Ärztliche Weiterbildung

Die ärztliche Weiterbildung hat als Ziel, nach der Approbation als Arzt/Ärztin (oder nach der Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes) im Rahmen einer mehrjährigen Berufstätigkeit unter Anleitung durch zur Weiterbildung ermächtigte oder befugte Ärzte/Ärztinnen auf der Grundlage der Weiterbildungsordnung (WBO) eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten für definierte ärztliche Tätigkeiten zu erwerben. Dazu gehören auch der Anzahl nach festgelegte diagnostische und therapeutische Eingriffe.

Klar abzugrenzen davon ist die Verpflichtung aller Ärzte/Ärztinnen zur kontinuierlichen Fortbildung (Continuing Medical Education – CME), um ihr Fachwissen auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten. Bei der Facharztweiterbildung handelt es sich um eine formale und langfristig ausgelegte Facharztausbildung. Sie schließt mit einer formalen Prüfung ab und berechtigt zur Führung einer Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung.

Weiterbildungsordnung

Die Weiterbildungsordnungen werden von der jeweiligen Landesärztekammer erstellt. Diese sind eng an die (Muster-)Weiterbildungsordnung[1] angelehnt, die vom Deutschen Ärztetag verabschiedet wurde.

Die aktuell gültige (Muster-)Weiterbildungsordnung[1] (seit 15. November 2018 in Kraft) schreibt mindestens einmal jährlich stattfindende Personalgespräche und das Führen eines Logbuchs vor. Damit soll ein bundeseinheitlicher Standard geschaffen werden, der nicht nur die Lehre verbessern, sondern es Ärzten in Weiterbildung auch erleichtern soll, von einem Bundesland ins andere zu wechseln. Die von der Bundesärztekammer herausgegebenen (Muster-)Logbücher sind inzwischen von einigen Fachgesellschaften noch weiter ausgearbeitet worden. Wichtig ist, dass die (Muster-)Weiterbildungsordnung für die einzelnen Ärztekammern nicht rechtlich bindend ist.

Frühere Weiterbildungsordnungen sahen zusätzlich den Erwerb einer Fachkunde für bestimmte Untersuchungsmethoden vor (Röntgen, Bronchoskopie, Laboruntersuchungen, Duplexsonographie usw.). Fakultative Weiterbildungen wurden zum Beispiel in der Inneren Medizin für klinische Geriatrie und Intensivmedizin durchgeführt und bescheinigt. Es handelt sich hierbei gewissermaßen um „kleine Schwerpunkte“. Fachkunden und fakultative Weiterbildungen sind weiterhin gültig, werden aber nicht mehr neu ausgestellt. Zum Teil sind sie in Zusatzweiterbildungen aufgegangen.

Die WBO für Ärzte/Ärztinnen umfasst auch eine Prüfungsordnung. Nach der Revision von 2003 müssen zur Feststellung des Weiterbildungserfolgs auf allen drei Stufen mündliche Prüfungen durchgeführt werden. Mindestens ein Mitglied der Prüfungskommission, die in der Regel mit vier Ärzten/Ärztinnen besetzt ist, muss die Bezeichnung führen, deren Qualifikation überprüft wird.

Art und Umfang der Ärztlichen Weiterbildung

Nach der Revision von 2003 unterscheidet die ärztliche Weiterbildung folgende Qualifikationsarten:

Basisweiterbildung

Bei der Facharztausbildung ist in den größten medizinischen Fachbereichen Innere Medizin und Chirurgie eine allgemeine Basisweiterbildung vorgeschaltet. Erst nach Abschluss der Basisweiterbildung ist eine weitere Spezialisierung und Facharztausbildung möglich.

In der Inneren Medizin dauert die stationäre Basisweiterbildung 36 Monate.[2] In der Basisweiterbildung durchlaufen die Weiterbildungsassistent/-innen alle für den Fachbereich relevanten Funktionsbereiche. 6 Monate müssen zwingend in der Notfallaufnahme absolviert werden.

In der Chirurgie wird für die Basisweiterbildung auch der Begriff Common Trunk verwendet. Hier dauert die Basisweiterbildung 24 Monate, davon sind 6 Monate in der Notfallaufnahme und 6 Monate in der Intensivmedizin zu absolvieren.[3]

Facharztausbildung

Die Ärztekammer vergibt nach Prüfung der Weiterbildung bei befugten Ärzten/Ärztinnen in einem Fachgebiet den Titel eines Facharztes/Fachärztines. Beispiele dafür sind Facharzt/Fachärztin für Allgemeinmedizin, Facharzt für Neurologie, Facharzt/Fachärztin für Urologie oder Facharzt/Fachärztin für Anästhesiologie. Grundsätzlich können mehrere Facharzttitel erworben werden. In der Chirurgie und der Inneren Medizin ist dies häufiger der Fall.

Schwerpunktbezeichnung

Ein Schwerpunkt gibt eine Spezialisierung innerhalb eines Fachgebietes an, Beispiel: Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinder-Kardiologie. „Schwerpunkt“ bedeutet nicht, dass der Facharzt seine Zeit hauptsächlich mit dieser Tätigkeit verbringt. Er kann auch in Nebentätigkeit im „Schwerpunkt“ tätig sein, wie es häufig beim Facharzt für Psychiatrie mit der Schwerpunktbezeichnung Forensische Psychiatrie der Fall ist.

Zusatzbezeichnung

Zusatzbezeichnungen können in allen medizinischen Fachbereichen erworben werden. Bei den meisten Zusatzbezeichnungen wird eine abgeschlossene Facharztausbildung vorausgesetzt. In der Notfallmedizin, Akupunktur, Diabetologie ist keine Facharztausbildung zwingend gefordert. Die Zusatzbezeichnung ersetzt die vormalige Fachkunde und weitere ältere Weiterbildungsbezeichnungen. Die Zusatzbezeichnungen sind eine weitergehende Spezialisierung und in einigen Fachbereichen besonders wichtig und umfangreich. Dazu gehören die Spezielle Viszeralchirurgie, Handchirurgie, Spezielle Unfallchirurgie, Spezielle Schmerztherapie, Anästhesiologische und Internistische Intensivmedizin, Diabetologie, Neuropädiatrie, Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin, Neonatologie, Neuroradiologie oder Palliativmedizin.

Dauer der Weiterbildung

In der Anatomie, Biochemie und Physiologie beträgt die Weiterbildungsdauer 48 Monate. In den meisten Fachbereichen dauert die Facharztausbildung 60 Monate. Dazu zählen Fachbereiche wie Anästhesiologie, Kinder- und Jugendmedizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Neurologie, Augenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie, Radiologie oder Urologie. In den chirurgischen Fächern, wie beispielsweise Orthopädie und Unfallchirurgie oder Viszeralchirurgie, dauert die Facharztausbildung 72 Monate. Auch in den Subdisziplinen der Inneren Medizin wie der Kardiologie, Pneumologie oder der Hämatologie und Onkologie dauert die Facharztausbildung 72 Monate.

Arbeitgeberwechsel während der Facharztausbildung

Es ist durchaus üblich, dass Ärzte und Ärztinnen in Weiterbildung während der Facharztausbildung den Arbeitgeber wechseln. Dies aus 2 Gründen: Einmal verfügen die Weiterbildungsbefugten nicht über die vollständige Befugnis, und dürfen deshalb formal nicht die komplette Facharztausbildung anbieten. Zum anderen ist es fachlich aus Sicht der Weiterbildungsassistent/-innen durchaus sinnvoll, den Arbeitgeber zu wechseln, um weitere Erfahrungen zu sammeln und andere Leistungsschwerpunkte kennenzulernen.

Weiterbildungsermächtigung/Weiterbildungsbefugnis

Die Begriffe Weiterbildungsermächtigung und Weiterbildungsbefugnis werden weitgehend synonym verwendet. Die Landesärztekammern bevorzugen den Begriff Weiterbildungsbefugnis. Krankenhäuser, Kliniken, Medizinische Versorgungseinrichtungen (MVZ) und Praxen sprechen eher von Weiterbildungsermächtigungen.

Die Weiterbildungsbefugnis ist eine von den Landesärztekammern erteilte personenbezogene Genehmigung zur Facharztausbildung. Ermächtigt sind diese Personen aber nur in Verbindung mit einer festgelegten organisatorischen Einheit (z. B. einer Klinik oder Abteilung), einem spezifizierten Leistungsangebot und entsprechender apparativer Ausstattung. Verlässt eine weiterbildungsbefugte Person die Institution, erlischt die Weiterbildungsbefugnis und muss bei Neubesetzung auch neu beantragt werden. Die Weiterbildungsermächtigungen müssen bei den zuständigen Landesärztekammern formal beantragt werden.

Bei einer gemeinsamen Befugnis oder Ermächtigung wird die Befugnis mehreren Personen erteilt. Die Befugten sind daher „gemeinsam“ für die Facharztausbildung zuständig. Die gemeinsame Befugnis ist in der Basisweiterbildung der Inneren Medizin und Chirurgie häufig.

Weiterbildungsstätten

Die ärztliche Weiterbildung in allen medizinischen Fachbereichen findet schwerpunktmäßig in Krankenhäusern, Universitätskliniken, Fachkrankenhäusern und Fachkliniken statt. In der Nephrologie, Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin sind auch Medizinische Versorgungszentren (MVZ), Hausarztpraxen und Dienstleistungsunternehmen stärker eingebunden. In der Allgemeinmedizin findet die Weiterbildung zum/zur Hausarzt/-ärztin zunehmend im Verbund von mehreren Einrichtungen und Praxen statt. Ziel ist eine Verbesserung der hausärztlichen Versorgung und die Schließung von Versorgungslücken.

Weiterbildungssuche bei den Landesärztekammern

Die Landesärztekammern haben zur effektiveren Weiterbildungssuche in ihren Zuständigkeitsbereichen filterbare Datenbanken eingerichtet. Hier können angehende Ärzte/Ärztinnen gezielt nach Weiterbildungsbefugten suchen. Allerdings ist die Suche nur im jeweiligen Zuständigkeitsbereich der Landesärztekammer möglich. Wer sich bundesweit orientiert, muss daher die Websites aller Landesärztekammern aufsuchen. Die Befugnisse sind nicht deutschlandweit in einem einheitlichen Register zusammengefasst. Eine im Aufbau befindliche länderübergreifende Suche nach ärztlicher Weiterbildung findet sich im valmedi-Karriereportal: Ärztliche Weiterbildungssuche. 11. April 2024;.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Bundesärztekammer: (Muster-) Weiterbildungsordnung 2018. Abgerufen am 2. August 2023.
  2. Facharzt für Innere Medizin. Abgerufen am 12. April 2024.
  3. Facharzt für Allgemeinchirurgie. Abgerufen am 12. April 2024.