Saint Martin aus dem Verkehr gezogen wurde. Er hatte bis dahin insgesamt (vor und nach dem Umbau) 2092500 Meilen zurückgelegt. Bis 1965 war die gesamte Klasse ausgemustert. Elf Lokomotiven sind erhalten geblieben, die alle im Metallverwertungsbetrieb von Woodham Brothers in Barry abgestellt worden waren. Sieben von ihnen standen im Museumsbetrieb. Bahnnummer 4942 Maindy Hall wurde in eine Saint-Lokomotive umgebaut[8] und im April 2019 als Lady of Legend mit der Nummer 2999 in Betrieb genommen.[9] Bahnnummer 4965 Rood Ashton Hall ist zum Streckendienst zugelassen und kann daher Sonderzüge befördern. Bahnnummer 5972 Olton Hall wurde in den Harry-Potter-Filmen eingesetzt. Andere Lokomotiven werden zurzeit aufgearbeitet.

Erhaltene Maschinen

NummerNameBildGebautAusgemustertEignerStandortStatusZulassung zum StreckendienstAnmerkungen
4920Dumbleton HallMärz 1929Dezember 1965Warner Bros. Studio Tour, Tokio, JapanAbgestelltNein
4930Hagley HallMai 1929Dezember 1963Severn Valley RailwaySevern Valley RailwayWird überholtNein
4936Kinlet HallJuni 1929Januar 1964Kinlet Hall Loco. Co.Tyseley Locomotive WorksWird überholtNein, vorgesehen
4942Maindy HallJuli 1929Dezember 1963Didcot Railway CentreDidcot Railway CentreUmbau in GWR-Klasse 2900 Lady of LegendNein, vorgesehenUmbau in Saint-Klasse[8]
4953Pitchford HallAugust 1929Mai 1963Epping Ongar RailwayEpping Ongar RailwayWird überholtNein
4965Rood Ashton HallNovember 1930März 1962Tyseley Locomotive WorksTyseley Locomotive WorksBetriebsfähigJa (2009–2019)
4979Wootton HallFebruar 1930Dezember 1963Furness Railway TrustRibble Steam RailwayWird restauriertNein
5900Hinderton HallMärz 1931Dezember 1963Didcot Railway CentreDidcot Railway CentreOrtsfeste MuseumslokomotiveNeinZog in den 1970ern neun ehemalige GWR-Personenwagen auf einer von Didcot ausgehenden Strecke.[10]
5952Cogan HallDezember 1935Juni 1964Betton Grange SocietyLlangollen RailwayAbgestelltNeinTender und einige Teile für GWR-Klasse 6800 Betton Grange verwendet. Soll nach Fertigstellung von Nr. 6880 wiederhergestellt werden.
5967Bickmarsh HallMärz 1937Juni 1964Northampton & Lamport RailwayWird aufgearbeitetNein
5972Olton HallApril 1937Dezember 1963David SmithWarner Brothers Studio ToursOrtsfeste MuseumslokomotiveNein, vorgesehenWurde unter dem Namen Hogwarts Castle mit roter Lackierung in den Harry-Potter-Filmen verwendet.[11]

Einzelnachweise

  1. le Fleming, H.M. (November 1960) [1953]. White, D.E., ed. The Locomotives of the Great Western Railway, part eight: Modern Passenger Classes (2nd ed.). Kenilworth: RCTS. S. H29.
  2. le Fleming & White 1960, S. H29
  3. le Fleming & White 1960, S. H30
  4. Herring, Peter (2004). Classic British Steam Locomotives. Wigston: Abbeydale Press. S. 118. ISBN 1-86147-138-6
  5. Casserley, H.C. (1960). The Historic Locomotive Pocket Book. London: Batsford. S. 217, 222.
  6. Casserley, H.C. (1961). Locomotives of British Railways. London: Spring Books. S. 28.
  7. Riley, R.C. (1966). Great Western Album. Shepperton: Ian Allan. S. 90. ISBN 0-7110-0073-5
  8. a b The Saint Project. Abgerufen am 10. April 2019.
  9. Nigel Devereux: April launch date for Didcot's Saint No. 2999. In: Railway Magazine. 18. Februar 2019 (railwaymagazine.co.uk).
  10. https://www.flickr.com/photos/13296226@N02/4541734360
  11. Der Name der Lok im Film gilt in Museumsbahnkreisen als Scherz, da als Castles die Lokomotiven der wesentlich größeren GWR-Klasse 4073 bezeichnet werden.