Bischofstor (Bremen)

Bischofstor und Torhäuschen, Blick stadtauswärts
Stadtmauer und erster, einfacher Wall, Stich von Hogenberg 1589
Durchgang von der Bischofsnadel zur ersten Promenade innerhalb der noch intakten Befestigungswälle 1796
Das Bischofstor in den Wallanlagen, Blick stadteinwärts

Vom Bischofstor in Bremen, das seine jetzige Gestalt 1838 nach einem Entwurf von Baudirektor Friedrich Moritz Stamm bekam, sind originale Teile sowohl in der Rekonstruktion am alten Platz in den Wallanlagen enthalten als auch wesentliche Teile am Eingang zur Egestorff-Stiftung in Bremen-Osterholz zu besehen. Gleichzeitig entstand das zugehörige, seit 1848 als Laden dienende Torhäuschen an der Brücke über den Wallgraben.

Altes und neues Bischofstor

Als der Befestigungsring um die Bremer Altstadt nur aus der Stadtmauer bestand, gab es für den Dombezirk in dieser Mauer einen eigenen Durchlass, der 1274 erstmals als acus episcopi (‚Bischofsnadel‘) bezeichnet wurde[1] und wohl vom 1826 abgebrochenen Imkenturm[2] gedeckt wurde. Vermutlich hatte die Bischofsnadel keinen eigenen Torturm. Als Natel, verkürzt für „Nadelöhr“, wurden enge Mauerdurchlässe bezeichnet. Mit der Verstärkung der Befestigung durch einen Wall mit breitem Graben, an dieser Stelle um 1522, verlor die Pforte ihre unmittelbare Verbindung mit dem Umland. „Vor der Bischofsnadel“ blieb als Straßenname für die Verbindung vom Domshof zum ehemaligen Durchgang erhalten. Als die Mauer abgetragen und der Bereich zwischen Häusern und Wall zu Gärten und einer Promenade genutzt wurde, wurde in Fortsetzung der Straße ein Durchgang zu dieser ersten Wallpromenade geschaffen, die heute zur Straße Am Wall geworden ist. Das heutige Bischofstor als Verbindung zur Rembertivorstadt entstand aber erst, nachdem seit 1803 Wall und Graben zu einem Park umgestaltet wurden.

Geschichte der Torsperre in Bremen

Bis 1766 blieb nachts die Stadt hermetisch verschlossen. Erst mit Beginn des Jahres 1767 wurden Passanten gegen eine Gebühr von zwei Grote für Fußgänger und vier Grote für Reiter an bestimmten Toren hinein- oder herausgelassen.[3] Die in der Franzosenzeit 1812 ganz aufgehobene Torsperre wurde am 1. Mai 1814 wieder eingeführt.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts beschleunigte sich die Bautätigkeit in den Vorstädten, während in der Altstadt immer größere Kontore und Läden die Wohnhäuser verdrängten.[4] 1842 lebten von 50.000 Einwohnern 12.000 in der Vorstadt. Die allabendlich[5] an der Sperre erhobenen Gebühren brachten 1838 dem Staat 15.000 Taler Einkünfte. Mit dem Bahnanschluss Bremens im Jahr 1847 war die Zeit der Stadttore und Torsperren abgelaufen.[6] Doch erst als der Unwille der Bevölkerung über diese unnütz gewordene Einrichtung im Revolutionsjahr 1848 zu wiederholten Tumulten (6. März und 8. August) vor den Wachthäuschen führte, wurde die Torsperre noch im gleichen Jahr aufgehoben. Die Torsperre in Hamburg blieb noch bis 1860, die in Lübeck bis 1864 bestehen.

Geschichte des neuen Bischofstors

Bei der spontanen Entfestigung der Wallanlagen unmittelbar nach dem Abzug der Franzosen im Oktober 1813 hatte der Stadtgraben vor der Bischofsnadelbastion eine Engstelle bekommen, vorübergehend sogar einen Damm.[7] Hier wurde 1814 das neue Bischofstor gebaut, bestehend aus einer Fußgängerbrücke und einem an schlichten Steinpfeilern hängenden hölzernen Tor. Der Bremer Baudirektor Friedrich Moritz Stamm ergänzte die Anlage 1838 durch Laternen auf den Pfeilern, schmiedeeiserne Torflügel und seitliche Eisengitter. Gleichzeitig wurde ein neues Wachhaus errichtet, entgegen Stamms erstem eklektizistischem Entwurf in sehr einfachem aber reinen Klassizismus. 1848 wurden Wachhaus und Gittertor durch die ersatzlose Aufhebung der nächtlichen Torsperre nutzlos.

Das Bischofstor an der Osterholzer Heerstraße

Das Wachthäuschen wurde noch im gleichen Jahr als Ladenlokal verpachtet, Sandsteinpfeiler und Gitter erwarb Senator Oelrichs für den Zugang zu seinem Landgut an der Osterholzer Heerstraße. 1892 ging der Besitz des Gutes an Johann Heinrich Egestorff über, der den Besitz dem Bremer Staat zur Errichtung eines Altenheims vermachte. 1912 bildete das erneut umgestellte Tor den Eingang zur Egestorff-Stiftung. Die abgängigen Laternen wurden durch steinerne Pinienzapfen ersetzt, die von abgebrochenen Bremer Bürgerhäusern stammten.

Als die Brücke von 1814 im Jahr 1955 durch eine neue ersetzt wurde, holte der Bremer Denkmalpfleger Rudolf Stein das Gitter an die Wallgrabenbrücke zurück. Die alten Pfeiler beließ er in Osterholz und stellte in den Wallanlagen Repliken auf, die er auch wieder mit Laternen bekrönte. Als Teil des Ensembles „Wallanlagen“ steht die Anlage unter Denkmalschutz. Die Pfeiler in Osterholz erhielten Türflügel aus überzähligen Abschnitten des Gitters.

Einzelnachweise

  1. Bremer Urkundenbuch, Band 1, Urkunden bis 1300, Bremen 1871, Nr. 359, S. 399. online unter brema.suub.uni-bremen.de. Die Bezeichnung „Bischofstor“ für den alten Stadtmauerdurchlass ist erst durch Karolin Bubke in die Literatur eingeführt worden.
  2. Franz Buchenau: Die Freie Hansestadt Bremen, Bremen 1934, S. 184.
  3. Klaus Schwarz: Die Lage der Handwerksgesellen in Bremen. Bremen 1975, S. 110.
  4. Gudrun Spengler: Vom Ende der Torsperre bis zum Kampf um die Mozarttrasse. In: Denkmalpflege in Bremen, Heft 8, 2011, S. 82–101.
  5. Angeblich jeweils ab 18:30 Uhr (Bremer Jahrbuch 48, S. 401, Anm. 50), nach anderen Quellen je nach Jahreszeit verschieden.
  6. Vorübergehend mussten den mit der Eisenbahn spät in Bremen ankommenden Reisenden Durchlasskarten ausgeteilt werden (Franz Buchenau: Die Freie Hansestadt Bremen. 4. Aufl. 1934, S. 171, Anm. 2.)
  7. J. H. W. Smidt, Erinnerungen aus der Zeit der Freiheitskriege, Br. Jb. 4, 1869, S. 407

Literatur

  • Karolin Bubke: Die Bremer Stadtmauer. Bremen: Staatsarchiv Bremen, 2007, S. 152–155 (zur mittelalterlichen Bischofsnadel).
  • Rudolf Stein: Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens. Band 1, 1964, S. 108–114.
  • Kurt Lammek: Stadtteil Osterholz. (=Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in der Freien Hansestadt Bremen, Band 3.7), Fischerhude 1982, S. 35 f., S. 81–83.
  • Hans Christoph Hoffmann und Peter Hahn: Die Denkmalpflege in der Freien Hansestadt Bremen. 1989–1991. In: Bremisches Jahrbuch, Bd. 71, Bremen 1992, S. 261f. (zur Restaurierung der Anlage in den Wallanlagen 1990/91)

Weblinks

Denkmaldatenbank des LfD

Koordinaten: 53° 4′ 37,1″ N, 8° 48′ 51,6″ O